Ein hartes Pflaster

Es ist ausgetanzt. Unter «Veranstaltungen» informieren uns Dani, Gerlie und Sue auf der Website der Einwohnergemeinde, dass sie keine weiteren öffentlichen Tanzabende im Gmeindschäller mehr veranstalten. Grund für das Ende von «Let’s Dance»: Besuchermangel. Gerade mal 100 Tanzfreudige insgesamt seien zu den vier ersten Abenden gekommen,  ein Verlustgeschäft. Allein der Gmeindschäller habe 250 Franken pro Abend gekostet.

Nur wenige Wochen ist’s her, seit die Betreiberin des Kafi Knirps mitgeteilt hat, sie schliesse das seit einigen Monaten jeweils am Mittwochnachmittag für Mütter und ihre Kinder im Steinhof geöffnete Kafi definitiv: Auch hier Besuchermangel.

Würenlos wird den Verlust beider Angebote verschmerzen, sehnlichst gewartet auf beide Angebote hat das Dorf nicht. Was nicht bedeuten muss, dass die Ideen schlecht waren. Gut möglich, dass beide Projekte an einem anderen Ort mehr Erfolg hätten. Begrüssenwert ist es allemal, wenn initiative Menschen das Dorfleben mit neuartigen Aktivitäten zu beleben versuchen.

Aber Agglomerationsgemeinden wie Würenlos sind ein verdammt hartes Pflaster geworden – nicht nur für Veranstalter mit gänzlich neuen Ideen, sondern auch für solche, die Traditionen mit neuen Ideen in die Zukunft retten wollen. Und dabei einen immensen Aufwand treiben. Wie die Musikgesellschaft am Jahreskonzert vom letzten Samstag.

Es war mein erstes Mal. Veranstaltungen in Mehrzweckhallen, mit  Beinschinken und Härdöpfelsalat und ergrauten Häuptern am Ehrentisch, sind sonst nicht gerade mein Ding. Auch Blasmusik nicht. Aber diesmal machte mich das Programm neugierig: «Kriminaltango – spannungsgeladene Musik mit kriminalistischen Zwischentönen».

Wieviel Herzblut und Arbeit steckt in einem solchen Abend! Ein Heer von Helferinnen und Helfern im Hintergrund, und auf der Bühne machte die Spielgemeinschaft Würenlos/Neuenhof  gute Figur (Eine Bitte nur: verschont eure Musikantinnen doch mit diesen Polizischt-Wäckerli-Hosen). Zwischen Hazy Osterwalds Ohrwurm, welcher dem Abend den Namen gab, «Mackie Messer» und «Dynamite» las der Schauspieler Albert Freuler einen hinterlistig ausgewählten Krimi, der nur per Zufall im Emmen- und nicht im Furttal zu spielen schien. Mit ziemlich hinterfotzigen Dörflern und einer Leiche im Keller.

Gespielt wurde nicht vor leerem Saal, ich tippe mal auf 150 Personen, mehrheitlich ältere Semester. Bestimmt kam vor Jahren zum Jahreskonzert im halb so grossen Dorf mehr Publikum. Jahreskonzerte und Turnerchränzli sind nur noch in tiefster Provinz herausragende Events, wo sich das ganze Dorf trifft.

Wird es dörfliche Kultur à la «Kriminaltango» auch in zehn Jahren bei uns noch geben? Das fragte ich mich auf dem Nachhauseweg. Selbst wenn ich der Musikgesellschaft Einiges zutraue – wetten darauf würde ich nicht. Das jüngere Publikum, sofern es nicht lieber träge zu Hause sitzt, ist wählerisch, anspruchsvoll und geht ortsungebunden in den Ausgang. Eigentlich seltsam für einen Ort, in dem angeblich so viele wohnen wollen, weil sie das Dörfliche so schätzen.

Diese Widersprüchlichkeit spüren auch die Vereine. Auf der Homepage der Gemeinde wird zwar mit «über 50 aktiven Vereinen» geblufft. Doch wenn nur 20 so aktiv wie die Musikgesellschaft wären…  Und selbst mit Pauken und Trompeten ist es schwierig geworden, gegen’s  lauter werdende Schnarchen des Schlafdorfs anzukommen.

«Kriminaltango» wird am Samstag, 12. April, in Neuenhof wiederholt,  20h, Turnhalle Zürcherstrasse.

Ein Gedanke zu „Ein hartes Pflaster“

  1. Lieber Peter: Danke für die Blumen, die Du der Musikgesellschaft widmest. Das freut uns Musikanten vermutlich alle. Ich meine, “Eusi Musik” verstehe sich tatsächlich als Teil des Dorfes, als Teil unserer Gemeinschaft. Dafür will sie sich auch weiterhin mit Ideen, “Sprutz” und Energie einsetzen. Doch stossen wir je länger je mehr an unsere Grenzen: Trotz Innovation und Offenheit ist unsere Besetzung rückläufig – und mit einem Kalender der mit Proben und Auftritten ziemlich voll ist, wird es nicht einfacher, neue Mitwirkende zu gewinnen. Dennoch, wir blicken nach vorn: Ein Zukunftsrat prüft gegenwärtig verschiedene Optionen — zwischen “mit Vollgas voran” (z.B. als Projektmusik und etwas reduzierter Präsenz an Kleinanlässen) und “kontrolliertes Aus” — und die gut verlaufenen Jahreskonzerte geben Auftrieb für die nächsten Projekte… wir werden sehen und hören :-))

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