Alterszentrum in bedrohlicher Schieflage

Dramatische Entwicklung beim Alterszentrum: Als der Gemeinderat am 10. Mai an seinem Informationsabend über den Stand des Vorhabens informierte, erweckte er den Anschein, zur Erteilung der Baubewilligung gelte es nur noch das längst fällige Okay des Kantons zum Projekt abzuwarten. Dabei wusste der Gemeinderat zu jenem Zeitpunkt seit über einem Monat, dass das Verfahren in Aarau sistiert ist. Denn die kantonale Denkmalpflege will das grosse Bauwerk auf jenem Teil der Zentrumswiese, auf dem es jetzt geplant ist, nicht zulassen.

Eine aktuelle Informationstafel an der Ecke Rössligasse/Chileweg informiert über das nun auf der Zentrumswiese ausgesteckte Projekt für das Alterszentrum.
Der geplante Standort fürs Alterszentrum passt der kantonalen Denkmalpflege ganz und gar nicht. Sie verlangt, dass das künftige Alterszentrum auf die vom Furtbach abgewandte Seite der Zentrumswiese verschoben wird.

Bevor der Gemeinderat über das Baugesuch der gemeindeeigenen Alterszentrum Würenlos AG entscheiden kann, braucht er grünes Licht von mehreren kantonalen Amtsstellen. Diese haben mitzureden, wenn es etwa um den Furtbach, die Verkehrserschliessung oder den Ortsbildschutz geht. Die Abteilung für Baubewilligungen beim kantonalen Departement Bau, Verkehr und Umwelt koordiniert und sammelt die Stellungnahmen der einzelnen Ämter und ist für den Gemeinderat der Ansprechpartner.

Nun liegt würenblicker ein Schreiben der Abteilung für Baubewilligungen an den Gemeinderat vom 25. April vor. Darin wird mitgeteilt, dass das Geschäft beim Kanton sistiert ist bis das Alterszentrum vom Furtbach weg verschoben sei. Die kantonale Denkmalpflege opponiert dem Bau am vorgesehenen Ort.

Im Schreiben mit dem harmlosen Titel «Unterlagenergänzung» folgt der Hammer am Schluss der 2 A4-Seiten füllenden Erwägungen: «Die Neubauten sind auf den nördlichen und/oder westlichen Arealteil zu konzentrieren.» Das ist exakt das, was die Einwender unter anderem fordern. Andere ihrer Argumente stehen dem Okay aus Aarau offenbar nicht im Wege. Für die Einwender ist der Brief aus Aarau trotzdem ein weiterer Teilerfolg. Sie sehen sich ihrem Ziel, das Alterszentrum auf der Zentrumswiese mindestens entlang dem Furtbach zu verhindern, wieder ein Stück näher. Und einige ihrer Exponenten fordern jetzt schon personelle Konsequenzen (Link zum nachfolgenden Gastkommentar).

Das Schreiben aus Aarau schliesst mit dem Satz: «Wir danken Ihnen für die umgehende Unterlagenergänzung, damit das Geschäft behandelt werden kann.» – «Umgehend» werden die Unterlagen wohl nicht ergänzt werden können. Das  aktuelle Projekt auf dem Computer huschhusch auf den nördlichen und westlichen Teil der Zentrumswiese zu verschieben, geht kaum. Dem steht die Geländebeschaffenheit entgegen. Aber auch der Zonenplan: Der neue Standort befände sich grösstenteils nicht mehr in der Zone für öffentliche Bauten, sondern in der Kernzone. In dieser sind so voluminöse Bauten wie die geplante nur möglich, wenn vorgängig ein Gestaltungsplan erstellt wird. Einen solchen gibt es nicht, die Erarbeitung dauert rasch einmal Jahre.

Dem Ziel, möglichst rasch zu einem Alterszentrum zu kommen, wurde insbesondere von der Alterszentrum Würenlos AG unter Leitung ihres VR-Präsidenten. Gemeindeammann Toni Möckel, und dem Lobbyverein Alterszentrum Würenlos alles andere untergeordnet. Und der Gemeinderat schaute zu. Von einem ursprünglich angekündigten Gestaltungsplan für die Zentrumswiese inklusive Rössli- und Postareal wurde sang- und klanglos abgesehen und stattdessen hurtig ein Studienwettbewerb nur fürs Alterszentrum ausgeschrieben: Siegerprojekt Margerite.  Bei dessen Bekanntgabe konnte nicht genug betont werden, Margerite haben eben gerade den Vorzug , dass nur Land in der Zone für öffentliche Bauten beansprucht und so ein Gestaltungsplan entbehrlich werde. 

Welche Ironie des Schicksals! Die Beschleunigung des Planungsprozesses kehrt sich spätestens jetzt ins Gegenteil. Das Alterszentrum verzögert sich weiter, ja droht gar zu scheitern. Denkmalpflegerische Aspekte wurden bei der Planung von Anfang an zu wenig beachtet. Dabei hatte die kantonale Denkmalpflege schon 2013 in einem Brief an den Gemeinderat die gleiche Haltung wie heute vertreten. Später kam ein vom Gemeinderat bestelltes Ortsbildgutachten zum Schluss, dass Margerite abgespeckt werden müsse, was dann auch erfolgte. Doch das genügte offenbar nicht. 

