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Streit um ein Gutachten zum Alterszentrum

Mit dem Umsturz  vom rekordwarmen Herbstanfang zum Normalwetter der Jahreszeit hat auch die verlängerte lokalpolitischeSommerpause (siehe vorheriger Beitrag) ein abruptes Ende gefunden. Jetzt ist klar, dass der sehnlich erwartete Beschwerdeentscheid zur verweigerten Baubewilligung für das Alterszentrum nicht so bald eintreffen wird. Das Badener Tagblatt (BT) hat aufgedeckt, dass der Regierungsrat als Rekursinstanz im Rechtsstreit ein Fachgutachten bei der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission und der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege bestellt hat. Sehr zum Unwillen des Gemeinderates und der Alterszentrum Würenlos AG. Sie erachten das Gutachten als unnötig. (Link zum BT-Bericht)

Am 4. Juli hatten sich rund 25 Personen im Rahmen eines sogenannten Augenscheins auf der Zentrumswiese getroffen: Vertreter des Kantons, der Gemeinde und der gemeindeeigenen Alterszentrum Würenlos AG (AZW AG),  die privaten Einsprecher und ein Vertreter der ebenfalls einspracheberechtigten Vereinigung Domus Antiqua Helvetica. Das rund dreistündige Treffen soll ziemlich chaotisch verlaufen sein, hört man. Im Gespräch kam man sich kaum näher, die Fronten blieben verhärtet. Schliesslich sahen sich die zerstrittenen Lager mit einem aussergewöhnlichen Vorschlag konfrontiert. Ein entsprechendes Schreiben des Rechtsdienstes des Regierungsrates liegt dem BT vor. Sein Inhalt: Vor dem regierungsrätlichen Entscheid solle erst das erwähnte Fachgutachten eingeholt werden. Alle in das Verfahren Involvierten könnten an der Ausarbeitung des Fragenkatalogs mitwirken, müssten sich aber im Voraus bereit erklären, «das Ergebnis dieses Gutachtens zu akzeptieren».

Gemeinderat und AZW AG haben diesen «Vergleichsvorschlag» noch im Juni abgelehnt. «Das macht für uns keinen Sinn. Der Regierungsrat muss Farbe bekennen und nach unserer Beschwerde endlich eine Güter- oder Interesseabwägung vornehmen», so Consuelo Senn, zuständiger Ressortvorsteher im Gemeinderat zum BT. Die Gemeinde gehe davon aus, dass im Fachgutachten denkmalpflegerische Aspekte im Vordergrund stehen werden. Zur Erinnerung: Nach Ansicht der kantonalen Denkmalpflege verletzt das Projekt Margerite den Umgebungsschutz des Turms der Alten Kirche bzw. der Alten Mühle (beide sind kantonale Schutzobjekte.)

Die privaten Einwender und die Vereinigung Domus Antiqua Helvetica haben den Vorschlag akzeptiert, sind aber nach dem offiziellen Nein von Würenlos auch nicht mehr an das spätere Gutachten gebunden. Martin Killias, Präsident der Vereinigung und ehemaliger Rechtsprofessor, zum BT «Die EKD gibt regelmässig sehr gut untermauerte Beurteilungen ab. Es wäre eine willkommene Abkürzung des Verfahrens gewesen.»

Der Regierungsrat hat das Gutachten bei der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (oder genauer bei der übergeordneten Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission) gleichwohl bestellt, wie Stephanie Renner vom Kommunikationsdienst der Regierung gegenüber der AZ bestätigt hat. Der Regierungsrat sei verpflichtet, den Sachverhalt von Amtes wegen umfassend zu ermitteln und die dazu notwendigen Untersuchungen anzuordnen.

Dass der Gemeinderat  und die Alterszentrum Würenlos AG der Beschwerdeinstanz quasi vorschreiben wollen, welche Expertisen sie zur Beurteilung beiziehen will oder nicht, geht wohl zu weit. Doch es ist verständlich, dass Gemeinde und AZW AG nicht im Voraus das Gutachten haben akzeptieren wollen. Sie können sich auf die Referendumsabstimmung vom vergangenen März berufen. Mit 67% Ja-Stimmen  ermöglichte sie, den Rechtsstreit nötigenfalls ans kantonale Verwaltungsgericht und ans Bundesgericht weiterzuziehen. 170 000 Franken wurden für juristische Beratung und Verfahrenskosten bewilligt.

