Schlagwort-Archive: Gemeindeammann Toni Möckel

Wenn die Basis für Betrieb sorgt und die Steuern sinken

Es seien an diesem Abend etliche basisdemokratische Aktionen zu erwarten, sagte Gemeindeammann Toni Möckel zur Eröffnung der Einwohnergemeindeversammlung am Dienstag. Die wurde tatsächlich eine der lebhaftesten der letzten Jahre, die 167 anwesenden Stimmberechtigten hatten rund 3 Stunden und 15 Minuten auszuharren. Doch grosse Überraschungen blieben aus. 

Keine Überraschungen waren zum Vornherein beim Budget 2024 zu erwarten. Zu komfortabel ist die momentane Finanzsituation der Gemeinde. Der Selbstfinanzierungsgrad bei den Investitionen wird 129 Prozent betragen. Und trotz erneut steigendem Aufwand ist ein  weiterer Abbau der Nettoschuld und erst noch eine Steuersenkung möglich. Der Steuerfuss der Einwohnergemeinde beträgt 2024 noch 99 %, bisher lag er bei 101%. Thomas Zollinger als Präsident der Finanzkommission deponierte  vor allem die Forderung, der Finanzplan sei formal zu überarbeiten.

Eine kleine Überraschung gab es bei den traktandierten Bauabrechnungen. Jene für den Umbau des Gemeindehauses zog der Gemeinderat kurzfristig zurück, da der Finanzkommission zu wenig Zeit für die Überprüfung zur Verfügung gestanden habe. Der Planungsablauf beim Umbau war suboptimal verlaufen. Eine Ablehnung wäre  eine Unmutäusserung gewesen, weiter gehende direkte Konsequenzen haben abgelehnte Bauabrechnungen nicht.

Alterszentrum: Keine Gutachten von Bundes-Kommissionen für den Regierungsrat

Noch immer warten die Alterszentrum Würenlos AG und der Gemeinderat auf den regierungsrätlichen Entscheid zu ihrem Rekurs gegen die verweigerte Baubewilligung fürs Alterszentrum. Weil sich die kantonale Denkmalpflege gegen das Projekt Margerite ausgesprochen hatte, musste der Gemeinderat widerwillig der Alterszentrum Würenlos AG die Baubewilligung verweigern. Bei einem Augenschein im Sommer war ein auf einem Gutachten basierender Vergleichsvorschlag gescheitert. Trotzdem bestellte der Aargauer Regierungsrat  Gutachten bei der Eidgenössischen Natur- und Heimtschutzkommission und der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege. Wie nun Gemeinderat Consuelo Senn an der Gemeindeversammlung bekannt gab, weigern sich die beiden Kommissionen solche Gutachten zu erstellen. Gründe: 1. Keine der geschützten Bauten nahe des geplanten Alterszentrums stehe im Bundesinventar der geschützten Ortsbilder. 2. Diese kantonal geschützten Objekte (Alte Mühle, Turm der katholischen Kirche) seien nicht in ihrer Substanz . “Wie  diese Begründung den weiteren Verlauf des Rechtsweges beeinflussen wird, ist offen. “Jetzt ist aber Zeit für den Entscheid des Regierungsrates”, sagte Senn. Zu erwarten sei der Entscheid aber kaum vor 2024. 

Erste basisdemokratische Interventionen gab es bei der Endgestaltung des Kiesabbaugebietes Flüefeld/Tägerhardrütene. Im Rahmen der Rekultivierung der ehemaligen Kiesgrube will die Einwohnergemeinde eine ökologische Ausgleichsfläche schaffen. Dorfwärts der Firma Peterhans soll  das Wasser vom so genannten Hasebrünneli durch einen naturnahen Bachlauf auf eine Versickerungsfläche im Gebiet Flüerütenen geleitet werden. Zudem ist eine sogenannte Schwalbenwand geplant:  Weil in den Wänden der verschwindenden Kiesgrube Uferschwalben brüten, sollen mit einer künstliche Sandschüttung neue Brutplätze für die Vögel geschaffen werden. 