Hauptproblematik beim aktuellen-Projekt ist für die kantonale Denkmalpflege, «dass die vorgesehene Platzierung der Neubauten die Zentrumswiese in eine Restfläche nördlich des Rössliweges und in einen verhältnismässig schmalen Bereich entlang des Furtbach teilt.» Die Identität der historischen Zentrumswiese ändere sich dadurch «fundamental»: Der Furtbach wäre nicht mehr Teil der Zentrumswiese. Diese stelle aber seit je her das Vorfeld der Mühle, des Ortskerns jenseits am Furtbach und den darüber sich erhebenden Kirchenbauten samt dem einzigartigen Turm dar. Mühle wie Turm stehen unter kantonalem Schutz.

Ihren Entscheid stützt die kantonale Denkmalpflege ab auf das aargauische Kulturgesetz (samt Verordnung dazu). Demnach können Bauten in der Umgebung von unter Schutz gestellten Denkmälern untersagt werden, wenn sie ein Denkmal in seiner Wirkung beeinträchtigen. «In nicht ausreichendem Ausmass in die Planung eingeflossen» sind laut Denkmalpflege die Erkenntnisse des vom Gemeinderat beschlossenen und für ihn verbindlichen Masterplans Plus «Zentrum Würenlos» vom März 2019. Der weise explizit darauf hin, dass die Zentrumswiese mit dem Furtbach und dem historischen Ortskern mit Schutzobjekten räumlich-visuell verknüpft bleiben sollte.

Es ist zu vermuten, dass hinter den Kulissen bereits lobbyiert wird, damit die kantonale Denkmalpflege von ihrer Haltung abrückt. Doch auch wenn der Gemeinderat letztlich das Okay erhielte, die Baubewilligung zu erteilen, so wäre das Alterszentrum längst noch nicht gebaut. Für die Einwender im Baubewilligungsverfahren ist der Brief der Abteilung für Baubewilligungen allemal eine «Steilvorlage». Er erhöht ihre Chancen auf dem allenfalls zu beschreitenden Weg durch die Beschwerdeinstanzen markant.

Gemeinderat und Alterszentrum Würenlos AG wurden am Samstag, 4. Juni, 18 h, per Mail um Stellungnahmen zum Brief aus Aarau ersucht. Bis18. Juni, 18h, ist keine offizielle Reaktion erfolgt.

6 Gedanken zu „Alterszentrum in bedrohlicher Schieflage“

  1. Das ganze gleicht einem Schmierentheater der besonderen Sorte! Glaubs der Geier, dass sogar die Kirchenglocken zu nächtlicher Stunde geisterhaft zu läuten beginnen!

  2. Das ganze ist eine reine *Verarschung*, Entschuldigung für dieses hier leider zutreffende Wort, der Bevölkerung von Würenlos. Diese wird immer älter und zu viele von den alten Menschen mussten bereits auswärts in einer Pflegeeinrichtung untergebracht werden. Alles Leute, die den grössten Teil ihres Lebens hier im Dorf verbracht haben. Nur schon der Umzug in eine solche Einrichtung ist ein starker Einschnitt in das Leben dieser Menschen, wenn sie dann gleich noch in eine andere Gemeinde umziehen müssen ist das doppelt unschön. Ob der Gemeinderat ev. bedenkt, das er selber auch mal alt wird und in diese Lage kommen könnte. Leider kaum. Ich finde es gelinde gesagt respektlos, nicht nur geisterhaft.

  3. Wenn die Würenloser vor Jahren der Alternative “Wiemel” zugestimmt hätten, würde jetzt ein Alterszentrum stehen. Aber nein es muss halt einfach auf der Zentrumswiese stehen, wann auch immer. Das wird noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte gehen und unnötig Geld verdunsten. Würenlos hat es ja!
    Die Hoffnung war ja dass aller guten Dinge drei sind. Margerite ist nun auch gescheitert. Wie lange wollen wir noch weiter wursteln?

    1. Sehr geehrter Herr Wirth, Betreffend “Wiemel”, der anscheinend immer noch als angeblich hürdenfreier Standort in einigen Köpfen herumgeistert, möchte ich Folgendes in Erinnerung rufen: Würenlos wollte vor einigen Jahren einen Werkhof beim Schwimmbad Wiemel bauen. Dieses Projekt wurde durch grossen Widerstand der Einwohner der Bünte verhindert. Zu grosse Lärmbelastung des Quartiers, war ihr Argument. Der Werkhof hatte damals zwei Fahrzeuge. Ein Pflegeheim bringt einiges mehr an Autos von Besuchern, Mitarbeitenden etc. Die Gemeinde Würenlos wollte im Wiemel ein Fussballfeld erstellen. Einsprachen gab es bis vors Bundesgericht. Die Gemeinde hat dabei verloren und hohe Kosten bezahlt, obwohl das Gelände des Wiemels der Bauzone öffentlicher Bauten zugeteilt ist. Ursprünglich war es für Sport- und Schulzwecke gedacht. Ein grosser Teil der Grundstücke ist immer noch in privatem Besitz. Landpreis ca. 3 Mio Franken. Diese Ausgaben müsste die Gemeinde zuerst aus Steuerfranken investieren.

