Mit 119 km/h durchs Dorf

Mobile Geschwindigkeitsmessung. (Bild: Kapo Aargau)

So, als würde es darum gehen, sämtliche Vorurteile gegen BMW-Fahrer und Menschen mit Immigrationshintergrund zu bestätigen, steuerte am vergangenen Sonntagmorgen ein Italiener einen BMW-Geländewagen durch unser Dorf. Auf der Landstrasse, im Tempo-50-Bereich, geriet der im Kanton Zürich wohnhafte Mann in eine Geschwindigkeitskontrolle der Regionalpolizei Wettingen-Limmattal. 119 km/h  zeigte das Messgerät an, wie die Kantonspolizei Aargau mitteilt
( Polizeimeldung im Wortlaut).

Die rasante Sonntagsfahrt nahm ein jähes Ende. Eine – abzüglich Messtoleranz – strafbare Tempoüberschreitung von 64 km/h innerorts ist alles andere als eine Bagatelle. -Der Geländewagen wurde vorläufig beschlagnahmt, der Fahrausweis eingezogen. Zudem eröffnete die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung wegen Raserei. Dem Mann droht eine Freiheitsstrafe. Gut so.

Die Regionalpolizei hat im letzten Jahr die Geschwindigkeitskontrollen auf Würenloser Gemeindegebiet  leicht vermehrt. Insgesamt 114mal (2015: 110mal) wurden die Messgeräte aufgestellt, davon 48mal an der Landstrasse. Dies geht aus dem soeben veröffentlichten Rechenschaftsbericht des Gemeinderates hervor. 31 682 Fahrzeuge wurden kontrolliert, 2886 Fahrzeuglenker wegen zu hohem Tempo gebüsst.

Die stark befahrene Landstrasse ist bei weitem nicht die Strasse mit den prozentual am meisten Geschwindigkeitsüberschreitungen. Auf der Altwiesenstrasse fuhren 16 von 100 Lenkern zu schnell, auf der Otelfingerstrasse bei Oetlikon 14 von 100. Auf der Landstrasse 7 von 100. Im Jahr zuvor waren es auf der Landstrasse noch 15 von 100 gewesen. Zufall oder Präventionswirkung der häufigen Messungen?

Gelegentlich wird angezweifelt, ob Geschwindigkeitskontrollen eine vorbeugende Wirkung haben, und unterstellt, sie würden eher helfen, dem Staat die Kassen zu füllen. Ich halte aber die Position der Beratungsstelle für Unfallverhütung für glaubhafter:«Tempokontrollen sind eine wichtige Unfallverhütungsmassnahme». (Vollständiges BfU-Positionspapier)

Ich teile zudem die Ansicht der BfU, wonach vor allem an gefährlichen Stellen auch gut sichtbare stationäre und halbstationäre Messgeräte stehen sollen. BfU: «Die Fahrzeuglenker halten sich dort überdurchschnittlich gut an die Geschwindigkeitslimite.» Ein Rätsel ist für mich, weshalb stationäre Radarkästen im Kanton Aargau tabu sind. Auch ich bin anderswo  schon «geblitzt» worden – die Bussen empfand ich jedesmal als ärgerlich, aber nicht als Schikane. Vor allem habe ich keinen der Orte vergessen. Soviel zur Präventivwirkung.

Wenns um Freiheit und Selbstverantwortung im Strassenverkehr  geht, verstehen meiner Meinung nach die Verkehrshüter im Aargau etwas gründlich miss. Schwer verständlich sind gewisse Anordnungen. Gibt es zum Beispiel einen auch nur halbwegs triftigen Grund, weshalb der Innerortsbereich auf der Landstrasse aus Richtung Oetwil nicht bei der ersten Häusergruppe mit Ein- und Ausfahrten, sondern erst etwa 100 Meter nach der unübersichtlichen Kurve beim Bickguet beginnt? Warum steht das 50-Schild nicht schon vor der Kurve? Warum mit mindestens 60 in diese Kurve, die nicht von allen mit «links» gemeistert wird, wie jener Automobilist bewiesen hat, der vor einigen Monaten in die Bickguetmauer gedonnert ist und sie gleich zum Einsturz gebracht hat. Und dass an der unübersichtlichen Stelle auch noch ein signalisierter Wanderweg die Strasse kreuzt, interessiert die Kantonspolizei offenbar  einen feuchten Dreck.

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