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Referendum zustande gekommen – aber wird Abstimmung zur Farce?

Vor dem Gang zum Gemeindehaus am 11. Januar: Steven Schraner (links) und Roby Blarer vom Referendumskomitee
präsentieren die Schachtel mit den 529 Unterschriften auf 188 Bögen. (Bild würenblicker)

Ob der Alterszentrum Würenlos AG (AZ AG) eine weitere Kredittranche von 250 000 Franken ausbezahlt wird, damit sie die Baubewilligung für ihr Projekt Margerite auf dem Rechtsweg erstreiten kann, darüber werden die Würenloser Stimmberechtigten wohl an der Urne entscheiden. Gegen den Beschluss der Gemeindeversammlung im Dezember, das Geld auszuzahlen, war das Referendum ergriffen worden. Nun sind fristgerecht die Referendumsbögen mit 529 Unterschriften (nötig wären 432) auf der Gemeindekanzlei eingereicht worden. Ob das Referendum sein wahres Ziel, einen sofortigen planerischen Neustart fürs Alterszentrum, erreichen kann, ist fraglich. Die AZ AG will an ihrem Projekt auch bei einem Nein an der Urne festhalten. Droht ein lokalpolitischer Riesen-Knatsch?

Ein achtköpfiges Komitee hat das Referendum ohne Unterstützung einer Ortspartei lanciert. Dank vorausschauendem Agieren, Einsatz und Erfahrung hat es über die Weihnachts- und Neujahrstage, an denen erfahrungsgemäss viele WürenloserInnen ortsabwesend sind, rund ein Fünftel mehr als die nötigen Unterschriften zusammengebracht. Bestätigt sich bei der amtlichen Unterschriftenkontrolle das Zustandekommen des Referendums, so wird der Gemeinderat einen Abstimmungstermin festsetzen müssen. Da die nächsten Volksabstimmungen in Bund und Kanton erst am 18. Juni stattfinden wird gemäss neuesten Infos aus dem Gemeindehaus eine separate Gemeindeabstimmung stattfinden (wie jüngst für den 2. Wahlgang Stimmenzählerin-Stv..). Wahrscheinlicher Termin: 12. März.  

In der Gemeindeabstimmung geht es vordergründig nur um die Zahlung von einer Viertelmillion Franken aus einem 2016 beschlossenen Rahmenkredit an die nun insolvent gewordene AZ AG (zur Vorgeschichte hier und hier). Der Rahmenkredit hatte die Gemeindeversammlung 2016 beschlossen, gleichzeitig mit dem Okay zur Gründung der  AZ AG. Doch dem Referendumkomitee geht es nicht um den Betrag an sich. Wie aus dem Begleittext auf dem Referendumsbogen hervorgeht, wollen das Komitee und vermutlich eine Grosszahl der Unterzeichnenden verhindern, dass in einem Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang um das Projekt Margerite wertvolle Zeit und Geld verloren geht. Es gelte jetzt, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen und das Geld in eine «baubare», sprich auch der kantonalen Denkmalpflege genehme Lösung zu investieren.

Für Toni Möckel, Verwaltungsratspräsident der AZ AG und darum in Sachen Alterszentrum als Gemeindeammann offiziell im Dauerausstand, würde ein Nein an der Urne keineswegs bedeuten, dass das Projekt Margerite gestorben wäre. Im «Badener Tagblatt» vom 23. Dezember hat er sich weit aus dem Fenster gelehnt und für den Fall eines Nein an der Urne erklärt: «Die Alterszentrum Würenlos AG würde zwar zahlungsunfähig werden. Das Projekt für das Alterszentrum würden wir aber nicht fallen lassen.» Möckel zufolge könnte der Gemeinderat einen Notkredit für die Fortsetzung des Verfahrens sprechen. Schliesslich gehöre die AG zu 100% der Einwohnergemeinde, Bauherrschaft sei letztlich die Gemeinde. Mit der Zustimmung zum Baurechtsvertrag mit der AZ AG Ende 2020 habe das Volk überdies «klar ausgedrückt, dass es das Projekt auf den Parzellen entlang des Furtbachs wolle.

