Steinhof: Würenlos in Geiselhaft

Ein Bericht in der AZ hat vielen Würenlosern die Augen geöffnet: Für den Abbruch des Gasthofes Steinhof inklusive aller Nebengebäude liegt eine Abbruchbewilligung vor. Sie ist – wertfrei formuliert – vom Gemeinderat äusserst speditiv erteilt worden.

Der Kopfbau des seit dem Tod der langjährigen Eigentümerin geschlossenen Gasthofes Steinhof. links die Terrasse mit .den Kastanienbäumen
Der Kopfbau des seit dem Tod der langjährigen Eigentümerin geschlossenen Gasthofes Steinhof. links die Terrasse mit .den Kastanienbäumen.

Über die Eile, mit der die Abbruchbewilligung erteilt wurde, wundern sich auch Planungsfachleute. Sie sagen, es wäre möglich gewesen, über das ganze Gebiet südlich des Bahnhofs (Perimeter der Entwicklungsstudie im Grund), also auch über das Steinhof-Areal, eine Planungszone zu verfügen. Das hätte ein weitgehendes Moratorium für baurechtliche Bewilligungen bedeutet. Doch dafür fand sich im früheren Gemeinderat keine Mehrheit. Und Bemühungen, wenigstens den Kopfbau des Gasthofs unter Schutz zu stellen oder von der Abbruchbewilligung auszunehmen, scheinen nicht unternommen worden zu sein. Jedenfalls wurden nie solche Versuche kommuniziert.

Rechtlich ist also der Zug abgefahren, um den Steinhof als Ganzes oder wenigstens in Teilen zu erhalten. Zwar wird dem Gasthof in der Buchreihe «Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau» im Kapitel über Würenlos keine einzige Zeile gewidmet. Doch für viele ist der Gasthof aus dem Dorf nicht wegzudenken. In einem sich baulich verändernden Umfeld seien solche identitätsstiftende Objekte wichtig, steht in der Entwicklungsstudie im Grund. Und die Empfehlung daraus: «Der Gasthof Steinhof (im Minimum der Kopfbau und die Terrasse mit den Bäumen) muss zwingend erhalten werden. Der Kopfbau mit der markanten Gartenterrasse muss auch künftig im Strassenraum der Landstrasse als identitätsstiftendes Objekt wahrgenommen werden.»

Diese Sätze sind bereits Makulatur. Behörden und Öffentlichkeit sind nun ganz auf den Goodwill des Eigentümers und der öffentlich für ihn sprechenden Immobilienunternehmer angewiesen. Diese haben den Gemeinderat und damit die Öffentlichkeit in der Hand und können mehr oder weniger subtil Druck machen: Entweder ihr gebt uns, was wir wollen, oder wir brechen den Steinhof ab. Von der AZ befragt, drohte der beteiligte Architekt Martin Thalmann bereits: «Sollte sich das ganze Landgeschäft nicht bald realisiert lassen, müsste der gesamt Steinhof abgebrochen werden, um Kosten zu sparen.»

Es geht aber um viel mehr als nur um den Gasthof mit der lauschigen Kastanienterrasse und dessen hohen Unterhaltskosten. Es geht um die bauliche Zukunft des noch unüberbauten (und unerschlossenen) Gebiets Steinhof/Im Grund. Und da scheint der Druck bereits zu wirken. Mit ihren Ideen ins Leere laufen liess der Gemeinderat jedenfalls jene Fachleute, die im Auftrag der Gemeindeversammlung die Entwicklungsstudie im Grund erstellt haben. Ihre Empfehlungen weichen ab von den Plänen der Steinhof-Unternehmer.

Gemeindeammann Hans Ulrich Reber spricht in der AZ von einem planerischen «Verfeinerungsverfahren, in dem man zur Zeit stecke. Zweckoptimismus in einer vermutlich ziemlich verfuhrwerkten Situation. Streitpunkt ist eine durchgehende Strassenverbindung quer durchs Steinhofareal zum Bahnhof. Eine solche Strasse halten sowohl der Kanton wie die Entwicklungsstudie im Grund für nötig. Doch käme sie, müsste bei der Planung und Anordnung der Wohnbauten darauf reagiert werden. Die Entwicklungsstudie schlägt einen mit Nebengebäuden bebauten erweiterten Strassenraum, einen sogenannten Anger vor.

Der Gemeinderat ist gegen die durchgehende Strasse, weil er laut Reber Schleichverkehr aus dem Gebiet Bahnhof durchs neue Wohnquartier befürchtet. Das klingt vernünftig – wenn nur der grössere Zusammenhang nicht wäre. So hat der Gemeinderat auch eine Nutzungsplanänderung aufgegleist, die der Landi ermöglichen würde, im Gewerbegebiet einen Grossmarkt mit 70 Parkplätzen zu bauen. Der Verzicht auf eine durchgehende Strasse bis zum Bahnhof könnte das definitive Ende für den Landi-Neubau bedeuten.

Denn bis heute ist nicht überzeugend aufgezeigt worden, wie die alleinige Erschliessung des Gewerbegebietes über den Knoten Land-/Bahnhofstrasse bei der SBB-Barriere künftig funktionieren könnte. Das Verkehrsgutachten, das die Landi dazu eingereicht hat, ist das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben wurde. Darin ist von durchschnittlich zwei Barrierenschliessungen pro Stunde die Rede. Bereits heute sind es aber (inkl. Güterzüge) mindestens vier. Überdies werden bauliche Lösungen, die ein Verkehrschaos wirklich verhindern, nach Ansicht von Fachleuten sehr teuer und entlang der Landstrasse viel privates Land beanspruchen.

Die planerische Situation ist also äusserst komplex. Alle Entscheide haben über Generationen hinaus direkte Konsequenzen für ganz Würenlos und wollen gründlich überlegt sein. Darum verbietet sich beim Steinhof-Areal jede Eile und erst recht jeder aus taktischen Gründen erzeugte Zeitdruck. Das öffentliche Interesse an einer guten Lösung der Erschliessungsfrage, die für Jahrzehnte halten muss, geht privaten Interessen vor. Auch wenn das mit Härte verbunden ist. Wie für den Erben der letzten Steinhof-Wirtin, ihren früheren Koch. Um die hohen Erbschaftssteuern zu bezahlen und um den Gasthof renovieren und wieder betreiben zu können, ist er darauf angewiesen, den Rest des Areals verkaufen zu können.

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