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Warum auch einfach, wenn es kompliziert geht?

Arbeiten und die Kinder in der Kita betreuen lassen, ist auch für Mittelstandsfamilien oft eine Kostenfrage. Bild freepic

Die Gemeindeversammlung vom 5. Dezember entscheidet darüber, ob Würenlos die Bemessungsmethode ändern soll für Gemeindebeiträge an Eltern oder Alleinerziehende, welche Kinder in der Kita betreuen lassen. Ziel ist offenbar, auf Kosten von Familien einige zehntausend Franken einzusparen. Doch der Methodenwechsel ist schwach begründet. 

Gut 50 Elternpaare oder Alleinerziehende mit 80 Kindern erhalten in Würenlos Gemeindebeiträge an die von ihnen zu tragenden Kosten der familienergänzenden Kinderbetreuung. Zur Bemessung dieser Beiträge wird auf das steuerbare Einkommen und Vermögen gemäss letzter rechtskräftiger Steuerveranlagung abgestellt. Diese Berechnungsmethode ist gemäss Traktandenbericht des Gemeinderates «klar und einfach und der Aufwand für die Verwaltung so gering wie nur möglich». Rechtsgrundlage ist das Elternbeitragsreglement, dieses habe sich «bisher  in der Anwendung bzw. Umsetzung weitgehend bewährt» – Was will man mehr als eine bewährte schlanke Lösung ohne aufgeblähte Bürokratie? Warum soll das Elternbeitragsreglement partout geändert werden?

Weil die Finanzkommission seit Jahren darauf drängt. Sie will zur Berechnungsmethode wechseln, die auch bei der Bemessung der Krankenkassenverbilligungen und in vielen anderen Gemeinden angewandt wird. Besser muss sie darum nicht sein. Sie ist kompliziert und für Nicht-Fachleute kaum durchschaubar. Ihr Hauptziel scheint darin zu bestehen, ein paar Fränkli zu sparen (bei den Elternbeiträgen ist für Würenlos von CHF 60’000 bis 75’000 pro Jahr die Rede) – wenn diese Fränkli denn nicht vom bürokratischen Mehraufwand (laut Gemeindeammann Möckel etwa 15 Stellenprozente) aufgefressen werden.

Was zum steuerbaren Einkommen aufgerechnet werden soll.

  • Abzüge der Kosten für Liegenschaftsunterhalt, soweit sie den Pauschalabzug übersteigen;
  • Abzüge für Einkäufe in die Pensionskasse und Beiträge an die 3. Säule;
  • Abzüge für wohltätige Spenden;
  • Abzüge für Zuwendungen an politische Parteien;
  • Abzüge für Verluste früherer Geschäftsjahre bei Selbständigerwerbenden.

«Grosszügigerweise» wird bei den Betreuungsbeiträgen auf das Aufrechnen der Krankenkassenverbilligung an das steuerbare Einkommen verzichtet.

An der Info-Veranstaltung des Gemeinderates sagte Toni Möckel, es gelte vor allem, Fehlanreize zu vermeiden. Welche Fehlanreize denn? Im Traktandenbericht steht dazu, es solle mit der  Aufrechnung von steuerlichen Abzügen (siehe roter Text oben) vermieden werden, dass Gesuchstellende, die durch andere Abzüge bereits steuerlich profitieren, «zusätzlich auch bei den Gemeindebeiträgen an die familienergänzende Kinderbetreuung profitieren.»

Wie wenn da eine mit dem anderen etwas zu tun hätte. Mit leuchtet nicht ein, weshalb eine Familie mittleren Einkommens mit höheren Kitataxen bestraft werden soll, wenn sie ihr baufälliges Eigenheim mit einer Investition, die den Pauschalabzug übersteigt, renoviert. Oder weshalb diese Familie abzustrafen ist, wenn sie Beiträge an die 3. Säule bezahlt, um später einmal der Armutsfalle Pflegeheim zu entgehen. Und wie kleinkariert ist erst die Aufrechnung von wohltätigen Spenden! 

