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Der A1-Event im Ausgabenvergleich

bild_s4Er ist Schnee von gestern, der umstrittene  Event bei der Autobahn-Raststätte vor einem Jahr. Allerdings wurde damals an dieser Stelle Rechenschaft darüber gefordert, was die Rahmenveranstaltungen um die Sommeraktion der SRF-Sendung «Schweiz aktuell» die Gemeinde gekostet habe, Die Rechnung 2015 der Einwohnergemeinde, über welche die Gemeindeversammlung am 7. Juni abstimmt, schafft nun Klarheit.

«Der Event “A1 – Die Raststätte” (SRF) verursachte Kosten in der Höhe von Fr. 53’456.20. Allfällige Subventionen des Kantons sind nicht berücksichtigt, da diese noch nicht erfolgten.» So steht es in den Erläuterungen des Gemeinderates zu den wichtigsten Abweichungen der Rechnung 2015 vom Budget. Der Event war nicht budgetiert, wurde er doch erst nach Beschluss  des Budgets ein Thema.

Weil die Rechnung 2015 insgesamt besser abschliesst als erwartet, sind die Auslagen für den Event gewiss keine Katastrophe. Aber 53’456 Franken sind doch ein stattlicher Betrag für eine Gemeinde, die in den letzten Jahren vor dem Ausgeben jeden Franken zweimal umgedreht hat. So hätte etwa mit diesem Geld auf den Entscheid, den beliebten Altersausflug nur noch alle zwei Jahre statt alle Jahre durchzuführen, getrost verzichtet und der Ausflug (Kosten jeweils ca. 12000 Franken) bis ins Jahr 2023 jährlich durchgeführt werden können.

53’456 Franken entsprechen einer Ausgabe von Fr. 8.60 pro Kopf der Bevölkerung. Ist das viel oder wenig? Je nachdem, was man für wichtig, was  für unwichtig hält.

Machen wir doch anhand der Erfolgsrechnung und des Rechenschaftsberichtes 2015 der Einwohnergemeinde einen kleinen Quervergleich von Pro Kopf-Ausgaben für verschiedenste Bereiche (Netto-Ausgaben, aber für A1-Event allfällige Kantonssubventionen  nicht abgezogen). Die Auswahl der verglichenen Bereiche ist willkürlich, deswegen aber nicht weniger aufschlussreich.

Pro-Kopf-Ausgaben:
♦ Fr. 00.00 für Denkmalpflege und Heimatschutz
♦ Fr. 0.20 für Tagesbetreuung von Schulkindern (Mittagstisch)
♦ Fr. 0.25 für Lebensmittelkontrolle
Fr. 2.15 für Leistungen an das Alter (Betreuung von Senioren, ohne Altersausflug)
♦Fr. 5.43 für das Asylwesen (vor allem Ersatzabgabe für auswärts untergebrachte Asylbewerber)
♦ Fr. 7.90 für Kultur (ohne A1-Event, aber grössere Beiträge an Kurtheater Baden, Bibliotheken Wettingen und Baden, Kulturkreis, Musikgesellschaft)
 Fr. 8.60 für den A1-Event
♦ Fr. 17.80 für Sport (vor allem Personal, Betriebsmaterial und Unterhalt Sporthallen und -plätze)
♦Fr. 28.05 für Sonderschulen
♦Fr. 32.70 für Kinderkrippen und –horte
♦ Fr. 34.40 für die Feuerwehr
♦ Fr. 49.25 fürs Schwimmbad
♦ Fr. 61.00 für die Regionalpolizei
♦Fr. 68.70 für Sozialhilfe (unterstützte Einzelpersonen, Ehepaare oder Familien: 54)
♦ Fr. 75.00 für die Musikschule*
♦Fr. 77.00 für ambulante Krankenpflege (Spitex, Mütter- und Väterberatung)
♦ Fr. 78.30 für die Kindergärten
♦Fr. 84.00 für Kranken-, Alters- und Pflegeheime
♦Fr. 307.90 für die Oberstufe*
♦ Fr. 338.60 für die Primarschule*
* ohne Kosten für Schulliegenschaften, die separat ausgewiesen werden (Fr. 311.05 pro Kopf)

Ein einsames Tipi erinnert an der A1-Event vom letzten August.
Ein einsames Tipi erinnert an den  A1-Event vom letzten August.

