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Alterszentrum: Möckel bestätigt “Schwierigkeiten” mit Aarau

Stich in ein Wespennest. Am Dienstag, 7. Juni, vor Tagesanbruch sind an dieser Stelle zwei Artikel zum Alterszentrum erschienen. Sie brachten ans Licht, dass beim Gemeinderat bereits Ende April ein Brief aus Aarau eingetroffen ist. Darin teilt die kantonale Abteilung für Baubewilligungen mit, dass  sie das bei ihr hängige Verfahren zum Alterszentrum vorerst aussetzt. Solange bis das Bauvorhaben auf den nördlichen und/oder westlichen Teil der Zentrumswiese verschoben ist. 

Die beiden Artikel machten das drohende Aus für das schon dritte Alterszentrum-Projekt zum Dorfgespräch. Dem Gemeinderat und der Alterszentrum Würenlos AG als Bauherrin aber hat es erst einmal acht Tage lang die Sprache verschlagen. Den von Würenblicker veröffentlichte Brief aus Aarau hätte man lieber noch unter dem Deckel gehalten.

Erst als 9 Tage später auch das «Badener Tagblatt», gestützt auf würenblicker und eigene Recherchen, das Thema aufgriff, äusserte sich erstmals auch Toni Möckel, Gemeindeammann und VR-Präsident der  Alterszentrum Würenlos AG. (Link zum zahlungspflichtigen BT-Artikel). Nicht zum Brief aus Aarau und seinem Inhalt, wegen des laufenden Verfahrens.  Aber er bestätigte laut BT, dass es «Schwierigkeiten» gebe: «Es finden Gespräche mit dem Kanton statt.» 

Hat er mit einer ablehnenden Haltung der kantonalen Denkmalpflege gerechnet, fragte das BT. Möckel: «Gerechnet nicht, das wäre ja fahrlässig gewesen. Wir sind immer davon ausgegangen, dass es eine Interessenabwägung geben wird zwischen baurechtlichen und denkmalpflegerischen Aspekten. Und dass es einen Ermessensspielraum gibt. Wir hatten nie eine Klarheit darüber, dass ein Teil der Zentrumswiese nicht überbaut werden darf. Ansonsten hätte das Land ja umgezont werden müssen.»

Die Erklärung Möckels steht in teilweises Widerspruch zu Aussagen vom Kanton. Heiko Dobler von der kantonalen Denkmalpflege sagte dem BT, dass die Denkmalpflege im Frühjahr 2021 an einem Gespräch mit der Gemeinde und den Projektverfassern die Gelegenheit gehabt habe, «die denkmalpflegerische Sichtweise einzubringen». Und weiter wörtlich: «An der grundsätzlichen Einschätzung hat sich seither nichts geändert, insofern deckt sich die jetzige schriftliche Stellungnahme weitgehend mit den damaligen Aussagen.» Kommt dazu, dass die Denkmalpflege schon 2013 in einem Brief an die Gemeinde (Möckel gehörte damals schon dem Gemeinderat an und an die Ortsbildschutzkommission geschrieben hatte, ein Überbauen der Zentrumswiese sei «grundsätzlich in Frage gestellt». 

Nach dem Standortentscheid 2013 zugunsten der Zentrumswiese hatten die Stimmberechtigten (auch würenblicker) dem Gemeinderat einen grossen Vertrauensbonus gewährt. Indem sie mehrfach Ja sagten: zu zusätzlichem Landerwerb auf der Zentrumswiese, zur Gründung der Alterszentrum Würenlos AG und zum Baurecht für diese AG.

Der Vertrauensbonus scheint nun aufgebraucht  zu sein.  Zwar wurden in den letztjährigen Wahlen die vier erneut kandidierenden Gemeinderatsmitglieder komfortabel wiedergewählt, am schlechtesten allerdings Gemeindeammann Möckel. Vor und nach den Wahlen wurde der Gemeinderat 2021 aber tüchtig abgestraft:

Niederlagen im Multipack an der Dezember-Gemeindeversammlung:
1. Der Verkauf des Postareals zu dubiosen Bedingungen gestoppt;
2. Der Ausbau des Rössliweges (Ost) zurückgewiesen;
3. Der Zusatzkredit für den Gemeindehaus-Umbau in der Referendumsabstimmung abgelehnt (zuvor noch an der Gmeind mit Stichentscheid Möckels bewilligt).

Aushubdeponie Steindler torpediert: 1060 ablehnende Eingaben von WürenloserInnen zwangen den Gemeinderat richtiggehend, seinen Antrag, die Deponie auf Würenloser Boden in den kantonalen Richtplan einzutragen, zurückzuziehen.