Ob der von Toni Möckel erwogene Weg juristisch «verhebed», falls die Freigabe der Kredittranche von CHF 250 000 verweigert wird? Möckels vom BT zitierte Aussage, es gebe noch andere Möglichkeiten als die verweigerte Kredittranche, damit die AZ AG nicht Konkurs gehen müsse und ihren Rechtsstreit um die Baubewilligung fortsetzen könne, mag juristisch zumindest teilweise zutreffen. Eine gemeinnützige AG  wie die AZ AG ist – auch wenn sie zu 100% einer Einwohnergemeinde gehört – eine Gesellschaft privaten Rechts und und nicht direkt an basisdemokratische Entscheide gebunden.

Aber was ihr Eigenkapital betrifft, ist die AZ AG eben vollumfänglich von der Einwohnergemeinde abhängig und diese ist wiederum an politische Regeln gebunden. Grundsätzlich stehen einer AG verschiedene Möglichkeiten offen, um bei einer Unterbilanz oder gar Überschuldung den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Doch bei der AZ AG dürfen etwa keine weiteren Geldgeber Aktionäre werden, weil vor der Gründung der AZ AG uns Stimmberechtigten hoch und heilig versprochen wurde, die AG bleibe zu 100% im Gemeindeeigentum. Und könnte ein vom Gemeinderat gesprochener Notkredit das Problem des fehlenden Eigenkapital tatsächlich lösen, wenn der Souverän zuvor die Auszahlung aus einem (bewilligten) Rahmenkredit verweigert hat?

Wozu überhaupt, frage ich mich doch da als Stimmberechtigte(r), soll ich über einzelne Auszahlungstranchen des Rahmenkredits entscheiden, wenn der Gemeinderat nach einem ihm nicht passenden Volksentscheid doch machen kann, was er will? Was wäre das für eine politische Farce! Ich käme mir echt beschissen vor.

Die kommende Referendumsabstimmung hat jedenfalls das Potential zu einer der brisantesten Episoden in der «never ending story» Alterszentrum zu werden.
(Text aktualisiert am 11.1., 21.45)

Wahlspekulationen: Wer wird der oder die Fünfte?

Vier von fünf Gemeinderäten stellen sich im Herbst erneut zur Wahl. Wer wird den
freiwerdenden Sitz von Markus Hugi (FDP) besetzen? (Foto: Homepage Gemeinde)

Gemeinderat Markus Hugi (FDP) tritt auf Ende der Amtsperiode, also Ende 2021, zurück.Es treten nochmals an: Gemeindeammann Toni Möckel (parteilos), Barbara Gerster Rytz (CVP), Vizeammann Nico Kunz 8 (FDP) und Lukas Wopmann (bisher BDP). Sofern Bisherige nicht noch beim Klauen silberner Löffel im Gemeinderatszimmer ertappt werden, darf von ihrer Wiederwahl ausgegangen werden. Somit ist also bei den Wahlen im September ein Sitz neu zu vergeben. Dazu einige kühne Spekulationen, bevor sich das Karussel mit Kandidaten und Kandidatinnen ernsthaft zu drehen beginnt.

Die FDP müsste eigentlich alles daran setzen, ihren zweiten Sitz zu verteidigen. Nur mit wem? In jüngerer Zeit hat sich kaum jemand aus ihren Reihen ins lokalpolitische Rampenlicht geschoben. Unter den bisherigen FDP-Amtsträgern käme wohl vor allem Markus Städler in Frage. Der 39-jährige Unternehmer sitzt seit 2017 in der Finanzkommission.

Seit dem Ausscheiden des ehemaligen Gemeindeammanns Hans Ueli Reber, der nach geschaffter Wiederwahl zur SVP gewechselt hatte, ist die wählerstärkste Ortspartei nicht mehr im Gemeinderat vertreten. Ihre beiden Aushängeschilder haben beide schon mal erfolglos als Gemeinderäte kandidiert – Ortsparteipräsident Thomas Zollinger 2015 und sein Vize Pascal Pfeffer 2017. Nimmt einer von beiden einen neuen Anlauf. Oder holt eine neue Kraft der SVP die Kohlen aus dem Feuer?