Zurück zum A1-Event: Geschehen ist geschehen, nichts mehr erinnert an die 19 Tage im letztjährigen August. Also Schwamm darüber. Aber Halt! Da steht ja noch ein für den Event aufgestelltes grosse Tipi, auf Landwirtschaftsland zwischen Autobahn und Limmat. Bis Ende Sommer vermietet es die Transportfirma Planzer für private Events (Link zur Homepage). Dann soll’s weg, wie Gemeindeschreiber Daniel Huggler Ende letzten Jahres  dem «Badener Tagblatt» sagte. Es wird auch höchste Zeit, selbst wenn das Tipi und seine Umgebung sich in bester Ordnung präsentieren, genügend Toi-Toi-WCs vrhanden sind usw.. Denn ob das Tipi ohne Baubewilligung so lange hätte stehen bleiben dürfen, ist höchst fraglich. Sogar in Bauzonen ist gemäss Baugesetz fürs Aufstellen einer Fahrnisbaute (Hütte,  Wohnwagen) während länger als zwei Monaten eine Baubewilligung erforderlich, Sind hier Gemeinde und Kanton (der bei Bauten ausserhalb der Bauzone ein massgebliches Wort mitzureden hat) einem potenten Sponsor ziemlich weit entgegen gekommen?

Ziemlich aufs Auto fixiert

Es geht auch ohne Auto. Der öffentliche Verkehr ist gut ausgebaut, zumindest in den Agglomerationen boomt er.  Immer mehr junge Menschen erlernen das Autofahren nicht. Erste autofreie Wohnsiedlungen entstehen.  In Würenlos allerdings ist man noch ziemlich aufs eigene Auto fixiert.  

Ein halbes Auto pro Würenloser - ob Säugling oder Urgrossmutter.
Ein halbes Auto pro WürenloserIn – ob Säugling oder Urgrossmutter.

Man stelle sich vor: 1200 Personenwagen, Stossstange an Stossstange. Auf der Landstrasse von der der Furttalkreuzung bis zur Kantonsgrenze bei Oetwil und auf der Schulstrasse vom Raiffeisenkreisel bis zum Grenzstein bei Hüttikon würden sie stehen, auf einer Gesamtlänge von 5 Kilometern. Warum gerade 1200 Autos? Soviele weniger wären in Würenlos zugelassen, wenn wir die gleich geringe Autodichte hätten wie die Stadt Zürich.

In Würenlos entfallen auf jeden Einwohner – ob Säugling oder Urgrossmutter – mehr als die Hälfte (0,55) eines Personenwagens. In der Stadt Zürich ist es bloss ein Drittel ( 0,34) . In Würenlos waren 2013 (neue Zahlen nicht veröffentlicht) insgesamt 3262 PWs zugelassen. Bei einer Autodichte wie in Zürich wären es bloss 2000 PWs, also 1200 Autos weniger als in Wirklichkeit. Das reibt man sich die Augen!

Der Verkehr durch unser Dorf ist zu einem schönen Teil hausgemacht. Natürlich besagt der Besitz eines Autos nicht alles: Die jährliche Fahrleistung spielt auch eine grosse Rolle. Doch noch immer benützen sehr viele Würenloserinnen und Würenloser das Auto für den täglichen Arbeitsweg. Nicht umsonst wird in Immobilienanzeigen die verkehrsgünstige Lage von Würenlos angepriesen. Viele Arbeitsplätze sind aber von uns aus noch immer wesentlich schneller mit dem Auto zu erreichen als mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Man denke etwa an die gesamte Flughafen-Region oder das Freiamt .

Auch vom Lebensstil und -gefühl seiner Bewohner her ist Würenlos noch immer eine ziemlich autolastige Gemeinde. Man legt Wert, auf mindestens ein eigenes Auto pro Haushalt. So hält sich auch das Interesse am Car-Sharing in engen Grenzen. Seit Jahr und Tag ist am Bahnhof Würenlos ein einziges Mobility-Fahrzeug stationiert (zwischenzeitlich waren es  einmal zwei). Die gesamtschweizerische Mobility-Flotte umfasst mittlerweile 2900 Autos, durchschnittlich eines pro 2900 Einwohner. In Würenlos kommt ein Mobility-Auto auf momentan 6300 Einwohner.

Je dichter ein Ort bebaut, je städtischer er ist, desto weniger Autos haben heute die Leute. Und das nicht nur deshlab, weil sich mit dem Auto im Stadtverkehr kaum vorwärtskommen lässt und die Abstellplätze sündhaft teuer sind. In seinem Plädoyer für autofreie Siedlungen hat Hans Arnold mit Recht darauf hingewiesen, dass gerade bei jungen Städtern der Autobesitz kaum noch eine Prestigeangelegenheit ist.

