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Sinnvolle, aber “unschöne” Projektänderung

Statt 2 Millionen kostet die Erschliessung des neuen Gewerbegebietes Tägerhard fast 4,4 Millionen Franken. An der mit 94 Anwesenden schwach besuchten Gemeindeversammlung gab dieses Traktandum denn auch als einziges länger zu reden. Die Versammlung bewilligte einen Zusatzkredit von 2,325 Mio. Franken aber bei zahlreichen Enthaltungen klar mit 64 gegen 7 Stimmen.

Im Dezember 2015 war ein 2-Millionenkredit gutgeheissen worden. Geplant war der Bau einer Stichstrasse von der inzwischen abgerissenen Reithalle bis zum neuen Sportplatz. Später beschlossen die Ortsbürger als Grundeigentümer und der Gemeinderat, als Baurechtsnehmer im neuen Gewerbegebiet vor allem einheimische Gewerbebetriebe zu berücksichtigen statt wenige Grossbetriebe. Damit wurde ein Masterplan von 2013 hinfällig, auf dem die Stichstrasse basierte. Diese wird nun um eine Ringstrasse ergänzt, damit die jetzt kleineren Teilparzellen besser erschlossen werden können. Die Ringstrasse wird als Einbahnstrasse befahren werden und kann bei Reit- und anderen Sportanlässen auch als Parkfläche dienen, wie Gemeindeammann Toni Möckel informierte.

Die gesamte Strassenfläche verdoppelt sich nun, was vor allem zu wesentlich höheren Kosten für die Kanalisation führt, allein dafür werden 1,38 Millionen Frankenzusätzlich investiert werden müssen. Grund: das Strassenwasser darf nicht im Gewerbegebiet selber versickern. Denn dieses liegt in der Schutzzone rund um das neue Grundwasserpumpwerk Tägerhard, woher unser Trinkwasser kommt.

Ein Stimmberechtigter plädierte für ein Festhalten am bisherigen Erschliessungsprojekt. Die neue Ringstrasse mit der aufwändigen Kanalisation sei ein reines “Prestigeprojekt”, das finanziell nicht zu verantworten sei. Die Mehrkosten machten ja 20% der Nettoverschuldung der Gemeinde aus, das sei kein Pappenstiel.

Dieser Vergleich sei nicht zulässig, wehrte sich Gemeindeammann Möckel. Denn belastet würde weniger die Rechnung der Einwohnergemeinde als die der Werke. Die Finanzkommission opponierte dem Zusatzkredit nicht, er sei verkraftbar. Aber die “komplette Projektänderung mit Verdoppelung der Kosten” sei an sich unschön und dürfe sich nicht wiederholen, sagte Fiko-Präsident Thomas Zollinger. Und sein Amtskollege von der Ortsbürgergemeinde, Marcel Moser, legte Wert darauf, dass die Umplanung vor allem im Interesse der Einwohner- und nicht der Ortsbürgergemeinde erfolgt sei.

Die Nutzung mit ortsansässigen oder zuziehenden KMUs ist sicher sinnvoller und dem Dorf zuträglicher als es zum Beispiel die Ansiedlung von Logistikbetrieben mit grossem Flächenbedarf und wenigen Arbeitsplätzen gewesen wäre. Gleichwohl gewinnt man im Nachhinein den Eindruck, die Planung des Gewerbegebietes und seiner Erschliessung sei zu Beginn etwas gar hopplahopp erfolgt – hat der grosse Druck der Rasensportvereine für einen baldigen Bau des neuen, von der Erschliessung mitprofitierenden Sportplatzes auch eine Rolle gespielt?

Möglicherweise ist auch eine grosse Chance verpasst worden. Der Einzige bin ich wohl nicht, der sich ewig wundern wird, weshalb die neue Landi im Zuge eines möglichen Landabtausches nicht an diesem Standort gebaut wird. Dieser hätte verkehrsmässig gegenüber jenem im Gebiet Bahnhof allen Beteiligten nur Vorteile gebracht.

