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Alterszentrum: Baugesuch abgewiesen, jetzt sind die Juristen dran

Der Gemeinderat hat das Baugesuch der Alterszentrum Würenlos AG für das Alterszentrum abgewiesen. Gezwungenermassen. Die Abteilung für Baubewilligungen beim kantonalen Departement für Bau, Verkehr und Umwelt verweigerte die Zustimmung zum Baugesuch. 

Eine aktuelle Informationstafel an der Ecke Rössligasse/Chileweg informiert über das nun auf der Zentrumswiese ausgesteckte Projekt für das Alterszentrum.
Bauprofile und Informationstafel für das Alterszentrum. Die Chancen, dass hier so gebaut
wird, wie die Profile zeigen, liegen bei knapp 50 %.

Es war kein Freudentag für all jene, die darauf hoffen, das Alterszentrum werde bald gebaut. Gemeinderat und Verwaltungsrat der Alterszentrum Würenlos AG (im folgenden AZ AG) orientierten am Dienstagabend über den aktuellen Stand der Dinge. Wie schon im letzten Sommer absehbar war, hat der Kanton die Ampel für die Erteilung der Baubewilligung durch den Gemeinderat auf Rot gestellt. Die kantonale Denkmalpflege (angesiedelt im Departement Bildung, Kultur und Sport) macht geltend, das Projekt Margerite auf dem Furtbach-seitigen Teil der Zentrumswiese beeinträchtige die Umgebung der kantonalen Schutzobjekte Alte Mühle und Kirchturm zu stark. Andere Dienstabteilungen des Kantons, die auch mitzureden haben, z.B. wegen des Furtbachs oder der Verkehrserschliessung, hatten gegen eine Baubewilligung nichts einzuwenden.

Am Info-Abend war zu erfahren, dass sich der Gemeinderat und der Verwaltungsrat der AZ AG an einer gemeinsamen Sitzung, moderiert durch eine Mediatorin, mit der entstandenen Situation auseinandergesetzt haben. Für das weitere Vorgehen sehen sie vier Optionen:  

  1. Beschwerde der AZ AG beim Regierungsrat gegen den Entscheid der Abteilung für Baubewilligungen.
  2. Neues Projekt auf der Zentrumswiese, aber an anderer Stelle (wie es die Denkmalpflege schon im Sommer empfahl).
  3. Neues Projekt an einem anderen Standort (z.B. Wiemel).
  4. Totalabbruch der Planung für ein Alterszentrum. 

Option 4 will will niemand. Die Optionen 1 – 3 sind alle mit erheblichen Risiken behaftet. Die AZ AG selbst schätzt ihre Chancen bei einem Weiterzug (Option 1) auf «knapp 50%»

Doch Gemeinderat und AZ AG mussten sich für das ihrer Meinung nach geringste Übel entscheiden: Die AZ AG wird den Rechtsweg beschreiten mit dem Ziel, dass der Regierungsrat oder wenn nötig später das Verwaltungsgericht oder erst das Bundesgericht den Weg frei macht zur Erteilung der Baubewilligung. Das ist mit erheblichen Kosten für Anwälte, Gerichts- und andere Gebühren verbunden und es dauert. Unterliegt die AZ AG in letzter Instanz, so ist man in 5, 6 Jahren gleich weit wie heute. 

Sollte aber die AZ AG beim Regierungsrat obsiegen, so machte Heinrich Nüssli als Sprecher von Einwendern am Info-Abend unmissverständlich klar, dass sie sich damit nicht abfinden und den Rechtsweg beschreiten würden.  (Folgen siehe letzter Absatz). Wortmeldungen aus dem Publikum machten deutlich, dass viele Würenloserinnen und Würenloser in ihrer Enttäuschung Mühe haben, sich damit abzufinden, dass sich der Kampf ums Alterszentrum nun definitiv auf die juristische Ebene verlagert hat. Mit emotionalen Argumenten, wie sie seit Jahrzehnten die Thematik belasten, ist nun kein Stich mehr zu holen. Und «Aarau» ist nicht an allem schuld.

Gemeinderat und AZ AG gaben sich verhalten selbstkritisch. Ihre vier wichtigsten Einsichten: Die Denkmalpflege sei nicht frühzeitig in den Planungsprozess eingebunden worden, im Spannungsfeld zwischen effizienten Betriebsabläufen im Alterszentrum und der denkmalpflegerischen Sichtweise sei keine befriedigende Lösung gefunden worden, der Planungsperimeter fürs Alterszentrum sei zu kleinflächig festgelegt worden und im Verwaltungsrat sei die Kostenkontrolle zu kurz gekommen, worauf der Bauherrenvertreter zu wenig darauf aufmerksam gemacht habe.

