Archiv der Kategorie: Dorfgeschichte

Nachruf auf die Chilemetzg

Der Chilemetzg an der Schulstrasse hat das letzte Stündchen geschlagen. Am 15. Februar 2021 ist schon ein Teil des Walmdachs abgedeckt.

«Dieses Haus ist alt und häßlich,
Dieses Haus ist kahl und leer
Denn seit mehr als fünfzig Jahren 
Da bewohnt es keiner mehr…» 

Liebe Chile-Metzg

Ans Lied «Das alte Haus von Rocky Docky», das wir Pfadi jeweils am Lagerfeuer gesungen hatten, fühlte ich mich erinnert, als ich vor 40 Jahren – eben nach Würenlos gezogen – Dir erstmals begegnet bin. Auch wenn Du damals noch ein wenig besser «zwäg» warst als in den letzten Jahren. Das Pfadi-Lied war der zu Dir passende Sound durch all die Jahre, ehe man letzte Woche begonnen hat, Dich nach über 450 Lebensjahren platt zu machen. Dass man Dich in Deinen letzten Tagen noch gnadenlos ohne Dein imposantes Dach schutzlos im Regen bzw. Schnee stehen liess, war bloss das Pünktchen aufs i.

Der Abbruchbagger ist schon aufgefahren.

Du seiest zuletzt zur Ruine verkommen, hat Dieter Minder in einem Bericht über Dein Ende im «Badener Tagblatt» geschrieben. Aufgegeben hat man dich vor langer Zeit. Als Abbruchobjekt gekauft hat Dich die Katholische Kirchgemeinde schon 1964, und ein Abbruchobjekt bliebst du sage und schreibe 57 Jahre lang.

An Deiner Stelle hatte man den Friedhof erweitern wollen. Nun, 1964 waren andere Zeiten. Wie an vielen Ortsbildern im Aargau ist auch an jenem von Würenlos abzulesen, wie wenig Achtung man damals baulichen Zeugen der Vergangenheit wie Dir entgegenbrachte. Miststöcke an der Dorfstrasse störten ebenso wie altertümliche Bauten wie Du.  Die Würenloser wollten modern sein: Also weg mit dem Zeugs. Doch so richtig fortschrittlich waren die Würenloser auch wieder nicht. Auch jene nicht, die Dich damals kauften. Sonst hätten sie vielleicht vorausgesehen, dass in Bälde die platzsparende Kremation brave Katholiken nicht mehr geradewegs zur Hölle fahren lassen würde. Jedenfalls war die Friedhofserweiterung bald kein Thema mehr. 

Was mit Dir dann geschah, wünscht man niemandem. Ein halbes Jahrhundert lang bliebest Du Dir selbst überlassen, durftest nie Liebe und Fürsorge erfahren. Nur das Nötigste wurde jeweils an Dir instand gesetzt. Über 50 Jahre lang. Ein kleiner Trost mag für Dich gewesen sein, dass es anderen Leidensgenossen im Dorf ebenso erging. Schon als ich nach Würenlos kam, war auch das Rössli – mit den damals tollen Spekulantenschlitten davor – vorne fix und hinten nix. Und auch fürs alte Bauernhaus bei dem Brüggli am Strässchen Am Bach galt schon damals: «Es knarrt und stöhnt und weint, dieses Haus ist noch viel schlimmer als es scheint.» Diese Bauten und noch einige mehr teilten Dein Schicksal, gehören aber wenigstens nicht einer öffentlichen Körperschaft.

Jahrzehntelang lagst Du auf dem Totenbett. Gründliche körperliche Untersuchungen hat man Dir vorenthalten. «Nicht erhaltenswert», lauteten jeweils die oberflächlichen Befunde. Erst zwei Wochen, bevor endlich die Sterbehelfer anrückten, bestellte man Fachleute, die noch rasch eine Totenschau am halblebendigen Leib vornehmen und den Totenschein aussstellen durften.

Bei der Obduktion stiessen sie auf Überraschungen. Zum Beispiel auf den bisher unbekannten früheren Haupteingang. Die Fachleute nennen es ein Prunkportal und hoffen, wenigstens dieses für die Nachwelt zu erhalten. Es soll, wie ich erfahren habe, einstweilen eine Bleibe in der Zentrumsscheune erhalten, unweit des dort schlummernden alten Leichenwagens – wie passend. Vielleicht erhält Dein Prunkportal später ein Ehrenplätzli im Ersatzbau, der in Deine grossen Fussstapfen tritt. Möge es dort nicht in einem Besenraum versteckt werden, so wie das exakt 500-jährige Juwel, das frühere Sakramentshäuschen, in der profanisierten Alten Kirche.