Die Stimmberechtigten haben damit in Kauf genommen, dass noch Jahre vergehen können, bis über das Baugesuch der Alterszentrum Würenlos AG rechtskräftig entschieden ist. Laut BT hofft Gemeinderat Consuelo Senn, dass der Regierungsrat noch dieses Jahr entscheidet. Allerdings hat die Regierung das Fachgutachten erst Ende August angefordert. Zwar liegen gemäss einem Kenner der Materie solche Gutachten jeweils innert drei bis vier Monaten vor. Doch der Regierungsrat wird sich für seinen Entscheid und dessen genaue Begründung wohl auch noch einige Wochen Zeit nehmen.

Vielleicht wären die Gemeinde und die Alterszentrum Würenlos AG gut beraten, wenn sie parallel zum Weiterverfolgen des Projekts Margerite – vielleicht in Verbindung mit einer grösseren Privatüberbauung – an einem anderen Standort ein rascher realisierbares Projekt für acht bis 15 betreute Alterswohnungen ins Auge fassen würden. Konkurrenziert würde das Alterszentrum dadurch nicht, ist doch das ursprüngliche Projekt Margerite bereits um etliche Kleinwohnungen abgespeckt worden. Die Betriebsgesellschaft Oase und die Spitex Würenlos könnten so erproben, ob ihre Zusammenarbeit in der Praxis funktioniert. Und wenigstens ein gutes Dutzend der vielen Interessierten an einer solchen Wohnung erhielten die Chance, den Einzug noch zu erleben.

Die Regionalpolizei muss bald aus ihrem Tief finden, sonst…

Repol Wettingen-Limmattal: Einsatzfahrzeug
Fahrzeug der Regionalpolizei Wettingen-Limmattal. Für Patrouillen  eigentlich vorgesehenen Rund-um-die Uhr-Betrieb fehlt seit Frühjahr das Personal. Die Kantonspolizei muss einspringen. Bild: Würenblicker

Der Personalmangel bei der Repol Wettingen-Limmattal hat die Diskussion über die Polizeiorganisation im Aargau neu befeuert. Da unsere Repol auf Unterstützung durch die Kantonspolizei angewiesen ist, um ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, haben jene Kräfte Aufwind, die das in der Schweiz einmalige duale System mit Kantonspolizei und 15 Regionalpolizeien abschaffen und durch eine Einheitspolizei ersetzen wollen.

Bis kommenden Winter soll der Grosse Rat einen Planungsbericht des Regierungsrates beraten. Der Bericht legt ausführlich Vor- und Nachteile des dualen Systems und einer Einheitspolizei dar. Bei der Gegenüberstellung kommt er zum Schluss, «dass beide Systeme ihre Vor- und Nachteile haben. Beide Szenarien halten sich gesamthaft die Waage und sind für die Weiterentwicklung der Polizeiorganisation im Kanton Aargau grundsätzlich denkbar.»

Der Regierungsrat verweist aber auf zwei externe Evaluationen, welche der dualen Polizeiorganisation attestierten, gut zu funktionieren. Die Bevölkerung fühle sich sicher, wie Umfragen ergeben hätten. Es gebe keinen Grund, zu einer Einheitspolizei zu wechseln, wie das etwa die Kantone Luzern und Bern getan haben. Aber das duale System sei zu optimieren.

Optimierungsbedarf sieht die Regierung bei der Zusammenarbeit zwischen Kantonspolizei und Regionalpolizeien, etwa bei Einsätzen wegen häuslicher Gewalt und bei Verkehrsunfällen. Hier kommt es öfters zu Leerläufen, Doppelspurigkeiten und Personalverschwendung . Um dies zu vermeiden sind laut Regierung  die Zuständigkeiten der Kantonspolizei und der Regionalpolizeien  anzupassen und die Führungsrolle der Kapo zu stärken.

Das duale System ist im Polizeigesetz von 2005 verankert. Es war politisch gewollt, dass die Kantonspolizei personell nicht massiv ausgebaut wurde, sondern die Gemeinden für ihre Sicherheit selbst sorgen und bezahlen sollten. Indirekt wurden sie gezwungen, sich einer Repol anzuschliessen. Würenlos verzichtete nur widerwillig auf seine zwei Gemeindepolizisten. Vermutlich bezahlen aargauische Gemeinden wegen des dualen Systems bedeutend mehr für ihre Sicherheit als die Gemeinden in der übrigen Schweiz. 