Die übrigen Geschäfte wurden schlank durchgewinkt. Insbesondere auch der Baurechtsvertrag mit der Ortsbürgergemeinde, welche der Einwohnergemeinde zu Vorzugsbedingungen Land zur Verfügung stellt, auf welchem die Sportvereine neben dem Sportplatz Tägerhard ein Garderobengebäude/Clubhaus erstellen können. Das benötigte Geld dafür pumpt ihnen grösstenteils die Gemeinde (siehe die Korrektur dazu im Kommentar von Daniel Zehnder). Genehmigt wurden auch der Rechenschaftsbericht 2018 und die Rechnung 2018, welche erfreulicherweise mit einem gegenüber dem Budget um 1,6 Mio. Franken höheren Ertragsüberschuss von 2,6 Mio. Franken abschliesst. Zudem wurden ein junges Geschwisterpaar ungarischer Herkunft eingebürgert und drei Bauabrechnungen genehmigt

Ein Plätzchen als Schätzchen

Aufwertung für die Dorfstrasse, das neue Plätzchen bei der Einmündung der Haselstrasse.
Wie mit planerischer Sorgfalt und mit relativ geringem Aufwand das Ortsbild verschönert und der Aufenthalt im öffentlichen Raum erfreulicher gestaltet werden kann, zeigt sich nun an der Dorfstrasse. Bei der Einmündung der Haselstrasse ist in den letzten Wochen ein schmuckes Plätzchen entstanden.

Das teils gekieste, teils gepflästerte Plätzchen ist zurückhaltend «möbliert»: Ein Baum samt Sitzbank rundherum, ein alter Brunnen, zwei mächtige Holzbalken und ein Steinkreis als weitere Sitzgelegenheiten und einige Steinblöcke gegen Wildparkierer. Sponsoren der Sitzbalken sind die Ortsbürger, es wird darauf diskret für vermehrte Verwendung einheimischen Holzes geworben. Der Brunnen ist eine Leihgabe des früheren Brunnenmeisters Felix Brunner.

Das Auge des Dorfflaneurs nimmt das Plätzchen mit Dankbarkeit wahr. Statt mit öden Sicht- und Lärmschutzwänden (wie gleich gegenüber an der Dorfstrasse) abgewertet, ist hier der Strassenraum aufgewertet worden. Eine neue Wegmarke ist entstanden. Im vordersten Teil der Überbauung Gatterächer West hat zwar das einstige Bauernhaus Haselstrasse 1 weichen müssen. «… mit seinem grossen (inzwischen verwilderten) Vorgarten trägt es wesentlich zum lebendigen und abwechslungsreichen Strassenraum bei», schrieb Martin Brogle in den Würenloser Blättern 2010 in seinem zusammen mit Felix Wyss verfassten Beitrag «Fünf vor zwölf für die Dorfstrasse». Nun hat der Vorgarten wenigstens einen würdigen Ersatz gefunden.

Das neue Plätzchen ist nicht nur Schmuck, es hat auch eine Funktion. Es macht es attraktiver, zu Fuss im Dorf unterwegs zu sein. Denken wir nur an die älteren und alten Menschen, die in immer grösserer Zahl anzutreffen sind. Auf ihrem Spaziergang oder Einkaufsweg schätzen es viele von ihnen gewiss, da kurz ausruhen zu können. Wenn der Baum im Sommer ausreichend Schatten spenden wird, werden vielleicht auch junge Mütter mit Kindern hier verweilen. Und die Kindergärtler vom Gatterächer werden wohl dank des Brunnens öfters nässer nach Hause kommen, als es die Wetterlage erwarten liesse. Das mag die Eltern nicht erfreuen, steigert aber den von Pädagogen hoch gepriesenen Erlebniswert des Schulwegs ungemein.

Zu lange sind in Würenlos die Strassenräume gestalterisch ziemlich vernachlässigt worden. Wie gut täte doch eine gestaltete Freifläche wie hier an der Ecke Dorf-/Haselstrasse dem «zusammengemosteten» Bickackerquartier! In seinem Leitbild zur Gemeindentwicklung von 2015 hatte es sich der Gemeinderat zum Ziel gesetzt, der Gestaltung des Strassenraumes mehr Aufmerksamkeit zu schenken und so die qualitative Entwicklung zu fördern sowie die Verkehrssituation im Dorf zu verbessern. Mit dem Plätzchen an der Dorfstrasse ist ein Anfang gemacht worden.

