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Referendum zustande gekommen – aber wird Abstimmung zur Farce?

Vor dem Gang zum Gemeindehaus am 11. Januar: Steven Schraner (links) und Roby Blarer vom Referendumskomitee
präsentieren die Schachtel mit den 529 Unterschriften auf 188 Bögen. (Bild würenblicker)

Ob der Alterszentrum Würenlos AG (AZ AG) eine weitere Kredittranche von 250 000 Franken ausbezahlt wird, damit sie die Baubewilligung für ihr Projekt Margerite auf dem Rechtsweg erstreiten kann, darüber werden die Würenloser Stimmberechtigten wohl an der Urne entscheiden. Gegen den Beschluss der Gemeindeversammlung im Dezember, das Geld auszuzahlen, war das Referendum ergriffen worden. Nun sind fristgerecht die Referendumsbögen mit 529 Unterschriften (nötig wären 432) auf der Gemeindekanzlei eingereicht worden. Ob das Referendum sein wahres Ziel, einen sofortigen planerischen Neustart fürs Alterszentrum, erreichen kann, ist fraglich. Die AZ AG will an ihrem Projekt auch bei einem Nein an der Urne festhalten. Droht ein lokalpolitischer Riesen-Knatsch?

Ein achtköpfiges Komitee hat das Referendum ohne Unterstützung einer Ortspartei lanciert. Dank vorausschauendem Agieren, Einsatz und Erfahrung hat es über die Weihnachts- und Neujahrstage, an denen erfahrungsgemäss viele WürenloserInnen ortsabwesend sind, rund ein Fünftel mehr als die nötigen Unterschriften zusammengebracht. Bestätigt sich bei der amtlichen Unterschriftenkontrolle das Zustandekommen des Referendums, so wird der Gemeinderat einen Abstimmungstermin festsetzen müssen. Da die nächsten Volksabstimmungen in Bund und Kanton erst am 18. Juni stattfinden wird gemäss neuesten Infos aus dem Gemeindehaus eine separate Gemeindeabstimmung stattfinden (wie jüngst für den 2. Wahlgang Stimmenzählerin-Stv..). Wahrscheinlicher Termin: 12. März.  

In der Gemeindeabstimmung geht es vordergründig nur um die Zahlung von einer Viertelmillion Franken aus einem 2016 beschlossenen Rahmenkredit an die nun insolvent gewordene AZ AG (zur Vorgeschichte hier und hier). Der Rahmenkredit hatte die Gemeindeversammlung 2016 beschlossen, gleichzeitig mit dem Okay zur Gründung der  AZ AG. Doch dem Referendumkomitee geht es nicht um den Betrag an sich. Wie aus dem Begleittext auf dem Referendumsbogen hervorgeht, wollen das Komitee und vermutlich eine Grosszahl der Unterzeichnenden verhindern, dass in einem Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang um das Projekt Margerite wertvolle Zeit und Geld verloren geht. Es gelte jetzt, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen und das Geld in eine «baubare», sprich auch der kantonalen Denkmalpflege genehme Lösung zu investieren.

Für Toni Möckel, Verwaltungsratspräsident der AZ AG und darum in Sachen Alterszentrum als Gemeindeammann offiziell im Dauerausstand, würde ein Nein an der Urne keineswegs bedeuten, dass das Projekt Margerite gestorben wäre. Im «Badener Tagblatt» vom 23. Dezember hat er sich weit aus dem Fenster gelehnt und für den Fall eines Nein an der Urne erklärt: «Die Alterszentrum Würenlos AG würde zwar zahlungsunfähig werden. Das Projekt für das Alterszentrum würden wir aber nicht fallen lassen.» Möckel zufolge könnte der Gemeinderat einen Notkredit für die Fortsetzung des Verfahrens sprechen. Schliesslich gehöre die AG zu 100% der Einwohnergemeinde, Bauherrschaft sei letztlich die Gemeinde. Mit der Zustimmung zum Baurechtsvertrag mit der AZ AG Ende 2020 habe das Volk überdies «klar ausgedrückt, dass es das Projekt auf den Parzellen entlang des Furtbachs wolle.