Es gibt im Planungsprozess mehrere solcher Episoden, die das Vertrauen der Würenloserinnen und Würenloser in die Alterszentrum-Planung nicht eben gefördert haben. Eine weitere, für das weitere Verfahren wohl belanglose Geschichte gab am Info-Abend zu reden. Die kantonale Denkmalpflege hat schon 2013 in einem Brief an die örtliche Ortsbildschutzkommission ein Überbauen der Zentrumswiese «grundsätzlich in Frage gestellt». Er habe diesen Brief nie gesehen, sagte Möckel erst. Nachdem Heinrich Nüssli sowie SVP-Vizepräsident Pascal Pfeffer belegen konnten, dass er und das VR-Mitglied Matthias Rufer seinerzeit sehr wohl eine Briefkopie erhalten hätten, bat Möckel um Verständnis für seine Erinnerungslücke. 

Eine wichtige Quelle allen Übels ist der Umstand, dass wegen des Alterszentrum bei der Entwicklung des Areals Zentrumswiese vom normalen Planungsablauf abgewichen wurde – wohl in der nichterfüllten Hoffnung, Zeit zu sparen. Ein Sondernutzungsplan für die gesamte Zentrumswiese, inklusive Post, Rössli und Zentrumsscheune wurde in Angriff genommen, aber dann nicht weiterverfolgt. Eine solche Sondernutzungsplanung (Gestaltungsplan, Erschliessungsplan) hätte denkmalpflegerische Aspekte früher in den Fokus gerückt und der Bevölkerung Gelegenheit geboten, über die Positionierung des Alterszentrums auf der Zentrumswiese mitzureden. 

Es war überraschend, dass der frühere Gemeindeammann Hans Ueli Reber  – wie zuvor schon Heinrich Nüssli von der Einwenderseite – dem Gemeinderat dringend empfahl, den schwierigen Weg über einen Sondernutzungsplan doch noch zu beschreiten. – Nicht auszuschliessen, dass ein zeitraubender Sondernutzungplan der Königsweg sein wird, irgendwann doch noch zu einem Alterszentrum auf der Zentrumswiese zu kommen.

In einer weiteren Folge wird sich würenblicker unter anderem mit den Organisationsstrukturen beim Alterszentrum Würenlos und mit der umstrittenen Doppelrolle von Toni Möckel als Gemeindeammann und VR-Präsident der AZ AG befassen.

Alterszentrum in bedrohlicher Schieflage

Dramatische Entwicklung beim Alterszentrum: Als der Gemeinderat am 10. Mai an seinem Informationsabend über den Stand des Vorhabens informierte, erweckte er den Anschein, zur Erteilung der Baubewilligung gelte es nur noch das längst fällige Okay des Kantons zum Projekt abzuwarten. Dabei wusste der Gemeinderat zu jenem Zeitpunkt seit über einem Monat, dass das Verfahren in Aarau sistiert ist. Denn die kantonale Denkmalpflege will das grosse Bauwerk auf jenem Teil der Zentrumswiese, auf dem es jetzt geplant ist, nicht zulassen.

Eine aktuelle Informationstafel an der Ecke Rössligasse/Chileweg informiert über das nun auf der Zentrumswiese ausgesteckte Projekt für das Alterszentrum.
Der geplante Standort fürs Alterszentrum passt der kantonalen Denkmalpflege ganz und gar nicht. Sie verlangt, dass das künftige Alterszentrum auf die vom Furtbach abgewandte Seite der Zentrumswiese verschoben wird.

Bevor der Gemeinderat über das Baugesuch der gemeindeeigenen Alterszentrum Würenlos AG entscheiden kann, braucht er grünes Licht von mehreren kantonalen Amtsstellen. Diese haben mitzureden, wenn es etwa um den Furtbach, die Verkehrserschliessung oder den Ortsbildschutz geht. Die Abteilung für Baubewilligungen beim kantonalen Departement Bau, Verkehr und Umwelt koordiniert und sammelt die Stellungnahmen der einzelnen Ämter und ist für den Gemeinderat der Ansprechpartner.

Nun liegt würenblicker ein Schreiben der Abteilung für Baubewilligungen an den Gemeinderat vom 25. April vor. Darin wird mitgeteilt, dass das Geschäft beim Kanton sistiert ist bis das Alterszentrum vom Furtbach weg verschoben sei. Die kantonale Denkmalpflege opponiert dem Bau am vorgesehenen Ort.

