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Neue Kiesgrube auf Würenloser Boden geplant

Wertvolles Kiesland: Unter dem ganzen Getreidefeld bis zur Furttalstrasse soll vorübergehend Kies abgebaut werden.

Bei der Furttalkreuzung an der Grenze zu Wettingen dürfte sich die Landschaft in den kommenden Jahren stark verändern. Auf dem heutigen Ackerland entlang der Landstrasse vis-a-vis der dortigen Gewerbebauten (Handwerkercenter Peterhans) plant die Tägerhard Kies AG eine neue Kiesgrube zu eröffnen. Sie soll die in etwa 3 Jahren ausgebeutete Kiesgrube Lugibachtal jenseits der Furttalkreuzung ersetzen. Bevor das Vorhaben im kantonalen Richtplan eingetragen werden kann, findet nun ein Anhörungs- und Mitwirkungsverfahren statt. 

Das Areal im Gebiet Bifig-Flüefeld mit einer Fläche von 3,5 Hektaren ist eines der letzten möglichen Kiesabbaugebiete im ganzen Limmattal. Die meisten anderen Kiesreserven liegen jenseits des Bareggtunnels. In einer gemeinsamen Prüfung mehrerer Abbaustandorte im Hinblick auf ein neues kantonalen Rohstoffversorgungskonzept hat das Areal in Würenlos gut abgeschnitten. Pluspunkte sind die Lage direkt in der boomenden Region Baden-Wettingen,  der A1-Anschluss in nächster Nähe sowie die geringe Distanz von gerade mal 1,3 Kilometer zum bestehenden Kieswerk.

In der bestehenden Grube Lugibachtal geht die abbaubare Kiesmenge früher als geplant zur Neige, vielleicht schon 2026. Im hintersten Teil stiessen die Bagger auf eine unerwartete Felsmasse. Damit die Ersatzgrube Bifig-Flüefeld rechtzeitig parat ist, verfolgt die Tägerhard Kies AG, einen sportlichen Zeitplan. Vorerst muss die Kiesgrube in den kantonalen Richtplan aufgenommen werden. Dann kommt mit der kommunalen Nutzungsplanung und dem abschliessenden Baubewilligungsverfahren die Gemeinde Würenlos zum Zuge.  

Die Grube Bifig-Flüefeld wird maximal 15 Jahre lang betrieben werden, einschliesslich der mehrere Jahre dauernden Wiederauffüllung und Rekultivierung. Geht es nach den Vorstellungen der Tägerhard Kies AG, stünde also um etwa 2041 das gesamte von der Firma genutzte Kiesland in Würenlos und Wettingen weder der Landwirtschaft zur Verfügung. Abgebaut wird der Kies auf Würenloser Boden in zwei Etappen. Zuerst auf der Arealhälfte nächst der Furttalkreuzung, beginnt später der Abbau  auf dem Areal der zweiten Etappe, wird sukzessive die erste Etappe rekultiviert. 

So könnte es rund um die Furttalkreuzung dereinst aussehen: Etappe 1 der Kiesgrube Bifig-Flüefeld (oberer Teil des Gesamtareals) wird bereits wieder aufgefüllt, in Etappe 2 wird Kies abgebaut. Die heutige Kiesgrube Lugibachtal (oberhalb der Furttalkreuzung) ist vollständig rekultiviert.

Hinter dem Abbauprojekt steht das gleiche Familienunternehmen aus Wettingen das schon beim gescheiterten Projekt für eine Aushubdeponie im Würenloser Steindler federführend gewesen war. Doch die Ausgangslagen und die Realisierungschancen beider Vorhaben sind kaum vergleichbar. Die vorgesehene Kiesgrube bringt dem Würenloser Siedlungsgebiet keinen Mehrverkehr gegenüber heute und sie tangiert das Würenloser Naherholungsgebiet kaum. Zu sehr dominiert an diesem Ort der starke Verkehr auf den Autobahnzubringern Furttal- und Landstrasse. 

Wichtig aus Würenloser Sicht ist, dass der Bifigweg als Velo und Fuss-Verbindung nach Wettingen trotz Kiesgrube bestehen bleibt. Das sicherte Urs Meier, der Verwaltungsratspräsident der Tägerhard Kies AG (sowie der Eduard Meier AG und der Transportfrma MOT) an der Medienorientierung ausdrücklich zu. Er sagte auch, dass man aus dem Debakel mit der Aushubdeponie Steindler gelernt habe. So lässt man sich bei der Kommunikation mit der Bevölkerung von einer Basler Agentur unterstützen.

