Lichterrausch: Samichlaus hält Rückschau

Nach seinen vielen Besuchen in Würenlos sitzt der Samichlaus wieder in seiner Hütte im dunklen Tannenwald und versucht seine Eindrücke zu ordnen. Er hatte sich gefreut über die vielen weihnachtlichen Beleuchtungen und die schönen Adventsfenster, aber irgendwie schwirren im Hinterkopf noch Gedanken herum.

Weihnachtsstimmung an der Altwiesenstrasse.
Weihnachtsstimmung an der Altwiesenstrasse.

Er nimmt einen Schluck Punsch und denkt nach: Einzelne, eher kleine Lichter, die aus dem Dunkeln leuchten, haben es mir mehr angetan als Lichtermeere, die halbe Gärten füllen. Hat da Geltungsdrang den Auslöser gegeben, oder muss es einfach grösser sein als die Beleuchtung vom Nachbarn? Oder braucht der Besitzer in dieser hektischen Zeit einfach ganz viel Licht? Und dann diese blauen Wunder mit blitzenden Leuchten, die ganze Fassaden füllen. Ob das blaue Licht wirklich weihnachtliche Stimmung auslöst? Und was denken die Nachbarn, deren Fassaden während Wochen in blaues Licht gehüllt werden? Wurden sie in die Entscheidung einbezogen?

Eigentlich würde es den Samichlaus auch wundernehmen, ob es in der zweiten Hälfte der Nacht dann doch noch ganz dunkel wird und sich die Natur erholen kann. Das Thema Lichtverschmutzung passt halt nicht so recht in die Weihnachtszeit. Fragen über Fragen, der Samichlaus kann sie nicht beantworten, er ist halt zu wenig unter den Leuten. Und ein weiterer Schluck Punsch hilft auch nicht weiter.

Sicher ist er sich allerdings, dass es in Würenlos ganz viele besonders freundliche Menschen gibt. Denn wenn er so durch die Strassen und Wege geht, zünden sich von selbst an ganz vielen Orten die Lichter an und beleuchten seinen Weg. Aha, das sind diese Bewegungsmelder, eigentlich gedacht für Licht auf dem Weg zur Haustüre. Offensichtlich haben sie aber eine zu grosse Reichweite, sodass sie teilweise sogar auf vorbeifahrende Autos reagieren können. Praktisch, das TBW wird’s freuen. Wie viele Bewegungen sie wohl pro Nacht registrieren? Und dann waren da noch diese wunderbaren weissen Kugellampen, die teilweise die ganze Nacht brennen und so nicht nur den Fussboden, sondern auch den Himmel beleuchten.

Ha, denkt der Samichlaus, nächstes Jahr werde ich auch mal die Fitze auspacken und ein paar Bemerkungen über sinnvollen Stromverbrauch machen. Er greift nach seinem Notizbuch, hält inne, denkt nach – und legt es wieder weg. Ich geh ja zu Kindern, sagt er sich, und wenn die es nicht von den Eltern lernen, was soll ich da schimpfen. Würenlos muss ja sowieso sparen, dann kommt das (vielleicht) von selber.

Nachtrag der Redaktion: Kurz vor dem Jahreswechsel wurde ein Urteil des Bundesgerichtes veröffentlicht, welches sich zu privaten Beleuchtungen im Allgemeinen und in der Weihnachtszeit äussert. In einem konkreten Fall aus dem aargauischen Möhlin erklärt das oberste Schweizer Gericht, dass es im öffentlichen Interesse liege, Lichtemissionen nach 22 Uhr so weit als möglich zu reduzieren. Im konkreten Fall müssen die Lichterketten und übrigen Zierlampen des Wohnhauses um 22 Uhr abgeschaltet werden, lediglich zwischen dem 1. Advent bis 6. Januar dürfen die Lichter bis 1 Uhr früh brennen. Mehr dazu in diesem Artikel des Tages-Anzeigers.

4 Gedanken zu „Lichterrausch: Samichlaus hält Rückschau“

  1. Lieber Samichlaus, früher konntest du auf deinen Besuchen der Kinder nur der Milchstrasse folgen. Die ist wegen der Lichtverschmutzung jetzt leider nicht mehr sichtbar, und so habe wir dir deinen Weg mit unseren Girlanden beleuchtet. Du bist ja zu selten unter den Menschen, haben wir eben gehört, sonst wüsstest du, dass wir europaweit eine Überproduktion an Strom haben. Was sollen wir denn damit anfangen, den Bach runter giessen? Der würde damit nur anschwellen und noch mehr Strom produzieren. Vielleicht ist es also doch sinnvoller wenn wir ihn einfach verbrennen. Du siehst, es ist nich ganz so einfach, wenn man darüber nachdenkt.

    1. Lieber Hans, Stromüberproduktion hin oder her: Einfach “verbrennen” und die Nacht zum Tage zu machen scheint mir keine adäquate Lösung. Ich dachte ja anfangs schon auch, dass die Beklager von Lichtverschmutzung “Jammeri” sind, aber mittlerweile sehne auch ich mich nach einer dunklen Nacht und würde gerne etwas mehr Sterne sehen. Wie so oft wäre weniger mehr, ganz besonders weniger von den grellen, nervös zuckenden Lichtergirlanden…

  2. Lieber Samichlaus, bitte lass mir dieses Lichtermeer! Mein Weg ist sonst ein Minenfeld aus kleinen braunen klebrigen Häufchen! Dank der üppigen Beleuchtung kann ich sie umgehen! An dieser Stelle eine Entschuldigung! Am Neujahrsapéro wurde ich darauf hingewiesen, dass mein vermeintliches Loch im Dach der Zentrumsscheune aus Glasziegeln besteht, und mein vermeintliches Messing am reformierten Kirchgemeindehaus in Tat und Wahrheit Kupfer ist! Ich schäme mich in die Kothäufchen hinein und gelobe mich zu bessern!

  3. Wenn schon diese Üppigkeit – warum ein solches Chrüsimüsi? Weshalb tun sich die Anwohner einer Quartierstrasse nicht zusammen und stecken ihr Geld in eine gemeinsame Weihnachtsbeleuchtung? Dieses sich gegenseitig übertrumpfen wollen ist doch eine ziemlich spiessige Protzerei. Ähnlich ja die Möblierung mit Outdoor-Spielgeräten. Warum in jedem Winziggarten ein Trampolin und ein Plastic-Kletterturm? Die jüngeren Familien in unserer Nachbarschaft haben sich zusammengetan und gemeinsam ein richtig grosses Trampolin erworben. Und dieses scheint den Kindern viel mehr Spass zu machen.

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