Gemäss dem soeben vorgestellten neuen  Leitbild des Gemeinderates zur Entwicklung unserer Gemeinde soll Würenlos in den nächsten 15 Jahren «moderat» auf maximal 7300 Einwohner wachsen. Das wird nicht ohne bauliche Verdichtung gehen, Wachstum auf Kosten des Kulturlandes wird nur noch sehr beschränkt möglich sein. Schon heute ist an Neubauten die Entwicklung weg vom dörflichen Gepräge ablesbar. Sie liesse sich nur aufhalten, wenn die Nachfrage nach Wohnraum und damit auch die Bodenpreise drastisch sinken würden. Und wer in unserer Gemeinde mit ihren vielen Eigenheimbesitzern wünscht sich einen derartigen Vermögensschwund?

Fast zwangsläufig wird sich so das Verkehrsverhalten der Würenloser jenem der städtischen Bevölkerung annähern. Im neuen Leitbild  äussert sich der Gemeinderat auch zum Verkehr. Seine Stossrichtung ist richtig: Anstreben will der Gemeinderat einen gestalteten Strassenraum, in dem sich der Individualverkehr «siedlungsverträglich» abwickeln kann, ein dichtes und vielfältiges Wegnetz für den Fuss- und Veloverkehr, einen öffentlicher Verkehr, der einen «möglichst grossen Verkehrsanteil» bewältigt. Ob dies mehr als Lippenbekenntnisse sind, wird sich bei hängigen Planungsgeschäften zeigen.

In der Vergangenheit ist Einiges falsch gelaufen, Vieles aber auch richtig. Fast schon vergessen ist, dass Würenlos eine der ersten Gemeinden weit und breit war mit Tempo 30 auf nahezu allen Quartierstrassen. Soll nun die Gemeinde, wie das Hans Arnold anregt, wieder pionierhaft vorangehen, indem sie bei gewissen Ein- und Umzonungen  nur noch autofreie Siedlungen zulässt? Autofreies Wohnen funktioniert wohl nur,  wenn sowohl Bauherren wie Bewohner die Autofreiheit wollen – sprich, wenn ein Markt für diese Wohnformvorhanden ist. In den Städten spielt dieser Markt schon. Angesichts der hohen Autodichte und-abhängigkeit vermute ich aber, dass es  in Würenlos noch nicht so weit ist.

Was noch nicht ist, kann noch werden. Darum finde ich, dass bei der anstehenden Revision der Bau- und Nutzungsordnung die Möglichkeit autofreien Wohnens rechtlich verankert werden soll.  Bauherren  von Mehrfamilienhäusern und grösseren Überbauungen  sollen weniger Autoabstellplätze erstellen müssen als eigentlich vorgeschrieben wären, wenn sie Autofreies Wohnen gemäss einem bewährten Konzept anbieten wollen. Das stünde meiner Meinung nach im Einklang mit dem kantonalen Baugesetz (§55). Im gemeinderätlichen Leitbild lautet ein Punkt der Stossrichtung bezüglich Verkehr: «Wir lassen unkonventionelle Lösungen zu.» Voila!

Warten auf Nägel mit Köpfen

Der Gemeinderat lud zur Informationsveranstaltung. Angekündigt waren unter anderem Infos über den Stand der Arbeiten fürs Alterszentrum und über die Planungen im Gebiet Steinhof/Im Grund. Spannend fanden das  viele Würenloserinnen und Würenloser, sie füllten den Gmeindschäller fast bis auf den letzten Platz. Doch sind sie jetzt auch klüger als zuvor? Zwar war von vielen «offenen Baustellen», Absichten und Schwierigkeiten die Rede,  konkrete Ergebnisse der vielen Bemühungen wurden aber kaum präsentiert.

Beispiel Alterszentrum: Zwar  haben die Stimmberechtigten vor Jahresfrist einem Landabtausch mit den Ortsbürgern zugestimmt und so die Einwohnergemeinde zur alleinigen Eigentümerin der Zentrumswiese gemacht. Wäre das nicht geschehen, wäre die ganze Planung noch komplizierter als sie es   ohnehin ist. Abgesehen von diesem Landtausch aber ist noch kein einziger Nagel mit Kopf  gemacht worden seit der legendären Gemeindeversammlung vor drei Jahren, als die Gemeinde mit grossem Mehr beschloss, am Standort Zentrumswiese festzuhalten. Von den wichtigsten Fragen, die  damals der Klärung harrten, ist auch heute  keine einzige endgültig beantwortet. Das ist ernüchternd. Vor allem für jene, die 2013 für den Standort Zentrumswiese gestimmt haben, weil sie meinten, hier lasse sich das Alterszentrum rascher realisieren als am Alternativstandort Wiemel. (Dieser Abschnitt wurde noch am 4.5. geändert und ergänzt.)