      Seit über 40 Jahren, in Etappen, haben die Würenloser aus Steuergeldern Land für den Bau eines Alterszentrums auf der Zentrumswiese gekauft oder getauscht. Das Land wurde der Zone für öffentliche Bauten zugeteilt. Es gibt drei rechtsgültige Erschliessungen, die vom Kanton abgesegnet sind. Die Frauenvereine haben über Jahrzehnte mit viel Arbeit und unerschöpflichem Fleiss mit Bazars Geld gesammelt, welches dem Alterszentrum in irgendeiner Form zugutekommen sollte. Aus Steuergeldern wurden über 4 Mio Franken in einen Fond angelegt, um die Finanzierung zu sichern. Dieser Fond steht der Alterszentrum Würenlos AG als Aktienkapital zur Verfügung sowie das Land im Baurecht. Das wurde alles an Gemeindeversammlungen demokratisch sehr eindeutig abgesegnet. Offenbar ist für einige das hohe Gut der direkten Demokratie in der Schweiz eine nicht ernst zu nehmende Sache. Wir können nur hoffen, dass sich der Regierungsrat nicht beeinflussen lässt mit spitzfindig gesuchten Argumenten von Beamten der Kantonalen Denkmalpflege, die den Einsprechern zudienen, und wir den Glauben an die Rechte der Demokratie in unserem Land nicht verlieren müssen.

  4. Lieber Sigi Zihlmann. Natürlich hast du völlig recht. In einer Demokratie sollte man Bürgerentscheide akzeptieren. Nur – wie oft müssen wir auch bei Kantons-oder Bundesabstimmungen Jahre später ein 2. oder 3. Mal zur Urne, weil es neue Erkenntnisse gibt oder die Faktenlage sich geändert hat?
    Wenn uns damals der Gemeinderat über alle Auflagen von Kanton und Heimatschutz und den daraus möglichen Schwierigkeiten und Verzögerungen informiert hätte, wäre die Abstimmung vielleicht anders heraus gekommen.
    Heute stellen wir Würenloser fest:
    1. Einmal mehr ist für unsere ältere Bevölkerung mit Gebrechen der Traum geplatzt, vom Bleiben in der eigenen Gemeinde in naher Zukunft.
    2. Unsere Steuergelder gingen an ein weiteres Projekt verloren, das nicht realisiert werden kann.
    Wirklich traurig.

  5. Sehr geehrter Herr Zihlmann, in der heutigen Ausgabe der AZ konnte ich lesen, dass der Verein Alterszentrum Würenlos nie darüber informiert worden sei betr. dem Ortsbildschutz und dem Eintrag ISOS. Der Verein Alterszentrum wurde im März 2013 von Gemeindeammann Hansueli Reber aus heiterem Himmel über den neuen Standort Wiemel informiert und war darüber schockiert (nachzulesen im Protokoll ausserordentliche Vereinsversammlung 18.10.2013). Deswegen kam dann der Verein so richtig in Fahrt und hatte innert 14 Tagen die Unterschriften für einen Standortsvergleich “Wiemel oder Zentrumswiese” gesammelt. So konnten wir Würenloser dann an der Sommergemeinde 2013 über die Standorte abstimmen. In der Vereinbarung vom 4.12.2013 zwischen Einwohnergemeinde und dem Verein Alterszentrum über das weitere Vorgehen zur Realiserung eines Alterszentrums auf der Zentrumswiese steht geschrieben, dass der Gemeinderat sich dazu bereit erkläre, den ausgewählten Vorschlag als Grundlage für den Gestaltungsplan für die Zentrumswiese zu verwenden, sofern dieser Vorschlag der geltenden BNO entspreche und keine Überreizung der rechtlichen Grenzen erfordere. Der Gemeinderat werde zeitgerecht die Voraussetzungen für ein erfolgreiches neues Gestaltungsplanverfahren schaffen. In Absprache mit dem Steuerungsausschuss lege man einen Terminplan fest. Wieso steht bis heute dieser Gestaltungsplan nicht? Der neue Masterplan 2019Plus Zentrum dient dem Gemeinderat als Führungs-und Koordinationsinstrument. In diesem Masterplan kann man sehen, dass die Zentrumswiese überhaupt nicht tangiert wird. Im Gegenteil: sie ist sogar eingezeichnet als Nah- und Begegnungsort. Wie kann also unser jetziger Gemeindeammann und gleichzeitig auch VR-Präsident der Alterszentrum AG uns immer noch im Glauben lassen, dass ein Alterszentrum auf der Zentrumswiese gebaut werden kann/darf? Wieviele Steuergelder wollen wir Würenloser noch dem Bach hinterfliessen lassen?
    Betr. Standort Wiemel ist die Gemeinde im Besitze von zwei Grundstücken und diese weisen eine Fläche von rund 10’000 m2 Land in der Zone für öffentlichen Bauten auf. Was bezweckt die Gemeinde mit diesem Land?

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