Ob der von Toni Möckel erwogene Weg juristisch «verhebed», falls die Freigabe der Kredittranche von CHF 250 000 verweigert wird? Möckels vom BT zitierte Aussage, es gebe noch andere Möglichkeiten als die verweigerte Kredittranche, damit die AZ AG nicht Konkurs gehen müsse und ihren Rechtsstreit um die Baubewilligung fortsetzen könne, mag juristisch zumindest teilweise zutreffen. Eine gemeinnützige AG  wie die AZ AG ist – auch wenn sie zu 100% einer Einwohnergemeinde gehört – eine Gesellschaft privaten Rechts und und nicht direkt an basisdemokratische Entscheide gebunden.

Aber was ihr Eigenkapital betrifft, ist die AZ AG eben vollumfänglich von der Einwohnergemeinde abhängig und diese ist wiederum an politische Regeln gebunden. Grundsätzlich stehen einer AG verschiedene Möglichkeiten offen, um bei einer Unterbilanz oder gar Überschuldung den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Doch bei der AZ AG dürfen etwa keine weiteren Geldgeber Aktionäre werden, weil vor der Gründung der AZ AG uns Stimmberechtigten hoch und heilig versprochen wurde, die AG bleibe zu 100% im Gemeindeeigentum. Und könnte ein vom Gemeinderat gesprochener Notkredit das Problem des fehlenden Eigenkapital tatsächlich lösen, wenn der Souverän zuvor die Auszahlung aus einem (bewilligten) Rahmenkredit verweigert hat?

Wozu überhaupt, frage ich mich doch da als Stimmberechtigte(r), soll ich über einzelne Auszahlungstranchen des Rahmenkredits entscheiden, wenn der Gemeinderat nach einem ihm nicht passenden Volksentscheid doch machen kann, was er will? Was wäre das für eine politische Farce! Ich käme mir echt beschissen vor.

Die kommende Referendumsabstimmung hat jedenfalls das Potential zu einer der brisantesten Episoden in der «never ending story» Alterszentrum zu werden.
(Text aktualisiert am 11.1., 21.45)

Jetzt entscheidet der Regierungsrat

Die Alterszentrum Würenlos AG kann die ihr vom Gemeinderat wider Willen verweigerte Baubewilligung für das Projekt Margerite auf dem Rechtsweg erstreiten. Eine bis gegen Mitternacht dauernde Gemeindeversammlung hat am 7. Dezember das dafür nötige Geld bereitgestellt. Zudem hat die Versammlung das Budget 2023 mit einem Steuerfuss von 101 % (bisher 103%) genehmigt. 

Je näher Traktandum 7 rückte, desto spürbarer knisterte es vor Spannung bei den 207 anwesenden Stimmberechtigten, den Verwaltungsräten der Alterszentrum Würenlos AG (AZ AG) und den Gemeinderäten vorne am Tisch. Die AZ AG war, wie in diesem Blog mehrfach geschildert, letztes Jahr mangels Kostenkontrolle kurzzeitig illiquid. Für das Projekt Margerite sind bisher 1,737 Mio. Franken ausgegeben worden, doch erst 1,5 Mio. Franken waren bis anhin vom Souverän der AZ AG zur Verfügung gestellt worden. Nun stand Schadensbegrenzung auf dem Programm. 

Von einem 2016 bewilligten Verpflichtungskredit in der Höhe von 4 Mio. Franken gab die Versammlung nach langer, ausufernder Debatte zwei weitere Tranchen frei. Mit  104 bzw. 103 Ja gegen jeweils 69 Nein:

  1. 350’000 Franken für bereits angefallene Kosten des Baugesuchverfahrens. Mit dem Geld werden zwei Notdarlehen zurückbezahlt. Kreditgeberin war die Firma von Toni Möckel, Gemeindeammann  und Verwaltungsratspräsident der AZ AG in einer Person..
  1. 250’000 Franken für zukünftige Kosten des Baugesuchs- und Rechtsmittelverfahrens: davon 170’000 Franken für juristische Beratung und Verfahrenskosten, 80’000 Franken für den Betrieb der AZ AG (VR-Honorare etc.) bis 2024.

