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Ferienzeit ist Einbruchzeit – und Regionalpolizei in prekärer Lage

“Drei Zahlen für Ihre Sicherheit.” Türhänger, vor wenigen Jahren mal an unsere Haustüren gehängt. Doch die Regionalpolizei Wettingen-Limmattal hat nach einer Kündigungswelle zu wenig Leute, um einen Rund-um-die-Uhr-Betrieb aufrecht zu erhalten. Zwar kommt ihr die Kantonspolizei zu Hilfe. Doch ist das aargauische Polizeisystem so gut, wie viele Regionalfürsten behaupten?

Endlich Sommerferien! Wohnungen und Häuser stehen für Tage oder Wochen leer. Für Einbrecher ist diese Zeit ähnlich attraktiv wie die «dunkle Jahreszeit». Die zuhause Gebliebenen werden aufgefordert, aufeinander zu achten und ungewöhnliche Beobachtungen, Personen oder Fahrzeuge der Polizei zu melden.  Doch unsere Regionalpolizei steckt in einer schweren Krise.

Bei der Regionalpolizei Wettingen-Limmattal  herrscht Personalmangel und dicke Luft. Darüber haben das «Badener Tagblatt» (BT) und andere CH-Media-Kanäle  seit Anfang 2023  wiederholt berichtet. Die Fakten liegen auf dem Tisch.

Anfang Jahr erschien ein erster, alarmierender Bericht ( Link 1) In den Monaten zuvor hatten 17 Polizeiangehörige gekündigt. Als Höhepunkt vermeldete das BT am 12. Mai (Link 2), Wettingens Gemeindeammann Roland Kuster habe die Kantonspolizei zu Hilfe gerufen. Die Repol könne bis auf Weiteres ihren vertraglich vereinbarten Auftrag, einen 24-Stundenbetrieb  an 7 Tagen in der Woche nicht mehr erfüllen. Um die Sicherheit in den 6 Repol-Gemeinden mit insgesamt rund 54’000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu gewährleisten, übernehme die Kantonspolizei einen Teil der Patrouillentätigkeit, so das BT. Grundlage ist eine vorerst auf sechs Monate befristete Leistungsvereinbarung. Gratis ist eine solche nicht. Kommen ungeplante Mehrkosten auf uns zu? Die Verantwortlichen schweigen. Wenigstens nimmt die Kantonspolizei ihre neue Aufgabe offenbar ernst: In unseren Quartieren sind im Vergleich zu vorher öfter Fahrzeuge der Kantonspolizei unterwegs.

Ende letzten Jahres haben die Gemeindeversammlungen von Würenlos und 4 weiteren Repol-Gemeinden sowie der Einwohnerrat Wettingen  einem neuen Gemeindevertrag mit neuem Kostenverteilschlüssel zugestimmt. Ab 2024 werden die Repol-Kosten neu gemäss Einwohnerzahlen auf die 6 Vertragsgemeinden aufgeteilt. Damit fährt Wettingen etwas besser, die fünf anderen Gemeinden zahlen etwas mehr (Würenlos etwa + 90’000 Franken pro Jahr). Daran gab und gibt es eigentlich nichts auszusetzen. Hätte nicht ein Sätzchen im damaligen Würenloser Traktandenbericht unsere Polizeiwelt etwas gar rosig dargestellt: «Die Regionalpolizei Wettingen-Limmattal hat sich in den vergangenen bald zehn Jahren sehr gut etabliert und leistet einen sehr wichtigen Beitrag zur Sicherheit in der Region.»

Nanu. Die schlimme Personalentwicklung muss schon damals etlichen politischen Verantwortlichen bekannt gewesen sein. Nicht ausgeschlossen, dass an den Gemeindeversammlungen zum Geschäft “neuer Gemeindevertrag” sehr kritische Fragen gestellt worden wären, wenn die Probleme einer weiteren Öffentlichkeit bekannt gewesen wären.

Das BT hat gestützt auf eine Umfrage bei allen 15 aargauischen Regionalpolizeien enthüllt, dass die Zahl unbesetzter Stellen bei der Repol Wettingen-Limmattal sowohl in absoluten Zahlen als auch im Verhältnis zum Sollbestand im Mai 23 weitaus am höchsten war. Von 38 Soll-Stellen waren nur gerade 22,6 (knapp 60%) besetzt. Bei den 14 anderen Regionalpolizeien zusammen waren in jenem Zeitpunkt per Saldo insgesamt 4,5 Stellen unbesetzt.

