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Rettet die Post in Würenlos!

Damit der Kampf für die Erhaltung der Poststelle Würenlos schlagkräftig weitergeführt werden kann, will ein neu zugezogener Mitbürger jetzt ein Komitee gründen. (PF)

Seit der Ankündigung der Post, bis 2020 hunderte von Poststellen zu schliessen, geht ein Raunen durch unser Land. Auch Würenlos ist von der Überprüfung der Poststelle betroffen (früherer Artikel darüber). Darüber wurde schon Einiges berichtet. Der Gemeinderat ist «not amused» über diese Orientierung der Post, genauso wenig wie Sonja Vionnet, die mit Ihrer Petition zur Erhaltung der Post in Würenlos  über1650 Unterschriften gesammelt hat (mehr dazu hier).

Mich persönlich stört das auch. Die Post ist aus meiner Sicht Teil des Service Public und gehört in unser Dorf wie die Kirche, der Bahnhof und das Gemeindehaus.

Gemäss den Argumenten der Post seien Briefe, Einzahlungen und Pakete rückläufig. Doch warum? Die Post mit ihrer noch vor Jahren überwältigenden Marktmacht und Milliardengewinnen scheint hier wohl auf den Lorbeeren ordentlich verschlafen zu haben. Was macht man als Unternehmer, wenn die Umsätze zurückgehen? Man findet heraus, warum! Wurden von der Post die Bedürfnisse der Würenloser bezüglich den Postdienstleistungen einmal genauer geprüft? Sind die Öffnungszeiten noch zeitgemäss? Sind der Service und die Bedienung der Post, der sich in den letzten Jahren kaum geändert hat, anpassungsbedürftig? Sind die Preise angemessen?

Die Konkurrenz jedenfalls schläft nicht. In meiner Firma werden praktisch alle Pakete von meinen Lieferanten von DPD, DHL und Co. angeliefert. Selten kommt wirklich noch etwas von der Post. Ergo hat die Post das Geschäft mit den Grosskunden verschlafen, die mittlerweile alle zur günstigeren und innovativeren Konkurrenz abgewandert sind. Doch wir erhalten nicht nur Pakete, wir versenden auch. Für 17’397.17 Franken hat meine Firma letztes Jahr mit der Post Pakete und Briefe versendet. Da könnte man meinen, man sei für die Post wichtig. Doch es kam noch nie jemandem von der Post in den Sinn, sich mal persönlich bei unserer Firma zu melden und sich zu erkundigen, ob wir zufrieden sind oder ob es allenfalls Sachen gibt, welche man verbessern könnte. Geschweige denn, sich einmal für den generierten Umsatz zu bedanken. Als Kunde fühle ich mich bei der Post weder ernst genommen noch willkommen. Das Personal an der Front macht grundsätzlich einen guten Job. Sie sind freundlich und hilfsbereit. Doch auch deren Probleme interessieren in Bern niemanden. Es scheint, als hätte sich in der Zentrale in Bern eine ziemlich gravierende Lernresistenz festgesetzt. Scheint auch die Post von der «Arrogantia Bernensis vulgaris» betroffen zu sein? Meiner Meinung nach ganz klar ja.

In der Zwischenzeit hat auch die Post im Bereich Internet zumindest versucht, ihren Service zu verbessern. Das Portal Webstamp, womit man Pakete und Briefe relativ einfach elektronisch frankieren konnte, wurde diesen Frühling gründlich überarbeitet. Nachdem das System zu Beginn mit unzähligen Fehlern, Unterbrüchen und Problemen nach gut drei Wochen endlich auch wieder für die Pakete funktionierte, kam die Ernüchterung. Was das Ziel dieser vermutlich millionenschweren Umstellübung ist, erscheint mir aber unklar. Das neue System ist sehr unübersichtlich, langsamer, es sind deutlich weniger Funktionen vorhanden, und die Bedienung geht länger und umständlicher als vorher. Der Nutzen insgesamt hat sich somit massiv verschlechtert.

Wen wundert es da, dass die Umsätze der Post zurückgehen? Haben die Ökonomen der Post Wirtschaft etwa in der Kochschule studiert?

Damit mit der Post Würenlos nicht dasselbe passiert, müssen wir uns mit allen Kräften zur Wehr setzen und die Pläne der Post gründlich hinterfragen. Es reicht aber nicht, wenn ein paar Leute ein paar Briefe schreiben und 99.9% sich darauf verlassen, es werde schon gut kommen. Darum möchte ich das Komitee «Die Post bleibt in Würenlos» gründen. Als Komitee können wir die Lage gründlich analysieren und entsprechende Gegenmassnahmen und Aktionen planen und umsetzen, die bei der Geschäftsleitung der Post wie auch bei den für die Post verantwortlichen Politikern ankommen. Dazu benötige ich Ihre Mithilfe!

Bürgerinnen und Bürger, welche das Komitee beispielsweise als Aktuar, Kassier, Organisator, Mitdenker, Analytiker, Webseitenbetreuer, Berichterstatter, Präsident oder wie auch immer unterstützen könnten, sind jetzt gefragt. Ebenso hoffen wir auf Spenden aus Bevölkerung und Gewerbe, welche uns helfen, die Spesen zu decken. Wer sich vorstellen kann, bei uns in irgendeiner Funktion, wenn auch nur als Passivmitglied oder Gönner mitzuwirken, melde sich bitte jetzt bei: Pascal Pfeffer, Flühwiesenweg 5, 5436 Würenlos, komitee@starcompany.ch

Die Widerstandskämpferin

Sonja Vionnet.