Lang und heiss wurde nochmals der ganze Planungsprozess beim Projekt Margerite diskutiert. Was alles hätte man besser machen müssen? – Nun, dass man die kantonale Denkmalpflege viel früher in die Planung hätte einbeziehen müssen, hatten Gemeinderat und Verwaltungsrat der AZ AG schon vorher eingeräumt. Und das Geld war ja schon ausgegeben, der Verpflichtungskredit noch lange nicht ausgeschöpft und die Darlehen sind irgendwann zurückzuzahlen. Den Nein-Stimmenden ging es wohl vor allem darum, ein Zeichen gegen Misswirtschaft und fehlende Transparenz zu setzen. 

Um die Wurst ging es bei der zweiten Tranche: Wäre sie verweigert worden, so wäre das Projekt Margerite wohl gestorben. Es sei denn, der offenbar gut betuchte Verein Alterszentrum Würenlos hätte die Anwalts- und Verfahrenskosten gesponsert. Schliesslich stellt er – ohne Aktionär zu sein – 2 Vertreter im Verwaltungsrat der AZ AG und die tragen Mitverantwortung.

Für die Gegner der Vorlage stellte sich die Frage, ob dem guten Geld noch schlechtes hinterher geworfen werden sollte. Denn das Risiko ist gross, dass das Schlussresultat lauten wird «ausser Spesen nix gewesen». Der VR der AZ AG selbst hat erklärt, die Erfolgschancen im Rechtsmittelverfahren seien «knapp 50 %»

Vor erster Instanz, dem Regierungsrat, heisst es Alterszentrum Würenlos AG versus Einwohnergemeinde Würenlos. Auf dem juristischen Prüfstand aber stehen die Argumente der kantonalen Denkmalpflege. Die lehnt das Projekt Margerite ab, weswegen die kantonale Abteilung für Baubewilligungen den Gemeinderat quasi gezwungen hat, die Baubewilligung zu verweigern. 

Die privaten Einwender sind vorläufige Gewinner im Baubewilligungsverfahren. Sie können ihre Kriegskasse schonen für den Fall, dass der Regierungsrat zugunsten Margerite entscheidet. Dann würden die Einwender mit hoher Wahrscheinlichkeit vor Verwaltungs- und nötigenfalls auch vor Bundesgericht ziehen. Dieses hat in den letzten Jahren mehrfach Beschwerden gegen Gemeindebeschlüsse in Sachen Denkmal- und Ortsbildschutz gutgeheissen. 

Dass sich nur 60 % der Stimmenden hinter den Gemeinderat und den von ihm gewählten Verwaltungsrat der AZ AG gestellt haben, hat viel mit verlorenem Vertrauen zu tun. Eine Planung – von schwer erklärlichen Kehrtwendungen geprägt – und als Tüpfchen aufs i die vernachlässigte Kostenkontrolle haben Zweifel aufkommen lassen, ob diese Gremien ihrer Rolle gewachsen sind.

Die AZ AG war seit ihrer Gründung 2017 eine Blackbox. Die Zahlen der AG im Alleineigentum der Gemeinde wurden nie publiziert. Ja, bei Problemen sei sogar die Finanzkommission nur zögerlich informiert worden, wurde aus deren Reihen scharf kritisiert. Und wir Steuerzahlenden? Wir erfuhren bis zum vergangenen November nie, wie es finanziell um unsere AG stand. Dafür verriet uns der jährliche Geschäftsbericht der Einwohnergemeinde auf die Kommastelle genau, wieviele Hühner und Geissen in Würenlos herumgackern bzw.-gumpen, 

Das soll sich ändern. Deutlich angenommen wurde ein Antrag aus der Versammlung, wonach Geschäftsbericht und Rechnung  der AZ AG alljährlich nach Verabschiedung durch die Generalversammlung (=Gemeinderat) der Gemeindeversammlung vorzulegen sind.

Mehr Vertrauen haben die Würenloserinnen und Würenloser in die gemeinderätliche Finanzpolitik. Das Budget mit dem Steuerfuss von neu 101 % wurde mit nur wenigen Gegenstimmen gutgeheissen.

