Das Postareal zum Schnäppchenpreis

Vor 5 Jahren hat die Gemeindeversammlung die Post an der Landstrasse zum Preis von 1,9 Millionen gekauft. Jetzt will der Gemeinderat diese Liegenschaft an ein privates Baukonsortium weiter veräussern – zu einem tieferen Preis, als die Gemeinde vor 2 Jahren dafür bezahlt hat. Die Gemeindeversammlung vom 7. Dezember soll den Kaufrechtsvertrag absegnen.

Auf dm Areal der Post (Bildmitte) und des Gasthofs Rössli soll eine grössere Wohnüberbauung entstehen. Der denkmalgeschützte Gasthof Rössi (rechts hinten) bliebe bestehen.

Hinter dem Deal steht die Wettinger Architekturfirma Thalmann Steger, die schon in die Planung des ganzen Steinhof-Areals involviert war. Zum Kauf des Postareals hat sie ein Konsortium gebildet, das laut Gemeinderat bereits den Gasthof Rössli und seine Nebengebäude samt Umschwung erworben hat. Das Konsortium besteht zum einen aus der imhuus AG, die zu 100% Martin Thalmann (VR-Präsident der Thalmann Steger Architekten AG) und Olivia Thalmann gehören soll. Und zum anderen aus der Zürcher Immobilienfirma ImmoZins AG. Das Konsortium beabsichtigt eine Wohnüberbauung mit Gewerbeanteil (u.a.neue Postfiliale) auf dem Rössli- und Postareal. Der denkmalgeschützte Gasthof selbst muss bestehen bleiben.

Es irritiert, dass eine Liegenschaft für weniger Geld verkauft werden soll, als sie vor fünf Jahren erworben wurde (in einer ersten Version des Artikels stand, die Post sei vor zwei Jahren gekauft worden. Das war ein Versehen, für das sich würenblicker entschuldigt) . Zumal die Landpreise in jüngster Zeit raketenhaft in die Höhe gestiegen sind. Das Konsortium soll noch 1,85 Mio. Franken bezahlen – ein Schnäppchenpreis, oder eher ein Freundschaftspreis?

In der Finanzbuchhaltung der Gemeinde steht die Liegenschaft heute mit einem Wert von rund 2,2 Mio. Franken. Und die von der Gemeinde beauftragte Immobilienfirma Markstein hat den aktuellen Marktwert auf fast 2,3 Mio. Franken geschätzt.

Im jetzt abzusegnendem Vertrag erhält das Konsortium 5 Jahre Zeit, um sein Kaufrecht auszuüben. Hält der Preisanstieg in den nächsten Jahren an, könnte das Postareal beim effektiven Verkauf durchaus 2,4 Mio. Franken oder mehr wert sein. Die Wahrscheinlichkeit weiter steigender Preise ist nicht geringer als die Wahrscheinlichkeit stagnierender oder sinkender Preise. Selbst die beteiligte ImmoZins AG sieht das so. Auf ihrer Website, auf der sie Geldgebern happige Renditen verspricht, ist zum Immobilien-Markt zu lesen: «Mittelfristig kennen Nachfrage und Preise weiterhin nur eine Richtung – nach oben.» – Von einer fairen Risikoverteilung zwischen der Gemeinde und dem Konsortium kann keine Rede sein.

Gegen den Verkauf an sich ist nichts einzuwenden. Der Gemeinderat sagt zu Recht, das Postareal sei zu einem rein strategischen Zweck erworben worden und nicht als langfristige Anlage. Die Gemeinde versprach sich vom Kauf einen gezieltere Mitbestimmung bei der Entwicklung eines richtigen Dorfzentrums und einen grösseren Spielraum für die Verkehrserschliessung des geplanten Alterszentrums.

Der Gemeinderat vertritt überdies die Meinung, bei der Veräusserung der Postparzelle könne nicht der Verkaufspreis allein entscheidend sein. «Vielmehr darf eine optimale bauliche Entwicklung und räumliche Gestaltung des Dorfzentrums die Gemeinde etwas kosten.» Einen Preisrabatt rechtfertigt dies aber nicht. Was ist denn konkret die Gegenleistung? Von einer Bauherrschaft, der die Gemeinde Land verkauft, darf erwartet werden, dass sie die nötige Sorgfalt bei der Planung walten lässt. Und es ist die verdammte Pflicht einer Baubehörde, bei Bauvorhaben an einem so sensiblen Ort im Dorf auf optimalen Lösungen zu bestehen, ohne gleich die Geldtasche zu öffnen. Beim Steinhof-Areal ist es schliesslich auch gegangen.