Immer noch offen ist mit Stand 3. Mai 2016:
♦wer Bauherr des Alterszentrums sein wird. Die Gemeinde selbst will es ja nicht sein.
wer Betreiber das Alterszentrum  wird.
Wie gross das Alterszentrum wird. Aus Kostengründen seien Anpassungen am ursprünglichen Raumprogramm nötig, sagte Vizeammann Toni Möckel im Gmeindschäller.
♦Wie der Gestaltungsplan aussehen wird für das  Gebiet Zentrumswiese inklusive Rössli,  Post und Zentrumsscheune.
♦ wie das Gebiet besser erschlossen werden und zu welchem Preis dazu das  Postgebäude gekauft werden kann.

Niemand durfte erwarten, dass alle diese Punkte bis zum heutigen Tag geklärt seien. Aber gleich kein einziger?  Als erster konkreter Schritt drängt sich der Entscheid über den Bauträger auf. Vor drei Jahren kam’s darob zum Streit zwischen Verein Alterszentrum und Gemeinderat. Jener favorsierte eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, dieser einen privaten Investor. In der Folge dann vor einem Jahr grosser Personalwechsel im Vorstand des Vereins Alterszentrum. Und Einsetzung eines Steuerungsausschusses, gebildet aus je drei Vertretern des Gemeinderates und des Vereins.

Dieser Steuerungsausschuss scheint nun wieder auf eine gemeinnützige AG zu setzen, wie laut «Limmatwelle» an der Generalversammlung des Vereins Alterszentrum im April bekannt wurde. Im Gmeindschäller war dazu nur zu erfahren, dass Anfang Juni die Planungs- und die Finanzkommission, der Verein Alterszentrum sowie die ebenfalls involvierte Spitex über die Pläne des Steuerungsausschusses informiert werden und  dann Bis Ende Juni dazu Stellung nehmen können. Anschliessend will der Gemeinderat eine Vorlage an die Gemeindeversammlung ausarbeiten. Es dürfte laut Möckel eine ausserordentliche Gemeindeversammlung sein. Einen Termin habe ich nicht gehört.

Bis dahin muss auch Klarheit darüber bestehen, was mit dem angehäuften Altersheimfonds passiert und in welcher Form die Einwohnergemeinde das Bauland fürs Alterszentrum zur Verfügung stellt: Erteilt sie ein Baurecht oder bringt sie ihr Land als Sacheinlage in eine gemeinnützige AG ein?

Zu den Planungen Steinhof/Im Grund war auch nur wenig Neues zu erfahren. Zur Baueingabe für den Um- und Neubau des Steinhof-Ensembles (Gasthof und Scheune) habe es eine Einwendung des Aargauischen Heimatschutzes gegeben. Und die Stellungnahme des Kantons stehe noch aus.

Was den Landi-Neubau südlich des Bahnhofs betrifft, soll zwischen Gemeinde und Landi eine Vereinbarung getroffen werden, worüber genau wurde nicht gesagt, wohl auch, weil die entscheidende Verhandlung noch ausstand. Weiterhin vage blieben auch Aussagen über eine Lösung im Strassenbereich bei der Barriere, wo wegen der neuen Landi mit mehr Ab- und Einbiegeverkehr zu rechnen ist. Dafür legte Gemeindeammann Hans Ueli Reber ein flammendes Bekenntnis zur Barriere ab. Eine Tieferlegung der Bahn sei nicht finanzierbar und der Bau einer Unterführung wäre ein zu grosser Eingriff ins Ortsbild.

Die Landstrasse zwischen Steinbruch-Kreisel und Barriere soll ab nächstem Jahr bis Sommer 2018 saniert werden. Geplant sind zum Schutz der Anwohner auch Lärmschutzwände. Wie diese zu vereinbaren sind mit einer attraktiveren Gestaltung des Strassenraumes, die gemäss dem am Dienstag ebenfalls vorgestellten Leitbild zu Gemeindentwicklung anzustreben ist, steht auf einem anderen Blatt. Wie sagte doch der Gemeindeammann im Gmeindschäller? «Uns dominiert der Verkehr».– Wie wahr, aber auch wie resignativ!

Mein persönlicher Messetag

Was war in mich gefahren, dass ich Messemuffel, der um sämtliche Auto-Salons, Wein-Expos, Bau- oder Gartenschauen  einen Riesenbogen macht, fast vier Stunden an der Würenloser Messe und am Früeligsmärt zugebracht habe?