Urs Meier, Verwaltungsratspräsident der Tägerhard Kies AG. Bild Peter Früh

Laut Urs Meier wird die jährliche Abbaumenge in der neuen Grube nicht grösser sein als in der alten, nämlich etwa 100’000 Kubikmeter. Insofern wird also kein zusätzlicher Lastwagenverkehr generiert. Ein Wermutstropfen auch für die Tägerhard Kies AG ist, dass laut Meier das bestehende Förderband von der Kiesgrube Lugibachtal ins Kieswerk wahrscheinlich nicht bis zur neuen Kiesgrube verlängert werden kann. Einer oberirdischen Querung der Furttalstrasse steht eine Hochspannungsleitung im Weg, und eine unterirdische Querung würde wegen der vielen im Boden verlegten Leitungen (zum Beispiel für die Ampelanlage) unverhältnismässig teuer. So werden wohl für den kurzen Kiestransport zum Kieswerk  doch wieder Lastwagen eingesetzt werden. Um auf die Landstrasse zu gelangen, können sie die bestehende Ein- und Ausfahrt  gegenüber der Peterhans AG benützen können. 

Das Kiesland, das mehreren Eigentümern gehört (der bedeutenste davon ist der Wettinger Landwirt Hans Benz) wird intensiv landwirtschaftlich genutzt. Ökologisch wertvoll ist allenfalls ein schmaler Streifen entlang des Bifigwegs, der dem Kanton gehört. Offene Kiesgruben hingegen sind für die Artenvielfalt äusserst wichtig, das belegen zahlreiche Untersuchungen. So nisten in den steilen Wänden der Grube Lugibachtal etwa Uferschwalben. Gerne heisse man Schulen und interessierte Vereine willkommen, sagten Meier und der Geschäftsführer der Tägerhard Kies AG, Simon Bürgler.   

Die Ersatzlösung für die Kiesgrube Lugibachtal sei für sein Unternehmen überlebenswichtig, betonte Meier. Er sei sich aber bewusst, dass sein Unternehmen sehr anpassungsfähig sein müsse, wenn  es es eine unabhängige Familienfirma bleiben wolle. Die Kreislaufwirtschaft wolle man forcieren. So habe man für die Aufbereitung von Abbruchmaterial zusammen mit weiteren Firmen aus der Region die Recycling AG Baden Brugg gegründet. Sie bereitet Gesteinskörnungen für die Produktion von Recycling-Beton auf. Aber ganz auf Rohkies aus Kiesgruben werde die Bauwirtschaft nie ganz verzichten können. Denn es werde mehr Beton verbaut als in Form von recyclierbarem Abbruchbeton anfalle. 

Information vor Ort für die Bevölkerung: Montag, 3. Juli, 18 – 19 Uhr. Treffpunkt bei der Bushaltestelle Flüefeld. 

Neue Verwaltungsräte fürs Alterszentrum und Ideen für ein Fernwärmenetz

Das Wichtigste vom Informationsabend des Gemeinderates.

Alterszentrum

Vor gut zwei Monaten haben die Stimmberechtigten in einer Referendumsabstimmung mit deutlicher Mehrheit der Alterszentrum Würenlos AG das nötige Geld gegeben, um die Verweigerung der Baubewilligung fürs Alterszentrum beim Regierungsrat anzufechten. 

Nachdem der Gemeinderat, der die Baubewilligung wider Willen hatte ablehnen müssen, seine Beschwerdeantwort eingereicht habe, warte man nun auf den Entscheid aus Aarau, sagte Gemeinderat Consuelo Senn (Ressort Hochbau) am Info-Abend. Es werde wohl noch einige Zeit dauern. Aber er hoffe, dass der Entscheid noch 2023 vorliegen werde. 

Vorderhand hält also die planerische Unsicherheit an. Deshalb sind ein Bewilligungsverfahren für die Haupterschliessung über die Poststrasse ebenso aufs Eis gelegt wie die Projektierung der Nebenerschliessung via Rössliweg (von der Gemeindeversammlung zur Überarbeitung an den Gemeinderat zurückgewiesen).