Vieles, was die Gemeinde bei der Zentrumsplanung anstrebt und was als Bedingungen im Kaufsrechtvertrag steht, liegt in beiderseitigem Interesse. Die gemeinsame Tiefgaragenlösung für Alterszentrum und das Post/Rössli-Areal, die damit verbundene Landabgabe für eine breitere Poststrasse sind Win-Win-Lösungen. Und eine hohe Ausnützung des Postareals läuft den Interessen des Konsortiums gewiss nicht entgegen.

Der Gemeinderat hält einen Gestaltungsplan für das Post-/Rössliareal für unabdingbar. Das wusste das Konsortium, als es mit einer Kaufofferte an die Gemeinde trat. Und es gehörte wohl auch zu seinem Kalkül. Denn ein Gestaltungsplan ermöglicht das Abweichen von den allgemeinen Bauregeln für die jeweilige Zone. Die Post steht in der Kernzone. Der Kaufrechtsvertrag geht davon aus, dass fürs Postareal die Ausnützungsziffer von 0,75 (gemäss neuer Bau- und Nutzungsordnung, noch gültige BNO: 06) auf 0,8 angehoben wird.

Das Festlegen einer höheren Ausnützung im Gestaltungsplan kompensiert rasch einmal allfällige Nachteile für den Bauherrn. Und dass die Gemeinde und das Konsortium eine Arbeitsgruppe bilden, die sich um den Gestaltungsplan kümmert, kommt bei diesem Bauvorhaben beiden Parteien nur zugute.

Für einen Verkaufspreis, der unter dem Wert liegt, zu dem die Post in den Büchern der Gemeinde steht, ist definitiv kein Platz. So fliesst Steuergeld ungerechtfertigt zu privaten Unternehmen und weitet mutmasslich deren Gewinnmarge aus. Das stört hoffentlich nicht nur mich.

10 Gedanken zu „Das Postareal zum Schnäppchenpreis“

  1. Nein, das stört nicht nur Sie…ich hoffe auch viele andere Würenloser nicht?
    Wie war das doch gleich mit den Marktpreisen?

  2. Wichtig ist, das Sie alle an die Gemeindeversammlung kommen und dies auch ablehnen, denn sonst wird auch dieses Geschäft genehmigt.
    Ich als Mitglied der Finanzkomission habe diese Unterlagen ebenfalls geprüft und bin ebenfalls der Meinung das man dies dringend ablehnen soll. Es handelt sich hier um die Parzelle 486, welche 1382 m2 Land umfasst. Der Landpreis in Würenlos liegt aktuelle bei 1500-2000 CHF, wobei in letzter Zeit eher 1800-2000 CHF bezahlt wurden. Sprich der Verkaufspreis liegt unter dem Landpreis. Und was auch nirgends erwähnt wird, die Liegenschaft erzeugt eine sehr gute Rendite für die Gemeinde mit der Vermietung an die Post, die Swisscom und an einen privaten Mieter in der Dachwohnung.
    Auch ist es nicht der richtige Zeitpunkt diese Liegenschaft zu verkaufen, wenn man ja nicht weiss, was genau mit dem Altersheim kommen wird. Sprich, man würde schon wieder alle Vorteile, welche man sich damals erkauft hat, vergeben.

    1. Wie war das doch gleich? Wurde mit dem Emma Kunz Zentrum nicht schon einmal eine Immobilie unter dem Kaufpreis dem ehemaligen Besitzer wieder zurück verkauft? Es darf doch nicht sein, dass die Gemeinde Würenlos aus fadenscheinigen Gründen Steuergelder an Investoren verschenkt!

    2. Absolut richtig. Zudem zählen die Argumente von Toni Möckel nicht, dass so das Rössli weiterbestehen kann und die Gemeinde mit Thalmann einen Gestaltungsplan erarbeitet. Das kann die Gemeinde als Eigentümerin der Post auch mit anderen Interessenten. Das Rössli steht sowieso unter Heimatschutz, das kann weder ein Architekt Thalmann noch ein anderer Käufer ändern. Es bleibt also so dort. Wenn sich kein Wirt mehr dafür finden lässt, ist das nicht das Problem der Gemeinde Würenlos.