Unabhängig von der Organisationsform hält es die Regierung zudem für unerlässlich, den Polizeibestand im Aargau (Kapo und Repols) zu erhöhen. Das bedeutet höhere Kosten für den Kanton wie für die Gemeinden. Doch der Aargau hat die geringste Polizeidichte aller Kantone. Nirgendwo trifft es auf einen Polizisten, eine Polizistin, so viele Einwohner:innen wie bei uns, nämlich 716 (im Jahre 2022). Die durchschnittliche Polizeidichte in der ganzen Schweiz betrug im gleichen Jahr 1:477. Im aargauischen Polizeigesetz ist eine Polizeidichte von 1:700 festgeschrieben. Dieses Zahlenverhältnis möchte die Regierung nicht verändern, sondern die Bestände von Kapo und Repols in regelmässigen Abständen an die wahren Erfordernisse nach oben anpassen. Gerade in jüngster Zeit sind der Polizei neue, personalintensive Aufgaben erwachsen (z.B. Cyberkriminalität).

In der Politik und der Fachwelt wird die Effizienz des dualen Systems über die Parteigrenzen hinweg unterschiedlich beurteilt. So tritt etwa der frühere aargauische Kripochef Urs Winzenried (bis zum letzten Frühjahr Grossrat der SVP) vehement für die Einheitspolizei ein. Auch sein früherer Chef, der langjährige Kapo-Kommandant Léon Borer, und der frühere SP-Regierungsrat Silvio Bircher favorisieren diese. Auf der Gegenseite profiliert sich sich etwa der Präsident der Konferenz der 15 Regionalpolizeien und frühere FDP-Grossrat Daniel Suter. Link zum Streitgespräch zwischen Winzenried und  Suter auf Tele M1.

Entscheidend für das Schicksal des dualen Systems könnte sein, wie rasch sich die Repol Wettingen-Limmattal personell stabilisiert. Muss der Leistungsvertrag mit der Kapo über das laufende Jahr hinaus verlängert werden, bleibt das duale System angreifbar. Der Polizeiberuf hat aus diversen Gründen an Attraktivität verloren. Die Grundausbildung ist für Regional- und Kantonspolizisten die gleiche. Doch die Kantonspolizei bietet später vielfältigere Berufsfelder, mehr Spezialisierungs- und Aufstiegschancen als eine Repol. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels dürfte die Kapo qualifizierte Leute leichter finden. 

Unsinnig ist es, sich gegenseitig Personal abzuwerben. Das tue man nicht, wird beteuert. Aber was sollte denn das dreiviertelseitige Stelleninserat der Repol in der Limmatwelle vom 13. Juli. Da wurden nebst Aspiranten für die Polizeiausbildung vor allem Frauen und Männer mit eidgenössischem Fachausweis als Polizistin/Polizist gesucht.

Angesichts der Personallücken bei der Repol Wettingen-Limmattal und in weiteren Repol-Korps scheint der Zeitpunkt gekommen, die Existenz von flächendeckenden Regionalpolizeien zu hinterfragen. Der Grosse Rat muss den Vorschlägen des Regierungsrates nicht folgen, er und später  das Volk, das die geänderte Kantonsverfassung genehmigen müsste, könnten die Weichen in Richtung Einheitspolizei stellen.

Rechtsstreit um Alterszentrum kann weiter gehen

Mit 67% Ja-Stimmen haben die Würenloser Stimmberechtigten der insolvent gewordenen Alterszentrum Würenlos AG eine weitere Finanzspritze gewährt. Damit kann diese nun versuchen, auf dem Rechtsmittelweg doch noch eine Baubewilligung für das Alterszentrum-Projekt Margerite zu erhalten. 

1269 Ja gegen 622 Nein, so das Resultat an der Urne. Auch wenn es an diesem Sonntag für die Alterszentrum Würenlos AG und für alle, die sehnlichst auf ein Alterszentrum warten, gut ausgegangen ist, so ist die Zeit für Siegesfeiern und Freudentänze noch längst nicht gekommen – wenn sie überhaupt irgend einmal kommt. Jetzt geht es so weiter, wie es nach der Gemeindeversammlung vom letzten Dezember weiter gegangenen wäre. So, wie wenn gegen die Auszahlung einer weiteren Kredittranche nicht das Referendum ergriffen worden wäre. Gewonnen ist in der Sache Alterszentrum erstmal nichts. Das macht es auch jenen, welche das Projekt Margerite jetzt hätten beerdigen wollen, leicht, die Niederlage an der Urne zu akzeptieren.