Namens der SVP beantragte Thomas Zollinger Rückweisung des Kreditantrages von rund 290’000 Franken. Die Kosten, namentlich auch für den jährlich wiederkehrenden Unterhalt, seien zu hoch. Erst später wird der Kanton als Besitzer des neuen Bächleins auch den Unterhalt des Biotops übernehmen. Eine Innovation schlug ein anderes Fiko-Mitglied, Markus Städler, vor: ein Park mit essbaren Wildpflanzen auf der ökologischen Ausgleichsfläche. Somit hätten nicht nur nur die  Tiere, sondern auch die Bevölkerung einen Nutzen. 

Der Rückweisungsantrag der SVP scheiterte. Einwohner- und Ortsbürgergemeinde hätten dank der Kiesgrube aus Entschädigungen bzw. Steuererträgen Millionen kassiert, da sei Sparen bei der Ausgleichsfläche nicht angebracht, meinte Sigi Zihlmann. Zum Wildpflanzenpark sagte Zoologe Christoph Meier (Präsident Grünliberale Bezirk Baden), für viele Tierarten werde der Lebensraum zunehmend knapper, deshalb solle wenigsten einmal der Mensch zugunsten der Tierwelt zurücktreten. Er fand Gehör, der gemeinderätliche Antrag fand klare Zustimmung.

Ein Drittel des 45-seitigen Traktandenbüchleins füllten Antrag, Begründung und Alt-/Neu-Darstellung des Reglements über die Gemeindebeträge an die familienergänzende Kinderbetreuung. Allein der Titel der Vorlage, kurz Elternbeitragsreglement, verhiess keine leicht verständliche Kost. Hatte der Bürokratie-Elefant eine Supermaus geboren? Im letzten Beitrag in diesem Blog wurde dies vermutet und auch begründet. Jedenfalls läuft die Änderung den Bemühungen diametral entgegen, angesichts des Fachkräftemangels (zum Beispiel Lehrpersonen an den Schulen, Pflegepersonal in Spitälern und Pflegeheimen) möglichst viele Mütter oder Väter zu einem früheren Wiedereinstieg ins Berufsleben oder zu höheren Teilzeitpensen zu animieren. 

Anstelle der bisher relativ einfachen Bemessung der Beiträge, welche Eltern an die selbst zu tragenden teilweise sehr hohen  Kita-Kosten erhalten, sollte eine schwerer verständliche Bemessungsmethode treten. Zur die Bemessung des massgeblichen Einkommens sollen neu diverse legitime Steuerabzüge, welche die Antragsstellenden in ihrer Steuererklärung gemacht werden, wieder hinzugerechnet werden. 

Die Vorlage sei eine reine Sparvolage, und abzulehnen, sagte, faktenreich begründet, Christoph Meier. Silvia Schorno namens der kritischen Mitte-Partei stelle einen leicht entschärften Abänderungsantrag. Dieser hatte ebenso wie der Ablehnungsantrag keine Chance. Das neue Regelement wurde mit 122 gegen 19 Stimmen klar angenommen.

Für die Finanzkommission sagte Pascal Renaud-dit-Louis, dass es nicht ums Sparen gehe, sondern darum, Ungerechtigkeiten, welche das alte Reglement mit sich bringe, zu beseitigen. Einige Empfänger hätten dank Steueroptimierung sehr hohe Elternbeiträge erhalten. Das sei ungerecht gegenüber anderen Steuerzahlenden, die keine Abzüge machten oder keine zu betreuende Kinder hätten. Doch mit keinem Wort ging Renaud-di-Louis auf die dank familienergänzende Kinderbetreuung möglich werdenden höheren Steuererträge ein – ein Hauptargument des schweizerischen Frauen-Dachverbandes alliance f für günstigere Elternbeiträge. 