  3. Kann es sein, dass ein Gemeinderat ein attraktives Gebäude, ohne Veröffentlichung der Verkaufsabsichten, einfach veräussern kann?

    1. Die gestellte Frage kann kurz und bündig mit “ja” beantwortet werden. Es besteht keine Vorschrift, die vom Gemeinderat bzw. der Gemeinde die vorangehende Bekanntgabe der Verkaufsabsicht verlangt. Aber abgesehen davon wurde die Option eines späteren Verkaufes bereits beim Erwerb des Areals öffentlich kommuniziert. Im Traktandenbericht zur Wintergemeinde 2016 ist einschlägig festgehalten: “Es ist beabsichtigt, das Grundstück nach erfolgter Umnutzung wieder zu veräussern”. Die erwähnte Umnutzung bezog sich nach meinem Verständnis darauf, dass im Rahmen eines künftigen Umbaus oder ggf. Neubaus die Geschäftsräume für die Postfiliale Würenlos bedarfsoptimiert geplant bzw. sichergestellt werden.

  4. Mit Überzeugung habe ich 2016 für einen Kauf des Postgebäudes gestimmt. Vom Gemeinderat habe ich erwartet, dass er mit der neuen Perspektive der Würenloser Bevölkerung in Kürze eine bessere Erschliessung der Zentrumswiese präsentiert. Was ist passiert? N i c h t s. Weiterhin wird an einem Altersheim geplant – ohne ausreichende und gesicherte Erschliessung. Kein Problem, das fortgeworfene Geld fliesst gleich nebenan den Furtbach runter. Und jetzt noch das: Mit dem Weiterverkauf der Post will der Gemeinderat den Trumpf aus der Hand geben. Es ist allen klar: Ein privater Investor schaut in erster Linie für sich und seine Rendite. Alles andere kommt danach. Deshalb: Nein zum Verkauf der Postliegenschaft.
    Der Gemeinderat und die Thalmann Steger AG Wettingen bzw. das am Kauf interessierte Konsortium sollen erst einmal eine befriedigende Erschliessung präsentieren. Mit gutem Willen aller Beteiligten ist eine Lösung im Bereich Landstrasse/Poststrasse/Zentrumswiese/Rössli möglich, die auch den Interessen der Öffentlichkeit ausreichend Rechnung trägt. Dann, aber erst dann bin ich gerne bereit, einem Verkauf zuzustimmen.

  5. Dem Vorschlag zur Erstellung eines Gestaltungsplans für Rössli, Post, inkl. Erschliessung Zentrumswiese, kann man nur zustimmen. Ein solcher Plan bringt für alle beteiligten Parteien Klarheit in Bezug auf Zone, Ausnützung, Ortsbild usw. Aus diesem Grund sollte man vorerst den Verkauf der Post oder den Vorvertrag noch nicht abschliessen. Wird die Planungsphase erfolgreich beendet, kann ein definitiver Entscheid besser beurteilt werden. Sollte es sich abzeichnen, dass ein Verkauf sinnvoll wäre und die Gemeinde keinen Nachteil hätte (Preis marktgerecht!), könnte einem Verkauf zugestimmt werden.

