Denken mit zwei Beinen statt vier Rädern

Wir bewegen uns alle immer wieder auf vier Rädern, aber auch auf zwei Beinen sind wir öfters unterwegs. Der Langsamverkehr geht allerdings bei der Planung des öffentlichen Raums häufig vergessen, sollte aber unbedingt miteinbezogen werden. Dass man auf zwei unterschiedliche Resultate kommen kann, wenn man mit vier Rädern oder mit zwei Beinen denkt, will ich am Beispiel der Strasse zwischen dem Kreisel Schul-/Landstrasse und der Abzweigung Buechzelgli-/Buechstrasse aufzeigen.

Folgen Sie mir auf vier Rädern: Nach der Kreiselausfahrt wurde die Kurve ausgebaut, die Strasse verbreitert und ich kann hier nun zügig durchfahren. Rechts der Strasse ist die Überbauung Rosenpark entstanden. Auch hier wurde etwas für uns ‚Vierrädrige‘ getan, drei Längsparkplätze sind entstanden. Das erlaubt mir, mein Fahrzeug in nächster Nähe zum Rosenpark abzustellen. Für Parkplätze und Trottoir war der Platz zwar etwas knapp, sodass das Trottoir nun im Zick-Zack um die Parkplätze herumgeführt wird.

Rosenpark
Zickzacklauf um die Parkplätze.

Dies finde ich nicht weiter schlimm, denn meine Bedürfnisse als Autofahrer nach genügend Parkmöglichkeiten und möglichst kurzer Fusstrecke wurden berücksichtigt. Die Fussgänger werden die zackige Kurve im Gänsemarsch nehmen und Kinder auf Rollbrettern oder Trottinets können notfalls auf die Strasse ausweichen.

Weiter geht’s zum Knoten Huebacher. Hier treffen sich drei Strassen. Damit die ‚vielen‘ LKW‘s und PW‘s reibungslos kreuzen können, wurde ein grosszügiger Platz geschaffen. Mich als Autofahrer freut’s und ich gebe Gas. Die Fussgänger sind bei dieser Lösung leider vergessen gegangen. Nachträglich wurde für sie aber ein Trottoir in einem grossen Bogen um den Knoten gebaut.

Der Knoten Huebacher beim neuen Kindergarten (rechts hinten). Da an die schwächsten Verkehrsteilnehmer nicht gedacht worden war, musste gleich nach Inbetriebnahme nachgebessert werden.
Der Knoten Huebacher beim neuen Kindergarten (rechts hinten). Da an die schwächsten Verkehrsteilnehmer nicht gedacht worden war, musste gleich nach Inbetriebnahme nachgebessert werden.

Das kostete Einiges, aber für Fussgänger sind wir gerne bereit etwas Geld auszugeben. Und diese werden den kleinen Umweg sicher gerne machen, wenn sie in sicherem Abstand zum ‚gefährlichen‘ Dino den Knoten umgehen können.

Folgen Sie mir nun auf zwei Beinen: Ich gehe von der Passarelle kommend Richtung Buech. Ein Bub überholt mich mit seinem Rollbrett. Mit ziemlichem Tempo nimmt er die neuerdings so enge Kurve beim Übergang auf das Trottoir der Buechzelglistrasse. Was wenn er die Kurve verfehlt? Weiter geht‘s Richtung Buech auf dem schmalen Trottoir neben der vielbefahrenen Strasse. Dies ist einer der meistbegangenen Schulwege von Würenlos und ich überlege mir, wie die Sicherheit an dieser Stelle hätte erhöht werden können.

Das Trottoir entlang der  neuen Überbauung Rosenpark hätte auch mit einem Grünstreifen von der stark befahrenen Buechzelglistrasse abgetrennt werden können.
Das Trottoir entlang der neuen Überbauung Rosenpark hätte auch mit einem Grünstreifen von der stark befahrenen Buechzelglistrasse abgetrennt werden können.

Wenn statt der drei Parkplätze und der Strassenverbreiterung ein Grünstreifen zwischen Strasse und Trottoir erstellt worden wäre. Es hätte nicht mehr gekostet und nicht mehr Platz beansprucht als die realisierte Lösung. Es wäre sogar eine Win-Win-Situation entstanden: Mehr Sicherheit für die Schulkinder, ein attraktiver Zugang zum Buchquartier für Fussgänger und Autofahrer und die Bewohner des Rosenparkes hätten sicher auch nichts gegen etwas mehr ‚Privatsphäre‘ zur Autostrasse hin einzuwenden gehabt.