Sicher nicht die Neugier, welches Geheimnis hinter der Physikalischen Gefässtherapie von Bemer stecken mag. Und auch nicht die Hoffnung, dass an ihrem Stand die«selbständige Verkaufsdirektorin» Edina Mohr meiner verwitterten Visage dank ihres «legendären 2-Minuten-Make ups» von Mary Kay zu neuer Frische verhelfen würde.

Gewiss auch nicht das Wetter. Seepferdchen gleich schaukelten ja die Karussellgäule mit klitschnassen Rittern obendrauf durch die Fluten. Und für meinen Schirm, der, kaum aufgespannt, schon schlapp machte, war an den Früeligsmärt-Ständen ringsum kein Ersatz erhältlich. Petras Häkelmützen, die sich beim ersten Regenguss vollgesogen hätten so schwer wie Betonklötze, weckten darum ebenso wenig meine Kauflust wie Vrenis afrikanische Körbe, die ich als Regenschutz auf dem Kopf zu tragen mich nicht traute.

Und ganz sicher nicht die Nahrungsaufnahme im Gastrozelt (Bündnerspiess). Dieses Ambiente (des Zeltes, nicht des Spiesses)–  ein Mahnmal der Schlichtheit, das zur Zeitreise einlud:  Selbstbedienungs- und Kassiersystem wie bei den Pfahlbauern, Dekoration und  Beleuchtung wie in einem Lazarett der Ardennenschlacht.

Nicht, dass Sie meinen, ich hätte vier Stunden lang nur gelitten. Ganz im Gegenteil.  Obwohl es mich schon genervt hat, dass ich – unbeschirmt wie ich war –  eine gefühlte Stunde lang meine Frau gesucht und sie schliesslich in einer Ecke auf einer Matratze liegend endlich fand. Der Herr an ihrer Seite erwies sich glücklicherweise als Bico-Vertreter.

Nein, ich habe natürlich Freude gehabt, vielen Bekannten über den Weg zu laufen. Ich bewunderte den Einfallsreichtum gewisser Aussteller, vor allem aber die gute Laune und die Wetterfestigkeit der Aussteller im Freien. Ich schätzte, dass  die  Organisatoren auf die Wahl einer Miss Würenlos ebenso verzichteten  wie auf die Herrichtung der weltlängsten Crèmeschnitte und ähnlichen Firlefanz, ohne den viele solcher Messen nicht auszukommen glauben. Ich finde es sympathisch, wenn sich engagierte Gewerbetreibende zusammentun, um der Bevölkerung persönlich zu begegnen und um ihr etwas zu bieten. Obwohl sie natürlich wissen, dass solche Events viele anziehen, die zu jedem Gratis-Gläsli greifen, da ein Bhaltis einstecken und dort ein Glücksrad drehen – und dann die neue Küche doch lieber im «Tüütsche usse» kaufen.

Einkaufstourimsus, Online-Handel. Sind Gewerbeschauen ein Auslaufmodell? Dieser Frage ist die «Neue Zürcher Zeitung» vor einigen Jahren nachgegangen. Und sie kam zum Schluss, dass auch kleinere Gewerbeschauen durchaus Zukunft hätten – vorausgesetzt, sie seien keine Verkaufsmessen, sondern würden ein «geselliges Beisammensein mit Dorffestcharakter» ermöglichen. Das hat die Würenloser Messe durchaus getan. Auch wenn sie sich diesmal nicht mehr rein lokal geben mochte. Doch das mit der «überregionalen Gewerbemesse Würenlos und Furttal» wurde nicht so heiss gegessen.

Nur gut ein Dutzend Gewerbler aus dem Zürcher Furtttal mischten sich unter die total 80 Aussteller. Bei über 300 Aktivmitgliedern der dortigen zwei Gewerbeverbände  haben da künftige  Würenloser Messen noch Entwicklungspotential. Auch die Besucher von ennet der Grenze störten mich am  Würenloser «Dorffest» nicht. Ja, es war ein befreundetes Paar aus Dänikon, das uns vorgeschlagen hat, gemeinsam hinzugehen. Und die Zwei waren echt begeistert. Genauso wie Stunden zuvor  meine einstige Kollegin aus  «Badener Tagblatt»-Tagen, das Mayeli (nass wie ein Pudel flüchtete die Reporterin  unters schützende Dach der Theatergemeinschaft, wo ich gerade eine Crèpe verdrückte).  – So ist das halt mit Fremden: Sie schätzen unsere Welt oft noch mehr als wir selbst.