Der Vertrauensverlust ist auch Folge der von diversen Seiten immer wieder kritisierten Kommunikationspolitik im Gemeindehaus. Sie geht so: Offenheit, wenn es darum geht, Erfolge und Wohltaten für die Bevölkerung zu zeigen. Verschweigen, schön- oder kleinreden wenn’s nicht rund läuft. Sollte es im Gemeinderatsgremium Mitglieder geben, die das anders machen würden, so setzen sie sich nicht durch. 

Mein publizistisches Vorpreschen am 7. Juni mag einige verärgert haben. Aber die Veröffentlichung des Briefes aus Aarau war überfällig. Dass dem Projekt der Alterszentrum Würenlos AG ernsthafte Gefahr droht, hätte den Eigentümern der AG sofort zur Kenntnis gebracht werden müssen. Eigentümer der AG sind weder der Gemeinderat noch der Verein Alterszentrum Würenlos noch der VR der AG. Sondern wir, die Stimmberechtigten und Steuerzahlenden.

Jetzt nimmt es die Öffentlichkeit natürlich brennend wunder, wie es weitergeht auf der Zentrumswiese. Darüber muss möglichst rasch Klarheit herrschen. Auch wenn andere Geschäfte wie die Revision der Allgemeinen Nutzungsplanung nicht weniger dringlich sind. Sollte sich abzeichnen, dass eine “Zurück an den Start”-Lösung am raschesten zu einem Alterszentrum – auf der Zentrumswiese oder woanders – führen könnte, darf vor diesem Entscheid und seiner Bekanntgabe nicht zurückgeschreckt werden. Spätestens ein planerischer Neuanfang müsste aus meiner Sicht aber von frischen, unvoreingenommenen Kräften an den wichtigsten Schaltstellen initiiert und begleitet werden.

würenblicker wurde in den letzten Tagen so stark beachtet wie noch nie in seiner bald 9-jährigen Geschichte. In den ersten 11 Tagen nach Veröffentlichung wurden rund 2400 BesucherInnen gezählt (ein Besuch sind 1 oder mehrere Aufrufe vom gleichen Endgerät aus innert 30 Minuten). Und noch nie hat ein Beitrag so viele «Likes» (Däumchen nach oben) von Lesenden erhalten wie der Gastkommentar von Heinrich Nüssli: Bis 5. Juli schon fast 400.

Alterszentrum in bedrohlicher Schieflage

Dramatische Entwicklung beim Alterszentrum: Als der Gemeinderat am 10. Mai an seinem Informationsabend über den Stand des Vorhabens informierte, erweckte er den Anschein, zur Erteilung der Baubewilligung gelte es nur noch das längst fällige Okay des Kantons zum Projekt abzuwarten. Dabei wusste der Gemeinderat zu jenem Zeitpunkt seit über einem Monat, dass das Verfahren in Aarau sistiert ist. Denn die kantonale Denkmalpflege will das grosse Bauwerk auf jenem Teil der Zentrumswiese, auf dem es jetzt geplant ist, nicht zulassen.

Eine aktuelle Informationstafel an der Ecke Rössligasse/Chileweg informiert über das nun auf der Zentrumswiese ausgesteckte Projekt für das Alterszentrum.
Der geplante Standort fürs Alterszentrum passt der kantonalen Denkmalpflege ganz und gar nicht. Sie verlangt, dass das künftige Alterszentrum auf die vom Furtbach abgewandte Seite der Zentrumswiese verschoben wird.

Bevor der Gemeinderat über das Baugesuch der gemeindeeigenen Alterszentrum Würenlos AG entscheiden kann, braucht er grünes Licht von mehreren kantonalen Amtsstellen. Diese haben mitzureden, wenn es etwa um den Furtbach, die Verkehrserschliessung oder den Ortsbildschutz geht. Die Abteilung für Baubewilligungen beim kantonalen Departement Bau, Verkehr und Umwelt koordiniert und sammelt die Stellungnahmen der einzelnen Ämter und ist für den Gemeinderat der Ansprechpartner.

Nun liegt würenblicker ein Schreiben der Abteilung für Baubewilligungen an den Gemeinderat vom 25. April vor. Darin wird mitgeteilt, dass das Geschäft beim Kanton sistiert ist bis das Alterszentrum vom Furtbach weg verschoben sei. Die kantonale Denkmalpflege opponiert dem Bau am vorgesehenen Ort.