Auf die Generalversammlung der Alterszentrum Würenlos AG vom 25. April hin sind der bisherige Verwaltungsratspräsident Toni Möckel (konzentriert sich auf sein Amt als Gemeindeammann), wie auch das VR-Mitglied Reto Wild zurückgetreten. 

Gibt nun als Verwaltungsratspräsident bei
der Alterszentrum Würenlos AG
den Ton an: Matthias Rufer (im Bild als
Bläser eines Zunftspiels am Zürcher
Sechseläuten, Bild C. Gebhardt)

Neuer VR-Präsident ist Matthias Rufer, der von Anfang an als einer von zwei Vertretern des Vereins Alterszentrum im VR sitzt. Mit Nico Kunz, Vizeammann, entsendet der Gemeinderat weiterhin einen Vertreter in den Verwaltungsrat.

Weitere Verwaltungsratssitze hat der Gemeinderat öffentlich ausgeschrieben – mit Erfolg. «Es gab erstaunlich viele Bewerbungen», so Nico Kunz am Dienstagabend. Es scheint gelungen zu sein, den Verwaltungsrat mit qualifizierten Personen aus Würenlos (!) zu verstärken. Ihre Bereitschaft, mit anzupacken, verdient Respekt. Denn ihnen allen dürfte die leidige Vorgeschichte nicht unbekannt sein. Solange der Rechtsstreit um die Baubewilligung auf der Zentrumswiese nicht endgültig entschieden ist, werden sie allerdings eher mit angezogener Handbremse als mit Vollgas loslegen können.

Folgende Personen bilden nun den neuen Verwaltungsrat. Alle wohnen in Würenlos.

Bisherige: Alain Cornuz, Präsident des Vereins Alterszentrum Würenlos, GL-Mitglied einer Grosshandelsfirma. – Jasmin Hotz, Juristin, Rechtsanwältin in grösserer Kanzlei, (fachliche Schwerpunkte u.a. Bau- und Planungsrecht, Vertragsrecht), Mitglied Baukommission Würenlos. – Matthias Rufer, Master in Geografie, Zusatzstudium in Raumplanung, Kadermitglied Carbura (Pflichtlager für Mineralölprodukte), Mitglied Planungskommission Würenlos, Präsident Musikgesellschaft Würenlos.

Neue: Tobias Gamisch, Bauingenieur, Doktorat an der ETH, aktuell tätig für SBB Infrastruktur als Bereichsleiter Kunstbauten, Naturrisiken, Bahnzugang und Gebäude der Region Mitte. – Dino Graf, Primarlehrer-Studium, seit langem in der AMAG Gruppe tätig, aktuell als «Head of Group Communication, Responsability and Brand Management», Mitglied der GL. – Stefan Isler, Ingenieur ETH. Nach langer Karriere bei Schindler Aufzüge ab 1. Juni 23 Senior Projektleiter und Mitglied der GL bei R&R Burger und Partner AG (Bauherrenberatung u. Unterstützung) –  Nico Kunz, Vizeammann, Kaufmann mit Studien in Verbands-/NPO- sowie Bildungsmanagement, VR-Präsident einer Familienfirma. (In einer 1. Fassung wurde Stefan Isler mit seinem Fast-Namensvetter Stephan Isler verwechselt. würenblicker bittet beide Genannten um Entschuldigung.)

Gesamtrevision Allgemeine Nutzungsplanung

Zuwarten heisst es auch bei diesem Geschäft, das die Gemeinde ebenfalls seit langem beschäftigt. Den Startschuss gab die Gemeindeversammlung im Dezember 2016. In einer Spezialkommission und in Arbeitsgruppen haben viele MitbürgerInnen daran mitgearbeitet. Vor einem Jahr hat das kantonale Baudepartement einen ersten Entwurf zur Nachbesserung retourniert. Anfang 2023 wurde ein überarbeiteter Entwurf in Aarau eingereicht. «Wir gehen davon aus, dass die Vorprüfung durch den Kanton Mitte des Jahres abgeschlossen sein wird und die Gesamtrevision gutgeheissen wird», sagte Consuelo Senn.