Die Chilemetzg am Sonntag, 21. Februar 2021: Das Dach ist abgedeckt, freier Blick in den imposanten Dachstuhl mit einem der charakteristischen, vom Boden bis zum First reichenden Firstständer.

Holzbautechnisch hochinteressant soll Dein Dachstock gewesen sein, Dein mächtiges Walmdach, das einst teilweise mit Stroh gedeckt gewesen sein soll, wurde hautsächlich von aufgereihten mächtigen Firstständern bzw. -säulen getragen, die vom Grund bis zum First reichten. Diese Bauart gab Dir und Deinen Verwandten den Namen Hochstudhaus. An das Gebälk werden nur einige Zeichnungen und Fotos in irgendwelchen Schubladen erinnern. Immerhin gibts an der Dorfstrasse noch ein gleiches Bauernhaus von gleicher Konstruktionsart, dasjenige der Geschwister Ernst neben dem Spycher.

Die grosse Gleichgültigkeit, mit der das ganze Dorf Dir oh Chilemetzg über so lange Zeit begegnet ist, ist kein Ruhmesblatt. Dass sich Deine Eigentümerin in den letzten Jahren wenigstens um einen architektonisch möglichst würdigen Nachfolger bemüht hat, ist anzuerkennen. «Mit dem Neubau gibt es eine Aufwertung des Kirchenbezirks und des Ortsbildes», sagte Kirchgemeindepräsidentin Verena Zehnder in der « Limmatwelle». Vielleicht ist das ja so. Fast ein halbes Jahrtausend Dorfgeschichte wird Dein Nachfolger aber wohl kaum mitschreiben.

Als Charaktertypen werde ich Dich in bester Erinnerung behalten. Selbst als es Dir so mies ging, hast Du deine Würde bewahrt und so all jene beschämt, die in Dir nur eine alte Bruchbude gesehen haben. Möge Dein Tod die Würenloser aufwecken und sie dazu bringen, Deinen noch lebenden, im Dorfzentrum rar gewordenen Artgenossen mit mehr Ehrfurcht zu begegnen.  Auf dass wenigstens diese Bauzeugen dereinst auch den heute noch ungeborenen Würenloserinnen und Würenlosern davon erzählen können, was Ihr in Eurem langen Leben alles miterlebt habt.

Woher die Kinder des Nachbarn kommen

Chindlistein am Altberg
Der Chindlistein auf Hüttiker Gemeindegebiet unterhalb des Gratweges zum Altberg.

Im Würenloser Naherholungsgebiet, unweit des beliebten Spazierweges zur Waldschenke auf dem Altberg, gibt es einen Ort, um den sich ein geheimnisvoller Mythos rankt. Der Chindlistein.

Lange Zeit wurde in unserem Nachbardorf Hüttikon nur gemunkelt über den Namen des mächtigen Felsbrockens unterhalb des Gratweges zum Altberg in Richtung Wiesentäli (gelber Wegweiser zeigt, wo’s lang geht). Dann schuf die Lokalzeitung, gestützt auf einen Vermerk im Schweizerdeutschen Wörterbuch (mit dem schönen Namen Idiotikon) Gewissheit: “Bei, in oder unter dem grossen Felsblock sollen die Kinder harren, bis die Eltern sie bestellen oder die Hebamme sie holen kommt”.

Damit könnten die Eltern “erziehungstechnische Klippen von aufwändigen Aufklärungsmodellen mit Bienen und Blüten umschiffen, schreibt darüber der Hüttiker Dorfchronist Christian Schlüer mit einem Augenzwinkern. Er weiss noch mehr: Am gut und gerne 6 Meter in die Höhe ragenden Findling sollen zuweilen Frauen auch Fruchtbarkeitsrituale vollzogen haben: “Dabei gilt es gemäss Volksmund, mit entblösstem Hinterteil den Chindlistein hinunterzurutschen, zur Erfüllung des Kinderwunsches.” Er kenne allerdings niemanden, der sein Leben diesem Ritual zu verdanken habe, versichert Schlüer durchaus glaubhaft. Denn muss man weder Arzt noch Apotheker sein, um sich Risiken und Nebenwirkungen des Wundermittel Chindlistein bildhaft vorstellen zu können.