Im Spätherbst hatte die SVP für Aufsehen gesorgt mit der Lancierung einer Spar- und Schuldenabbau-Initiative . Von der war nun nicht mehr die Rede. Mit dem Budget 2023, das trotz Steuersenkung einen Schuldenabbau um 833’000 Franken vorsieht, nahm der Gemeinderat der SVP wohl den Wind aus den Segeln. 

Warnende Worte zu hören gab es dennoch – von der Finanzkommission (FiKo). Der Vorsitzende Thomas Zollinger (auch SVP Präsident) und mehrere Mitglieder teilten sich in die Aufgabe, den Voranschlag zu kommentieren. Sie wiesen etwa auf die Eigentümlichkeit hin, dass Würenlos zu den 30 Gemeinden im Kanton mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung gehört, aber bezüglich Steuertrag pro Kopf zu den 30 stärksten Gemeinden gehört. Die Kommission sieht auf der Aufwandseite noch Sparpotenzial, Und bei einigen geplanten Investitionen könne man sich fragen, wie nötig sie wirklich seien.

Eine ganz andere Sicht vertrat das Mitte-Mitglied Franz Müller. Die Finanzlage sei weit besser sei als sie seit Jahren von Finanzvorstand Lukas Wopmann und der Finanzkommission dargestellt werde. Von Müllers Antrag, die Steuern gleich um 4 % zu senken, wollte die  Versammlung aber nichts wissen.

Kurzen Prozess machte die Versammlung zu später Stunde mit einem 1-Millionen-Kredit für eine neue Trafostation auf der Autobahn-Raststätte Süd. Auf Antrag von Markus Städler (FiKo-Mitglied) wurde der Kredit abgelehnt. Weshalb die Gemeinde eine Million investieren soll, damit weitere Zapfsäulen für E-Autos aufgestellt werden können, konnten sich zu viele Stimmberechtigte auch nicht recht erklären.

Alle anderen Traktanden wurden gemäss Antrag des Gemeinderates gutgeheissen

Alterszentrum (2): Möckels Doppelrolle ein Gewinn?

Grundsätzlich war alles vernünftig aufgegleist, als 2016 die Gemeindeversammlung der Gründung einer Aktiengesellschaft Alterszentrum Würenlos (AZ AG) und damit auch der Trennung von Bau und Betrieb des Alterszentrums zustimmte. Die Organisationsstruktur stimmt noch immer, nur hat sie ihre Vorteile bisher nicht richtig zur Geltung bringen können.

Die Strukturen

Eine AG, die zu 100% der Gemeinde gehört und nicht profitorientiert ist, plant und baut das Altersheim – dies anstelle des bis 2016 federführenden Vereins Alterszentrum Würenlos (VAZW). Der Betrieb aber wird einer geeignete Betreiberin übertragen (mittlerweile ist diese in der Oase AG gefunden worden). Die Struktur stimmt immer noch und sie hat nicht zwangsläufig zum jetzigen, amtlich verordneten Marschhalt geführt.

Die Rechtsform der gemeinnützigen AG hat Vorteile gegenüber anderen denkbaren Rechtsformen ( Verein, Stiftung, Gemeindebetrieb). Nur muss man sie auch ausnützen. In den Verwaltungsrat sollten möglichst Personen gewählt werden, die unterschiedliche Fachkompetenzen nutzbringend für die AG einbringen können. Und weniger Leute, die einfach brennend an dem von der AG angestrebten Ziel interessiert sind. Und schon gar nicht sollten sie sich von vorgefassten Meinungen oder gar Animositäten leiten lassen.

Der Verwaltungsrat

Doch mit anfänglich je zwei Vertretern des Gemeinderates und des Vereins Alterszentrum (der vertreten sein muss) war der sechsköpfige Verwaltungsrat von Anfang an verpolitisiert. Getoppt noch dadurch, dass sich der Gemeindeammann gleich als VR-Präsident installieren liess. Die politische Dominanz dauertfort, auch wenn der Gemeinderat aktuell nur noch einen Vertreter im jetzt 5-köpfigen VR stellt.

