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Die bürgerlichste Wählerschaft im aargauischen Limmattal

Würenlos hat bei den Nationalratswahlen bürgerlicher gewählt als alle seine direkten aargauischen Nachbargemeinden und auch als alle Gemeinden im aargauischen Limmattal. Das links-grüne Lager, insbesondere die SP als viertstärkste politische Kraft im Dorf, hat seit Jahren keine Ortspartei mehr zustande gebracht. Das ist ein Armutszeugnis und der politischen Kultur im Dorf alles andere als förderlich.

Der Bezirk Baden zählt 26 Einwohnergemeinden. In 23 von ihnen ist die SVP die stärkste politische Kraft, Würenlos inklusive. In Baden und Turgi ist die SVP zweitstärkste Partei und nur in Ennetbaden figuriert sie zusammen mit der Mitte erst auf Platz 5, noch hinter den Grünen. 

Die Mitte ist in keiner Bezirksgemeinde stärkste Kraft, aber in 23 Gemeinden auf den Plätzen 2 oder 3 zu finden. Die SP ist in drei Gemeinden (Baden, Ennetbaden und Turgi) stärkste Partei und in immerhin 16 weiteren Gemeinden zweit- und drittstärkste Partei. Gebenstorf ist übrigens die einzige Bezirksgemeinde, die das gleiche Wahlverhalten gezeigt hat wie der ganze Kanton, auf Platz 1 figuriert die SVP, auf Platz 2 die SP und auf Platz 3 die FDP.

In Würenlos belegen SVP, die Mitte und die FDP in dieser Reihenfolge die Plätze 1 bis 3.  Nur gerade 3 weitere Bezirksgemeinden haben die Stimmen in gleicher Reihenfolge  verteilt wie Würenlos: Niederrohrdorf, Schneisingen und Würenlingen. 

Alle unseren direkten Nachbarn im Bezirk gehören der grössten Gruppe an, die zwischen die SVP auf Platz 1  und der Mitte auf Platz 3 die linke SP auf Rang 2 gewählt haben. Es sind die 8 Gemeinden Wettingen, Spreitenbach, Neuenhof und Killwangen  – unsere direkten aargauischen Nachbarn also –  sowie Obersiggenthal, Untersiggenthal, Freienwil und Rudolfstetten-Friedlisberg.

Fazit: In Würenlos wurde am Sonntag bürgerlicher gewählt als in allen anderen aargauischen Limmattalgemeinden. Interessant nur, dass dieses Wahlverhalten in der Lokalpolitik kaum zum Ausdruck kommt. In lokalpolitischen Themen verlaufen die Fronten oft quer durch alle Parteien. So gibt es in Steuerfussdiskussionen  weniger rote Köpfe als in Wettingen und Einbürgerungen sind keineswegs umstrittener als in Ennetbaden. 

Die Dorfbevölkerung liebt es moderat und nicht polarisierend oder gar provokativ. Debattierkultur und -freudigkeit haben keinen sonderlich hohen Stellenwert. Das mag daher rühren, dass den drei vorhandenen Ortsparteien die Herausforderung durch links-grüne Gruppierungen fehlt. Zwar sind Ortsparteien in den Augen von Kantonalparteien oft blosse Hilfs- und Mobilisierungsvehikel vor eidgenössischen und kantonalen Urnengängen. Aber nicht mal dafür scheint die siebtgrösste Gemeinde im Bezirk Baden der SP, den Grünen und der GLP wichtig genug zu sein. Sonst hätten sie den Aufbau von Ortsparteien, -sektionen oder -gruppen in Würenlos intensiver vorangetrieben.

Im letzten Artikel habe ich die Unsitte der meisten Parteien kritisiert, mit einer Vielzahl von Unterlisten auf Stimmenfang zu gehen. Wirklich ausbezahlt zu haben scheint sich der Unterlisten-Trick für keine Partei. Prozentual am meisten Parteistimmen über Unterlisten holten sich in Würenlos die GLP mit 28%  und die kleine EVP mit 27% ihrer Parteistimmen. Doch in Sitzen ausbezahlt haben sich die Unterlisten gerade für diese beiden Parteien nicht.  Die GLP stagnierte im Aargau sowohl was die Parteienstärke als auch die Sitzzahl anbelangt. Und die aargauische EVP gewann zwar an Parteistärke, verlor aber gar ihren einzigen Nationalratssitz, jenen der Präsidentin der EVP Schweiz, der Wettingerin Lilian Studer.