Quasi in Luft aufgelöst hatten sich seit der Info-Veranstaltung des Gemeinderates vor einigen Wochen die damals doch recht hoch bezifferten Mehrkosten, welche die neue Bemessungsmethode verursacht. Sie sollen jetzt gemäss Berechnungen der Finanzverwalterin noch wenige hundert Franken pro Jahr betragen. Möglich trifft dies für die Finanzverwaltung so zu. Aus anderen Gemeinden weiss man aber, dass die neue Berechnungsmethode bei den Gesuchstellenden einen recht hohen Beratungsbedarf auslöst – nur spüren den eben die Sozialdienste und sie sind eine andere Kostenstelle. 

Auf Granit biss auch Daniel Zehnder, der namens des SV Würenlos auf die starke Übernutzung der  Sportplätze hinwies. Ein weiterer Platz mit Kunstrasen sei darum dringend nötig. Zum Glück sei neben dem neuen Sportplatz Tägerhard noch Platz dafür. Der Gemeinderat solle der nächsten Sommer-Gemeindeversammlung einen Baukredit unterbreiten. Der SVW sei bereit, die selbst vorangetriebene Projektierung «vorzuschiessen». 

So gehe das nicht, stellte Gemeindeammann Möckel klar. Das jedem Stimmberechtigten zustehende Vorschlagsrecht sehe nicht vor, dass Begehren, die der Gemeinde Kosten verursachen, ausserhalb des ordentlichen Budgetierungsweges gestellt werden könnten. Wenn die Versammlung dem Vorschlag des SVW zustimme (was sie auch tat), sei der  Gemeinderat aber bereit, sich um das Anliegen des SVW zu kümmern. Im nächsten Sommer werde man bestenfalls einen Projektierungskredit beantragen können.

Warum auch einfach, wenn es kompliziert geht?

Arbeiten und die Kinder in der Kita betreuen lassen, ist auch für Mittelstandsfamilien oft eine Kostenfrage. Bild freepic

Die Gemeindeversammlung vom 5. Dezember entscheidet darüber, ob Würenlos die Bemessungsmethode ändern soll für Gemeindebeiträge an Eltern oder Alleinerziehende, welche Kinder in der Kita betreuen lassen. Ziel ist offenbar, auf Kosten von Familien einige zehntausend Franken einzusparen. Doch der Methodenwechsel ist schwach begründet. 

Gut 50 Elternpaare oder Alleinerziehende mit 80 Kindern erhalten in Würenlos Gemeindebeiträge an die von ihnen zu tragenden Kosten der familienergänzenden Kinderbetreuung. Zur Bemessung dieser Beiträge wird auf das steuerbare Einkommen und Vermögen gemäss letzter rechtskräftiger Steuerveranlagung abgestellt. Diese Berechnungsmethode ist gemäss Traktandenbericht des Gemeinderates «klar und einfach und der Aufwand für die Verwaltung so gering wie nur möglich». Rechtsgrundlage ist das Elternbeitragsreglement, dieses habe sich «bisher  in der Anwendung bzw. Umsetzung weitgehend bewährt» – Was will man mehr als eine bewährte schlanke Lösung ohne aufgeblähte Bürokratie? Warum soll das Elternbeitragsreglement partout geändert werden?

Weil die Finanzkommission seit Jahren darauf drängt. Sie will zur Berechnungsmethode wechseln, die auch bei der Bemessung der Krankenkassenverbilligungen und in vielen anderen Gemeinden angewandt wird. Besser muss sie darum nicht sein. Sie ist kompliziert und für Nicht-Fachleute kaum durchschaubar. Ihr Hauptziel scheint darin zu bestehen, ein paar Fränkli zu sparen (bei den Elternbeiträgen ist für Würenlos von CHF 60’000 bis 75’000 pro Jahr die Rede) – wenn diese Fränkli denn nicht vom bürokratischen Mehraufwand (laut Gemeindeammann Möckel etwa 15 Stellenprozente) aufgefressen werden.

Was zum steuerbaren Einkommen aufgerechnet werden soll.

