Tod eines aussergewöhnlichen Würenlosers

Das Emma Kunz Zentrum im Steinbruch Würenlos. (Bild Emma Kunz Zentrum)

Der Patron des Emma Kunz Zentrums im Würenloser Steinbruch ist tot. Anton C. Meier  ist in seinem 81. Altersjahr gestorben.

Mit dem  Emma Kunz Zentrum zu Ehren der 1963 verstorbenen Heilerin und Künstlerin hinterlässt Anton Meier eine einzigartige Stätte. Zu ihr gehört auch die Grotte im ehemaligen, schon von den Römern betriebenen Muschelkalk-Steinbruch – ein so genannter Kraftort. Das Emma Kunz Zentrum, das jährlich Tausende von Besuchern aus nah und fern anzieht, ist nebst der Exklave Kloster Fahr die wohl grösste Sehenswürdigkeit der Gemeinde. (Mehr zum Emma Kunz Zentrum gibts hier.)

Anton C. Meier, 15.12.1936 – 21.7.2017 (Bild Emma Kunz Zentrum)

Die Erinnerung an Emma Kunz lebendig zu halten, das war Meiers Mission. Wer sich im Steinbruch erstmals umschaut, ist erstaunt, hier einen so schön gestalteten und von Kunstverstand zeugenden Ort der Stille und der Kontemplation vorzufinden. Von der Hauptstrasse kaum sichtbar, bilden sorgsam renovierte Gebäude, alte Steinbruchgeräte, die mystische Grotte und gepflegte Gärten ein stimmiges Ganzes. Im Museum werden 70 Bilder von Emma Kunz, in einem Nebengebäude Werke des Zürcher Eisenplastiker Heinz Niederer gezeigt. Das Emma Kunz Zentrum strahlt eine «unwürenloserische» Leichtigkeit, Eleganz und Grosszügigkeit aus. Es ist sozusagen die Patek Philippe im Volg-Regal.

Dabei war Anton Meier durchaus einer von hier. 1985 hat er den Steinbruch von seinem gleichnamigen Vater erworben. Dieser, eigentlich Steinbildhauer und Kunstmaler, hatte den Betrieb nach dem Zweiten Weltkrieg von seinem Schwiegervater übernommen. Den einst florierenden Abbau von Muschelkalkstein für Bauzwecke (z.B. Nationalbank in Zürich) musste der Vater aber 1965 einstellen.

Unser Dorf und Anton C. Meier hielten stets eine gewisse Distanz. Aus der Bevölkerung begegnete dem Steinbruchbesitzer nicht nur Wohlwollen.  Ich staune immer wieder, wie viele Würenloserinnen und Würenloser noch nie einen Fuss in den öffentlich zugänglichen Steinbruch gesetzt haben. Demonstratives Desinteresse? Zu Unrecht hielten manche Anton Meier womöglich für einen geschäftstüchtigen Angeber, alles nur Hokuspokus.

Das mag auch an seiner Erscheinung und seinem Auftreten gelegen haben. NZZ-Redaktorin Dorothee Vögeli schrieb einmal über ihn: «Er legt Wert auf gepflegte Umgangsformen. Sein gemessener Gang, die wohldosierte Gestik vermitteln den Eindruck einer wichtigen, vielbeachteten Person, und sobald er über Emma Kunz spricht, nimmt er eine professorale Haltung an.» Und der mittlerweile ebenfalls verstorbene Aargauer Publizist Walter Hess beschrieb ihn in seinem Blog (www.textatelier.com) als «dominante Persönlichkeit», die sich aber sofort zurücknehme, wenn es um Emma Kunz gehe. Sie stand für Meier im Vordergrund.

Ich war mir des  Sakrilegs bewusst, des Vergehens an einem Heiligtum, als ich  ihn anzufragen wagte, ob der Kulturkreis in der Emma-Kunz-Grotte nicht ein Konzert mit passender Musik veranstalten könnte. Bestimmt, aber freundlich wies er das Ansinnen zurück. Mehr Glück hatten die Macher des Freilichttheaters «Die Teufelsuhr». Ihnen stellte Meier das Gelände des Mittleren Steinbruch zur Verfügung. Aber Meier buhlte nicht um die Sympathie der Würenloser. Noch vor wenigen Jahren war das Verhältnis überschattet durch einen eher kleinkarierten Streit um das Durchgangsrecht auf einem Weglein an der Peripherie des Steinbruchareals.

Die Mission für Emma Kunz war die Folge eines Schicksalschlages. Als Sechsjähriger erkrankte Meier an Kinderlähmung. Die Ärzte sollen ihm keine Chance gegeben haben, jemals wieder gehen zu können. Schliesslich zog sein Vater die Heilpraktikerin Emma Kunz aus Brittnau zu Rate. Sie stiess auf das heilende Gestein im Steinbruch und nannte es AION A. Zu Pulver gemahlen und als Wickel aufgetragen, soll es  den kleinen Anton wieder zum Laufen gebracht haben. Das Pulver wird bis heute erfolgreich  vermarktet von einer  Firma von Anton C. Meier. Dabei kam ihm zweifellos zugute, dass er in jüngeren Jahren als Marketingfachmann in Grossfirmen gearbeitet hatte. Ein geschicktes Händchen bewies er auch, als er nach dem Tod von Emma Kunz deren gesamten Nachlass erwarb. Erst später, mit einer grossen Ausstellung im Kunsthaus Aarau, erlangte Emma Kunz den künstlerischen Ruf, der ihr heute beigemessen wird.

Einmal aber hing das Schicksal des Emma Kunz Zentrums an einem dünnen Faden. Das Unternehmen war in finanzielle Schieflage geraten, Zwangsversteigerung drohte. Um einen Verkauf an missliebige Interessenten – die Rede war etwa von einer Sekte – zu verhindern, kaufte die Einwohnergemeinde im Jahre 2000 das Steinbruchareal für 2,5 Mio. Franken. Meier wurde ein auf fünf Jahre befristetes Rückkaufsrecht eingeräumt. Viele dachten wohl, er könne das Geld für den Rückkauf eh nicht aufbringen. Doch sie hatten die Rechnung ohne ihn gemacht. Nach fünf Jahren gehörte der Steinbruch zu grossen Teilen wieder Anton C. Meier.

Nun starb er nach kurzer, schwerer Krankheit. «Wir werden sein Lebenswerk in Ehren halten und es gerne weiter führen», schreiben seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer Todesanzeige.

Ein Gedanke zu „Tod eines aussergewöhnlichen Würenlosers“

  1. Das Drehkreuz ist verschwunden. Für Viele ein Ärgernis, das Drehkreuz zwischen der Florastrasse und dem Parkplatz des Emma-Kunz-Zentrums. Nur für schlanke Leute war es begehbar, sofern es nicht geschlossen war. Für Kinderwagen oder Velos war hier kein Durchkommen. Ein jahrelanges Ärgernis ist nun verschwunden. Man soll von anderen Menschen immer nur das Gute annehmen und so glaube ich, dass es der letzte Wille von Anton Meier war, diesen Durchgang nun zu öffnen, als ein kleines Dankeschön dafür, dass wir Würenloser/innen dafür gesorgt haben, dass das Emma-Kunz-Zentrum nicht in falsche Hände kam.

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