Jetzt entscheidet der Regierungsrat

Die Alterszentrum Würenlos AG kann die ihr vom Gemeinderat wider Willen verweigerte Baubewilligung für das Projekt Margerite auf dem Rechtsweg erstreiten. Eine bis gegen Mitternacht dauernde Gemeindeversammlung hat am 7. Dezember das dafür nötige Geld bereitgestellt. Zudem hat die Versammlung das Budget 2023 mit einem Steuerfuss von 101 % (bisher 103%) genehmigt. 

Je näher Traktandum 7 rückte, desto spürbarer knisterte es vor Spannung bei den 207 anwesenden Stimmberechtigten, den Verwaltungsräten der Alterszentrum Würenlos AG (AZ AG) und den Gemeinderäten vorne am Tisch. Die AZ AG war, wie in diesem Blog mehrfach geschildert, letztes Jahr mangels Kostenkontrolle kurzzeitig illiquid. Für das Projekt Margerite sind bisher 1,737 Mio. Franken ausgegeben worden, doch erst 1,5 Mio. Franken waren bis anhin vom Souverän der AZ AG zur Verfügung gestellt worden. Nun stand Schadensbegrenzung auf dem Programm. 

Von einem 2016 bewilligten Verpflichtungskredit in der Höhe von 4 Mio. Franken gab die Versammlung nach langer, ausufernder Debatte zwei weitere Tranchen frei. Mit  104 bzw. 103 Ja gegen jeweils 69 Nein:

  1. 350’000 Franken für bereits angefallene Kosten des Baugesuchverfahrens. Mit dem Geld werden zwei Notdarlehen zurückbezahlt. Kreditgeberin war die Firma von Toni Möckel, Gemeindeammann  und Verwaltungsratspräsident der AZ AG in einer Person..
  1. 250’000 Franken für zukünftige Kosten des Baugesuchs- und Rechtsmittelverfahrens: davon 170’000 Franken für juristische Beratung und Verfahrenskosten, 80’000 Franken für den Betrieb der AZ AG (VR-Honorare etc.) bis 2024.

Lang und heiss wurde nochmals der ganze Planungsprozess beim Projekt Margerite diskutiert. Was alles hätte man besser machen müssen? – Nun, dass man die kantonale Denkmalpflege viel früher in die Planung hätte einbeziehen müssen, hatten Gemeinderat und Verwaltungsrat der AZ AG schon vorher eingeräumt. Und das Geld war ja schon ausgegeben, der Verpflichtungskredit noch lange nicht ausgeschöpft und die Darlehen sind irgendwann zurückzuzahlen. Den Nein-Stimmenden ging es wohl vor allem darum, ein Zeichen gegen Misswirtschaft und fehlende Transparenz zu setzen. 

Um die Wurst ging es bei der zweiten Tranche: Wäre sie verweigert worden, so wäre das Projekt Margerite wohl gestorben. Es sei denn, der offenbar gut betuchte Verein Alterszentrum Würenlos hätte die Anwalts- und Verfahrenskosten gesponsert. Schliesslich stellt er – ohne Aktionär zu sein – 2 Vertreter im Verwaltungsrat der AZ AG und die tragen Mitverantwortung.

Für die Gegner der Vorlage stellte sich die Frage, ob dem guten Geld noch schlechtes hinterher geworfen werden sollte. Denn das Risiko ist gross, dass das Schlussresultat lauten wird «ausser Spesen nix gewesen». Der VR der AZ AG selbst hat erklärt, die Erfolgschancen im Rechtsmittelverfahren seien «knapp 50 %»

Vor erster Instanz, dem Regierungsrat, heisst es Alterszentrum Würenlos AG versus Einwohnergemeinde Würenlos. Auf dem juristischen Prüfstand aber stehen die Argumente der kantonalen Denkmalpflege. Die lehnt das Projekt Margerite ab, weswegen die kantonale Abteilung für Baubewilligungen den Gemeinderat quasi gezwungen hat, die Baubewilligung zu verweigern. 

