Die Party ist vorbei, jetzt muss der Gürtel enger geschnallt werden – so der häufige Tenor auf die gegenwärtige Finanzmisere in Würenlos. Aber hallo! Wo fand hier eine Party statt, habe ich vielleicht etwas verpasst? Lebe ich etwa in einer Gemeinde, die das Geld korbweise aus dem Fenster geworfen hat?
Auch ich kann Ausgaben aufzählen, die ich überflüssig fand, den Kreisel Steinbruch etwa. Und in den Sand gesetzt haben wir auch viele Franken mit allerlei Planungen, wobei ich Planungen an sich durchaus okay finde. Nur sollte man dann halt auch den Mut und den Willen haben, das Geplante umzusetzen und es nicht beim erstbesten Gegenwindchen über den Haufen werfen.
Wir hätten uns halt viel zu viel geleistet, hört man. Ja, was denn? Ein schönes Alterszentrum? Grossartige Fussballplätze? Einen zweckmässigen Werkhof? Ein Dorfzentrum, das eher zum Verweilen als zum Parkieren und Durchfahren einlädt? Eine öffentliche Bibliothek gar? Fehlanzeige über Fehlanzeige! Wir leisten uns bestenfalls eine Infrastruktur, die für Gemeinden dieser Grösse schlicht Standard ist. Luxus sieht anders aus. Die Party wird anderswo gefeiert.
Luxusausgaben und Leerläufe waren es wohl kaum, die uns in die finanzielle Finsternis geführt haben. Der absolut grösste Schuldentreiber ist doch das ausser Rand und Band geratene Wachstum, verbunden mit dem entstandenen Bevölkerungsmix. In nur 10 Jahren wuchs Würenlos um rund 1000 Menschen oder ein Fünftel. Das ist 1,5 mal Hüttikon. Wir sind sehr attraktiv für junge Familien – schön, aber ein finanzpolitischer Alptraum. Ja, wer glaubt denn, ein solches Wachstum sei zum Nulltarif zu haben?
Ein Vergleich: Das fast gleich grosse und auch sonst gut mit Würenlos vergleichbare Küttigen bei Aarau (bisher fast gleicher Steuerfuss, Bezirksschule in der Nachbargemeinde, eigenes Schwimmbad, Fussballplatz) hat ein ebenso grosses Wachstum hinter sich wie Würenlos, aber 109 Schüler weniger. Rechne!
Wenn ich richtig zusammengezählt habe, so mussten wir in grössere schulische Bauten (inkl. 30% der Erweiterungskosten Mehrzweckhalle und Kindergärten) in den vergangenen fünf Jahren rund 12,5 Millionen Franken investieren. Ausgaben, deren Notwendigkeit im Ernst nicht bestritten werden kann, die aber in einer ersten Phase zwangsläufig zum Ansteigen der Schulden führen mussten. In einer zweiten Phase müssten nun die Investitionen gedrosselt und die Schulden abgebaut werden. Doch nun erkennen wir, dass diese Phase 2 so schnell nicht kommen wird.
Der weiter anhaltende Wachstumskurs ist vor Jahren mit übermässigen, unüberlegten Bauland-Einzonungen eingeschlagen worden. Wenn es eine Wachstumsstrategie war und nicht bloss ein „Wer wird Millionär?“-Spielchen der Landbesitzer, so ist sie glorios gescheitert. Die Ausgaben fürs Wachstum übersteigen die Einnahmen daraus. Statt mehr gute Steuerzahler haben wir mehr schlechtere. Und auch das wird sich so rasch wohl nicht ändern lassen.
Sorgen darüber hat man sich allzu lange kaum gemacht. Spätestens der Finanzplan von 2008 (Voranschlag 2009 mit Finanzplan) sagte ein starkes Schuldenwachstum für die jetzigen Jahre voraus. Den Steuerfuss hat man aber erst 2011 und – wie wir jetzt wissen – zu zaghaft angehoben. Viele, die nun mahnen, Würenlos dürfe nächsten Generationen keinen so hohen Schuldenberg hinterlassen, blieben damals still wie Furtbachforellen. Gilt ihre Sorge vielleicht gar nicht so den Kindern und Enkeln, sondern ihrer nächsten Steuerrechnung? Und sie feiern Party – im privaten Keller halt? Das nennt man wohl entsolidarisierte Gesellschaft.
Hört man sich um, so sind jetzt unterschiedlichste Patentrezepte zu hören: „Die Landreserven rasch möglichst verkaufen und die Schulden sind auf einen Schlag weg“ – ja schon, aber weg ist dann auch das Tafelsilber und die Bevölkerungsexplosion wird noch angeheizt. „Die Steuern auf mehr als 109 Prozent erhöhen“ – aber werden wir dann für gute Steuerzahler nicht gänzlich unattraktiv? „Die Gemeindeverwaltung ausmisten“ – aber werden wir nachher effizienter verwaltet?
Und vor allem immer wieder: „den Gürtel enger schnallen“. Sparen ist gut, denken aber noch besser. Gutes Sparen in einer extremen Wachstumsphase ist schwierig und mit einer Gemeindeversammlung noch schwieriger. Wir haben kein Parlament, das in vielstündigen Debatten ein wohl austariertes Sparpaket schnüren könnte. Das Sparen lässt sich auch nicht einfach an den Gemeinderat delegieren. Zwar vermissen viele bei ihm einen klaren Kurs und konkretere Vorschläge, wohin die Reise konkret gehen soll. Aber das letzte Wort haben wir Bürgerinnen und Bürger. In erster Linie müssen wir uns klar werden übers Reiseziel. Wir müssen uns auf Prioritäten einigen!
Nach meiner Vorstellung von Gerechtigkeit geht das nur, wenn das in einer sehr breiten Diskussion geschieht. In einer Diskussion, in der nicht einfach die Rücksichtslosesten, Lautesten und Bestorganisierten sich Gehör verschaffen und ihre Interessen durchsetzen. Sonst nimmt die Gemeinschaft Schaden. Sie müsste auf zu Vieles verzichten, das ihr lieb und teuer ist.
„Würenblicker.ch“ will eine breite Bürgerdiskussion anstossen. – Ihre Meinung, liebe Leserin, lieber Leser, interessiert. Kommentieren Sie mit und verraten Sie uns in einigen prägnanten Sätzen Ihren Standpunkt. Machen Sie nicht die Faust im Sack, reden Sie mit! Ab jetzt jede Woche von neuem.