Im Schreiben mit dem harmlosen Titel «Unterlagenergänzung» folgt der Hammer am Schluss der 2 A4-Seiten füllenden Erwägungen: «Die Neubauten sind auf den nördlichen und/oder westlichen Arealteil zu konzentrieren.» Das ist exakt das, was die Einwender unter anderem fordern. Andere ihrer Argumente stehen dem Okay aus Aarau offenbar nicht im Wege. Für die Einwender ist der Brief aus Aarau trotzdem ein weiterer Teilerfolg. Sie sehen sich ihrem Ziel, das Alterszentrum auf der Zentrumswiese mindestens entlang dem Furtbach zu verhindern, wieder ein Stück näher. Und einige ihrer Exponenten fordern jetzt schon personelle Konsequenzen (Link zum nachfolgenden Gastkommentar).

Das Schreiben aus Aarau schliesst mit dem Satz: «Wir danken Ihnen für die umgehende Unterlagenergänzung, damit das Geschäft behandelt werden kann.» – «Umgehend» werden die Unterlagen wohl nicht ergänzt werden können. Das  aktuelle Projekt auf dem Computer huschhusch auf den nördlichen und westlichen Teil der Zentrumswiese zu verschieben, geht kaum. Dem steht die Geländebeschaffenheit entgegen. Aber auch der Zonenplan: Der neue Standort befände sich grösstenteils nicht mehr in der Zone für öffentliche Bauten, sondern in der Kernzone. In dieser sind so voluminöse Bauten wie die geplante nur möglich, wenn vorgängig ein Gestaltungsplan erstellt wird. Einen solchen gibt es nicht, die Erarbeitung dauert rasch einmal Jahre.

Dem Ziel, möglichst rasch zu einem Alterszentrum zu kommen, wurde insbesondere von der Alterszentrum Würenlos AG unter Leitung ihres VR-Präsidenten. Gemeindeammann Toni Möckel, und dem Lobbyverein Alterszentrum Würenlos alles andere untergeordnet. Und der Gemeinderat schaute zu. Von einem ursprünglich angekündigten Gestaltungsplan für die Zentrumswiese inklusive Rössli- und Postareal wurde sang- und klanglos abgesehen und stattdessen hurtig ein Studienwettbewerb nur fürs Alterszentrum ausgeschrieben: Siegerprojekt Margerite.  Bei dessen Bekanntgabe konnte nicht genug betont werden, Margerite haben eben gerade den Vorzug , dass nur Land in der Zone für öffentliche Bauten beansprucht und so ein Gestaltungsplan entbehrlich werde. 

Welche Ironie des Schicksals! Die Beschleunigung des Planungsprozesses kehrt sich spätestens jetzt ins Gegenteil. Das Alterszentrum verzögert sich weiter, ja droht gar zu scheitern. Denkmalpflegerische Aspekte wurden bei der Planung von Anfang an zu wenig beachtet. Dabei hatte die kantonale Denkmalpflege schon 2013 in einem Brief an den Gemeinderat die gleiche Haltung wie heute vertreten. Später kam ein vom Gemeinderat bestelltes Ortsbildgutachten zum Schluss, dass Margerite abgespeckt werden müsse, was dann auch erfolgte. Doch das genügte offenbar nicht. 

Hauptproblematik beim aktuellen-Projekt ist für die kantonale Denkmalpflege, «dass die vorgesehene Platzierung der Neubauten die Zentrumswiese in eine Restfläche nördlich des Rössliweges und in einen verhältnismässig schmalen Bereich entlang des Furtbach teilt.» Die Identität der historischen Zentrumswiese ändere sich dadurch «fundamental»: Der Furtbach wäre nicht mehr Teil der Zentrumswiese. Diese stelle aber seit je her das Vorfeld der Mühle, des Ortskerns jenseits am Furtbach und den darüber sich erhebenden Kirchenbauten samt dem einzigartigen Turm dar. Mühle wie Turm stehen unter kantonalem Schutz.

Ihren Entscheid stützt die kantonale Denkmalpflege ab auf das aargauische Kulturgesetz (samt Verordnung dazu). Demnach können Bauten in der Umgebung von unter Schutz gestellten Denkmälern untersagt werden, wenn sie ein Denkmal in seiner Wirkung beeinträchtigen. «In nicht ausreichendem Ausmass in die Planung eingeflossen» sind laut Denkmalpflege die Erkenntnisse des vom Gemeinderat beschlossenen und für ihn verbindlichen Masterplans Plus «Zentrum Würenlos» vom März 2019. Der weise explizit darauf hin, dass die Zentrumswiese mit dem Furtbach und dem historischen Ortskern mit Schutzobjekten räumlich-visuell verknüpft bleiben sollte.