Wäre dem so, könnte im August oder September das Planungspaket an einer öffentlichen Informationsveranstaltung präsentiert und etwa bis Oktober öffentlich aufgelegt werden. Direkt oder indirekt Betroffene haben dann die Möglichkeit zu Einwendungen. Diese müssen zuerst erledigt werden, bevor die Gemeindeversammlung abschliessend entscheiden kann. 2024 könnte es soweit sein – ob an der Sommer- oder an der Winterversammlung liess Senn offen. Sollte der Kanton die revidierte Nutzungsplanung 2025 in Kraft setzen, hätte der Marathon gut drei Jahre länger gedauert als ursprünglich vorgesehen (Corona-Erschwernisse inbegriffen).

Ein Fernwärmenetz für Würenlos?

Seit Anfang Jahr prüft eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Würenloser Behörden, der Bauverwaltung, der TBW und der Regionalwerke Baden, ob ein lokales Fernwärmenetz, an dem öffentliche und private Gebäude angeschlossen werden könnten, sinnvoll wäre. Anlass dazu gab laut Gemeindeammann Toni Möckel, dass die Ölheizungen der Schulanlagen, des Gemeindehauses und der Mehrzweckhalle ohnehin ersetzt werden müssen. Laut Möckel sind nun erste Planungsgrundlagen zwar erarbeitet, aber viele Fragen sind noch völlig offen.

Als Wärmequelle in Frage kommen: 1. die Kehrichtverbrennungsanlage Limeco in Dietikon. 2. eine eigene Heizzentrale (mit Grundwasser-Wärmepumpe oder Pellet- bzw. Holzschnitzelfeuerung). 3. das Biomasse-Kraftwerk in Otelfingen. Irgendwelche Zusicherungen oder Vorverträge liegen nicht vor.

Der Netzperimeter (Versorgungsgebiet) ist abhängig von der gewählten Wärmequelle. Limeco  liefert Fernwärme bereits bis nach Killwangen. Somit würde das Würenloser Netz von der Limmatbrücke über die Altwiesenstrasse und den Raiffeisenkeisel bis zum Schulareal gebaut mit möglichem Abstecher ins Dorfzentrum links und rechts der Landstrasse (Alterszentrum!). Entschiede man sich für eine eigene Zentrale bei der Mehrzweckhalle, so hätten die Gebiete rund um diese Priorität. Bei einem Anschluss ans Biomassenkraftwerk Otelfingen wäre eine lange, (zu) teure Zuleitung erforderlich, bis in Würenlos Liegenschaften mit mutmasslich grossem Fernwärmebedarf erschlossen wären.

Betriebsorganisation: Unklar ist, ob die Gemeinde bzw. die TBW das Fernwärmenetz selber oder zusammen mit einem Partner (z.B. Regionalwerke Baden) betreiben würden oder ob der gesamte Betrieb an Dritte übertragen würde (Contracting).

Ein Netz wird viel kosten. Entscheidend wird letztlich sein, dass die Wärme nicht teurer wird als aus anderen alternative Heizsysteme. Mitentscheiden können die Stimmberechtigten jedenfalls. Schon mit dem Budget 2024, so Möckel, könnte der Gemeindeversammlung ein erster Kreditantrag unterbreitet werden.

Referendum gegen Alterszentrum-Kredit

60 Prozent der Stimmenden haben an der Gemeindeversammlung vom 7. Dezember einem Kredit von 250 000 Franken zugestimmt, damit die verweigerte Baubewilligung fürs Alterszentrum auf dem Rechtsweg doch noch erstritten werden kann. Nun ist gegen den Entscheid der Gemeindeversammlung das Referendum ergriffen worden. 

Entscheidet sich das Schicksal des Projekts Margerite schon bald an der Urne?

würenblicker wünscht allen Besucherinnen und Besuchern
frohe Festtage und alles Gute im kommenden Jahr.
Danke für die Treue zu diesem Blog.

Das Referendumskomitee möchte auf dem riskanten Rechtsweg nicht noch Zeit und Geld verlieren, sondern jetzt schon die Weichen stellen in Richtung einer neuen «baubaren Lösung». Von den Komiteemitgliedern haben vor allem zwei in jüngerer Zeit auf sich aufmerksam gemacht: Steven Schraner als Gemeinderatskandidat der SVP und Robert Blarer mit politischen Aktionen. Nur zwei Komiteemitglieder (Luzia und Roland Benguerel) gehörten zu den privaten Einwendern gegen das Projekt Margerite. Das Komitee muss nun bis 31. Dezember (notfalls bis 8. Januar 2023) rund 430 Unterschriften zusammenkriegen. Das ist in der Weihnachts- und Silvesterzeit nicht leicht, aber auch nicht unmöglich.