Wie Philipp Zimmermann am 5. Juli im BT schrieb (Link 3), hat sich die Situation bei der Repol  seither kaum entschärft: Noch immer waren 14 der 39 Vollzeitstellen unbesetzt. Und 13 Polizisten und Angestellte der Repol Wettingen-Limmattal wandten sich mit einem Hilferuf an den Wettinger Gesamtgemeinderat  und baten um eine Aussprache in Abwesenheit des Kommandanten Oliver Bär, denn «Die Lage ist so prekär wie noch nie seit dem Bestehen der Repol Wettingen-Limmattal». Auch die Politik kam ihr Fett ab: «Eine grundsätzliche Resignation sowie das Gefühl eines mangelnden Vertrauens seitens der Politik sind bereits etabliert.» Päng.

Der Gemeinderat Wettingen und insbesondere Gemeindeammann Roland Kuster, der auch dem Ressort Polizei vorsteht und oberster politischer Vorgesetzter der Regionalpolizei ist, wird gegenüber uns Partnergemeinden noch genauer erklären müssen, was er unter einer  guten  politischen Polizeiführung versteht und wie die Repol in diese Krise schlittern konnte.

Kuster nannte gegenüber dem BT als einen der Hauptgründe für die Kündigungen den Wechsel zu den Stadtpolizeien Zürich und Winterthur sowie anderen Regionalpolizeien: «Überall sollen mehr Möglichkeiten bestehen und es soll ein besserer Lohn bezahlt werden.». Doch mit dem durch den allgemeinen Fachkräftemangel verschärften Wettbewerb um Polizistinnen und Polizisten sind auch die anderen Regionalpolizeien konfrontiert.

Das BT hat auch  publik gemacht, dass sich ein Teil der Regionalpolizeien im Aargau jahrelang um die Ausbildung polizeilichen Nachwuchses foutiert haben. Auch die Repol Wettingen-Limmattal. Das räumte auch  Kuster im BT ein. Die Repol Wettingen-Limmattal bilde seit 2 Jahren wieder Aspirantinnen und Aspiranten aus (aktuell 5). Vorher habe die letzte Ausbildung 2009 stattgefunden.

Vor einem Jahr ist es zu einem  Kommandantenwechsel bei der Repol gekommen.  Der neue Kommandant Oliver Bär eckt bei einem Teil des Korps an. Da sind eigentlich nur 2 Szenarien denkbar: Entweder war es bitter nötig, dass Bär die Zügel anzog und von seinen Leuten mehr verlangte. Dann stellt sich die Frage, ob die politische Führung beim früheren Kommandanten zu viel durchgehen liess. – Oder Bär hat den Draht zur Mannschaft nie richtig gefunden. Dann hätten klärende Gespräche mit dem Korps, die jetzt stattfinden sollen, wohl besser schon vor einem Jahr stattgefunden.

Die Personalprobleme der zweitgrössten aargauischen Regionalpolizei (Nr. 1 ist die Stadtpolizei Baden, unbesetzte Stellen im Mai: 0)) haben auch eine alte Diskussion wieder aufflammen lassen: Wäre der  Aargau ohne Regionalpolizeien, aber mit einer personell besser dotierten Kantonspolizei als Einheitspolizei nicht besser bedient? Darüber mehr in einem Beitrag, der Anfang August aufgeschaltet wird. 

Polizeipräsenz und Limmattalbahn

Die Halbzeit der Sommer-Schulferien ist vorüber, die ersten Ferienreisenden sind zurück, im besseren Fall braungebrannt und erholt, im schlechteren Fall gezeichnet von Reisestrapazen, Wartezeiten auf Flughäfen oder muffigen Hotelzimmern. Falls sich die Heimkehrer fragen, was sie hier verpasst haben. Hier die Antwort: Wenig bis nichts. Höchstens kleine Staubwölklein auf politischer Ebene wirbelten zwei Themen auf, die auch etwas mit Würenlos zu tun haben.

Mehr Arbeit für die Regionalpolizei?
Mehr Arbeit für die Regionalpolizei?

Erstens wehrt sich die Gemeinde Spreitenbach gegen die Schliessung des dortigen Kantonspolizei-Postens, der laut Kapo-Homepage auch für Würenlos zuständig ist. Ende dieses Jahres wird der Regierungsrat entscheiden, ob die Zahl der Kantonspolizei-Standorte von 17 auf 9 reduziert wird. Die Präsenz der Kantonspolizei in den Regionen und Gemeinden soll darunter nicht leiden, die vorhandenen Kräfte sollen nur effektiver und mobiler eingesetzt werden.

Dagegen ist aus Würenloser Sicht nichts einzuwenden. Der Kapo-Stützpunkt Baden ist für uns kaum weiter entfernt als der Posten in Spreitenbach. Und das Vorhandensein eines Polizeipostens erhöht die Sicherheit kaum. Den Beweis dafür haben in diesen Sommerferien zwei Gefangene in Baden geliefert. Mit aneinander geknüpften Leintüchern haben sie sich vom Gefängnis im obersten Stock des alten Schulhauses am Badener Schulhausplatz, in die Freiheit abgeseilt – vor den Fenstern der dort ebenfalls untergebrachten Kantonspolizei.