Es ist zu vermuten, dass hinter den Kulissen bereits lobbyiert wird, damit die kantonale Denkmalpflege von ihrer Haltung abrückt. Doch auch wenn der Gemeinderat letztlich das Okay erhielte, die Baubewilligung zu erteilen, so wäre das Alterszentrum längst noch nicht gebaut. Für die Einwender im Baubewilligungsverfahren ist der Brief der Abteilung für Baubewilligungen allemal eine «Steilvorlage». Er erhöht ihre Chancen auf dem allenfalls zu beschreitenden Weg durch die Beschwerdeinstanzen markant.

Gemeinderat und Alterszentrum Würenlos AG wurden am Samstag, 4. Juni, 18 h, per Mail um Stellungnahmen zum Brief aus Aarau ersucht. Bis18. Juni, 18h, ist keine offizielle Reaktion erfolgt.

Anton Möckel steht in der Verantwortung (Gastkommentar)

Autor Heinrich Nüssli gehört zum Kreis der Einwender und wohnt an der Mühlegasse 15a

In einem ausführlich begründeten Schreiben vom 7.3.2013 an die Gemeinde Würenlos hatte die Kantonale Denkmalpflege erklärt, dass Würenlos im ISOS (Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz) als “regional bedeutend’ eingestuft wird und festgestellt: «Ein Überbauen der Zentrumswiese wird auf Grund der oben genannten Überlegungen grundsätzlich in Frage gestellt».

Am 11. Juni 2013 dann hat die Einwohnergemeindeversammlung beschlossen, die Zentrumswiese solle Standort des geplanten Alterszentrums sein. Schon bei der Präsentation des Projektes ‘Margerite’ war klar ersichtlich, dass das ausgewählte Projekt nicht erschlossen ist, diametral gegen den Masterplan PLUS verstösst und sich über das ISOS hinwegsetzt. Dies bei einem gemeindeeigenen Projekt, dem die Einhaltung der Planungsgrundsätze und der räumlichen Abstimmung speziell aufgegeben ist.

Mit Schreiben vom 25.4.2022 hat die kantonale ‘Abteilung für Baubewilligungen des Departement Bau, Verkehr und Umwelt’ das von der Alterszentrum Würenlos AG eingereichte Baugesuch mit detaillierten Begründungen und folgendem Fazit zurückgewiesen: «Das Gesuch kann in der vorliegenden Form noch nicht bewilligt werden. Die Neubauten sind auf den nördlichen und/oder westlichen Arealteil zu konzentrieren». Dies hiesse im Klartext ‘zurück auf Feld eins’. Die westlichen Parzellen der Zentrumswiese unterliegen der Gestaltungsplan-Pflicht. Zwar ist die kantonale Forderung noch nicht in Rechtskraft erwachsen. Sie zeigt jedoch mit aller Deutlichkeit auf, dass es für die Realisierung des Alterszentrums auf der Zentrumswiese zwingend einer Sondernutzungsplanung bedurft hätte, in der alle beteiligten Interessen umfassend gegeneinander hätten abgewogen werden können. Ein nicht ausgewogenes und überrissenes Maximalprojekt am falschen Ort kann auf der Zentrumswiese nicht funktionieren.

Auch in der Alterszentrum Würenlos AG ist der Verwaltungsrat gemäss Gesetz zur Führung der Geschäfte der Aktiengesellschaft verpflichtet und steht damit in der Verantwortung. In den vier Jahren seiner Tätigkeit versuchte der Verwaltungsrat unter Präsident Anton Möckel stur und unverantwortlich, ein nicht bewilligungsfähiges Bauvorhaben durch alle Instanzen zu boxen. Resultat: Bruchlandung und die Vernichtung von geschätzten CHF 2 Millionen Steuergeldern.

Anton Möckel muss als Verwaltungsratspräsident die Verantwortung übernehmen und folglich zurückzutreten. Die Gemeinde Würenlos als Aktionär der Alterszentrum Würenlos AG sollte eine Verantwortungsklage gegenüber dem Verwaltungsrat wegen fahrlässiger Pflichtverletzung prüfen.

Weshalb wird nicht eine aussenstehende Unternehmung ohne Interessenkonflikte mit Entwicklung, Realisierung und Betrieb des gewünschten Alterszentrums beauftragt? Es gehört nicht zu den Kernaufgaben des Würenloser Gemeinderates, sich als Immobilienentwickler eines Alterszentrums zu versuchen.