  • Abzüge der Kosten für Liegenschaftsunterhalt, soweit sie den Pauschalabzug übersteigen;
  • Abzüge für Einkäufe in die Pensionskasse und Beiträge an die 3. Säule;
  • Abzüge für wohltätige Spenden;
  • Abzüge für Zuwendungen an politische Parteien;
  • Abzüge für Verluste früherer Geschäftsjahre bei Selbständigerwerbenden.

«Grosszügigerweise» wird bei den Betreuungsbeiträgen auf das Aufrechnen der Krankenkassenverbilligung an das steuerbare Einkommen verzichtet.

An der Info-Veranstaltung des Gemeinderates sagte Toni Möckel, es gelte vor allem, Fehlanreize zu vermeiden. Welche Fehlanreize denn? Im Traktandenbericht steht dazu, es solle mit der  Aufrechnung von steuerlichen Abzügen (siehe roter Text oben) vermieden werden, dass Gesuchstellende, die durch andere Abzüge bereits steuerlich profitieren, «zusätzlich auch bei den Gemeindebeiträgen an die familienergänzende Kinderbetreuung profitieren.»

Wie wenn da eine mit dem anderen etwas zu tun hätte. Mit leuchtet nicht ein, weshalb eine Familie mittleren Einkommens mit höheren Kitataxen bestraft werden soll, wenn sie ihr baufälliges Eigenheim mit einer Investition, die den Pauschalabzug übersteigt, renoviert. Oder weshalb diese Familie abzustrafen ist, wenn sie Beiträge an die 3. Säule bezahlt, um später einmal der Armutsfalle Pflegeheim zu entgehen. Und wie kleinkariert ist erst die Aufrechnung von wohltätigen Spenden! 

Die Schweiz ächzt unter dem Fachkräftemangel. Überall fehlts an gut ausgebildetem Personal. An Schulen, in Spitälern, Dienstleistungs- und Produktionsbetrieben. Wie paradox und von gestern ist da eine Bemessungsmethode, welche junge Mütter (oder Väter) eher von Erwerbsarbeit  fern hält statt sie dazu zu ermuntern. Längst ist erwiesen, dass schon bei einem mittleren Familieneinkommen für den zweitverdienenden Elternteil sich die Erwerbsarbeit ab einem 40-50%-Pensum nicht mehr lohnt, wenn die Familie auf Kitabetreuung angewiesen ist. Die Kita-Kosten und die höheren Steuern fressen das zusätzliche Einkommen auf.

Durch die Politlandschaft geistern die unterschiedlichsten Rezepte, wie der Fachkräftemangel zu entschärfen sei. Eines der klügsten Rezepte ist, das in der Schweiz bereits ansässige Reservoir an qualifizierten Arbeitskräften voll auszuschöpfen. Dazu gehören auch Anreize, damit Mütter mit Kindern, höhere Arbeitspensen übernehmen bzw. wieder ins Erwerbsleben zu treten, solange ihre Kenntnisse noch up-to-date sind.  

Im vergangenen März hat der Nationalrat eine parlamentarischen Initiative gutgeheissen, wonach der Bund künftig verpflichtet wäre, bis zu 20 Prozent der Elternbeiträge an Kindertagesstätten zu übernehmen. Das will die  zuständige Ständeratskommission nicht und favorisiert stattdessen einen Vorschlag,  wonach die Arbeitgeber zu höheren Familienzulagen verpflichtet werden sollen. Für alliance f, die überparteiliche Dachorganisationen von rund 100 Frauenverbänden in der Schweiz,  brächte dieser Vorschlag  den Familien kaum etwas, würde aber die Arbeitgeber viel kosten. 

alliance f bevorzugt die stärkere Verbilligung der familienergänzenden Kinderbetreuung. Umso mehr, als diese unter dem Strich für den Staat sehr preiswert ist. Es gibt darüber mehrere Studien. (mehr darüber). Sie kommen zum Schluss, dass jeder investierte Franken in Form von höheren Steuererträgen usw. wieder zurückkomme. Ergänzung vom 2. Dez. 2023: An der vom Krippenpool Baden, Wettingen, Ennetbaden und Obersiggenthal beim Berner Institut BASS bestellte Studie wurde etwa  die Berechnungsart des gesellschaftliche Nutzens von staatlich geförderten Kitas  in Franken und Rappen, aber die Grundaussage  wurde nicht widerlegt. Und seit Erscheinen dieser Studien vor etlichen Jahren dürfte die Kinderbetreuung in einer Kita noch massiv an volkswirtschaftlicher Bedeutung gewonnen haben. 