Auch wenn der Entscheid der Gemeindeversammlung grossomodo bestätigt wurde, so war die Referendumsabstimmung keine Zwängerei. Der Entscheid, den ungewissen und teuren Rechtsweg zu beschreiten, ist nun besser legitimiert. Die Stimmbeteiligung war mit 45% erstaunlich hoch, zumal von einem eigentlichen Abstimmungskampf kaum die Rede sein konnte und am Sonntag auch keine kantonale oder eidgenössische Abstimmung stattfand. Der Entscheid ist deutlich ausgefallen. Um die Freigabe der Kredittranche von 250’000 Franken ging es nur in zweiter Linie. Auch nach der Freigabe der Kredittranche sind vom 2016 bewilligten 4-Millionen-Rahmenkredit (aus dem so genannten Altersheimfonds) noch 1,9 Millionen nicht ausgegeben.

In erster Linie ging es am Sonntag um die Frage,  ob die Würenloserinnen und Würenloser dem Verwaltunsgrat der Alterszentrum Würenlos AG und auch dem Gemeinderat zutrauen, das Vorhaben Margerite zu einem guten Ende führen zu können. Grosszügig gezeigt haben sie sich insbesondere gegenüber dem Verwaltungsrat der Alterszentrum Würenlos AG, dessen Wirken im ganzen Planungsprozess für das Projekt Margerite von vielen kleineren und grösseren Patzern geprägt und in der Summe eigentlich kaum akzeptierbar war. 

Im Verwaltungsrat ist es in jüngerer Zeit bereits zu personellen Wechseln gekommen und wird es nach dem angekündigten Rücktritt von Gemeindeammann Toni Möckel als Verwaltungsratspräsident noch zu einem weiteren Wechsel kommen – dieser Verwaltungsratssitz ist mittlerweile öffentlich ausgeschrieben worden.

Es ist zu hoffen, dass der teilerneuerte Verwaltungsrat dem nun geschenkten Vertrauen voll gerecht wird und dass der Gemeinderat als Ganzes ihm genauer auf die Finger schaut. Dazu gehört auch die an der Gemeindeversammlung eingeforderte grössere Transparenz in Sachen  Altesrzentrum Würenlos AG (jährliche Information der Stimmberechtigten über die Rechnung der gemeindeeigenen AG) und generell eine Informationspolitik, welche den heutigen Ansprüchen zu genügen vermag. Der Verwaltungsrat der Alterszentrum Würenlos AG wird seine Prioritäten zwangsläufig neu setzen müssen. Auf dem eingeschlagenen Rechtsweg kann er ebensowenig wie der Gemeinderat die Agenda bestimmen. Nicht unwichtig wird sein, dass die Alterszentrum Würenlos AG juristisch optimal betreut ist. 

Wenn wir Glück haben, wird im Rechtsstreit um die verweigerte Baubewilligung der Regierungsrat noch dieses Jahr als erste Rekursinstanz entscheiden. Ausgang: offen. Selbst nach Einschätzung der Alterszentrum Würenlos AG stehen die Chancen etwa fifty/fifty, dass Würenlos nach dem Entscheid im Aarauer Regierungsgebäude wieder vor der Schicksalsfrage stehen wird: «Lieber ein Ende mit Schrecken oder ein Schrecken ohne Ende?».

Alterszentrum: Verwelkende Margerite

Reizvolles Zusammenspiel von Zentrumswiese, Furtbach, Alter Mühle und Anhöhe mit der Kirche. Erhaltenswert finden die einen, zusammen mit der kantonalen Denkmalpflege. Nein, genau dahin müsse das Alterszentrum zu stehen kommen, meinen die anderen. Dorfidyllen wie diese hätten wir noch einige. (Bild: würenblicker)

Am 12. März stimmen wir Würenloserinnen und Würenloser darüber ab, ob der insolvent gewordenen Alterszentrum Würenlos AG mit einer Viertelmillion Franken unter die Arme gegriffen werden soll. Das Geld benötigt die gemeindeeigene AG hauptsächlich, um die vom Gemeinderat verweigerte  Baubewilligung für das Alterszentrumsprojekt Margerite auf dem Rechtsweg doch noch erkämpfen zu können. Anders als Margerite-Befürworter behaupten, macht ein «Ja» aber noch längst nicht «den Weg frei für ein Alterszentrum im Herzen von Würenlos». 

Die Margerite-Geschichte für jene, die sie nicht schon kennen. Links anklicken und lesen.

Worum geht es in der Abstimmung?