Zu nennen wären da etwa Martin Rellstab. Für die SVP kandidierte er 2017 als Mitglied der  Finanzkommission und nun am 7. März als Friedensrichter. Beide Male erfolglos. In der Friedensrichterwahl ist er zwar der Wettinger Grünliberalen Andrea Kleger unterlegen. In Würenlos aber hat er ein Drittel mehr Stimmen erzielt als sie. Im Wahlkampf unterstützte ihn Vizeammann und FDP-Vizepräsident Nico Kunz mit Leserbriefen. Ein Annäherungsversuch der FDP an diesen potentiellen Kandidaten, der als Flugkapitän wohl noch für einige Zeit über ausreichend Zeitressourcen verfügen dürfte.  

«Dank» Corona ihren Bekanntheitsgrad markant gesteigert haben die Würenloser Steven Schraner und Robert Blarer. Mit ihrer Online-Petition gegen die Schutzmaskenpflicht an Aargauer Primarschulen, die 3500 Personen unterzeichneten, haben sie für Aufsehen gesorgt. Sie sind politisch nicht leicht zu verorten, doch mit ihrem Gedankengut wären sie in der SVP kaum Aussenseiter. Und politische Schützenhilfe bekamen sie ja von zwei SVP-Grossrätinnen. Er überlege sich eine Kandidatur als Gemeinderat hat Anlageberater Schraner  gegenüber der AZ/Badener Tagblatt bereits erklärt. Wenn, dann dürfte sein Abschneiden wesentlich davon abhängen, wie sehr er mit seinem Masken-Anliegen in der Würenloser Wählerschaft gepunktet hat. 

Thematisch breiter profiliert hat sich Robert Blarer. Er ist auch bei der vom Natur-und Vogelschutzverein Würenlos lancierten Online-Petition gegen die Aushubdeponie im Steindler in Erscheinung getreten. Bei der Übergabe der auch in Würenlos erfolgreichen Petition trat Metallwaren-Unternehmer Blarer ziemlich überraschend, aber medienwirksam als Vertreter der Würenloser Unterzeichner vor die Kameras.

2017 hat die noch junge Gruppierung Initiative 5436 versucht, mit einer Frauenkandidatur einen Gemeinderatssitz zu ergattern. Ohne Erfolg. Probiert sie’s noch einmal? Nun, die Gruppierung hat politisch noch nicht richtig Tritt gefasst und Gelegenheiten verpasst, um sich als Alternative mit Profil und frischen Ideen zu empfehlen. Allerdings: der Gemeinderat wird ab 2022 Aufgaben der dann abgeschafften Schulpflege übernehmen. Da könnte Schulpflegerin Katrin Brunner, das einzige vom Volk gewählte Behördenmitglied der Initiative 5436, ihr schulisches Knowhow  im Gemeinderat einbringen. Ob noch weitere «arbeitslos» werdende Schulpflegemitglieder Lust auf eine Gemeinderatskandidatur haben, wird sich weisen.

Bleibt noch die Die Mitte, ex CVP. Obwohl sie in ihren Reihen durchaus valable Kandidatinnen und Kandidaten hätte, dürfte sie sich wohl mit dem Sitz von Barbara Gerster Rytz begnügen– und mit jenem von Lukas Wopmann, den sie dank Fusion mit der BDP quasi geschenkt bekommt. Falls Wopmann nicht in einer anderen Ortspartei oder als Parteiloser weitermacht.  («Wohin zieht es BDP-Gemeinderat Lukas Wopmann?» fragt die «Limmatwelle» in ihrer neuesten Ausgabe und sie hat mit dem Würenloser «Finanzminister» gesprochen. Ergänzung vom 1.4.)

Sollte sich diese Aufzählung von «Papabili» als völlig unvollständig oder als «voll daneben» herausstellen – umso besser. Die Lokalpolitik kann etwas Feuer vertragen, nach der schon lange anhaltenden Covid-19-Schläfrigkeit.

Thema in einer Woche: Warum allergrösste Skepsis angebracht ist, wenn Roland Kuster, der Präsident von BadenRegio und Wettinger Gemeindeammann, zur Deponie Steindler sagt: Im Verfahren nach dem Richtplaneintrag könnten «all die Fragen bezüglich Wirkung auf die Umwelt, verträgliche Ausgestaltung, harmonische Einbettung und so weiter beantwortet und verbindlich geregelt werden» (AZ/BT vom 26. März).