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Der weisse Olivenbaum

Was haben der Battery Park in New York und die Bachwiesenstrasse in Würenlos gemeinsam? Unter freiem Himmel aufgestellte  Baumskulpturen des Schweizer Künstlers Ugo Rondinone. Gleich mehrere Exemplare waren es 2007 in New York, eines ist’s  nun in Würenlos.

Skulptur im Garten des Hauses Rondinone an der Bachwiesenstrasse.
Skulptur im Garten des Hauses Rondinone an der Bachwiesenstrasse.

Neugierig äugten neulich zwei ältere Frauen durch die Hecke entlang der Bachwiesenstrasse und versuchten einen Blick zu erhaschen auf das schneeweisee Etwas, das da seit Kurzem im Garten des Hauses Rondinone steht. Als hätte es Hans Arnold geahnt: In seinem würenblicker-Beitrag «Zwei Künstler im Schattenloch» stellte er im Mai einen Bezug her zwischen den alten, teils knorrigen Bäumen rund ums Haus Rondinone und den Baumskulpturen des Hausherrn Ugo Rondinone, mit denen er die Schweiz schon an der Biennale von Venedig 2007 vertreten hat. Der rund 1,5 Tonnen schwere Aluminium-Abguss eines Olivenbaums, der nun in seinem Garten steht,  dürfte die kostbarste Skulptur sein, die je auf Würenloser Boden stand. Rondinone gilt nicht nur als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler der Schweiz, er erzielt mit seiner Kunst auch Höchstumsätze.

Die Skulptur wurde nicht zufällig gerade jetzt in Würenlos aufgestellt . Während der Art Basel, der grossen Kunstmesse, die am Sonntag zu Ende ging, stand Rondinones Studio House in Würenlos Kunstinteressierten an wenigen Tagen zur Besichtigung offen. An drei Tagen betrieb die Zürcher Galerie Eva Presenhuber, die Rondinone in der Schweiz vertritt,  einen Shuttle-Dienst von Basel nach Würenlos, am ersten Tag konnte das Haus frei besichtigt werden. Nur wusste das kaum jemand, hatte die Galerie  doch nur mit Flyern an der Art Basel und in ihren Zürcher Raumlichkeiten darauf aufmerksam gemacht.

Das Haus erfüllte so einige Tage lang den Zweck, für den es eben auch gebaut worden sein dürfte: um einer potenten Käuferschaft Werke Rondinones in stilvollem Ambiente zeigen zu können. Nur als temporäre Absteige für den hauptsächlich in New York lebenden Künstler und seine Gäste wäre das Gebäude reichlich überdimensioniert. Das von den Zürcher Architekten Andreas Fuhrimann und Gabrielle Hächler zusammen mit dem Bauherrn entworfene, mit Eternit verkleidete Holzhaus ist, wie ein Rundgang der beiden würenblicker-Blogger Arnold und Früh zeigte, extravagant und voller Gegensätze. Wer sich das auf Fotos ansehen möchte, findet solche hier auf der Homepage der Architekten Fuhrimann und Hächler.

Verschwenderisch grosse Räume kontrastieren nicht nur mit viel kleineren, intim wirkenderen Zimmern, sondern auch mit dem betont schlichten Ausbaustandard. Statt Lampen leuchten durchwegs nur Glühbirnen, die meisten Stromleitungen sind offen, über dem Putz verlegt, die Böden bestehen aus schlichten Planken, die weissen WCs mit schwarzen Brillen könnten aus einem Wohnblock der Siebzigerjahre stammen. Vieles ist Understatement. Es ist erlesen und kostet viel, nur sieht man’s nicht. So verbirgt ein Chuchichäschtli mit Knaufgriffen an den Schubladen, wie es unsere Grosseltern kannten, modernste Küchenbautechnik.

Das Wohnzimmer istso gross wie eine Turnhalle,  zwei Geschosse hoch mit riesiger Fensterfront ins Grüne. Winzig  dagegen die mit einem Vorhang abgetrennte Schlafkoje des Künstlers, der sich von aussen nicht erkennbar ein grosszügiges Badezimmer mit Sauna anschliesst. Geradezu intim auch die Bibliothek mit Schreibtisch. Über 100 Quadratmeter gross  wiederum ein Gästezimmer im Obergeschoss. In dieses hinauf führt vom Erdgeschoss  eine giftgrün gespritzte Holztreppe.  Als Besucher staunt man immer wieder über den Mut zur frechen Kombination.

Die Art Basel ist vorbei. Nun wird das Haus wohl wieder in den Dornröschenschlaf versinken. Der weisse Olivenbaum soll aber noch eine Zeitlang stehen bleiben, so die Auskunft einer Angestellten der Galerie Presenhuber.