Die Mitte, deren Wahlerfolg 2019 massgeblich auf die Unterlisten-Taktik zurückgeführt worden war, machte in Würenlos 23 % der Stimmen auf ihren 9 Unterlisten. Doch während sie auf eidgenössischer Ebene an Parteistärke gewann und die FDP knapp übertreffen konnte, verlor die Mitte (2019 noch CVP und BDP) auf kantonaler Ebene an Parteistärke (Stimmenanteil noch 12%). Die Sitzzahl konnte sie halten. Die Fusion mit der BDP und der Wechsel auf einen Namen ohne das Attribut «christlich» dürfte mehr gebracht haben als der Listentrick.

Die grosse Wahlsiegerin SVP aber, die im Aargau auf nur eine Unterliste, jener ihrer Jungpartei setzte, hat darunter keineswegs gelitten. Sie gewann im Kanton  an Parteienstärke und einen zusätzlichen Sitz. Auch in Würenlos, wo sie ihre Stimmenanteil um zwei Prozentpunkte auf 32.36% ausbaute, ist sie weiterhin die mit Abstand stärkste politische Kraft.

Auf Platz 2 rangiert unverändert die Mitte ( 2019 noch als CVP und GDP), Ihr Stimmenanteil sank hier allerdings um fast einen Prozentpunkt auf 17 %. Die FDP musste keine Haare lassen und  bleibt in Würenlos drittstärkste Kraft. 

Selbst wenn die vielen Unterlisten einige zusätzliche Wählende mobilisiert haben mögen, so hat sich der Unterlisten-Trick wohl totgelaufen. Die Parteien haben sich damit beim Wahlvolk eher Sympathien verscherzt. Es ist Zeit, mit dieser Bauernfängerei abzufahren und im gleichen Zug auch die Demokratieverträglichkeit von Listenverbindungen generell in Frage zu stellen. 

Jetzt entscheidet der Regierungsrat

Die Alterszentrum Würenlos AG kann die ihr vom Gemeinderat wider Willen verweigerte Baubewilligung für das Projekt Margerite auf dem Rechtsweg erstreiten. Eine bis gegen Mitternacht dauernde Gemeindeversammlung hat am 7. Dezember das dafür nötige Geld bereitgestellt. Zudem hat die Versammlung das Budget 2023 mit einem Steuerfuss von 101 % (bisher 103%) genehmigt. 

Je näher Traktandum 7 rückte, desto spürbarer knisterte es vor Spannung bei den 207 anwesenden Stimmberechtigten, den Verwaltungsräten der Alterszentrum Würenlos AG (AZ AG) und den Gemeinderäten vorne am Tisch. Die AZ AG war, wie in diesem Blog mehrfach geschildert, letztes Jahr mangels Kostenkontrolle kurzzeitig illiquid. Für das Projekt Margerite sind bisher 1,737 Mio. Franken ausgegeben worden, doch erst 1,5 Mio. Franken waren bis anhin vom Souverän der AZ AG zur Verfügung gestellt worden. Nun stand Schadensbegrenzung auf dem Programm. 

Von einem 2016 bewilligten Verpflichtungskredit in der Höhe von 4 Mio. Franken gab die Versammlung nach langer, ausufernder Debatte zwei weitere Tranchen frei. Mit  104 bzw. 103 Ja gegen jeweils 69 Nein:

  1. 350’000 Franken für bereits angefallene Kosten des Baugesuchverfahrens. Mit dem Geld werden zwei Notdarlehen zurückbezahlt. Kreditgeberin war die Firma von Toni Möckel, Gemeindeammann  und Verwaltungsratspräsident der AZ AG in einer Person..
  1. 250’000 Franken für zukünftige Kosten des Baugesuchs- und Rechtsmittelverfahrens: davon 170’000 Franken für juristische Beratung und Verfahrenskosten, 80’000 Franken für den Betrieb der AZ AG (VR-Honorare etc.) bis 2024.

Lang und heiss wurde nochmals der ganze Planungsprozess beim Projekt Margerite diskutiert. Was alles hätte man besser machen müssen? – Nun, dass man die kantonale Denkmalpflege viel früher in die Planung hätte einbeziehen müssen, hatten Gemeinderat und Verwaltungsrat der AZ AG schon vorher eingeräumt. Und das Geld war ja schon ausgegeben, der Verpflichtungskredit noch lange nicht ausgeschöpft und die Darlehen sind irgendwann zurückzuzahlen. Den Nein-Stimmenden ging es wohl vor allem darum, ein Zeichen gegen Misswirtschaft und fehlende Transparenz zu setzen. 