Die privaten Einwender sind vorläufige Gewinner im Baubewilligungsverfahren. Sie können ihre Kriegskasse schonen für den Fall, dass der Regierungsrat zugunsten Margerite entscheidet. Dann würden die Einwender mit hoher Wahrscheinlichkeit vor Verwaltungs- und nötigenfalls auch vor Bundesgericht ziehen. Dieses hat in den letzten Jahren mehrfach Beschwerden gegen Gemeindebeschlüsse in Sachen Denkmal- und Ortsbildschutz gutgeheissen. 

Dass sich nur 60 % der Stimmenden hinter den Gemeinderat und den von ihm gewählten Verwaltungsrat der AZ AG gestellt haben, hat viel mit verlorenem Vertrauen zu tun. Eine Planung – von schwer erklärlichen Kehrtwendungen geprägt – und als Tüpfchen aufs i die vernachlässigte Kostenkontrolle haben Zweifel aufkommen lassen, ob diese Gremien ihrer Rolle gewachsen sind.

Die AZ AG war seit ihrer Gründung 2017 eine Blackbox. Die Zahlen der AG im Alleineigentum der Gemeinde wurden nie publiziert. Ja, bei Problemen sei sogar die Finanzkommission nur zögerlich informiert worden, wurde aus deren Reihen scharf kritisiert. Und wir Steuerzahlenden? Wir erfuhren bis zum vergangenen November nie, wie es finanziell um unsere AG stand. Dafür verriet uns der jährliche Geschäftsbericht der Einwohnergemeinde auf die Kommastelle genau, wieviele Hühner und Geissen in Würenlos herumgackern bzw.-gumpen, 

Das soll sich ändern. Deutlich angenommen wurde ein Antrag aus der Versammlung, wonach Geschäftsbericht und Rechnung  der AZ AG alljährlich nach Verabschiedung durch die Generalversammlung (=Gemeinderat) der Gemeindeversammlung vorzulegen sind.

Mehr Vertrauen haben die Würenloserinnen und Würenloser in die gemeinderätliche Finanzpolitik. Das Budget mit dem Steuerfuss von neu 101 % wurde mit nur wenigen Gegenstimmen gutgeheissen.

Im Spätherbst hatte die SVP für Aufsehen gesorgt mit der Lancierung einer Spar- und Schuldenabbau-Initiative . Von der war nun nicht mehr die Rede. Mit dem Budget 2023, das trotz Steuersenkung einen Schuldenabbau um 833’000 Franken vorsieht, nahm der Gemeinderat der SVP wohl den Wind aus den Segeln. 

Warnende Worte zu hören gab es dennoch – von der Finanzkommission (FiKo). Der Vorsitzende Thomas Zollinger (auch SVP Präsident) und mehrere Mitglieder teilten sich in die Aufgabe, den Voranschlag zu kommentieren. Sie wiesen etwa auf die Eigentümlichkeit hin, dass Würenlos zu den 30 Gemeinden im Kanton mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung gehört, aber bezüglich Steuertrag pro Kopf zu den 30 stärksten Gemeinden gehört. Die Kommission sieht auf der Aufwandseite noch Sparpotenzial, Und bei einigen geplanten Investitionen könne man sich fragen, wie nötig sie wirklich seien.

Eine ganz andere Sicht vertrat das Mitte-Mitglied Franz Müller. Die Finanzlage sei weit besser sei als sie seit Jahren von Finanzvorstand Lukas Wopmann und der Finanzkommission dargestellt werde. Von Müllers Antrag, die Steuern gleich um 4 % zu senken, wollte die  Versammlung aber nichts wissen.

Kurzen Prozess machte die Versammlung zu später Stunde mit einem 1-Millionen-Kredit für eine neue Trafostation auf der Autobahn-Raststätte Süd. Auf Antrag von Markus Städler (FiKo-Mitglied) wurde der Kredit abgelehnt. Weshalb die Gemeinde eine Million investieren soll, damit weitere Zapfsäulen für E-Autos aufgestellt werden können, konnten sich zu viele Stimmberechtigte auch nicht recht erklären.

Alle anderen Traktanden wurden gemäss Antrag des Gemeinderates gutgeheissen

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