Meiner Meinung nach täte Würenlos gut daran, bei der bisherigen Beitragsbemessung zu bleiben. Die These, diese Bemessungsmethode schaffe Fehlanreize, könnte rasch in sich zusammenfallen, sollten dank verbilligter Betreuungstaxen auch nur einige Dutzend Elternteile zusätzlich in qualifizierten Berufen erwerbstätig werden oder mit höheren Arbeitspensen arbeiten. Die steigenden  Familieneinkommen würden der Gemeinde (und dem Kanton) zu höheren Steuereinnahmen verhelfen. Eine win-win-Situation.

Neue Verwaltungsräte fürs Alterszentrum und Ideen für ein Fernwärmenetz

Das Wichtigste vom Informationsabend des Gemeinderates.

Alterszentrum

Vor gut zwei Monaten haben die Stimmberechtigten in einer Referendumsabstimmung mit deutlicher Mehrheit der Alterszentrum Würenlos AG das nötige Geld gegeben, um die Verweigerung der Baubewilligung fürs Alterszentrum beim Regierungsrat anzufechten. 

Nachdem der Gemeinderat, der die Baubewilligung wider Willen hatte ablehnen müssen, seine Beschwerdeantwort eingereicht habe, warte man nun auf den Entscheid aus Aarau, sagte Gemeinderat Consuelo Senn (Ressort Hochbau) am Info-Abend. Es werde wohl noch einige Zeit dauern. Aber er hoffe, dass der Entscheid noch 2023 vorliegen werde. 

Vorderhand hält also die planerische Unsicherheit an. Deshalb sind ein Bewilligungsverfahren für die Haupterschliessung über die Poststrasse ebenso aufs Eis gelegt wie die Projektierung der Nebenerschliessung via Rössliweg (von der Gemeindeversammlung zur Überarbeitung an den Gemeinderat zurückgewiesen).

Auf die Generalversammlung der Alterszentrum Würenlos AG vom 25. April hin sind der bisherige Verwaltungsratspräsident Toni Möckel (konzentriert sich auf sein Amt als Gemeindeammann), wie auch das VR-Mitglied Reto Wild zurückgetreten. 

Gibt nun als Verwaltungsratspräsident bei
der Alterszentrum Würenlos AG
den Ton an: Matthias Rufer (im Bild als
Bläser eines Zunftspiels am Zürcher
Sechseläuten, Bild C. Gebhardt)

Neuer VR-Präsident ist Matthias Rufer, der von Anfang an als einer von zwei Vertretern des Vereins Alterszentrum im VR sitzt. Mit Nico Kunz, Vizeammann, entsendet der Gemeinderat weiterhin einen Vertreter in den Verwaltungsrat.

Weitere Verwaltungsratssitze hat der Gemeinderat öffentlich ausgeschrieben – mit Erfolg. «Es gab erstaunlich viele Bewerbungen», so Nico Kunz am Dienstagabend. Es scheint gelungen zu sein, den Verwaltungsrat mit qualifizierten Personen aus Würenlos (!) zu verstärken. Ihre Bereitschaft, mit anzupacken, verdient Respekt. Denn ihnen allen dürfte die leidige Vorgeschichte nicht unbekannt sein. Solange der Rechtsstreit um die Baubewilligung auf der Zentrumswiese nicht endgültig entschieden ist, werden sie allerdings eher mit angezogener Handbremse als mit Vollgas loslegen können.

Folgende Personen bilden nun den neuen Verwaltungsrat. Alle wohnen in Würenlos.