    1. Es mag erstaunen, wieviel Opposition dem Verkauf der Postliegenschaft erwachsen ist. Fand doch der Kauf an der Dezembergemeinde 2016 Zustimmung mit deutlich weniger kritischer Haltung. Dabei war im damaligen Traktandenbericht mit aller Deutlichkeit das bloss temporäre und gestaltungsstrategische Eigentum festgehalten: «Im Finanzplan sind für den Kauf 1.9 Mio. Franken und den Verkauf (ca. 2022) 1.6 Mio. Franken eingesetzt. Wenn nun dem Vorhaben die Finanzvermögensbewertung von 2.2 Mio. (qua kapitalisierte Miete) und die Preisuntergrenze gegenübergestellt werden, ist der Gemeinderat zumindest gemessen an seinerzeitiger Prognose «auf Kurs».
      Die konkrete Ausgestaltung von baulichem Erscheinungsbild und einer Erschliessung für die in Planung befindlichen weiteren Nutzungen des Zentrums ist komplex. Und die Interessen der verschiedenen Eigentümer im «Zentrumsperimeter» sind nicht allerorts synchron. Nach meiner Einschätzung kommt man auch dem gestaltungsstrategischen Ziel mit dem Vorgehen ein gutes Stück näher. Bezüglich diesem Ziel stelle ich zumindest einen weitgehend gemeinsamen Nenner fest von Gemeinderat und jenen, denen die Preisuntergrenze zu tief erscheint.
      Zugegeben: es gibt theoretisch andere mögliche Handlungsabfolgen zum Ziel. Die nun zur Debatte stehende ist geprägt durch ein konkretes Erwerbsinteresse. Aber immerhin mit einer Käuferschaft, mit der sich die Ziele der Zentrumsgestaltung und –erschliessung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zügig (Zeit ist auch Geld) erreichen lassen. Warum also diese Chance nicht nutzen bloss wegen der theoretisch auch möglichen Aktionskette, zuerst Gestaltungsplan festzusetzen und erst dann auf den Markt? Ob dann bei vorgegebenem Gestaltungsplan Kaufinteressenten wirklich mehr bieten, bleibt vage. Mit der vorgängigen Einbindung der Käuferschaft werden auch gute Rahmenbedingungen für eine zügige Umsetzung des Gestaltungsplanes geschaffen. Mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit die besseren als wenn ungewiss bleibt, wer in das «Ensemble» investiert. So gesehen ist der Ansatz, die Käuferschaft frühzeitig einzubinden, eigentlich ganz gut.
      Über die Angemessenheit der Preisuntergrenze ist schon einige Tinte geflossen. Für die Preisfindung braucht es immer noch zwei sich einige Parteien. Immerhin stützt sich die Preisuntergrenze auf ein Gutachten, welches die Ergebnisse mehrerer anerkannter Schätzungsmethoden vereint. Und welche insbesondere auch die möglichen Investments einbezog, die zeitlich und baulich auf die konkreten Gegebenheiten ausgerichtet sind. Kommt hinzu, dass ein Verkauf an den Meistbietenden eine Zweckentfremdung des Kaufobjektes wäre (s. Traktandenbericht Wintergemeinde 2016). Ob es unter diesen beiden Umständen wirklich sachgerecht ist, die Preisfindung «tel quel» am Bodenpreis für baureifes Bauland auszurichten?
      Klar, die beabsichtigte Verwendung der Postliegenschaft hat ihr Preisschild. Darum gehört sie auch klar als Vorlage an die Gemeindeversammlung. Und ja, der konkrete Gegenwert ist sicher einiges schwieriger zu benennen als bei Hoch- oder Tiefbaukrediten. Trotzdem: wie beim Erwerb kundgetan, wird die Parzelle zur Gestaltung von Erscheinungsbild und Erschliessung des Zentrums und seiner vielschichtigen Nutzerschaft verwendet. Ein weiteres damit verfolgtes öffentliche Interessen ist die Realisierung des Alterszentrums. Auch hierfür werden mit dem Geschäft deutlich bessere Rahmenbedingungen geschaffen. Und es besteht zumindest das Potential, jene Ausgaben von öffentlichen Mitteln kürzer zu halten, die mit zunehmender Dauer von Plan- und Rechtsmittelverfahren Tatsache werden könnten.
      Für ein undurchsichtiges Spiel hinter den Kulissen sehe ich keine Indizien. Einerseits herrscht über Verhandlungen im Immobiliengeschäft naturgemäss eine gewisse Diskretion. Andererseits sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, an der Redlichkeit der Kaufinteressentin zu zweifeln. Zumindest erscheinen die Ausführungen zu den bisherigen guten Erfahrungen – eine nicht unwesentliche Präqualifikation – als glaubhaft. Warum also sollte die beantragte Ermächtigung des Gemeinderats nicht als zielführend und verantwortungsbewusstes Handeln eingestuft werden?

  6. Die Gemeinde hat das Postareal erworben, damit sie die Entwicklung des künftigen Dorfzentrums hin zu einem hochwertigen Ensemble beeinflussen kann. Hinter den Kulissen verhandelt aber der Gemeinderat mit Investoren den Verkauf dieser strategisch gelegenen Liegenschaft zu einem Freundschaftspreis und verzichtet auf wichtige Steuereinnahmen. Dies bevor mit der Gesamtplanung des Zentrums begonnen wird. Die Bevölkerung wird erst kurz vor der Gemeindeversammlung orientiert und soll dieses undurchsichtige Geschäft an diesem 7. Dezember genehmigen. Offenbar hat das Stimmvolk die unselige Strategie des Gemeinderates durchschaut und wird dem Verkauf des Postareals nicht zustimmen.

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