Die total verfuhrwerkte Situation ums Alterszentrum (Link zum vorangegangenen Artikel) gestaltet sich mit dem Referendum gewiss nicht einfacher.  Vor lauter Fristen, Instanzen und Verfahren kann man schon den Überblick verlieren. So musste die Alterszentrum Würenlos AG (AZ AG) die Ablehnung ihres Baugesuchs durch den  Gemeinderat beim Regierungsrat anfechten, bevor feststehen wird, ob sie das dafür benötigte Geld aus der Gemeindekasse erhalten wird. 

Die AZ AG wird das Beschwerdeverfahren vor Regierungsrat wie vorgesehen weiterführen können, wenn
– es dem dem Referendumskomitee nicht gelingt, die nötige Zahl an Unterschriften zu sammeln, oder
– das Referendum zwar zustande kommt, an der Urne aber dem 250’000 Franken-Kredit zugestimmt wird . 

Resultiert an der Urne aber ein Nein, so fehlt der AZ AG das nötige Geld, um den Rechtsweg zu beschreiten. Sie müsste die bereits eingereichte Beschwerde zurückziehen. «Margerite» wäre gestorben. Es käme einer Missachtung des Wählerwillens gleich, das Verfahren vor Regierungsgrat (Anwaltkosten usw.) anderweitig zu finanzieren, etwa durch Gewährung privater Kredite an die AG.

Wer das Referendum unterstützt, ermöglicht einen Entscheid für oder gegen das Projekt Margerite,  der demokratisch breiter abgestützt wäre als der mit 103 Ja gegen 69 Nein gefasste Kreditbeschluss der Gemeindeversammlung. Zudem ermöglicht das Referendum uns Stimmberechtigten, erstmals darüber abzustimmen, ob wir die (das Ortsbild stark beeinträchtigende) Platzierung des Alterszentrums auf dem Furtbach-seitigen Teil der Zentrumswiese richtig oder falsch finden. Denn anders als die Befürworter von Margerite gerne behaupten, wurden wir Stimmberechtigten dazu noch nie direkt befragt. Die Landkäufe auf der Zentrumswiese und die Gründung der Alterszentrum Würenlos AG haben wir bewilligt ohne zu ahnen, dass sich die AZ AG dereinst ausgerechnet für diesen heiklen Standort nahe beim Bach entscheiden würde.

Die Befürworter des Projektes Margerite und unter ihnen besonders die Hardliner nahmen bisher ganz selbstverständlich in Anspruch, für eine Mehrheit der Würenloserinnen und Würenloser zu sprechen und handeln. Es ist durchaus möglich, dass ihnen auch an der Urne eine Mehrheit den Rücken stärken wird. Ich gehe aber davon aus, dass das Abstimmungsergebnis knapper ausfallen wird als an der Gemeindeversammlung. Der Aufmarsch zu dieser war zwar höher als normal, aber weit entfernt von der Rekordbeteiligung an der legendären Versammlung 2013, als der gemeinderätliche Antrag für den Alterszentrum-Standort im Gebiet Wiemel bös abgeschmettert wurde.

Seither sind 10 Jahre ins Land gegangen. Die Bevölkerung ist stark gewachsen, ihre Bedürfnisse haben sich zum Teil stark gewandelt – so ist man mobiler geworden, auch beim Wohnen im Alter.  Und selbst viele schon länger hier Ansässige haben die Stürmerei und Zankerei ums Alterszentrum satt und reagieren darauf zunehmend mit Desinteresse an Lokalpolitik und mit Stimmabstinenz.

Die Referendumsabstimmung würde schon in wenigen Monaten stattfinden. Eine Ablehnung des 250’000-Franken-Kredits scheint nicht ganz ausgeschlossen zu sein. Gut, sich jetzt schon Gedanken zu machen, wie es weiter gehen soll, falls «Margerite» beerdigt werden müsste. Ein längerer Marschhalt wäre wohl unumgänglich. Es wäre zu verhindern, dass sich die AZ AG in womöglich unveränderter Besetzung des Verwaltungsrates sogleich ins nächste Planungsabenteuer stürzt

Zunächst müsste alles auf den Tisch. Unter dem Lead des Gemeinderates und unter Einbezug breitester Bevölkerungskreise. Zur Diskussion gestellt werden müsste alles, auch was bisher sakrosankt war. Braucht es in Zukunft wirklich ein Alterszentrum dieser Grösse? Wohin damit, wenn die Zentrumswiese dafür zu klein ist? Sind Pflegeheime in Baden, Wettingen oder Spreitenbach wirklich unzumutbar für bettlägerige Bewohner? Könnte ein Teil der betreuten Wohnungen woanders erstellt werden auf dem Gemeindegebiet (Standorte sind vorstellbar), damit sie rascher als ein ganzes Alterszentrum zur Verfügung stünden? 