Musste der Neuüberbauung Gatterächer West weichen: Das Bauernhaus Haselstrasse 1 mit seinem zuletzt verwilderten Vorgarten.

Kurz und bündig

Die Gemeindeversammlung vom Dienstagabend hat allen Vorlagen ohne Federlesen zugestimmt. Nach genau anderthalb Stunden war die Traktandenliste abgearbeitet. Alle Vorlagen angenommen, meist ohne Gegenstimme. So auch die erfreulich abschliessende Rechnung 2014 und der Landabtausch mit den Ortsbürgern, womit die Einwohnergemeinde alleinige Eigentümerin der Zentrumswiese wird. Diskussionslos  ging das Allermeiste über die Bühne, viel zu reden gab kein Geschäft.  Die beiden Einbürgerungen durchgewinkt, sinnig die Winkefähnchen, die jeweils den aufgenommenen Kandidaten überreicht werden. Durchgewinkt auch die Abrechnung der Entwicklungsplanung «Im Grund», zu welcher der Präsident der Finanzkommission immerhin anmerkte, mit Expertenhonoraren durchwegs am oberen Limit und Verflegungskosten von 3000 Franken an den Sitzungen und Workshops sei sie wohl «ein Beispiel für die teure Planung in Würenlos». Schwamm darüber. Und zu essen gabs für die Planer nur Brötli mit Schinken oder Eiern mit Mayonnaise drauf, wie Gemeindeammann Hans Ueli Reber klarstellte. Interessante Hintergründe und Erklärungen zur Entwicklungsplanung «Im Grund» (ganzes Areal Steinhof bis Gewerbezone Bahnhof) liefert der zu diesem Beitrag eingegangene Kommentar von Matthias Rufer.

Es war eine Gemeindeversammlung, wie  sie alle lieben, die am langen Tisch vorne, und wir im Saal. Der Schreiber freut sich, dass es keine ausufernden Voten korrekt zu protokollieren gilt, der Gemeindeammann als Versammlungsleiter, dass keine Anträge den vorbereiteten Ablauf über den Haufen werfen, die gemeinderätlichen Referenten, dass ihnen niemand so richtig auf den Zahn fühlt, die Stimmberechtigten, dass ihr Sitzfleisch nicht übermässig strapaziert wird. Selbst jene, die lieber schon mit den Hühnern zu Bett gegangen wären, schreiten nach der Verabschiedung der abtretenden Gemeinderätin Karin Funk und ihren Abschiedsworten ohne schlechtes Gewissen zum anschliessenden Umtrunk. Ein , zwei oder gar mehr Gläschen, sie sind wohlverdient. Hat doch jeder anwesende Stimmberechtigte die  Büez auch stellvertretend für 33 Abwesende verrichtet . 3 Prozent oder 121 der 4032 Stimmberechtigten kamen in die Mehrzweckhalle. Die 3911 anderen hatten bestimmt Gescheiteres zu tun – Matula und die Bachelorette lassen grüssen…

Zugegeben – Gemeindeversammlungen solcher Art möchte man  ausländischen Freunden oder afrikanischen Potentaten nicht unbedingt als Beispiele lebendiger Direktdemokratie vorführen. Null Sexappeal , ein Unterhaltungswert  wie die 37. ordentliche Generalversammlung der Kafferahmdeckeli-Sammlergilde Mokkagruss. Ein wohltuender Abend also für Friedfertige und Bluthochdruckpatienten . Doch es werden auch wieder aufregendere Abende in der Mehrzweckhalle kommen – garantiert!

Kein Weihnachtsgeschenk der Ortsbürger

Bevor das Jahr zu Ende geht, sei noch auf ein Politikum hingewiesen, das im Vorweihnachtstrubel fast untergegangen ist: Die Ortsbürger haben an ihrer Gemeindeversammlung den Verkauf und die Schenkung ihres Landes auf der Zentrumswiese an die Einwohnergemeinde zurückgewiesen.