Die Schweiz ächzt unter dem Fachkräftemangel. Überall fehlts an gut ausgebildetem Personal. An Schulen, in Spitälern, Dienstleistungs- und Produktionsbetrieben. Wie paradox und von gestern ist da eine Bemessungsmethode, welche junge Mütter (oder Väter) eher von Erwerbsarbeit  fern hält statt sie dazu zu ermuntern. Längst ist erwiesen, dass schon bei einem mittleren Familieneinkommen für den zweitverdienenden Elternteil sich die Erwerbsarbeit ab einem 40-50%-Pensum nicht mehr lohnt, wenn die Familie auf Kitabetreuung angewiesen ist. Die Kita-Kosten und die höheren Steuern fressen das zusätzliche Einkommen auf.

Durch die Politlandschaft geistern die unterschiedlichsten Rezepte, wie der Fachkräftemangel zu entschärfen sei. Eines der klügsten Rezepte ist, das in der Schweiz bereits ansässige Reservoir an qualifizierten Arbeitskräften voll auszuschöpfen. Dazu gehören auch Anreize, damit Mütter mit Kindern, höhere Arbeitspensen übernehmen bzw. wieder ins Erwerbsleben zu treten, solange ihre Kenntnisse noch up-to-date sind.  

Im vergangenen März hat der Nationalrat eine parlamentarischen Initiative gutgeheissen, wonach der Bund künftig verpflichtet wäre, bis zu 20 Prozent der Elternbeiträge an Kindertagesstätten zu übernehmen. Das will die  zuständige Ständeratskommission nicht und favorisiert stattdessen einen Vorschlag,  wonach die Arbeitgeber zu höheren Familienzulagen verpflichtet werden sollen. Für alliance f, die überparteiliche Dachorganisationen von rund 100 Frauenverbänden in der Schweiz,  brächte dieser Vorschlag  den Familien kaum etwas, würde aber die Arbeitgeber viel kosten. 

alliance f bevorzugt die stärkere Verbilligung der familienergänzenden Kinderbetreuung. Umso mehr, als diese unter dem Strich für den Staat sehr preiswert ist. Es gibt darüber mehrere Studien. (mehr darüber). Sie kommen zum Schluss, dass jeder investierte Franken in Form von höheren Steuererträgen usw. wieder zurückkomme. Ergänzung vom 2. Dez. 2023: An der vom Krippenpool Baden, Wettingen, Ennetbaden und Obersiggenthal beim Berner Institut BASS bestellte Studie wurde etwa  die Berechnungsart des gesellschaftliche Nutzens von staatlich geförderten Kitas  in Franken und Rappen, aber die Grundaussage  wurde nicht widerlegt. Und seit Erscheinen dieser Studien vor etlichen Jahren dürfte die Kinderbetreuung in einer Kita noch massiv an volkswirtschaftlicher Bedeutung gewonnen haben. 

Meiner Meinung nach täte Würenlos gut daran, bei der bisherigen Beitragsbemessung zu bleiben. Die These, diese Bemessungsmethode schaffe Fehlanreize, könnte rasch in sich zusammenfallen, sollten dank verbilligter Betreuungstaxen auch nur einige Dutzend Elternteile zusätzlich in qualifizierten Berufen erwerbstätig werden oder mit höheren Arbeitspensen arbeiten. Die steigenden  Familieneinkommen würden der Gemeinde (und dem Kanton) zu höheren Steuereinnahmen verhelfen. Eine win-win-Situation.

Musikalische Förderung und Künstlerpech

Die Musikschule soll für die Eltern etwas teurer werden. Am 8. Dezember befindet die Gemeindeversammlung über ein neues Reglement für die Musikschule. Und der Bau des neuen Sportplatzes im Tägerhard ist vorübergehend eingestellt. 

Die angespannte Finanzlage der Gemeinde hat vor zwei Jahren auch die Musikschule Würenlos stärker in den Fokus der Sparbemühungen gerückt. Nicht ohne Grund. Ein Vergleich mit anderen Gemeinden zeigt: Würenlos gibt vergleichsweise viel Geld für die musikalische Förderung seiner Jugend aus. Diesen Befund bestätigt nun der Gemeinderat im Traktandenbericht zur Gesamtrevision des Musikschul-Reglements.