Im Schreiben mit dem harmlosen Titel «Unterlagenergänzung» folgt der Hammer am Schluss der 2 A4-Seiten füllenden Erwägungen: «Die Neubauten sind auf den nördlichen und/oder westlichen Arealteil zu konzentrieren.» Das ist exakt das, was die Einwender unter anderem fordern. Andere ihrer Argumente stehen dem Okay aus Aarau offenbar nicht im Wege. Für die Einwender ist der Brief aus Aarau trotzdem ein weiterer Teilerfolg. Sie sehen sich ihrem Ziel, das Alterszentrum auf der Zentrumswiese mindestens entlang dem Furtbach zu verhindern, wieder ein Stück näher. Und einige ihrer Exponenten fordern jetzt schon personelle Konsequenzen (Link zum nachfolgenden Gastkommentar).

Das Schreiben aus Aarau schliesst mit dem Satz: «Wir danken Ihnen für die umgehende Unterlagenergänzung, damit das Geschäft behandelt werden kann.» – «Umgehend» werden die Unterlagen wohl nicht ergänzt werden können. Das  aktuelle Projekt auf dem Computer huschhusch auf den nördlichen und westlichen Teil der Zentrumswiese zu verschieben, geht kaum. Dem steht die Geländebeschaffenheit entgegen. Aber auch der Zonenplan: Der neue Standort befände sich grösstenteils nicht mehr in der Zone für öffentliche Bauten, sondern in der Kernzone. In dieser sind so voluminöse Bauten wie die geplante nur möglich, wenn vorgängig ein Gestaltungsplan erstellt wird. Einen solchen gibt es nicht, die Erarbeitung dauert rasch einmal Jahre.

Dem Ziel, möglichst rasch zu einem Alterszentrum zu kommen, wurde insbesondere von der Alterszentrum Würenlos AG unter Leitung ihres VR-Präsidenten. Gemeindeammann Toni Möckel, und dem Lobbyverein Alterszentrum Würenlos alles andere untergeordnet. Und der Gemeinderat schaute zu. Von einem ursprünglich angekündigten Gestaltungsplan für die Zentrumswiese inklusive Rössli- und Postareal wurde sang- und klanglos abgesehen und stattdessen hurtig ein Studienwettbewerb nur fürs Alterszentrum ausgeschrieben: Siegerprojekt Margerite.  Bei dessen Bekanntgabe konnte nicht genug betont werden, Margerite haben eben gerade den Vorzug , dass nur Land in der Zone für öffentliche Bauten beansprucht und so ein Gestaltungsplan entbehrlich werde. 

Welche Ironie des Schicksals! Die Beschleunigung des Planungsprozesses kehrt sich spätestens jetzt ins Gegenteil. Das Alterszentrum verzögert sich weiter, ja droht gar zu scheitern. Denkmalpflegerische Aspekte wurden bei der Planung von Anfang an zu wenig beachtet. Dabei hatte die kantonale Denkmalpflege schon 2013 in einem Brief an den Gemeinderat die gleiche Haltung wie heute vertreten. Später kam ein vom Gemeinderat bestelltes Ortsbildgutachten zum Schluss, dass Margerite abgespeckt werden müsse, was dann auch erfolgte. Doch das genügte offenbar nicht. 

Hauptproblematik beim aktuellen-Projekt ist für die kantonale Denkmalpflege, «dass die vorgesehene Platzierung der Neubauten die Zentrumswiese in eine Restfläche nördlich des Rössliweges und in einen verhältnismässig schmalen Bereich entlang des Furtbach teilt.» Die Identität der historischen Zentrumswiese ändere sich dadurch «fundamental»: Der Furtbach wäre nicht mehr Teil der Zentrumswiese. Diese stelle aber seit je her das Vorfeld der Mühle, des Ortskerns jenseits am Furtbach und den darüber sich erhebenden Kirchenbauten samt dem einzigartigen Turm dar. Mühle wie Turm stehen unter kantonalem Schutz.

Ihren Entscheid stützt die kantonale Denkmalpflege ab auf das aargauische Kulturgesetz (samt Verordnung dazu). Demnach können Bauten in der Umgebung von unter Schutz gestellten Denkmälern untersagt werden, wenn sie ein Denkmal in seiner Wirkung beeinträchtigen. «In nicht ausreichendem Ausmass in die Planung eingeflossen» sind laut Denkmalpflege die Erkenntnisse des vom Gemeinderat beschlossenen und für ihn verbindlichen Masterplans Plus «Zentrum Würenlos» vom März 2019. Der weise explizit darauf hin, dass die Zentrumswiese mit dem Furtbach und dem historischen Ortskern mit Schutzobjekten räumlich-visuell verknüpft bleiben sollte.