Um die Wurst ging es bei der zweiten Tranche: Wäre sie verweigert worden, so wäre das Projekt Margerite wohl gestorben. Es sei denn, der offenbar gut betuchte Verein Alterszentrum Würenlos hätte die Anwalts- und Verfahrenskosten gesponsert. Schliesslich stellt er – ohne Aktionär zu sein – 2 Vertreter im Verwaltungsrat der AZ AG und die tragen Mitverantwortung.

Für die Gegner der Vorlage stellte sich die Frage, ob dem guten Geld noch schlechtes hinterher geworfen werden sollte. Denn das Risiko ist gross, dass das Schlussresultat lauten wird «ausser Spesen nix gewesen». Der VR der AZ AG selbst hat erklärt, die Erfolgschancen im Rechtsmittelverfahren seien «knapp 50 %»

Vor erster Instanz, dem Regierungsrat, heisst es Alterszentrum Würenlos AG versus Einwohnergemeinde Würenlos. Auf dem juristischen Prüfstand aber stehen die Argumente der kantonalen Denkmalpflege. Die lehnt das Projekt Margerite ab, weswegen die kantonale Abteilung für Baubewilligungen den Gemeinderat quasi gezwungen hat, die Baubewilligung zu verweigern. 

Die privaten Einwender sind vorläufige Gewinner im Baubewilligungsverfahren. Sie können ihre Kriegskasse schonen für den Fall, dass der Regierungsrat zugunsten Margerite entscheidet. Dann würden die Einwender mit hoher Wahrscheinlichkeit vor Verwaltungs- und nötigenfalls auch vor Bundesgericht ziehen. Dieses hat in den letzten Jahren mehrfach Beschwerden gegen Gemeindebeschlüsse in Sachen Denkmal- und Ortsbildschutz gutgeheissen. 

Dass sich nur 60 % der Stimmenden hinter den Gemeinderat und den von ihm gewählten Verwaltungsrat der AZ AG gestellt haben, hat viel mit verlorenem Vertrauen zu tun. Eine Planung – von schwer erklärlichen Kehrtwendungen geprägt – und als Tüpfchen aufs i die vernachlässigte Kostenkontrolle haben Zweifel aufkommen lassen, ob diese Gremien ihrer Rolle gewachsen sind.

Die AZ AG war seit ihrer Gründung 2017 eine Blackbox. Die Zahlen der AG im Alleineigentum der Gemeinde wurden nie publiziert. Ja, bei Problemen sei sogar die Finanzkommission nur zögerlich informiert worden, wurde aus deren Reihen scharf kritisiert. Und wir Steuerzahlenden? Wir erfuhren bis zum vergangenen November nie, wie es finanziell um unsere AG stand. Dafür verriet uns der jährliche Geschäftsbericht der Einwohnergemeinde auf die Kommastelle genau, wieviele Hühner und Geissen in Würenlos herumgackern bzw.-gumpen, 

Das soll sich ändern. Deutlich angenommen wurde ein Antrag aus der Versammlung, wonach Geschäftsbericht und Rechnung  der AZ AG alljährlich nach Verabschiedung durch die Generalversammlung (=Gemeinderat) der Gemeindeversammlung vorzulegen sind.

Mehr Vertrauen haben die Würenloserinnen und Würenloser in die gemeinderätliche Finanzpolitik. Das Budget mit dem Steuerfuss von neu 101 % wurde mit nur wenigen Gegenstimmen gutgeheissen.

Im Spätherbst hatte die SVP für Aufsehen gesorgt mit der Lancierung einer Spar- und Schuldenabbau-Initiative . Von der war nun nicht mehr die Rede. Mit dem Budget 2023, das trotz Steuersenkung einen Schuldenabbau um 833’000 Franken vorsieht, nahm der Gemeinderat der SVP wohl den Wind aus den Segeln. 

Warnende Worte zu hören gab es dennoch – von der Finanzkommission (FiKo). Der Vorsitzende Thomas Zollinger (auch SVP Präsident) und mehrere Mitglieder teilten sich in die Aufgabe, den Voranschlag zu kommentieren. Sie wiesen etwa auf die Eigentümlichkeit hin, dass Würenlos zu den 30 Gemeinden im Kanton mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung gehört, aber bezüglich Steuertrag pro Kopf zu den 30 stärksten Gemeinden gehört. Die Kommission sieht auf der Aufwandseite noch Sparpotenzial, Und bei einigen geplanten Investitionen könne man sich fragen, wie nötig sie wirklich seien.