Die wichtigste Änderung: Die Elternbeiträge werden neu berechnet und erhöhen sich darum. Eine 25-Minuten-Einzellektion wird laut Gemeinderat um 40 Franken pro Semester teurer, längere Lektionen verteuern sich entsprechend. Neu bezahlen die Eltern nicht mehr 40 Prozent der Bruttolohnsumme der Musiklehrer, sondern 40 Prozent der Gesamtkosten der Musikschule. Sie leisten also etwa auch einen Beitrag an die Leitung und Administration  (2016 sind allein dafür rund 72 000 Franken budgetiert). 60 Prozent der Gesamtkosten trägt weiterhin die Gemeinde.

Laut Gemeinderat entlasten  die Elternbeiträge dank der Neuberechnung das Gemeindebudget umrund 25 000 Franken  pro Jahr,  Im Voranschlag  fürs nächste Jahr wird mit Gesamtkosten für die Musikschule von rund 709 000 Franken und Einnahmen (Elternbeiträge) von 264 000 Franken gerechnet – von der Gemeinde zu deckender Beitrag also 445 000 Franken. 2015 zahlte die Einwohnergemeinde an die Musikschule 465 500 Franken.

Der mit der Neuregelung erzielte Spareffekt ist relativ gering, einigen Kritikern mag er zu gering erscheinen. Allerdings sind die Elternbeiträge an den freiwilligen Musikunterricht in Würenlos heute schon höher als in den meisten Nachbargemeinden (z.B. Spreitenbach, Killwangen, Bergdietikon und Wettingen). Der Gemeinderat erachtet die Erhöhung der Elternbeiträge gleichwohl als «zumutbar». Dem ist wohl so. An den Rabatten für finanzschwächere Eltern und solche mit mehreren Musikschülern wird nicht gerüttelt. Polemisch liesse sich auch sagen, es läge auch noch ein höherer Elternbeitrag drin – zumindest kommt man auf diesen Gedanken, wenn man sieht, welche Unmengen von Süssigkeiten jeweils nach Schulschluss von Schulkindern im Volg-Laden erstanden werden oder wenn man sieht, welche Spielzeugberge sich in Würenloser Gärten und Wohnungen türmen…

Die im Vergleich zu anderen Gemeinden hohen Kosten der Musikschule Würenlos haben laut Gemeinderat übrigens zwei Hauptgründe: Einerseits der im Verhältnis zur Bevölkerung hohe Anteil an schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen und zweitens die Beliebtheit und Attraktivität unserer Musikschule: Von 7 Schulkindern nutzen 3 deren Angebot.

Von der Kunstförderung zum Künstlerpech. Zu den Würenloser Vorhaben, die aufs Pech abonniert sind, gehört zweifellos der neue Sportplatz. Die Erdarbeiten am künftigen Rasenspielfeld im Tägerhard sind vorübergehend eingestellt, weil der Baugrund (eine aufgefüllte Kiesgrube) doch weniger tragfähig ist als erwartet. Periodische Setzungsmessungen, die seit längerem auf dem Areal vorgenommen worden sind,  hätten keine Hinweise auf die jetzigen Probleme geliefert, so der Gemeinderat. Mag sein. Unschön ist aber bestimmt, dass im Verpflichtungskredit, welcher der Gemeindeversammlung vor einem Jahr unterbreitet worden ist, praktisch keine Reserven für Unvorhergesehenes enthält (vergleiche Blog vom 28.10.15). Man wollte eben den Kredit möglichst tief halten, nachdem 2014 schon ein Projektierungskredit am Referendum gescheitert war. Kreditkosmetik also, wie sie sich bei Politikern grosser Beliebtheit erfreut. Da kann man nur hoffen, dass jetzt nicht Massnahmen zur Bodenstabilisierung in einem Umfang nötig sind, die den bewilligten Kreditrahmen beträchtlich sprengen.

Zum Schluss noch dies:: Die im vorletzten Blog vorgestellte Broschüre mit den Lebenserinnerungen des bald 91-jährigen Würenlosers Franz Notter ist erhältlich am Würenloser Christchindlimärt vom 26. November und zwar am Stand von drüArt (Petra Burkart und Claudia Kaiser mit ihren lustigen Holzspruchtäfeli) sowie am Würenloser Träff 55 plus vom Montag, 28. November, 14.30 Uhr in der Alten Kirche. Preis: 12 Franken.