Es ist zu vermuten, dass hinter den Kulissen bereits lobbyiert wird, damit die kantonale Denkmalpflege von ihrer Haltung abrückt. Doch auch wenn der Gemeinderat letztlich das Okay erhielte, die Baubewilligung zu erteilen, so wäre das Alterszentrum längst noch nicht gebaut. Für die Einwender im Baubewilligungsverfahren ist der Brief der Abteilung für Baubewilligungen allemal eine «Steilvorlage». Er erhöht ihre Chancen auf dem allenfalls zu beschreitenden Weg durch die Beschwerdeinstanzen markant.

Gemeinderat und Alterszentrum Würenlos AG wurden am Samstag, 4. Juni, 18 h, per Mail um Stellungnahmen zum Brief aus Aarau ersucht. Bis18. Juni, 18h, ist keine offizielle Reaktion erfolgt.

Anton Möckel steht in der Verantwortung (Gastkommentar)

Autor Heinrich Nüssli gehört zum Kreis der Einwender und wohnt an der Mühlegasse 15a

In einem ausführlich begründeten Schreiben vom 7.3.2013 an die Gemeinde Würenlos hatte die Kantonale Denkmalpflege erklärt, dass Würenlos im ISOS (Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz) als “regional bedeutend’ eingestuft wird und festgestellt: «Ein Überbauen der Zentrumswiese wird auf Grund der oben genannten Überlegungen grundsätzlich in Frage gestellt».

Am 11. Juni 2013 dann hat die Einwohnergemeindeversammlung beschlossen, die Zentrumswiese solle Standort des geplanten Alterszentrums sein. Schon bei der Präsentation des Projektes ‘Margerite’ war klar ersichtlich, dass das ausgewählte Projekt nicht erschlossen ist, diametral gegen den Masterplan PLUS verstösst und sich über das ISOS hinwegsetzt. Dies bei einem gemeindeeigenen Projekt, dem die Einhaltung der Planungsgrundsätze und der räumlichen Abstimmung speziell aufgegeben ist.

Mit Schreiben vom 25.4.2022 hat die kantonale ‘Abteilung für Baubewilligungen des Departement Bau, Verkehr und Umwelt’ das von der Alterszentrum Würenlos AG eingereichte Baugesuch mit detaillierten Begründungen und folgendem Fazit zurückgewiesen: «Das Gesuch kann in der vorliegenden Form noch nicht bewilligt werden. Die Neubauten sind auf den nördlichen und/oder westlichen Arealteil zu konzentrieren». Dies hiesse im Klartext ‘zurück auf Feld eins’. Die westlichen Parzellen der Zentrumswiese unterliegen der Gestaltungsplan-Pflicht. Zwar ist die kantonale Forderung noch nicht in Rechtskraft erwachsen. Sie zeigt jedoch mit aller Deutlichkeit auf, dass es für die Realisierung des Alterszentrums auf der Zentrumswiese zwingend einer Sondernutzungsplanung bedurft hätte, in der alle beteiligten Interessen umfassend gegeneinander hätten abgewogen werden können. Ein nicht ausgewogenes und überrissenes Maximalprojekt am falschen Ort kann auf der Zentrumswiese nicht funktionieren.

Auch in der Alterszentrum Würenlos AG ist der Verwaltungsrat gemäss Gesetz zur Führung der Geschäfte der Aktiengesellschaft verpflichtet und steht damit in der Verantwortung. In den vier Jahren seiner Tätigkeit versuchte der Verwaltungsrat unter Präsident Anton Möckel stur und unverantwortlich, ein nicht bewilligungsfähiges Bauvorhaben durch alle Instanzen zu boxen. Resultat: Bruchlandung und die Vernichtung von geschätzten CHF 2 Millionen Steuergeldern.

Anton Möckel muss als Verwaltungsratspräsident die Verantwortung übernehmen und folglich zurückzutreten. Die Gemeinde Würenlos als Aktionär der Alterszentrum Würenlos AG sollte eine Verantwortungsklage gegenüber dem Verwaltungsrat wegen fahrlässiger Pflichtverletzung prüfen.

Weshalb wird nicht eine aussenstehende Unternehmung ohne Interessenkonflikte mit Entwicklung, Realisierung und Betrieb des gewünschten Alterszentrums beauftragt? Es gehört nicht zu den Kernaufgaben des Würenloser Gemeinderates, sich als Immobilienentwickler eines Alterszentrums zu versuchen.