Bisherige: Alain Cornuz, Präsident des Vereins Alterszentrum Würenlos, GL-Mitglied einer Grosshandelsfirma. – Jasmin Hotz, Juristin, Rechtsanwältin in grösserer Kanzlei, (fachliche Schwerpunkte u.a. Bau- und Planungsrecht, Vertragsrecht), Mitglied Baukommission Würenlos. – Matthias Rufer, Master in Geografie, Zusatzstudium in Raumplanung, Kadermitglied Carbura (Pflichtlager für Mineralölprodukte), Mitglied Planungskommission Würenlos, Präsident Musikgesellschaft Würenlos.

Neue: Tobias Gamisch, Bauingenieur, Doktorat an der ETH, aktuell tätig für SBB Infrastruktur als Bereichsleiter Kunstbauten, Naturrisiken, Bahnzugang und Gebäude der Region Mitte. – Dino Graf, Primarlehrer-Studium, seit langem in der AMAG Gruppe tätig, aktuell als «Head of Group Communication, Responsability and Brand Management», Mitglied der GL. – Stefan Isler, Ingenieur ETH. Nach langer Karriere bei Schindler Aufzüge ab 1. Juni 23 Senior Projektleiter und Mitglied der GL bei R&R Burger und Partner AG (Bauherrenberatung u. Unterstützung) –  Nico Kunz, Vizeammann, Kaufmann mit Studien in Verbands-/NPO- sowie Bildungsmanagement, VR-Präsident einer Familienfirma. (In einer 1. Fassung wurde Stefan Isler mit seinem Fast-Namensvetter Stephan Isler verwechselt. würenblicker bittet beide Genannten um Entschuldigung.)

Gesamtrevision Allgemeine Nutzungsplanung

Zuwarten heisst es auch bei diesem Geschäft, das die Gemeinde ebenfalls seit langem beschäftigt. Den Startschuss gab die Gemeindeversammlung im Dezember 2016. In einer Spezialkommission und in Arbeitsgruppen haben viele MitbürgerInnen daran mitgearbeitet. Vor einem Jahr hat das kantonale Baudepartement einen ersten Entwurf zur Nachbesserung retourniert. Anfang 2023 wurde ein überarbeiteter Entwurf in Aarau eingereicht. «Wir gehen davon aus, dass die Vorprüfung durch den Kanton Mitte des Jahres abgeschlossen sein wird und die Gesamtrevision gutgeheissen wird», sagte Consuelo Senn.

Wäre dem so, könnte im August oder September das Planungspaket an einer öffentlichen Informationsveranstaltung präsentiert und etwa bis Oktober öffentlich aufgelegt werden. Direkt oder indirekt Betroffene haben dann die Möglichkeit zu Einwendungen. Diese müssen zuerst erledigt werden, bevor die Gemeindeversammlung abschliessend entscheiden kann. 2024 könnte es soweit sein – ob an der Sommer- oder an der Winterversammlung liess Senn offen. Sollte der Kanton die revidierte Nutzungsplanung 2025 in Kraft setzen, hätte der Marathon gut drei Jahre länger gedauert als ursprünglich vorgesehen (Corona-Erschwernisse inbegriffen).

Ein Fernwärmenetz für Würenlos?

Seit Anfang Jahr prüft eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Würenloser Behörden, der Bauverwaltung, der TBW und der Regionalwerke Baden, ob ein lokales Fernwärmenetz, an dem öffentliche und private Gebäude angeschlossen werden könnten, sinnvoll wäre. Anlass dazu gab laut Gemeindeammann Toni Möckel, dass die Ölheizungen der Schulanlagen, des Gemeindehauses und der Mehrzweckhalle ohnehin ersetzt werden müssen. Laut Möckel sind nun erste Planungsgrundlagen zwar erarbeitet, aber viele Fragen sind noch völlig offen.