Unglaublich: Seit Wochen schon sammelt die 84-jährige Sonja Vionnet fast täglich vor der Post Unterschriften für ihre Petition. Mit dieser will sie die Schliessung ebendieser Post verhindern. Ihre Kontaktfreude, ihr Engagement und ihre Beharrlichkeit machen sie schon heute zur moralischen Siegerin.

Selbst garstiges Schneetreiben in den vergangenen Apriltagen konnte Sonja Vionnet nicht von ihrem Posten vertreiben. Kaum jemand kann sich dem Posteingang nähern, ohne von ihr freundlich angesprochen zu werden. Und gerade auch ältere Postbesucherinnen und –besucher lassen sich gerne auf ein Gespräch mit der temparamentvollen Frau ein. Sonja Vionnet wundert sich , wie viele der Angesprochenen noch nie davon gehört haben, dass die Poststelle Würenlos aufgehoben und in eine  Postagentur in einem noch  unbestimmten Ladengeschäft umgewandelt werden soll. Viele kämen eben von ausserhalb oder würden die lokale Presse  nicht lesen.

Eine Postagentur kommt für Sonja Vionnet überhaupt nicht in Frage:«Wir haben schon über 6300 Einwohner und es werden ständig mehr, da brauchen wir doch eine vollwertige Post mit vollem Angebot.» Es könne doch nicht sein, sagte sie der Reporterin vom «Badener Tagblatt», «dass wir zwischen Rüebli und Chabis Pakete abholen müssen».

Die Kämpferin für unsere Post ist zusammen mit ihrem Mann vor 50 Jahren aus Zürich nach Würenlos gezogen und reist auch heute noch viel in der Welt umher. Als sie von der Postschliessung hörte, beschloss sie, dagegen auf die Barrikaden zu gehen. Seither ist sie auf ihrem Posten. Und das Ergebnis ihrer Standhaftigkeit lässt sich sehen. Bis zum 19. April sind ihren Angaben zufolge bereits über 1300 Unterschriften zusammengekommen. Die Unterschriftensammlung schliesst Sonja Vionnet in der letzten Aprilwoche ab. Dann übergibt sie die Unterschriftenbögen der Gemeindekanzlei. Auf dass der Gemeinderat sich vehement gegen die angekündigte Schliessung der Poststelle einsetze. Was die Zukunft unserer Postfiliale angeht, macht sich Sonja Vionnet keine falschen Hoffnungen.

In der Tat stehen auf der Liste der Poststellen, die von der Schliessung bedroht oder schon geschlossen worden sind,  auch solche in gleich grossen und noch grösseren Orten wie Würenlos. Und es stimmt wohl auch, dass die Umsätze am Postschalter generell rückäufig sind, weil immer weniger Leute am Schalter ihre Einzahlungen  tätigen,  Briefmarken  kaufen oder Pakete aufgeben. Die meisten Postgeschäfte lassen sich im Internetzeitalter auch anderswie tätigen. Man darf sich aber fragen, weshalb die Post die Umsatzentwicklung einzelner bedrohter Poststellen nicht veröffentlicht. Die Geheimniskrämerei lässt vermuten, dass es fürgewisse  Poststellen nicht ganz so schlimm aussieht wie von den Postoberen behauptet. Viele Würenloser trauen dem Argument sinkender Frequenzen auch deshalb nicht, weil – ausser an frühen Nachmittagen – fast immer gewartet werden muss, bis man vom Schalter bedient wird.

Doch längst nicht alle Würenloser halten die Postfiliale für unverzichtbar. In der würenblicker-Abstimmung zur Postschliessung (siehe rechte Spalte) haben sich bis dato 70 % der Abstimmenden für den beibehalt der Poststelle ausgesprochen, immerhin 30 Prozent halten die Schliessung für verschmerzbar oder fühlen sich davon nicht betroffen. (Beteiligt haben sich bis anhin 82 Leserinnen und Leser).

Es gehe auch um die älteren Mitbewohnerinnen und Mitbewohner, sagt Sonja Vionnet. Viele hätten kein Internet und es sei für sie beschwerlich, sich etwa für Einzahlungen in eine Post in Wettingen oder Spreitenbach bemühen zu müssen. Widerspruch lässt Sonja Vionnet nicht gelten. Etwa, dass es in der heutigen Zeit ja nicht unbedingt das Sicherste ist, wenn Seniorinnen und Senioren zuerst Geld auf der Bank abheben und es dann zur Post tragen, um damit ihre Einzahlungen bar  zu tätigen. Zumal es für bargeldlose Zahlungen ausser dem E-Banking noch andere einfache Möglichkeiten gibt. Es gehe doch auch um die sozialen Kontakte im Dorf, entgegnet da Sonja Vionnet.

Die Post wird sich von der Petition kaum  beeindrucken lassen. Doch wie die Geschichte auch ausgehen wird – im Kampf gegen die Strategie von Postchefin Susanne Ruoff (Jahresverdienst: rund eine Million Franken) ist Sonja Vionnet schon heute die moralische Siegerin. Hätten wir in Würenlos doch nur mehr Leute ihres Schlages. MItbürger, die sich für öffentliche Interessen engagieren, die gegen missliebige Entwicklungen antreten und sich weder vom Wetter noch von Unternehmen und ihrem Marketinggeschwurbel oder Politikern den Schneid abkaufen lassen.

Würenlos, seine Ortsparteien und Politiker könnten sich ein Vorbild an Sonja Vionnet nehmen. So pflegt man Kontakte, so bleibt man in Tuchfühlung mit der Wählerschaft. Würde Sonja Vionnet im Herbst für den Gemeinderat kandidieren, sie würde wohl glatt gewählt.