Vom Felsen, den das Gletschereis vom Glarnerland heranspediert hat und der am Ende der letzten Eiszeit am Altberg zum Stehen kam, erzählt Christian Schlüer im 49. Heft der Heimatkundlichen Vereinigung Furttal. Verfasst hat er es zusammen mit seiner Tochter Sabine Moser-Schlüer. Die 120-seitige Broschüre ist ganz unserer zürcherischen Nachbargemeinde mit ihren mittlerweile 950 Einwohnerinnen und Einwohnern gewidmet. Die Vernissage des Hefts “Hüttikon – Das kleine Dorf an der Grenze” hat am 2. Januarsonntag bei uns in Würenlos stattgefunden. “Tout Hüttikon” ist erschienen. Die Alte Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt. Unser Gemeinderat Markus Hugi hat die Invasoren freundlich begrüsst und wir Würenloser haben die Hüttiker Finanzen geschont, indem wir den Apéro spendiert haben.

Die Alte Kirche war bis 1555 auch das Gotteshaus der Hüttiker. Sie waren bis zur Reformation nach Würenlos kirchengenössig. Bis vor 217 Jahren gar teilten sich Würenlos und Hüttikon das politische Schicksal. Als 1415 die Eidgenossen den damals habsburgischen Aargau eroberten, kamen beide Dörfer mit der ganzen Grafschaft Baden unter die Gemeine Herrschaft der Eidgenossen. Das änderte nach der französischen Revolution. In der von Napoleon initiierten Helvetischen Republik gehörte Hüttikon wie Würenlos einige Jahre dem Canton Baden an, wurde dann aber 1803 – zusammen mit Schlieren, Dietikon und Oetwil – dem Kanton Zürich zugeschlagen. Gleichzeitig wurde der Kanton Aargau gegründet. Darauf, dass sie nie zum Kanton Aargau gehört haben, legen die Hüttiker Wert. Ich verstehe das.

Heute teilen sich Hüttikon und Würenlos das Schicksal einer Grenzgemeinde. Mögen sich die Hüttiker auch in etlichen Belangen – von der Raiffeisenbank übers Einkaufen bis zum Fussballspielen – nach Würenlos hin orientieren, so ist die Kantonsgrenze doch deutlicher zu spüren, als die geringe Distanz zwischen beiden Siedlungsgebieten erwarten liesse. Lägen wir im gleichen Kanton, so würden die Gemeinden wohl in vielen Bereichen eng zusammenspannen, so etwa beim Alterszentrum, bei der Feuerwehr oder in der Verkehrspolitik. Und wer weiss, würden auch unsere Kinder im Chindlistein zwischengelagert.

Das Heft “Hüttikon – das kleine Dorf an der Grenze” kann bestellt werden bei Francoise Roth, Lettenring 29, 8114 Dänikon. E-Mail: philippe.roth@bluewin.ch,
Tel. 044 844 20 61.

Die Chindlistein-Story zeigt: Lokalgeschichte muss nicht staubtrocken sein. Wenn du interessiert bist an ebenso amüsanten Müsterchen aus der 1150-jährigen Geschichte von Würenlos, dann suchen wir dich. Wir – das sind bis jetzt fünf Würenloserinnen und Würenloser unterschiedlichen Alters, die während des Dorffestes vom 19. – 21. Juni heiter-historische Führungen durch den Dorfkern anbieten werden. An acht Stationen werden wir über Amüsantes, Erstaunliches und Schauriges berichten. Erzählst oder schauspielerst Du gerne? Fällt Dir das Sprechen vor einer überschaubaren Menschengruppe nicht allzu schwer? Dann komm auch in unser Guide-Team! Die zeitliche Beanspruchung wird sich vor und während des Dorffestes in Grenzen halten. Peter freut sich auf dein Mail oder deinen Anruf (079 436 38 21).

1968 in Würenlos – Zeitzeugen erinnern sich

Würenlos vor 50 Jahren. Ein neuer, knapp 20-minütiger Dokumentarfilm mit Videointerviews zeigt, was junge Würenloserinnen und Würeloser damals in der Freizeit so trieben, was sie am Dorfleben schätzten und was sie vermissten und wofür oder wogegen sie sich einsetzten.