Als Wärmequelle in Frage kommen: 1. die Kehrichtverbrennungsanlage Limeco in Dietikon. 2. eine eigene Heizzentrale (mit Grundwasser-Wärmepumpe oder Pellet- bzw. Holzschnitzelfeuerung). 3. das Biomasse-Kraftwerk in Otelfingen. Irgendwelche Zusicherungen oder Vorverträge liegen nicht vor.

Der Netzperimeter (Versorgungsgebiet) ist abhängig von der gewählten Wärmequelle. Limeco  liefert Fernwärme bereits bis nach Killwangen. Somit würde das Würenloser Netz von der Limmatbrücke über die Altwiesenstrasse und den Raiffeisenkeisel bis zum Schulareal gebaut mit möglichem Abstecher ins Dorfzentrum links und rechts der Landstrasse (Alterszentrum!). Entschiede man sich für eine eigene Zentrale bei der Mehrzweckhalle, so hätten die Gebiete rund um diese Priorität. Bei einem Anschluss ans Biomassenkraftwerk Otelfingen wäre eine lange, (zu) teure Zuleitung erforderlich, bis in Würenlos Liegenschaften mit mutmasslich grossem Fernwärmebedarf erschlossen wären.

Betriebsorganisation: Unklar ist, ob die Gemeinde bzw. die TBW das Fernwärmenetz selber oder zusammen mit einem Partner (z.B. Regionalwerke Baden) betreiben würden oder ob der gesamte Betrieb an Dritte übertragen würde (Contracting).

Ein Netz wird viel kosten. Entscheidend wird letztlich sein, dass die Wärme nicht teurer wird als aus anderen alternative Heizsysteme. Mitentscheiden können die Stimmberechtigten jedenfalls. Schon mit dem Budget 2024, so Möckel, könnte der Gemeindeversammlung ein erster Kreditantrag unterbreitet werden.

Referendum zustande gekommen – aber wird Abstimmung zur Farce?

Vor dem Gang zum Gemeindehaus am 11. Januar: Steven Schraner (links) und Roby Blarer vom Referendumskomitee
präsentieren die Schachtel mit den 529 Unterschriften auf 188 Bögen. (Bild würenblicker)

Ob der Alterszentrum Würenlos AG (AZ AG) eine weitere Kredittranche von 250 000 Franken ausbezahlt wird, damit sie die Baubewilligung für ihr Projekt Margerite auf dem Rechtsweg erstreiten kann, darüber werden die Würenloser Stimmberechtigten wohl an der Urne entscheiden. Gegen den Beschluss der Gemeindeversammlung im Dezember, das Geld auszuzahlen, war das Referendum ergriffen worden. Nun sind fristgerecht die Referendumsbögen mit 529 Unterschriften (nötig wären 432) auf der Gemeindekanzlei eingereicht worden. Ob das Referendum sein wahres Ziel, einen sofortigen planerischen Neustart fürs Alterszentrum, erreichen kann, ist fraglich. Die AZ AG will an ihrem Projekt auch bei einem Nein an der Urne festhalten. Droht ein lokalpolitischer Riesen-Knatsch?

Ein achtköpfiges Komitee hat das Referendum ohne Unterstützung einer Ortspartei lanciert. Dank vorausschauendem Agieren, Einsatz und Erfahrung hat es über die Weihnachts- und Neujahrstage, an denen erfahrungsgemäss viele WürenloserInnen ortsabwesend sind, rund ein Fünftel mehr als die nötigen Unterschriften zusammengebracht. Bestätigt sich bei der amtlichen Unterschriftenkontrolle das Zustandekommen des Referendums, so wird der Gemeinderat einen Abstimmungstermin festsetzen müssen. Da die nächsten Volksabstimmungen in Bund und Kanton erst am 18. Juni stattfinden wird gemäss neuesten Infos aus dem Gemeindehaus eine separate Gemeindeabstimmung stattfinden (wie jüngst für den 2. Wahlgang Stimmenzählerin-Stv..). Wahrscheinlicher Termin: 12. März.  