Jetzt entscheidet der Regierungsrat

Die Alterszentrum Würenlos AG kann die ihr vom Gemeinderat wider Willen verweigerte Baubewilligung für das Projekt Margerite auf dem Rechtsweg erstreiten. Eine bis gegen Mitternacht dauernde Gemeindeversammlung hat am 7. Dezember das dafür nötige Geld bereitgestellt. Zudem hat die Versammlung das Budget 2023 mit einem Steuerfuss von 101 % (bisher 103%) genehmigt. 

Je näher Traktandum 7 rückte, desto spürbarer knisterte es vor Spannung bei den 207 anwesenden Stimmberechtigten, den Verwaltungsräten der Alterszentrum Würenlos AG (AZ AG) und den Gemeinderäten vorne am Tisch. Die AZ AG war, wie in diesem Blog mehrfach geschildert, letztes Jahr mangels Kostenkontrolle kurzzeitig illiquid. Für das Projekt Margerite sind bisher 1,737 Mio. Franken ausgegeben worden, doch erst 1,5 Mio. Franken waren bis anhin vom Souverän der AZ AG zur Verfügung gestellt worden. Nun stand Schadensbegrenzung auf dem Programm. 

Von einem 2016 bewilligten Verpflichtungskredit in der Höhe von 4 Mio. Franken gab die Versammlung nach langer, ausufernder Debatte zwei weitere Tranchen frei. Mit  104 bzw. 103 Ja gegen jeweils 69 Nein:

  1. 350’000 Franken für bereits angefallene Kosten des Baugesuchverfahrens. Mit dem Geld werden zwei Notdarlehen zurückbezahlt. Kreditgeberin war die Firma von Toni Möckel, Gemeindeammann  und Verwaltungsratspräsident der AZ AG in einer Person..
  1. 250’000 Franken für zukünftige Kosten des Baugesuchs- und Rechtsmittelverfahrens: davon 170’000 Franken für juristische Beratung und Verfahrenskosten, 80’000 Franken für den Betrieb der AZ AG (VR-Honorare etc.) bis 2024.

Lang und heiss wurde nochmals der ganze Planungsprozess beim Projekt Margerite diskutiert. Was alles hätte man besser machen müssen? – Nun, dass man die kantonale Denkmalpflege viel früher in die Planung hätte einbeziehen müssen, hatten Gemeinderat und Verwaltungsrat der AZ AG schon vorher eingeräumt. Und das Geld war ja schon ausgegeben, der Verpflichtungskredit noch lange nicht ausgeschöpft und die Darlehen sind irgendwann zurückzuzahlen. Den Nein-Stimmenden ging es wohl vor allem darum, ein Zeichen gegen Misswirtschaft und fehlende Transparenz zu setzen. 

Um die Wurst ging es bei der zweiten Tranche: Wäre sie verweigert worden, so wäre das Projekt Margerite wohl gestorben. Es sei denn, der offenbar gut betuchte Verein Alterszentrum Würenlos hätte die Anwalts- und Verfahrenskosten gesponsert. Schliesslich stellt er – ohne Aktionär zu sein – 2 Vertreter im Verwaltungsrat der AZ AG und die tragen Mitverantwortung.

Für die Gegner der Vorlage stellte sich die Frage, ob dem guten Geld noch schlechtes hinterher geworfen werden sollte. Denn das Risiko ist gross, dass das Schlussresultat lauten wird «ausser Spesen nix gewesen». Der VR der AZ AG selbst hat erklärt, die Erfolgschancen im Rechtsmittelverfahren seien «knapp 50 %»

Vor erster Instanz, dem Regierungsrat, heisst es Alterszentrum Würenlos AG versus Einwohnergemeinde Würenlos. Auf dem juristischen Prüfstand aber stehen die Argumente der kantonalen Denkmalpflege. Die lehnt das Projekt Margerite ab, weswegen die kantonale Abteilung für Baubewilligungen den Gemeinderat quasi gezwungen hat, die Baubewilligung zu verweigern. 

