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Der Primarlehrer – ein rare Gattung

Suchbild: Die Lehrpersonen der Schule Würenlos. Wer findet die Männer? (Bild: “Schule Würenlos”, 2/2017)
Das Würenloser Schulblatt lese ich immer wieder gerne. Gerade wenn die eigenen Kinder dem Schulalter längst entwachsen sind, gibt es Gelegenheit, sich über das Leben in unseren Schulhäusern auf dem Laufenden zu halten. Und da ist ja stets viel los und es ändert sich auch Vieles. Bei der Lektüre komme ich mich hie und da ins Vergleichen. Wars früher, bei mir oder bei meinen Töchtern, besser? Wurde mehr oder weniger geboten oder geleistet? Ginge ich heute lieber oder weniger gern zur Schule?

Sind die eigenen Kinder hier zur Schule gegangen, sind auch die Personalnachrichten interessant. Sieh an, der Rothi feiert schon das 30-Jährige! Ist die oder der noch da? Je länger die Schulzeit der Kinder zurückliegt, desto weniger Lehrpersonen kennt man noch persönlich. Und studiert man im Verzeichnis der Lehrpersonen die Vornamen, so fällt eines auf: Es hat immer mehr Frauen! 19 Klassen-Lehrpersonen unterrichten gegenwärtig in Würenlos auf der Primarstufe, nur gerade zwei sind Männer. Schade.

Mit knapp 10 Prozent ist der Männeranteil unterdurchschnittlich tief. 2016 waren gemäss «NZZ am Sonntag» immerhin noch 18 Prozent der Primarlehrpersonen in der Schweiz männlich. Weil auch die Kindergarten- und Fachlehrpersonen mehrheitlich Frauen sind, ist somit die Wahrscheinlichkeit gross, dass ein Kind in seinen ersten acht Schuljahren nie von einem Mann unterrichtet wird.

Nicht, dass ich deswegen um die Qualität unserer Schule bangen würde. Die Qualität des Unterrichts hängt gewiss nicht vom Geschlecht der Lehrperson ab. Und die Befürchtung, Buben würden in einem reinen «Frauenbetrieb» weniger gefördert als Mädchen, halte ich für übertrieben.

Eher bedauere ich, dass Kindern wichtige Lebenserfahrungen entgehen. Ich teile die Einschätzung von Sylvie Durrer, Direktorin des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Mann und Frau, dass es eine Bereicherung ist, wenn Schülerinnen und Schüler weibliche und männliche Lehrkräfte als Rollenvorbilder erleben. Und dieser Aspekt scheint mir wichtig zu sein, weil doch ziemlich vielen Kindern im Alltag männliche Bezugspersonen fehlen. Zum Beispiel nach einer Trennung der Eltern.

Haben Männer in den Primarschuljahren nie eine männliche Lehrperson erlebt, werden sie zudem für sich eine Primarlehrertätigkeit kaum je in Betracht ziehen. Eine Abwärtsspirale. Dabei halte ich die Primarlehrertätigkeit nicht per se für weniger anforderungsreich, interessant und befriedigend als die Lehrtätigkeit an einer oberen Schulstufe oder auch als viele sogenannte Männerberufe.

In den meisten Berufsfeldern funktionieren Teams unterschiedlich, je nachdem, ob Frauen beziehungsweise Männer in ihnen eine Minderheit darstellen oder gar nicht vertreten sind. Der hohe Frauenanteil in den Lehrerzimmern dürfte somit auch die Schulkultur beeinflussen. Auch der Lehrerverband Schweiz LCH hält eine angemessene Vertretung der Männer für wichtig, weil geschlechtlich gemischte Teams «zu einer fruchtbaren Teamkultur Erhebliches beitragen». In dieser Hinsicht hat die Schule Würenlos vielleicht einen Vorteil: Die Primar- und die Oberstufe sind in einer Schulanlage vereint. Und an der Oberstufe sind fünf von sieben Klassenlehrpersonen männlich.