Ums Alterszentrum wird seit Jahren hoch emotional gestritten. Mit der erwähnten Zusammensetzung wurde leider die Chance vertan, dass mehr Verwaltungsräte eine Sicht von aussen und frischen Wind hätten bringen können. So hätte das ganze Gremium weniger belastet von der leidvollen Vergangenheit 2017 die Planung offener angehen können. Und sich so nicht alsbald in alten Querelen verheddert.

Nun aber wirkte der ganze VR zeitweise überfordert. Im Gremium fehlte jemand mit dem Know-how, wie heutzutags grössere Arealentwicklungen und Infrastrukturprojekte von hoher Komplexität erfolgreich zu planen und realisieren sind. Das hätte teures Lehrgeld erspart. Zu amateurhaft, zu wenig transparent, von zu vielen Kehrtwendungen und zuletzt noch von finanziellem Kontrollverlust geprägt verlief die Projektentwicklung. Dass es auch anders ginge, zeigt etwa das neue Eishockeystadion in Zürich. Leider scheint auch der vom VAZW übernommene externe Projektleiter nicht über das nötige Rüstzeug verfügt zu haben für ein in vielerlei Hinsicht so anspruchsvolles Projekt.

Der Mann mit den zwei Hüten

An der Orientierungsversammlung vom 14. November wurde dargelegt, dass die Doppelrolle von Toni Möckel als Gemeindeammann und Verwaltungsratspräsident ein Thema im Verwaltungsrat war. Man sei der Meinung, dass die Doppelrolle «ein Mehrwert für das Projekt» darstelle, sagte Moderatorin Käthrin Härdi (Möriken). Allerdings sei die Rolle als VR-Präsident zu überdenken bezüglich einer Entlastung Möckels. Wie eine solche aussehen könnte, sagte Härdi nicht.

Brachte die Doppelrolle einen «Mehrwert» fürs Alterszentrum? Für Aussenstehende schwer zu beurteilen. Wie kann die Frage mit Ja beantwortet werden, wo doch dem Projekt bisher der Erfolg versagt blieb? Oder andersrum gefragt: Würde es ums Alterszentrum schlechter stehen als es dies heute tut, wenn jemand anders die AZ AG angeführt hätte?

Die Ressorts im Gemeinderat scheinen momentan recht gut verteilt zu sein. Doch die Liste von Möckels Aufgabenbereichen ist sehr lang. Darunter sind auch arbeitsintensive Ressorts wie das Planungs- und das Sozialwesen. Wie sinnvoll ist es da, wenn der Ammann auch noch den Lead beim grössten Bauvorhaben der Gemeinde aller Zeiten persönlich übernimmt?

Der Kapitän gehört doch auf die Kommandobrücke des Tankers, um umsichtig den Kurs zu halten, und nicht in den Maschinenraum. Würenlos hat nicht bloss e i n e «Grossbaustelle», das Alterszentrum. Viel Anderes wie etwa die neue Allgemeine Nutzungsplanung ist für unsere Zukunft wichtig, rückt aber in den Hintergrund.

Möckel hat seine Doppelrolle gesucht. Wohl aus einer Mischung von Machtstreben, was er was er aber sofort in Abrede stellen würde,und von Selbstüberschätzung. Er war zweifellos überzeugt, mit ihm an der Spitze der AG käme Würenlos am schnellsten zu seinem Alterszentrum. Doch hätte er dem Anliegen vielleicht mehr geholfen, wenn er mit seiner umgänglichen Art sich als Gemeindeammann auf die Rolle eines einfühlsamen und um Unabhängigkeit bemühten Vermittlers in der Sache beschränkt hätte. Sein VR-Präsidentenhut aber hat jenen, die dem Projekt Margerite skeptisch bis ablehnend gegenüber standen, von Anfang an signalisiert, dass der Gemeindeammann auf der anderen, moralisch richtigen Seite kämpfe. Ein taktischer Lapsus.

Nicht zum ersten Mal zeigte sich ein nicht sehr ausgeprägtes Sensorium für problematische Ämterkumulation. 2012 war Möckel als Gemeinderat zuständig für unser Alterszentrumsprojekt und sass im Vorstand des Verein Alterszentrum Würenlos. Trotzdem liess er sich in den Verwaltungsrat der St. Bernhard AG wählen, der grössten Wettinger Einrichtung fürs Wohnen im Alter. Selbst als er Anfang 2017 – nunmehr Gemeindeammann – VR-Präsident der AZ AG geworden war, blieb er länger als ein Jahr noch VR-Mitglied des St. Bernhard AG. Mögliche Interessenkollisionen? Nein, Mehrwert.