Wir befinden uns nun wiederum beim Knoten Huebacher. Wegen seiner Dimension muss ich annehmen, dass sich hier die drei wichtigsten Strassen von Würenlos treffen. Als Fussgänger wäre ich nun gezwungen, entgegen meinem Gefühl, einen grossen Bogen um den Huebacher zu machen um ins Buech zu gelangen. Da ich zügig unterwegs bin, überquere ich die Asphaltwüste jedoch kurzerhand auf direktem Weg. Wohl ist mir dabei nicht und ich hoffe, dass mich keine Schulkinder beobachten und meinem schlechten Beispiel folgen. Wenn es nach meinem ‚Fussgänger-Naturell‘ ginge, würde ich sowieso am liebsten zwischen dem Dino und dem kleinen Eckhaus durchgehen. Das wäre der direkte und logische Weg und er wäre für wenig Geld zu haben gewesen.

Warum ich diese zwei Geschichten erzähle? Um aufzuzeigen, zu welch unterschiedlichen Lösungen man kommen kann, je nachdem ob man mit zwei Beinen oder vier Rädern denkt. Mit zwei Beinen zu denken kostet nicht mehr, wie diese Beispiele zeigen, sondern sogar weniger Geld und es ist gleichzeitig allen gedient. An die Behörde gerichtet möchte ich sagen: nehmen Sie nicht alles kritiklos hin, was Ihnen die Verkehrsplaner vorlegen, diese denken meistens mit vier Rädern. Und wir Stimmbürger? Haben wir, als es um die Erschliessung Huebacher ging, nicht auch mit vier Rädern gedacht? Hätte man verlangt, dieses Strassenstück in die Planung miteinzubeziehen, wäre dies für die Planer des Rosenparks eine Randbedingung gewesen, auf die sie sich problemlos hätten einstellen können.

Nachtrag: Offensichtlich hat man den problematischen Zick-Zack-Kurs des Trottoirs erkannt und mit Zementplatten einen der Zick-Zack gemildert.

4 Gedanken zu „Denken mit zwei Beinen statt vier Rädern“

  1. Lieber Herr Arnold, Sie sprechen mir aus der Seele! Als ich mich noch in jugendlicher Verblendung in Ford Mustangs oder Cadillacs über unsere Strassen bewegte, sah ich nicht, was ich jetzt sehe. Wenn ich nun mit meinen alten Füssen vom Birkenweg ins Dorf hinauf spaziere, kann es wirklich vorkommen, dass ich beim Dinosaurier stehen bleibe, weil ich die Orientierung verloren habe. Welcher Teufel hat hier nur über die Planer die Oberhand gewonnen? Selbst im dichtesten Gewühl einer arabischen oder asiatischen Stadt habe ich mich besser zurecht gefunden! Bitte plant und realisiert Eure Pläne, nachdem Ihr alle Beteiligten angehört habt!

  2. Vielen Dank an Hans Arnold für den prägnanten Artikel, der mir sehr aus dem Herzen spricht. Fussgänger, VelofahrerInnen und Rollator-PilotInnen haben leider (noch) keine Lobby an den Schalthebeln in unserer Gemeindebehörde. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Wir geben die Hoffnung nicht so schnell auf.

  3. Gestern habe ich in unserem Dorf einen weiteren planerischen Unsinn gesehen! Ich hatte um 14 Uhr einen Termin im Gemeindehaus, war zu früh und stand vor verschlossenen Türen. Zwischen den Türen war ein reges Hin und Her. Aufschliessen der Tür bei der Einwohnerkontrolle und Abschliessen derselben hinter sich! Temperatursturz im Freien! Dann Aufschliessen der Tür zur Gemeindekanzlei und erneutes Abschliessen derselben hinter sich! Einige Zeit später derselbe Vorgang in umgekehrter Reihenfolge! Ein Durchgang darüber wäre nützlich! Die Betroffenen wurden bestimmt nicht gefragt! Höchstens vielleicht die Mäuse, die nun oben hin und her flitzen!

  4. Verschiedene Sicht- und Denkweisen sind immer sinnvoll! Im Hinblick auf die Sparmassnahmen beim Winterdienst könnte man die Ansichten von Hans Arnold noch erweitern. Sicher wurde berücksichtigt: Auf zwei Beinen vorsichtig gehen und sich am Gartenzaun festhalten bringt einigermassen Sicherheit und auf vier Rädern gibt’s höchstens Blechschaden. Aber auf zwei Rädern, als Velofahrer? Diese Sicht fehlt mir.

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