Die privaten Einwender sind vorläufige Gewinner im Baubewilligungsverfahren. Sie können ihre Kriegskasse schonen für den Fall, dass der Regierungsrat zugunsten Margerite entscheidet. Dann würden die Einwender mit hoher Wahrscheinlichkeit vor Verwaltungs- und nötigenfalls auch vor Bundesgericht ziehen. Dieses hat in den letzten Jahren mehrfach Beschwerden gegen Gemeindebeschlüsse in Sachen Denkmal- und Ortsbildschutz gutgeheissen. 

Dass sich nur 60 % der Stimmenden hinter den Gemeinderat und den von ihm gewählten Verwaltungsrat der AZ AG gestellt haben, hat viel mit verlorenem Vertrauen zu tun. Eine Planung – von schwer erklärlichen Kehrtwendungen geprägt – und als Tüpfchen aufs i die vernachlässigte Kostenkontrolle haben Zweifel aufkommen lassen, ob diese Gremien ihrer Rolle gewachsen sind.

Die AZ AG war seit ihrer Gründung 2017 eine Blackbox. Die Zahlen der AG im Alleineigentum der Gemeinde wurden nie publiziert. Ja, bei Problemen sei sogar die Finanzkommission nur zögerlich informiert worden, wurde aus deren Reihen scharf kritisiert. Und wir Steuerzahlenden? Wir erfuhren bis zum vergangenen November nie, wie es finanziell um unsere AG stand. Dafür verriet uns der jährliche Geschäftsbericht der Einwohnergemeinde auf die Kommastelle genau, wieviele Hühner und Geissen in Würenlos herumgackern bzw.-gumpen, 

Das soll sich ändern. Deutlich angenommen wurde ein Antrag aus der Versammlung, wonach Geschäftsbericht und Rechnung  der AZ AG alljährlich nach Verabschiedung durch die Generalversammlung (=Gemeinderat) der Gemeindeversammlung vorzulegen sind.

Mehr Vertrauen haben die Würenloserinnen und Würenloser in die gemeinderätliche Finanzpolitik. Das Budget mit dem Steuerfuss von neu 101 % wurde mit nur wenigen Gegenstimmen gutgeheissen.

Im Spätherbst hatte die SVP für Aufsehen gesorgt mit der Lancierung einer Spar- und Schuldenabbau-Initiative . Von der war nun nicht mehr die Rede. Mit dem Budget 2023, das trotz Steuersenkung einen Schuldenabbau um 833’000 Franken vorsieht, nahm der Gemeinderat der SVP wohl den Wind aus den Segeln. 

Warnende Worte zu hören gab es dennoch – von der Finanzkommission (FiKo). Der Vorsitzende Thomas Zollinger (auch SVP Präsident) und mehrere Mitglieder teilten sich in die Aufgabe, den Voranschlag zu kommentieren. Sie wiesen etwa auf die Eigentümlichkeit hin, dass Würenlos zu den 30 Gemeinden im Kanton mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung gehört, aber bezüglich Steuertrag pro Kopf zu den 30 stärksten Gemeinden gehört. Die Kommission sieht auf der Aufwandseite noch Sparpotenzial, Und bei einigen geplanten Investitionen könne man sich fragen, wie nötig sie wirklich seien.

Eine ganz andere Sicht vertrat das Mitte-Mitglied Franz Müller. Die Finanzlage sei weit besser sei als sie seit Jahren von Finanzvorstand Lukas Wopmann und der Finanzkommission dargestellt werde. Von Müllers Antrag, die Steuern gleich um 4 % zu senken, wollte die  Versammlung aber nichts wissen.

Kurzen Prozess machte die Versammlung zu später Stunde mit einem 1-Millionen-Kredit für eine neue Trafostation auf der Autobahn-Raststätte Süd. Auf Antrag von Markus Städler (FiKo-Mitglied) wurde der Kredit abgelehnt. Weshalb die Gemeinde eine Million investieren soll, damit weitere Zapfsäulen für E-Autos aufgestellt werden können, konnten sich zu viele Stimmberechtigte auch nicht recht erklären.

Alle anderen Traktanden wurden gemäss Antrag des Gemeinderates gutgeheissen