Die Lokalpolitik in Würenlos wird immer häufiger durch Gruppierungen belebt, die sich sich mit ihren Anliegen und Aktionen an die Öffentlichkeit wenden. Ein Kontrast zum Eindruck, dass einige der wichtigsten lokalpolitischen Geschäfte einfach nicht voran kommen, aus welchen Gründen auch immer.
Das Auftreten neuer Akteure ist einerseits hoch erfreulich – frischer Wind tut immer gut in der Politik. Und Konkurrenz für die eher flügellahmen Ortsparteien schadet gewiss nicht.
Anderseits wirken die Aktionen oft etwas kopflos. Aus der Hüfte geschossen verpufft manches wirkungslos. Oder erinnern Sie sich noch an die «Initiative für ein schuldenfreies Würenlos», welche die SVP im Oktober 2022 lancierte? Eingereicht wurde sie nie, obwohl genügend Unterschriften zusammengekommen waren. Ihren Rückzieher begründete die SVP damit, dass es einfacher sei, einzelne Luxusprojekte mit Referenden zu bekämpfen. Seither haben zwei der SVP nahe Stehende ein Referendum erfolgreich lanciert, Ohne Unterstützung durch die SVP oder eine andere Partei war die Kanter-Niederlage vorprogrammiert.
Dafür tritt der seinerzeitige Vater der «Initiative für ein schuldenfreies Würenlos, Neo-Grossrat und SVP-Ortsparteipräsi Thomas Zollinger mit einigen Gschpänli wieder im Organisationskomitee auf, das bis 24. Mai Unterschriften sammelt für eine Petition folgenden Inhalts: «Wir ersuchen den Gemeinderat, im Rahmen der aktuellen Bau- und Nutzungsordnung (BNO) sich an einer Einwohnerzahl von 7’300 zu orientieren und die Bauzonen darauf auszurichten.»
Was soll eine Petition, die das fordert, was der Gemeinderat schon in seinem Entwicklungs-Leitbild vom Januar 2016 als Ziel und Ausgangsbasis für die BNO-Revision formuliert hatte. Wir wollen in den nächsten 15 Jahren (Red. Hinweis: also bis 2031) quantitativ moderat wachsen (auf maximal 7‘300 Einwohner).» Der Entwurf für die neue Bau- und Nutzungsordnung basiert auf dieser Zielvorgabe. Die Petition ist wohl vorgezogener Abstimmungskampf für die Gemeindeversammlung, die 2025, womöglich aber auch erst ein Jahr später über die revidierte Bau- und Nutzungsordnung entscheiden wird.
Bisher haben 226 Personen die Petition online auf www.petitio.ch unterzeichnet (Stand 15.5. 18.42h). Zusammen mit den eingegangenen Unterschriftenbögen soll man sich laut „Lebenswertes Würenlos“ der Marke von 1000 Unterschriften nähern. Im Gegensatz zu einer Initiative kann eine Petition von beliebigen Personen unterzeichnet werden, man muss weder stimmberechtigt noch in Würenlos ansässig sein. Die Unterschriften werden auch nicht amtlich überprüft. Grosszügig gerechnet dürften also höchstens 20% der Würenloser Bevölkerung hinter der Petition stehen. Auch die vorangegangene Gründung des «Verein für ein lebenswertes Würenlos» durch den gleichen Personenkreis fand zwar mit viel Mediengetöse statt, vermochte aber die Dorfbevölkerung nicht wirklich zu elektrisieren. Mehr dazu hier. Der Gemeinderat sollte sich durch die Petition also nicht ins Bockshorn jagen lassen. (Dieser Textabschnitt wurde am 16.5. abgeändert und die Unterschriftenzahlen wurden präzisiert.)
Zurück zum frischen Wind in der Gemeindepolitik. Während diverse Anläufe der SP, nach langer Absenz wieder eine Ortssektion in Würenlos zu etablieren, schon in den Ansätzen scheiterten, schaffte es vor einigen Jahren die «Initiative 5436» immerhin, Kandidatinnen und Kandidaten für Behördenämter zu stellen. Doch dann entschlief auch diese Bewegung sanft.