Eine ganz andere Sicht vertrat das Mitte-Mitglied Franz Müller. Die Finanzlage sei weit besser sei als sie seit Jahren von Finanzvorstand Lukas Wopmann und der Finanzkommission dargestellt werde. Von Müllers Antrag, die Steuern gleich um 4 % zu senken, wollte die  Versammlung aber nichts wissen.

Kurzen Prozess machte die Versammlung zu später Stunde mit einem 1-Millionen-Kredit für eine neue Trafostation auf der Autobahn-Raststätte Süd. Auf Antrag von Markus Städler (FiKo-Mitglied) wurde der Kredit abgelehnt. Weshalb die Gemeinde eine Million investieren soll, damit weitere Zapfsäulen für E-Autos aufgestellt werden können, konnten sich zu viele Stimmberechtigte auch nicht recht erklären.

Alle anderen Traktanden wurden gemäss Antrag des Gemeinderates gutgeheissen

Politische Makulatur und anderes Altpapier

Eine fragwürdige SVP-Initiative und das Fazit einer Umfrage zu den Altpapier- und Kartonsammlungen.

Die SVP Würenlos will ein schuldenfreies Würenlos mit tieferen Steuern. Für ein Initiativbegehren mit dieser Forderung hat sie Unterschriftenbögen an alle Haushaltungen verteilt. Rund 410 Unterschriften sind nötig, damit die Initiative an der nächsten Gemeindeversammlung behandelt werden muss. Das Initiativbegehren scheint aber unausgegoren zu sein. 

Mit einer Initiative will die SVP das Stimmvolk zur Ausgabendisziplin
zwingen. Flyer (mit Unterschriftenbogen auf der Rückseite). Plakate
an der Land- und Schulstrasse liess der Gemeinderat inzwischen entfernen.

Die «Limmatwelle» hat recherchiert und berichtet in ihrer neusten Ausgabe (Link), dass der Initiativtext nicht in allen Teilen dem geltenden Recht entsprechen soll. Wenn dem so ist, reibt man sich die Augen. Denn als treibende Kraft hinter dem Initiativbegehren  zu vermuten ist Thomas Zollinger – nicht nur Präsident der SVP-Ortspartei, sondern auch Präsident der Würenloser Finanzkommission. 

Darum geht es. Die SVP will Investitionen im Verwaltungsvermögen «mit nicht zwingendem Charakter» auf maximal 20 Prozent des jährlichen Ertragsüberschusses (Rechnung 2021: 1,965 Mio. Franken) beschränken. Mit 80 Prozent des Ertragsüberschusses wären Schulden abzubauen.

Gegen den Schuldenabbau ist an sich nichts einzuwenden. Heikel ist, dass der Initiativtext festschreibt, was mit den verbleibenden 20% des Ertragsüberschusses geschehen soll: «Die aus dieser Quote resultierenden Mittel werden einem Reservefonds für nicht zwingende Investitionen zugewiesen». Und weiter: «Der Reservefonds kann auch ausserhalb der offiziellen Buchhaltung geführt werden.» 

Doch genau dies ist laut «Limmatwelle» nicht zulässig. Das Blatt zitiert dazu erstens Gemeindeammann Toni Möckel: «Das geht so nicht und ist eigentlich schon fast kriminell.»  Und zweitens den Chef der Gemeindeabteilung im kantonalen Departement Volkswirtschaft und Inneres, Martin Süess: «Einen Reservefonds ausserhalb der offiziellen Buchhaltung zu führen ist so nicht möglich.» 

Eine Initiative, die uns auf illegale Wege führen will, kann eigentlich nur abgelehnt oder – was klüger wäre – von den Initianten gar nicht erst eingereicht bzw. zurückgezogen werden. Denn sonst  muss an der nächsten Gemeindeversammlung über die Initiative mit dem offenbar unzulässigen Inhalt abgestimmt werden. Am Text einer mit der nötigen Anzahl Unterschriften eingereichten Initiative darf nicht herumgeschräubelt werden. Bei einer Annahme tritt sie genau so in Kraft, wie sie ursprünglich formuliert worden ist. 