Die Alterszentrum Würenlos AG (AZ AG) ist aktuell praktisch pleite. 2016 hatte die Gemeindeversammlung beschlossen, für den Bau des Alterszentrum diese AG zu gründen und ihr einen Rahmenkredit von 4 Mio. Franken zu gewähren. Von dem wurden vorerst 1,5 Mio. Franken zur Auszahlung freigegeben. Dieses Geld war rascher ausgegeben als geplant. Der Verwaltungsrat der AZ AG hatte die Kontrolle über die Ausgaben vernachlässigt und es versäumt, rechtzeitig um die Freigabe zusätzlicher Mittel zu ersuchen. 2022 war die AG verschuldet und ihr fehlte das Geld, um die Baubewilligung für das Projekt Margerite auf dem Rechtsweg doch noch zu erstreiten. Der Gemeinderat hatte das Baugesuch ablehnen müssen, da der Kanton, genauer die kantonale Denkmalpflege, die erforderliche Zustimmung verweigert hatte.

Die Denkmalpflege vertritt den Standpunkt, das Projekt Margerite stehe am falschen Ort auf der Zentrumswiese. Der Neubau zerstöre die Einheit von Wiese und Furtbach und beinträchtige das Ortsbild zu stark, namentlich die unter kommunalem Schutz stehenden Bauten Alte Mühle und Turm der katholischen Kirche.

«Notfallmässig» hat die Gemeindeversammlung im Dezember 2022 schliesslich doch noch zwei weitere Kredittranchen genehmigt. Die eine in der Höhe von 350’000 Franken zum Tilgen bereits aufgelaufener Schulden ist mittlerweile rechtskräftig. Gegen die andere in der Höhe von 250’000 Franken, mit der das Rechtsmittelverfahren (Anwalt- und Verfahrenskosten) und der Weiterbetrieb der AG (Verwaltungsratshonorare, andere Unkosten) finanziert werden sollen, ist das Referendum ergriffen worden.

Die Erfolgschancen, auf dem Rechtsweg doch noch zur Baubewilligung für das Projekt Margerite zu kommen, schätzt die AZ AG auf «knapp 50%» ein, für das Referendumskomitee liegen sie weit darunter. Deshalb sei es klüger, schon jetzt die Reissleine zu ziehen und das so eingesparte Geld in ein neues Projekt mit grösseren Realisierungschancen zu investieren.  Nach dem Motto «Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende». 

Was geschieht, wenn eine Mehrheit «Ja» stimmt?

Die Alterszentrum Würenlos AG erhält das Geld, um sich gegen die Verweigerung der Baubewilligung zu wehren. Der Rechtsweg führt falls nötig über drei Instanzen: Regierungsrat, Verwaltungsgericht, Bundesgericht. Das Verfahren vor dem Regierungsrat ist bereits hängig. Ob ein für die AZ AG ungünstiger Entscheid ans Verwaltungs- und allenfalls gar ans Bundesgericht weiter gezogen würde, lassen die AG und der Gemeinderat noch offen. Die AZ AG erhält auch die Mittel, um ihr Funktionieren vorerst sicherzustellen ( Verwaltungsratshonorare, andere Unkosten).

Entscheidet der Regierungsrat zugunsten der AZ AG, so wäre dies aber nur ein Teilerfolg für die AG. Denn die privaten Einwender im Baubewilligungsverfahren lassen keinen Zweifel daran, dass sie eine nachträglich erteilte Baubewilligung anfechten würden. Ins jetzige Verfahren vor Regierungsrat sind sie nicht involviert, weil die auf Druck des Kantons erfolgte Verweigerung der Baubewilligung durch den Gemeinderat durchaus in ihrem Sinn lag. 

Was geschieht bei einem «Nein»? 

Der Entscheid der Gemeindeversammlung wird annulliert. Die 250’000 Franken aus dem Rahmenkredit werden nicht freigegeben. Unklar ist, welche Möglichkeiten bestünden, damit die Alterszentrum AG trotzdem den Konkurs vermeiden und den Rechtsweg allenfalls weiter beschreiten könnte. Abgesehen von einem ungeschickten Vorpreschen von Toni Möckel, dem Gemeindeammann und VR-Präsidenten der Alterszentrum Würenlos AG, hat sich der Gemeinderat dazu bisher nicht geäussert.

Ein «Nein» an der Urne würde wohl je nach Interessenlage unterschiedlich interpretiert. Als generelles Nein zu einem Alterszentrum der Gemeinde in irgendeiner Form dürfte es aber nicht interpretiert werden. Zu offensichtlich ist der in Jahrzehnten entstandene Nachholbedarf beim Wohnen im Alter. 