Der spätere Unternehmer Leo Güller machte schon als Elektromechanikerstift mit einem Piratensender Radio Beromünster Konkurrenz. Die junge, noch ledige Primarlehrerin Hanna Brogle durfte ihren Schatz (und nachmaligen Ehemann) Ueli Huber auf Geheiss des Lehrerinnenseminar-Direktors nicht in aller Öffentlichkeit küssen und sah sich an ihrem ersten Arbeitstag im Schulzimmer 100 neugierigen Gesichtern gegenüber. Der junge Gärtnermeister Toni Möckel (sen.) wehrte sich gegen den Bau eines Hochhauses an der Landstrasse und hatte die Idee, an der Würenloser 1100-Jahr-Feier mit einem Festzug auf die Ortsgeschichte zurückzublicken. Und die junge Balletteuse Hildegard Koller empfand das Dorfleben als Teenager etwas langweilig; als Erstes brachte sie als 20-Jährige die ältere Generation mit dem neuartigen Altersturnen in Schwung. Später führte sie Hunderte von Mädchen in die Ballettkunst ein. Vier Würenloserinnen und Würenloser – vier Geschichten. Zu sehen jetzt im 20-minütigen Dokfilm “1968 in Würenlos – Zeitzeugen erinnern sich” von Peshraw Mirza und mir, Peter Früh.

Der Film entstand im Zusammenhang mit dem Jubiläum des Kulturkreises Würenlos, der am 10. und 11. August sein 50-jähriges Bestehen feierte. Am zweitägigen Jubiläumsfest wurde auf das geschichtsträchtige Gründungsjahr 1968 in vielfältiger Weise eingegangen. Publikumsmagnet Nr. 1 war natürlich das Konzert von “Les Sauterelles” am Samstagabend. Rund 300 Rockbegeisterte liessen sich den Auftritt der Hitparadenstürmer von einst, damals auch Swiss Beatles genannt, nicht entgehen.

Fast ebenso viele Zuschauer liessen sich in sechs Vorstellungen einer History-Show vor Augen führen, was eigentlich im weltweiten Umbruchsjahr 1968 im beschaulichen Würenlos so geschah. Wichtiger Bestandteil der Schau, deren Liveteil Albert Freuler (als Geschichtsprofessor Kurt von Furt-Bach) und und Harald Völker (als Roger, ein Würenloser 68er) bestritten, waren Ausschnitte aus Videointerviews mit vier Würenloserinnen und Würenlosern, die 1968 jung waren. Aus den vier Interviews in voller Länge ist der knapp 20-minütige, amüsante Dok-Film entstanden, der nun als Video auf YouTube angesehen werden kann.

Noch ein Wort zu Peshraw Mirza (Kamera und Schnitt des Films): Bis vor wenigen Jahren wirkte er als TV-Journalist beim grössten kurdischen TV-Sender im Irak. Nach einem IS-kritischen Bericht sah er sich gezwungen, zusammen mit Frau und zwei Kleinkindern die Heimat zu verlassen und die gefährliche Reise nach Europa anzutreten. Die dramatische Flucht übers Mittelmeer filmte er mit seinem Handy. Ausschnitte zeigte später das Fernsehen SRF in “10vor10”. Heute lebt Mirza mit seiner Familie in Neuenhof. Zusammen mit der Schule Neuenhof hat er auch ein Filmprojekt zum Thema Cybermobbing realisiert, das weit übers Limmattal hinaus Beachtung fand.

Ein Sechstel ist 65 oder älter

In keiner anderen Gemeinde des Furttals mit Ausnahme von Boppelsen ist der Anteil der Bevölkerung im Alter 65plus so hoch wie in Würenlos.

Im Jahre 2016 gehörten 1109 Würenloserinen und Würenloser dieser Altersgruppe an, also jede und jeder Sechste. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung betrug 17,4 Prozent (Boppelsen: 18,8 %). In Buchs ZH und Dänikon hingegen war bloss ein Achtel der Bevölkerung 65 Jahre alt oder älter (Anteil 12,2 bzw. 12,6%). Im Durchschnitt aller Furttalgemeinden (7 zürcherische und eine aargauische, Würenlos, betrug der Anteil der 65plus-Gruppe 15,6%.

Die statistischen Angaben stammen aus dem 47. Jahrheft der Heimatkundlichen Vereinigung Furttal mit dem Titel «Im Furttal alt werden – einst und heute». Die Autoren Kurt Bannwart und Barbara Gasser haben viel Wissenswertes zum Thema zusammengetragen – Historisches und Aktuelles. Eine Erklärung für die doch beachtlichen Unterschiede beim Seniorenanteil in den Gemeinden liefern sie allerdings nicht.