Doch selbst wenn die Initiative inhaltlich hieb- und stichfest wäre, ich würde sie nie und nimmer unterstützen. Sie beruht auf einem Staatsverständnis, das ich nicht teile. Für die Initianten ist ein Staatswesen nur dann ein gutes Staatswesen, wenn es finanziell möglichst kurz gehalten wird. Schon ohne diese SVP-Initiative ist der Anteil der gebundenen Ausgaben am Gemeindebudget sehr hoch. Mit Annahme der Initiative würde der finanzielle Spielraum der Gemeinde noch weiter beschnitten. Wenn letztlich nur noch über Selbstverständlichkeiten (Ersatz löchriger Kanalisationen) oder Pflichtübungen (Bauabrechnungen) frei entschieden werden kann, wird die direkte Demokratie zur Farce.

Das Gemeinwesen soll haushälterisch mit den Steuergeldern umgehen, aber es soll mit mehr als dem absoluten Notbedarf ausgestattet werden. Nur so haben die Stimmberechtigten die Möglichkeit, ihre Gemeinde so zu gestalten, dass sie ihnen lebens- und liebenswert erscheint.  

Wenn eine Mehrheit der Stimmberechtigten sich mehr als das absolut Notwendige leisten will, so soll sie sich das leisten dürfen. Vor dem Entscheid aber soll über die Vorlage gestritten werden. Da hat die SVP in Würenlos als politisch aktivste aller Ortsparteien in den letzten Jahren eine durchaus positive Rolle gespielt. 

Mit ihrer Initiative nun misstraut die SVP dem Stimmvolk zu Unrecht. Es hat in den letzten Jahren weissgott nicht alles geschluckt, was ihm vorgelegt wurde: Ein erstes Sportplatzprojekt mit Kunstrasen, der erweiterte Umbau des Gemeindehauses, eine Aula für die Schule: All dies wurde nach lebhaften Debatten an der Urne abgelehnt

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Auf eine Anregung aus der Leserschaft hin hat würenblicker eine Umfrage durchgeführt zum Thema Altpapier- und Kartonsammlungen. Das Thema scheint die Würenloserinnen und Würenloser nicht gerade unter den Nägeln zu brennen. 61 von ihnen haben sich bis heute (28.10.2022) an der Umfrage beteiligt.

– 38 Teilnehmende (62%) finden die Anzahl Haussammlungen von Altpapier und Karton gerade richtig. 2022 wird an 9 Tagen im Jahr gesammelt.
– 9 Teilnehmende (15%) fänden auch 6 Sammlungen ausreichend.
– 8 Teilnehmende (13 %) gaben an, regelmässig mit dem Auto in eine Sammelstelle ausserhalb unserer Gemeinde zu fahren, um Altpapier und Karton zu entsorgen.
– je 3 Teilnehmende (je 5%) fänden entweder 12 Sammlungen pro Jahr für Altpapier und Karton besser oder fänden 12 Sammlungen pro Jahr für Karton und nur 6 für Altpapier besser.

Teilnehmende haben auch Kommentare geschrieben. Besonders interessant sind jene, die sich mit der Entsorgung in Würenlos generell befassen. So ist die  Frage durchaus berechtigt, wie sinnvoll und wirtschaftlich es ist, wenn in Einfamilienhausquartieren vor jedem Haus ein Gebührensack steht, der dann von Hand in den Kehrichtwagen geworfen werden muss. Auch ich würde es für zumutbar halten, wenn Sammelplätze für jeweils 10 – 20 Einfamilienhäuser zur Regel  würden.

Dem Gemeinderat “die Knöpfe eingetan”

Die Referendumsabstimmung über den Zusatzkredit für den erweiterten Umbau des Gemeindehauses ist mit einer klaren Niederlage des Gemeinderat ausgegangen. Gerade mal 439 Stimmberechtigte haben dessen Antrag unterstützt, 1133 haben ihn abgelehnt.

Nur 28 % der Abstimmenden sind somit dem Gemeinderat gefolgt und wollten im Zuge der Umbauarbeiten auch das gesamte Untergeschoss des Westtraktes auszubauen. 72 % finden das im Moment unnötig. Sie haben auf die Finanzkommission gehört, die schon an der Gemeindeversammlung Ablehnung des Zusatzkredites empfohlen hatte. Bei einem Stimmenpatt war die Vorlage damals nur dank Stichentscheid von Gemeindeammann Toni Möckel angenommen worden. Die SVP ergriff das Referendum. Mit durchschlagendem Erfolg, wie die Abstimmung zeigt.