Zunächst aber dankt würenblicker allen Leserinnen und Lesern für ihr Interesse im zu Ende gehenden Jahr und wünscht ihnen für 2015 alles Gute. Was würde zum Jahreswechsel auf einer Internet-Plattform besser passen als die folgenden Gedanken des Würenloser Autors Josef Rennhard (1931 – 2010)? Entnommen sind sie dem Gedenkband «Felix ging still nach Haus», erschienen 2011 im Baden-Verlag:

Aufgeräumt

«Sind Sie sicher»,
fragt der Computer
auch noch am
letzten Tag des Jahres,
«dass Sie die
markierten Elemente
wirklich endgültig
löschen wollen?»

Antworte «Nein»,
lösche Vergangenes
nie ganz.
Trag Sorge zur Glut,
um am
ersten Tag des Jahres
dein Element
neu zu entflammen.

So schält sich denn in diesen Tagen
Hoffnung heraus aus vielen Fragen:
auf dass bei dieser Zeitenwende
der Mensch zu neuen Weiten fände!»

Und nun zum geplatzten Landgeschäft. Bei einem Ja der der Ortsbürger wäre die Einwohnergemeinde alleinige Eigentümerin des Landes geworden, auf dem das Alterszentrum gebaut werden soll. Das Landgeschäft wäre der Startschuss für die zügige Realisierung des Alterszentrums gewesen.

Seinen Antrag an die Ortsbürgergemeindeversammlung stützte der Gemeinderat auf die bereits 2001 von den Ortsbürgern bekundete Absicht, ihr Land (rund 50 Aren) für den Bau eines Alterszentrums  Hälfte je zur Hälfte zu verkaufen und zu verschenken. 1,3 Millionen Franken sollten dabei die Hand wechseln. Umgerechnet auf das ganze Ortsbürgerland hätte das einem Quadratmeterpreis von rund 270 Franken entsprochen. Nachdem in der Zwischenzeit einer alteingesessenen Familie für Land auf der Zentrumswiese aber ein Mehrfaches dieses Preises bezahlt worden war, fühlten sich viele Ortsbürger nicht mehr an die seinerzeitige Absichtserklärung gebunden.

An der Versammlung soll die Meinung vorgeherrscht haben, der Gemeinderat habe das Geschäft schlecht vorbereitet. Ortsbürger- und Einwohnergemeinde teilen sich ja die gleiche ausführende Behörde – den Gemeinderat. Er vertrat somit in dieser Sache Verkäufer- und Käuferseite. Einen besonders guten Draht zur Ortsbürgerbasis scheint es aber nicht zu geben, sonst wäre die mit grossem Mehr erfolgte Rückweisung wohl zu vermeiden gewesen.

In Ortsbürgerkreisen kann man sich einen Landabtausch statt dem Verkauf und der Schenkung vorstellen. Das Ortsbürgerland auf der Zentrumswiese gegen das Land der Einwohnergemeinde im Gatterächer Ost. Dieses möchte der Gemeinderat aber behalten und nur im Baurecht zur Überbauung abgeben. (An der Orientierungsversammlung  im November war die Rede davon, dass es für dieses Baurecht bereits einen Interessenten gebe. Weil es in solchen Dingen jeden Eindruck von Gemauschel im Keime zu ersticken gilt, wäre es anständig, dieser Interessent würde sich schon jetzt öffentlich zu erkennen geben.)

Nach dem vorläufigen Scheitern des Landhandels besteht weiter Unklarheit, auf wessen Land geplant werden soll. Verkompliziert wird schon das Ideensammeln für den künftigen Gestaltungsplan, sitzt doch vorderhand mit der Ortsbürgergemeinde ein Partner mehr am Tisch. Die Ortsbürger möchten das Alterszentrum aber nicht unnötig verzögern und sind offenbar bereit, das Landgeschäft in  modifizierter Form an einer ausserordentlichen Versammlung raschmöglichst erneut zur Abstimmung zu bringen.

Der  Rückweisungsbeschluss ist ein ein klares Zeichen dafür, dass die Ortsbürger ihre Geschicke vermehrt wieder in die eigenen Hände nehmen wollen. An ihrer Versammlung haben sie mit 62 gegen 4 Stimmen einer Anregung zugestimmt, es sei eine Ortsbürgerkommission zu schaffen. Damit würde der Gemeinderat einen demokratisch legitimierten politischen Ansprechpartner erhalten.