In der Gemeindeabstimmung geht es vordergründig nur um die Zahlung von einer Viertelmillion Franken aus einem 2016 beschlossenen Rahmenkredit an die nun insolvent gewordene AZ AG (zur Vorgeschichte hier und hier). Der Rahmenkredit hatte die Gemeindeversammlung 2016 beschlossen, gleichzeitig mit dem Okay zur Gründung der  AZ AG. Doch dem Referendumkomitee geht es nicht um den Betrag an sich. Wie aus dem Begleittext auf dem Referendumsbogen hervorgeht, wollen das Komitee und vermutlich eine Grosszahl der Unterzeichnenden verhindern, dass in einem Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang um das Projekt Margerite wertvolle Zeit und Geld verloren geht. Es gelte jetzt, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen und das Geld in eine «baubare», sprich auch der kantonalen Denkmalpflege genehme Lösung zu investieren.

Für Toni Möckel, Verwaltungsratspräsident der AZ AG und darum in Sachen Alterszentrum als Gemeindeammann offiziell im Dauerausstand, würde ein Nein an der Urne keineswegs bedeuten, dass das Projekt Margerite gestorben wäre. Im «Badener Tagblatt» vom 23. Dezember hat er sich weit aus dem Fenster gelehnt und für den Fall eines Nein an der Urne erklärt: «Die Alterszentrum Würenlos AG würde zwar zahlungsunfähig werden. Das Projekt für das Alterszentrum würden wir aber nicht fallen lassen.» Möckel zufolge könnte der Gemeinderat einen Notkredit für die Fortsetzung des Verfahrens sprechen. Schliesslich gehöre die AG zu 100% der Einwohnergemeinde, Bauherrschaft sei letztlich die Gemeinde. Mit der Zustimmung zum Baurechtsvertrag mit der AZ AG Ende 2020 habe das Volk überdies «klar ausgedrückt, dass es das Projekt auf den Parzellen entlang des Furtbachs wolle.

Ob der von Toni Möckel erwogene Weg juristisch «verhebed», falls die Freigabe der Kredittranche von CHF 250 000 verweigert wird? Möckels vom BT zitierte Aussage, es gebe noch andere Möglichkeiten als die verweigerte Kredittranche, damit die AZ AG nicht Konkurs gehen müsse und ihren Rechtsstreit um die Baubewilligung fortsetzen könne, mag juristisch zumindest teilweise zutreffen. Eine gemeinnützige AG  wie die AZ AG ist – auch wenn sie zu 100% einer Einwohnergemeinde gehört – eine Gesellschaft privaten Rechts und und nicht direkt an basisdemokratische Entscheide gebunden.

Aber was ihr Eigenkapital betrifft, ist die AZ AG eben vollumfänglich von der Einwohnergemeinde abhängig und diese ist wiederum an politische Regeln gebunden. Grundsätzlich stehen einer AG verschiedene Möglichkeiten offen, um bei einer Unterbilanz oder gar Überschuldung den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Doch bei der AZ AG dürfen etwa keine weiteren Geldgeber Aktionäre werden, weil vor der Gründung der AZ AG uns Stimmberechtigten hoch und heilig versprochen wurde, die AG bleibe zu 100% im Gemeindeeigentum. Und könnte ein vom Gemeinderat gesprochener Notkredit das Problem des fehlenden Eigenkapital tatsächlich lösen, wenn der Souverän zuvor die Auszahlung aus einem (bewilligten) Rahmenkredit verweigert hat?

Wozu überhaupt, frage ich mich doch da als Stimmberechtigte(r), soll ich über einzelne Auszahlungstranchen des Rahmenkredits entscheiden, wenn der Gemeinderat nach einem ihm nicht passenden Volksentscheid doch machen kann, was er will? Was wäre das für eine politische Farce! Ich käme mir echt beschissen vor.

Die kommende Referendumsabstimmung hat jedenfalls das Potential zu einer der brisantesten Episoden in der «never ending story» Alterszentrum zu werden.
(Text aktualisiert am 11.1., 21.45)