Konsumenten statt Bürger


Die Dorfgemeinschaft lebt vom Engagement jener, die in der Gemeindepolitik  oder in den Vereinen aktiv mitarbeiten. Doch viele wollen das Gemeindeleben nur noch konsumieren.

Die Würenloser sind kein Völklein, in dem alle mit Begeisterung anpacken, wenn es gilt, das Dorf voran zu bringen. Noch weniger sind sie ein leidenschaftlich politisierendes Völklein. Da lädt der Gemeinderat am letzten Maiabend in den Gmeindschäller, um über die Traktanden der bevorstehenden Gemeindeversammlung und noch einige andere aktuelle Themen mehr zu informieren. Und dann sitzen 24 Nasen im Schulhauskeller unten, die Hälfte davon Mitglieder der Behörden und der Verwaltung.

Gut, an der Gemeindeversammlung selbst sind es dann – obschon keines der Geschäfte hohe Wellen wirft – doch über 100 Stimmberechtigte. Ob aus Pflichtgefühl oder weil der anschliessende Apero lockt, bleibt offen. Diskussionsfreudig jedenfalls werden die Würenloser erst beim Apéro, an der Versammlung selbst gibt es kaum Wortmeldungen.

Am 20. Juni laden die drei Ortsparteien SVP, FDP und CVP in den Steinhof. Sie wollen im Vorfeld der Gemeindewahlen vom Herbst über die verschiedenen Möglichkeiten zur Mitarbeit in der Gemeinde informieren und dazu ermuntern, ein Amt anszustreben.. Ein lobenswertes Unterfangen. Sogar einen Promi hat man als Referenten und Zugpferd gewonnen – den neuen kantonalen Finanzdirektor Markus Dieth.

40 Personen kommen – nicht schlecht. Doch es sind zumeist bekannte  Gesichter aus der kleinen lokalen Politszene: aktive und ehemalige Behördenmitglieder, Parteipräsidenten, dazu einige Seniorinnen und Senioren, die kaum mehr auf ein Ämtli spienzeln. Ein gutes Dutzend mögen Interessierte sein, die sich möglicherweise zur Mitarbeit in Behörden und Kommissionen motivieren lassen.

Vielleicht halten sich viele ja  nur darum von der Dorfpolitik fern, weil sie zufrieden damit sind, wie es läuft in der Gemeinde. Und es super finden, dass es ohne sie läuft, ohne ihren Einsatz. Aber das wünscht man sich ja nicht unbedingt in der direkten Demokratie: Bürger, die sich als blosse Konsumenten staatlicher Leistungen sehen, für die sie schliesslich – reichlich widerwillig –Steuern bezahlen. – Gut, es gibt ja nicht nur das politische Engagement. Wer sich in einem Verein ehrenamtlich engagiert, leistet seinen Beitrag an die Dorfgemeinschaft ebenso. Aber die vielen anderen?

Zweifellos gibt  es  auch solche, die aus lauter Bequemlichkeit die Behörden und die aktiveren Mitbürger einfach machen lassen. Und die sich dann wundern, wen es mal nicht so läuft, wie sie es  für sich ganz privat gerne hätten. Es bestehe in der heutigen Zeit die Gefahr, dass die Bürger zwar ausrufen, dann aber doch nichts unternehmen, warnt Markus Dieth. Und der CV-Regierungsrat mahnt:.«Wer nicht handelt, wird behandelt.». Doch seine Mahnung erreicht jene nicht, die sie eigentlich betrifft. Jene mit null Bock auf Gemeindepolitik. Insbesondere die vielen, die  in den letzten Jahren zugezogen sind, glänzen  fast völlig mit Abwesenheit. «Als Einzelner kann man ohnehin nichts ausrichten», wird sich der eine oder die andere sagen. Aber warum  sich nicht zusammentun mit Gleichgesinnten, in einer der Ortsparteien oder in einer neuen Gruppierung?

Im September wird gewählt. Im Steinhof betonen die Ortsparteipräsidenten, es sei keine Wahl- sondern eine Informationsveranstaltung. Sie scheinen ein Herz und eine Seele zu sein. Die Harmonie stören könnte einzig die neue Gruppierung Initiative 5436, die ihr Kommen in der Lokalpresse angekündigt und damit bei den Parteien einige Nervosität ausgelöst hat. Doch keine Angst, die «Neuen» pfuschen den Organisatoren nicht ins Konzept. Man ist in Würenlos ja so lieb zueinander. Dürfen wir später überhaupt einen Wahlkampf erwarten – oder eher einen Liebesreigen?

Mitarbeiten statt nur profitieren.  Die Vier von der Initiative 5436, die neu für ein Behördenamt kandidieren: Achim Lück (Finanzkommission), Katrin Brunner (Schulpflege), Corinne Jakob Egger (Gemeinderat), Leonie Brogle (Stimmenzählerin).

Immerhin prescht die Initiative 5436 insofern vor, als sie schon jetzt jene nennt, die für sie ins Rennen steigen werden. Neben der bereits früher als Gemeinderatskandidatin nominierten Corinne Jakob Egger kandidieren Achim Lück für die Finanzkommission, Katrin Brunner für die Schulpflege und Leonie Brogle als Stimmenzählerin.

Zu einem anderen, verwandten Thema. Der Jugendtreff steckt in der Krise. An sich kein  Aufreger. Denn das liegt in der Natur der Sache. Hochs und Tiefs lösen sich ab. Jugendtreffs sind für Jugendliche nur eine kurze Zeit lang interessant. Kaum hat sich die eine Benützergeneration eingelebt und wäre sie vielleicht bereit, Mitverantwortung zu übernehmen, folgt schon die nächste. Im Gegensatz zu dem aus Erwachsenen bestehenden Trägerverein, der Geld beschafft, hat sich der aus Jugendlichen gebildete Betriebsverein denn auch vor einiger Zeit aufgelöst. Seither ist die Jugendarbeiterin Brigitte Walder allein verantwortlich für den Betrieb. Weil sie sich von den Jugendlichen zu wenig unterstützt sieht, ist der Jugendtreff nun noch einmal im Monat geöffnet statt an jedem Freitag.

Die Teens würden vielleicht schon mithelfen, aber nur gegen Bezahlung, wird Brigitte Walder in der «Limmatwelle» zitiert. Freiwilligenarbeit sei bei ihnen halt eher unbeliebt. Womit wir wieder beim ersten Thema sind: Wo das Elternhaus für gesellschaftliches Engagement nichts übrig hat, kann von den Kindern kaum eine andere Einstellung erwartet werden.

Wer für den Gemeinderat oder eine der Kommissionen kandidieren will, kann sich bis 11. August, 12.00 Uhr  bei der Gemeindekanzlei anmelden. Genauere Infos dazu und Anmeldeformular gibts hier.

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