Wie kommt Würenlos schneller zu einem Alterszentrum?

Ob bei einem «Ja» oder bei einem «Nein» an der Urne, das kann im Moment niemand mit Gewissheit sagen. Alle bisher genannten Daten für die Eröffnung des Alterszentrums haben sich als krasse Fehleinschätzungen erwiesen. Werden zwei oder drei Rekursinstanzen angerufen, vergehen rasch Jahre. Ebenso, wenn das Projekt Margerite nach einem «Nein» beerdigt und ein anderes Projekt – wo auch immer, wie gross auch immer – aufgegleist und realisiert würde.

So oder so ist die Abstimmung wichtig. Da am 12. März keine kantonale oder eidgenössische Vorlage zur Abstimmung kommt, ist eine eher tiefe Stimmbeteiligung zu erwarten. Bei einer 35%igen Stimmbeteiligung würden etwa 1500 Stimmberechtigte über die Vorlage entscheiden (an der Gemeindeversammlung waren es 172 Stimmberechtigte). Der Entscheid an der Urne könnte knapp ausfallen, knapper jedenfalls als an der Gemeindeversammlung (60% Ja). Es hängt wesentlich davon ab, welches Lager mehr Abstimmende mobilisieren kann.  Eine Petition im Sommer 2022 zugunsten des Projektes Margerite fand 483 Unterstützende, das Referendum gegen die 250’000-Franken-Geldspritze kam mit 507 gültigen Unterschriften zustande. 

Die bisherige Planung ist keine Erfolgsgeschichte. Vielleicht in bester Absicht, nach Jahrzehnten vergeblichen Bemühens raschmöglichst zu einem Alterszentrum zu kommen, sind Dinge passiert, die so nie hätten passieren dürfen, die hätten vermieden werden können oder die zumindest sehr viel besser hätten erklärt werden müssen. (Siehe grau unterlegte Textbox am Schluss)

Die Gesamtheit dieser Vorkommnisse hat das Vertrauen in den Verwaltungsrat der AZ AG, ein Stück weit aber auch in den Gemeinderat (=Generalversammlung der AZ AG) erschüttert. Werden sie das «Abenteuer Margerite» aus der verfahrenen Situation herausführen können? Dass VR-Präsident Toni Möckel nun seinen Rückzug aus der AZ AG angekündigt hat, aber noch nicht klar ist, wer an seine Stelle treten wird, erleichtert uns Stimmberechtigten die Entscheidung nicht.

Man braucht sich nicht zu schämen, Vorbehalte gegenüber dem Projekt Margerite zu haben. Ich persönlich habe mich von Anfang an sehr gewundert, weshalb ausgerechnet dieses Projekt im seinerzeitigen Studienwettbewerb das Rennen gemacht hat. Später haben mich die zutage getretenen Fehler, Demokratie- und Informationsdefizite immer stärker gestört. Ich halte die jetzige Situation für derart verfuhrwerkt, dass die personellen und finanziellen Mittel besser für einen gut überlegten Neuanfang beim Wohnen im Alter eingesetzt werden.

Der Weg ins Desaster
Eine subjektive Einschätzung, zu der würenblicker nach reiflicher Überlegung gelangt ist.
Verzicht auf einen Gestaltungsplan für das Gesamtareal Zentrumswiese, Rössli, Post.
Irreführender (behördenverbindlicher) Masterplan plus für das Zentrumsareal.
Mangelnde Sensibilität gewisser Akteure fürs Ortsbild in einer stark wachsenden Agglomerationsgemeinde.
Viel zu später Einbezug der Kant. Denkmalpflege in die Planung.
Ignorieren von kritischen Stimmen (z.B. Ortsbildschutzkommission).
Versuch, das Postareal an eine Spekulantengruppe zu verscherbeln, bevor der Zweck des seinerzeitigen Kaufs (Spielraum für die Planung Alterszentrum) erreicht war.*
Vernachlässigte Kostenkontrolle/Illiquidität der Alterszentrum AG. Eine Peinlichkeit sondergleichen. Als Ausrede musste sogar der Tod eines Verwaltungsratsmitglieds herhalten, wie wenn ein Verwaltungsratsgremium als Ganzes nicht verantwortlich wäre für eine ordnungsgemässe Geschäftsführung.
Bessere Verkehrserschliessung der Zentrumswiese bis heute nicht gesichert.* 
(*Anträge dazu von der Gemeindeversammlung 2021 zurückgewiesen)