Ein Argument, das der Gemeinderat Spreitenbach gegen die Postenschliessung vorbringt, hat aber etwas für sich. Zu befürchten sei, dass die Regionalpolizei Wettingen-Limmattal noch viel häufiger als heute schon zu Hilfe gerufen werde, etwa bei kleinen Kriminalfällen (z.B. Ladendiebstählen), für die eigentlich die Kantonspolizei zuständig sei. Der Regionalpolizei-Posten in Spreitenbach, der eher symbolisch mit nur einer Person während der Bürozeiten besetzt ist, könnte also mehr zu tun bekommen. Zu rechnen wäre dann mit Mehrkosten für die Gemeinden, die ja die Regionalpolizei finanzieren.

Mit dem Polizeigesetz aus dem Jahre 2005, das zur Bildung der Regionalpolizeien und zum Aus der Gemeindepolizeien geführt hat, hat sich der Kanton in erster Linie auf Kosten der Gemeinden finanziell entlastet. Wäre es 2005 primär um mehr Sicherheit und um mehr Effizienz der Polizeiarbeit gegangen, so wären andere Organisationskonzepte – zum Beispiel eine Einheitspolizei wie in den Kantonen Bern und Zug – ebenso zweckdienlich gewesen. Dass laut Gemeinderat Spreitenbach die Hälfte der polizeilichen Erstinterventionen (darunter können auch schwere Verbrechen oder Unfälle fallen) durch die Regionalpolizei erfolgen, gibt zu denken. Kompetenzgerangel und Doppelspurigkeiten sind da nicht weit.

Die Limmattalbahn endet vorerst vor dem Bahnhof Killwangen-Spreitenbach.
Die Limmattalbahn endet vorerst vor dem Bahnhof Killwangen-Spreitenbach.

Das zweite Staubwölklein wirbelte die Grünliberale Partei Wettingen auf, die ihren letzten Stammtisch vor den Sommerferien für einmal in Würenlos abgehalten hatte. Der Wettinger SP-Gemeinderat Markus Maibach soll da über den Stand des Projekts Limmattalbahn berichtet haben. Und Jahre, bevor 2022 die Strecke von Zürich-Altstetten nach Killwangen-Spreitenbach in Betrieb gehen soll, gab schon eine mögliche Weiterführung über Wettingen nach Baden zu reden. Das ist aber pure Zukunftsmusik.

Immer deutlicher wird offenbar, dass das neue Tram keine Schleife über Würenlos drehen soll. Bedauert das jemand? Für eine solche Schleife eine sinnvolle Linienführung zu finden, welche die Landschaft zwischen Limmat und Dorf nicht massiv verschandelt, wäre kaum möglich. Zudem ist  Würenlos  mit stündlich 2 S-Bahn- und 4 Busverbindungen mit Wettingen und Baden in den Hauptverkehrszeiten sehr gut verbunden.

Eher ein Scherz dünkt es mich da, wenn Orun Palit, der Präsident der Wettinger Grünliberalen, in einem «Limmatwelle»-Parteibericht über den GLP-Stammtisch  eine Minibahn von Würenlos nach Wettingen ins Spiel bringt, um das Gebiet dazwischen besser zu erschliessen. Und seine Zuschrift an die « Limmatwelle» gipfelt im Satz: «Eine Fusion zwischen Wettingen und Würenlos macht unter diesem Aspekt plötzlich mehr Sinn.» Nun ja, man kann der GLP wenigstens nicht vorwerfen, es mangle ihr an kühnen Visionen…

Mehr als eine kühne Vision ist aber, dass der erste Abschnitt der Limmattalbahn bis Killwangen das Verkehrsgeschehen in unserer Region massiv beeinflussen wird. Der öffentliche Verkehr wird Marktanteile gewinnen. Von Würenlos aus werden sehr viele Arbeitsplätze im Gebiet Dietikon/Schlieren/Urdorf/Zürich West mit dem ÖV schneller erreichbar sein als heute. Wichtig wird es darum sein, Würenlos optimal an die Limmattalbahn in Richtung Zürich anzubinden.

Am ehesten in Frage kommt dafür ein Ausbau der Ortsbuslinie 11. Doch sie stösst schon jetzt in Spitzenzeiten an ihre Kapazitätsgrenzen. Ist ein Viertelstundentakt die Lösung? Oder gar eine Aufspaltung des 11ers in zwei Linien, die ab Killwangen in alternierendem Halbstundentakt zwei Endpunkte ansteuern: die eine über Raiffeisenbank und Bahnhof Würenlos die Endhaltestelle Tägerhard (Wettingen), die andere ab Raiffeisenbank via Brunnenweg-Bettlen die Endhaltestelle Hüttikon? Bis 2022 ist noch genügend Zeit, gute Konzepte auzuhecken.