Sollen Köpfe rollen?

Im jetzigen Zeitpunkt zu fordern, Möckel solle den Hut nehmen, macht keinen Sinn. Welchen Hut von beiden? Dass er als Gemeindeammann vor Ablauf der Amtsdauer 22-25 zurücktritt, ist kaum anzunehmen. Ob er zur Entlastung gewisse Ressorts an KollegInnen abtreten soll, hat der Gemeinderat zu entscheiden. Im Verwaltungsrat der AZ AG wären personelle Rochaden verfrüht. Der VR-Präsident und das jetzige, soeben um zwei neue Mitglieder ergänzte Gremium sollten die Verantwortung tragen, wenigstens so lange, bis das Projekt Margerite auf dem Gerichtsweg ein gutes oder ein böses Ende gefunden hat. Solange die Juristen am Zug sind und die Weiterplanung sinnvollerweise ruht, nehmen ja auch Arbeitsbelastung und Einfluss automatisch ab.

Alterszentrum: Baugesuch abgewiesen, jetzt sind die Juristen dran

Der Gemeinderat hat das Baugesuch der Alterszentrum Würenlos AG für das Alterszentrum abgewiesen. Gezwungenermassen. Die Abteilung für Baubewilligungen beim kantonalen Departement für Bau, Verkehr und Umwelt verweigerte die Zustimmung zum Baugesuch. 

Eine aktuelle Informationstafel an der Ecke Rössligasse/Chileweg informiert über das nun auf der Zentrumswiese ausgesteckte Projekt für das Alterszentrum.
Bauprofile und Informationstafel für das Alterszentrum. Die Chancen, dass hier so gebaut
wird, wie die Profile zeigen, liegen bei knapp 50 %.

Es war kein Freudentag für all jene, die darauf hoffen, das Alterszentrum werde bald gebaut. Gemeinderat und Verwaltungsrat der Alterszentrum Würenlos AG (im folgenden AZ AG) orientierten am Dienstagabend über den aktuellen Stand der Dinge. Wie schon im letzten Sommer absehbar war, hat der Kanton die Ampel für die Erteilung der Baubewilligung durch den Gemeinderat auf Rot gestellt. Die kantonale Denkmalpflege (angesiedelt im Departement Bildung, Kultur und Sport) macht geltend, das Projekt Margerite auf dem Furtbach-seitigen Teil der Zentrumswiese beeinträchtige die Umgebung der kantonalen Schutzobjekte Alte Mühle und Kirchturm zu stark. Andere Dienstabteilungen des Kantons, die auch mitzureden haben, z.B. wegen des Furtbachs oder der Verkehrserschliessung, hatten gegen eine Baubewilligung nichts einzuwenden.

Am Info-Abend war zu erfahren, dass sich der Gemeinderat und der Verwaltungsrat der AZ AG an einer gemeinsamen Sitzung, moderiert durch eine Mediatorin, mit der entstandenen Situation auseinandergesetzt haben. Für das weitere Vorgehen sehen sie vier Optionen:  

  1. Beschwerde der AZ AG beim Regierungsrat gegen den Entscheid der Abteilung für Baubewilligungen.
  2. Neues Projekt auf der Zentrumswiese, aber an anderer Stelle (wie es die Denkmalpflege schon im Sommer empfahl).
  3. Neues Projekt an einem anderen Standort (z.B. Wiemel).
  4. Totalabbruch der Planung für ein Alterszentrum. 

Option 4 will will niemand. Die Optionen 1 – 3 sind alle mit erheblichen Risiken behaftet. Die AZ AG selbst schätzt ihre Chancen bei einem Weiterzug (Option 1) auf «knapp 50%»

Doch Gemeinderat und AZ AG mussten sich für das ihrer Meinung nach geringste Übel entscheiden: Die AZ AG wird den Rechtsweg beschreiten mit dem Ziel, dass der Regierungsrat oder wenn nötig später das Verwaltungsgericht oder erst das Bundesgericht den Weg frei macht zur Erteilung der Baubewilligung. Das ist mit erheblichen Kosten für Anwälte, Gerichts- und andere Gebühren verbunden und es dauert. Unterliegt die AZ AG in letzter Instanz, so ist man in 5, 6 Jahren gleich weit wie heute. 