Woran könnte es liegen, dass bei uns mehr Leute im Rentenalter als fast im ganzen übrigen Furttal leben? Hat, wer im Aargau lebt, eine bessere Konstitution? Ist unser Klima besonders gesund oder liegts gar gar an der starken Energie, welche unser Kraftort, die Emma-Kunz-Grotte, ausstrahlt? Die Erklärung dürfte prosaischer sein. Erheblichen Einfluss hat wohl unsere Siedlungsstruktur. Unsere Gemeinde zählt überaus viele Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen. Dies zeugt auch von einem gewissen Wohlstand. Reiche Menschen leben länger als arme, Studien belegen dies. Überdies bleiben die meisten Eigenheimbesitzer so lange, wie es geht, in den eigenen vier Wänden wohnen. Andere Gemeinden im Furttal mögen insgesamt eine etwas jüngere Bevölkerung aufweisen, weil sie später vom Bauboom erfasst wurden als Würenlos.

Werfen wir noch einen Blick in den Kanton Aargau. Der hat einen ungefähr gleich grossen 65plus-Anteil wie das ganze Furttal, nämlich 15,8%. In unserer Nachbargemeinde Wettingen aber ist der Anteil mit 18,8% noch höher als in Würenlos. Fast jeder fünfte Wettinger, jede fünfte Wettingerin ist 65 oder älter. (Zahlen aus dem Wettinger Rechenschaftsbericht 2016).

Anders als Würenlos entstanden im zürcherischen Furttal schon vor Jahrzehnten erste Heime und Wohnsiedlungen für solche Seniorinnen und Senioren, denen ein selbständiges Leben nicht mehr möglich ist. Das erste Altersheim entstand schon 1935 in Watt, auf rein privater Basis. Es hatte bis 1960 Bestand und trug den namen «Friedenshort». Der Pensionspreis für ein Einerzimmer, inklusive Mahlzeiten, Wäsche und Heizung, betrug anfänglich 3 bis 4 Franken pro Tag. «Wer 4 Franken bezahlte, wurde mit Handschuhen angefasst», erinnert sich die heute auch schon 90-jährige Tochter der Altersheim-Gründerin. Nur ein Jahr später, 1936, entstand auch in Boppelsen ein privates Altersheim. 1985 wurde in Regensdorf das Alters- und Pflegeheim Furttal bezogen, ein Gemeinschaftswerk aller zürcherischen Furttalgemeinden mit Ausnahme von Hüttikon und Boppelsen. Das Eintrittsalter liegt mittlerweile bei über 90 Jahren, das Heim ist längst mehr Pflege- als Altersheim. «Das Altersheime ist ein Auslaufmodell», lässt sich die Leiterin zitieren.

Diese Entwicklung ist auch ablesbar an der nun schon 60-jährigen Planungsgeschichte des Würenlosers Alterszentrums. Ihr ist im Heft ein ganzes Kapitel gewidmet. Und wenn die Menschen auch stetig älter werden, der Tod ist allen gewiss. Damit setzt sich das letzte Kapitel im Heft auseinander. Längst verschwunden sind die Leichenzüge am Tag der Beerdigung. In Würenlos führte letztmals 1973 der von Pferden gezogene Leichenwagen ein sogenanntes Leichengeleit an. Dahinter begleiteten die Trauerfamilie und die weiteren Trauergäste den Sarg mit dem Verstorbenen vom Wohnhaus zur Kirche und zum Friedhof. Der stark zunehmende Autoverkehr verunmöglichte schliesslich die Leichengeleite. Der Wagen aber ist noch heute vorhanden, ebenso fand Gemeindeschreiber Daniel Huggler im Gemeindearchiv die Rechnung über 750 Franken, die sein Erbauer, ein Schmied namens J.C.Raths, 1909 der Gemeinde gestellt hat.

Der 1909 beschaffte Leichenwagen, der bis 1973 in Gebrauch war und noch heute im Gemeindebesitz ist (Bild: Gemeinde Würenlos).

Das reich illustrierte Heft “Im Furttal alt werden – einst und heute” kann bestellt werden bei: Françoise Roth, Lettenring 29, 8114 Dänikon, E-Mail: philippe.roth@bleuwin.ch, Preis Fr. 20.–