Die Würenloser mussten zweifellos schon über wichtigere Geschäfte abstimmen als über diese Vorlage. Es wäre ein schlechtes Signal, wenn unsere Verwaltung nach dem Nein nun schlechter funktionieren als zuvor. Weil nach dem Nein nach dem Wegzug von TBW und Bauamt in den eigenen Werkhof nur 1,9 statt 2,77 Millionen Franken verbaut werden, geht die Welt gewiss nicht unter. Es können dafür etwas mehr Schulden abgebaut werden.

Weil neben der Gemeindeabstimmung keine kantonale oder nationale Abstimmung stattfand, lag die die Stimmbeteiligung tiefer als sonst. Bei einem solchen Sololauf gehen vor allem jene abstimmen, die sich für Politik auf Gemeindeebene interessieren. Stimmen auch viele andere mit, haben Behördenvorlagen eher leichtes Spiel.

Das Resultat zeigt, dass der Gemeinderat bei einem beträchtlichen Teil der Stimmberechtigten kein blindes Vertrauen geniesst. Zieht man in Betracht, dass an der Gemeindeversammlung zwei weitere gemeinderätliche Vorlagen zurückgewiesen worden sind (Verkauf des Postareals und Ausbau des Rössliweges Ostteil) liegt der Schluss nahe, dass die Stimmberechtigten nun die Gelegenheit wahrnahmen, dem Gemeinderat zu zeigen “wo Gott hockt”. Mit gleich mehreren überstürzt zur Abstimmung gebrachten Vorlagen hat der Gemeinderat jedenfalls eine bedenkliche Hemdsärmeligkeit und Überrumpelungstaktik an den Tag gelegt.

Umso positiver, dass die Finanzkommission – die letzte vom Volk gewählte – Kommission sich von den gemeinderrätlichen Argumenten nicht hat einlullen lassen. An der Gemeindeversammlung war es ja zu seinem überaus gehässigen Wortgefecht zwischen einem Kommissionsmitglied und dem Gemeindeammann gekommen. Und darauf wurden aus den Reihen der “Mitte” der Finanzkomission wegen Amtsanmassung die Leviten gelesen. Doch die Finanzkommission ist eben nicht eine beratende Kommission des Gemeinderates wie all die anderen – oft zu ihrem eigenen Leidwesen ziemlich zahnlosen – Kommissionen.

Die Finanzkommsion prüft die dem Souverän vorgelegten Finanzgeschäfte (inkl. Budgets und Rechnungen) nicht als Hilfsorgan des Gemeinderates, sondern sie tut dies im Auftrage des Souveräns (aller Stimmberechtigten). Nach Abschaffung der Schulpflege ist die Aiko das einzige Gremium auf lokaler Ebene mit einer (beschränkten) Aufsichtsfunktion über den Gemeinderat. So gesehen kam das durchaus vertretbare Nein zur genau richtigen Zeit.

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Und noch kurz zu einem anderen Thema. Seit Anfang Jahr stehen auf der Zentrumswiese die Bauprofile für das Alterszentrum-Projekt. Vier Einwendungen sind bekanntlich während der Projektauflage eingegangen, darunter eine von mehreren Anwohnern. Sie üben unter anderem wegen des Ortsbildschutzes seit langem Kritik am Projekt und an dessen Standort entlang des Furtbachs. Alle Einwender sind nicht namentlich bekannt. Nun ist in der Gemeinde da und dort zu hören, wahrscheinlich sei auch der Aargauer Heimatschutz unter den Einwendern. Dem ist nicht so, wie eine Anfrage von würenblicker bim Aargauer Heimatschutz ergab.

Heimatschutz-Geschäftsführer Henri Leuzinger schrieb würenblicker: “Der Aargauer Heimatschutz hat sich in der Tat intensiv mit den verschiedenen Phasen der Planung und Projektierung des Alterszentrums befasst. Am Ende und in Abwägung aller Verfahrensschritte hat die Geschäftsleitung entschieden, von einer Intervention abzusehen, weil das Projekt selbst sowie die Änderungen, welche an ihm vorgenommen wurden, zu einem vertretbaren Resultat geführt haben.”

Das ist eine gute Botschaft für all jene, die bangen und hoffen, das Baubewilligungsverfahren möge durch die Einwender nicht allzu sehr in die Länge gezogen werden. Der Heimatschutz wäre ein Kontrahent gewesen, mit dem nicht zu spassen gewesen wäre.