Sollte aber die AZ AG beim Regierungsrat obsiegen, so machte Heinrich Nüssli als Sprecher von Einwendern am Info-Abend unmissverständlich klar, dass sie sich damit nicht abfinden und den Rechtsweg beschreiten würden.  (Folgen siehe letzter Absatz). Wortmeldungen aus dem Publikum machten deutlich, dass viele Würenloserinnen und Würenloser in ihrer Enttäuschung Mühe haben, sich damit abzufinden, dass sich der Kampf ums Alterszentrum nun definitiv auf die juristische Ebene verlagert hat. Mit emotionalen Argumenten, wie sie seit Jahrzehnten die Thematik belasten, ist nun kein Stich mehr zu holen. Und «Aarau» ist nicht an allem schuld.

Gemeinderat und AZ AG gaben sich verhalten selbstkritisch. Ihre vier wichtigsten Einsichten: Die Denkmalpflege sei nicht frühzeitig in den Planungsprozess eingebunden worden, im Spannungsfeld zwischen effizienten Betriebsabläufen im Alterszentrum und der denkmalpflegerischen Sichtweise sei keine befriedigende Lösung gefunden worden, der Planungsperimeter fürs Alterszentrum sei zu kleinflächig festgelegt worden und im Verwaltungsrat sei die Kostenkontrolle zu kurz gekommen, worauf der Bauherrenvertreter zu wenig darauf aufmerksam gemacht habe.

Es gibt im Planungsprozess mehrere solcher Episoden, die das Vertrauen der Würenloserinnen und Würenloser in die Alterszentrum-Planung nicht eben gefördert haben. Eine weitere, für das weitere Verfahren wohl belanglose Geschichte gab am Info-Abend zu reden. Die kantonale Denkmalpflege hat schon 2013 in einem Brief an die örtliche Ortsbildschutzkommission ein Überbauen der Zentrumswiese «grundsätzlich in Frage gestellt». Er habe diesen Brief nie gesehen, sagte Möckel erst. Nachdem Heinrich Nüssli sowie SVP-Vizepräsident Pascal Pfeffer belegen konnten, dass er und das VR-Mitglied Matthias Rufer seinerzeit sehr wohl eine Briefkopie erhalten hätten, bat Möckel um Verständnis für seine Erinnerungslücke. 

Eine wichtige Quelle allen Übels ist der Umstand, dass wegen des Alterszentrum bei der Entwicklung des Areals Zentrumswiese vom normalen Planungsablauf abgewichen wurde – wohl in der nichterfüllten Hoffnung, Zeit zu sparen. Ein Sondernutzungsplan für die gesamte Zentrumswiese, inklusive Post, Rössli und Zentrumsscheune wurde in Angriff genommen, aber dann nicht weiterverfolgt. Eine solche Sondernutzungsplanung (Gestaltungsplan, Erschliessungsplan) hätte denkmalpflegerische Aspekte früher in den Fokus gerückt und der Bevölkerung Gelegenheit geboten, über die Positionierung des Alterszentrums auf der Zentrumswiese mitzureden. 

Es war überraschend, dass der frühere Gemeindeammann Hans Ueli Reber  – wie zuvor schon Heinrich Nüssli von der Einwenderseite – dem Gemeinderat dringend empfahl, den schwierigen Weg über einen Sondernutzungsplan doch noch zu beschreiten. – Nicht auszuschliessen, dass ein zeitraubender Sondernutzungplan der Königsweg sein wird, irgendwann doch noch zu einem Alterszentrum auf der Zentrumswiese zu kommen.

In einer weiteren Folge wird sich würenblicker unter anderem mit den Organisationsstrukturen beim Alterszentrum Würenlos und mit der umstrittenen Doppelrolle von Toni Möckel als Gemeindeammann und VR-Präsident der AZ AG befassen.