Und jetzt ein Versuch, ganz junge Einwohnerinnen und Einwohner an der Mitgestaltung ihrer Wohngemeinde zu beteiligen und so ihr Interesse an Lokalpolitik zu wecken. Am 21. Mai treffen sich interessierte U-30-Menschen im Gmeindschäller mit dem Gemeinderat und diskutieren mit ihm ihre Ideen. Im Mittelpunkt steht dabei die Schaffung eines Würenloser Jugendparlaments. Präsident des Gründungskomitees und Hauptinitiant ist der 17-jährige Würenloser Kanti-Schüler Fabio Blazevic. Er hat auch an der eidgenössischen Jugendsession 2023 im Bundeshaus teilgenommen.
Auf Facebook umschreibt das Gründungskomitee sein Ziel wie folgt: «Wir sind darum bemüht, eine konstruktive Plattform für alle Würenloser zwischen 12 und 28 zu bieten und ihre Anliegen in Zusammenarbeit mit bestehenden Instanzen in der Gemeinde umzusetzen. Um unsere Ziele zu erreichen, werden wir in den kommenden Monaten einen Verein gründen, der als Fundament für unsere Arbeit dienen soll. Wir sind kein parteiischer Verein und sind sehr divers aufgestellt. Wir distanzieren uns von jeglicher Ideologie und setzen uns für eine konstruktive und sachliche Politik auf Gemeindeebene ein.» Dem Komitee schwebt unter anderem vor, dass das Jugendparlament ein Antragsrecht an der Gemeindeversammlung bekäme.
Laut dem Dachverband Schweizer Jugendparlamente DSJ, dem 63 aktive Jugendparlamente angehören (z.B jenes von Baden), sind seine Mitglieder unterschiedlich organisiert. So gibt es kommunale, regionale und kantonale Jugendparlamente. Sie heissen oft auch Jugendräte, um nicht als staatliche Institution wahrgenommen zu werden. Sie stehen in der Regel auch jungen Ausländer:innen offen.
Jedes Jugendparlament legt die Altersspanne der Ratsmitglieder selber fest. Laut VSJ sind die meisten Jugendparlamentarier:innen über 14 und unter 25 Jahre alt. Die vom Würenloser Komitee genannte Altersspanne von 12 bis 28 Jahre ist sehr gross. die Interessen von 12 und 28-jährigen können sehr weit auseinander driften. Und die Gefahr, dass einige «Alte Füchse» die Institution dominieren werden, ist nicht von der Hand zu weisen.
Der Gemeinderat ist sicher gut beraten, die U30-Leute ernst zu nehmen, ihnen aber aller Sympathie zum Trotz nicht das Blaue vom Himmel zu versprechen. Das wäre kontraproduktiv, wie sich im letzten Januar gezeigt hat. Einige Jugendliche wollten am Rande der Zentrumswiese einen gemeindeeigenen Schuppen zum selbstverwalteten öffentlichen Treffpunkt ausbauen. Ohne Bemutterung durch die Jugendarbeit, wie beim Jugendtreff.
Nachdem von Behördenseite ihnen Unterstützung signalisiert worden war. machten sich die Jugendlichen schonmal daran, den Schuppen herzurichten. Doch dann, als dem Vorhaben aus der nahen Wohnüberbauung Opposition erwuchs und ein öffentliches Lokal an diesem Standort sich als nicht zonenkonform erwies (was man schon vorher hätte merken können) platzte der Plan. Die ganze Trauerstory nachzulesen in der «Limmatwelle». Zurück blieben drei frustrierte Jugendliche. Ob sie sich vorstellen könnten, einst in die Politik einzusteigen, fragte die «Limmatwelle» und schrieb: «Die drei jungen Männer schütteln den Kopf. Politik sei zu wenig produktiv, viele Politiker würden das sagen, was man von ihnen hören wolle, anstatt ihre Meinung zu vertreten.»