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Der Wurm ist drin

Was ist los? Zum zweiten Mal innert eines halben Jahres werden die Würenloser Stimmberechtigten an die Urne gerufen, um über ein Geschäft der Gemeindeversammlung endgültig abzustimmen. Das ist ungewöhnlich und bestätigt die verbreitete Meinung, in der Würenloser Lokalpolitik stecke der Wurm.

Das Referendum gegen den Planungskredit für den neuen Fussballplatz im Tägerhard ist mit 612 gültigen Unterschriften zustande gekommen. Am  28. September stimmen wir an der Urne ab.

Erneut ist es der SVP, diesmal zusammen mit der FDP, gelungen, weitaus mehr als die erforderliche Zahl von Unterschriften für ein Referendum zusammenzubringen. Ganz so viele wie Anfang Jahr beim Referendum gegen den Ausbau des Kindergartens Buech I waren es diesmal aber nicht. Die Kindergartenvorlage wurde an der Urne im Stimmenverhältnis 2:1 abgelehnt. So deutlich wird die Projektierung des neuen Sportplatzes kaum den Bach hinab geschickt werden.

Mehr als beim Kindergarten scheinen sich viele Stimmbürger in einem Zwiespalt zu befinden. Hin und her gerissen zwischen finanziellen Bedenken und Sympathien für Sportler, denen man die neuen Plätze gönnen würde. Dieses Dilemma hätten auch die Unterschriftensammler  zu spüren bekommen, sagte  SVP-Präsident Thomas Zollinger in einem «Limmatwelle»-Interview. Doch wer sich scheut, seine Unterschrift auf einen Referendumsbogen zu setzen, der auch noch dem Kumpel aus dem Sportverein oder der Nachbarin unter die Nase gehalten wird, ist am 28. September noch lange kein Ja-Stimmer. Die Urnenabstimmung ist anonym – Vorteil für die Gegner.

Die Abstimmung wird spannend. Obsiegen wird, wer die Bürger mit den zwei Seelen in der Brust auf seine Seite ziehen kann. würenblicker wird am 5. September seine schon früher geäusserte ablehnende Haltung nochmals begründen und gleichzeitig die Diskussion über die Vorlage eröffnen.

Ungewöhnlich sind jedenfalls zwei Referendumsabstimmungen in so kurzem Abstand. Das kommt andernorts kaum vor und muss zu denken geben.  Vor allem dann, wenn die Sportplatz-Vorlage an der Urne ebenfalls scheitern sollte.  Denn wenn die Gemeindeversammlung zu häufig nicht die Kräfteverhältnisse widerspiegelt, die im späteren Urnenabstimmungsresultat zum Ausdruck kommen, hat sie über kurz oder lang ein Glaubwürdigkeitsproblem und demontiert sich  selbst.

Warum, so fragt man sich aber auchkönnen zwei Parteien zwar mühelos Referendumsunterschriften zusammenbringen, aber nicht schon an der Gemeindeversammlung dafür sorgen, dass in ihrem Sinn entschieden und so ein Referendum gar nicht nötig wird? Das wäre effizienter und käme der lädierten Politkultur in diesem Dorf zu Gute.

Die Gemeindeversammlung kann unter diesen Bedingungen nicht das Mass aller Dinge sein. Deplaziert waren darum jene Stimmen, die versuchten, das Referendum im Vorfeld grundsätzlich als undemokratisch schlechtzureden. Nur dank der Möglichkeit des Referendums genügt die Institution Gemeindeversammlung überhaupt den minimalen Anforderungen an eine moderne Demokratie. Dem trägt das aargauische Gemeindegesetz Rechnung.  Indem es eben sagt, dass ein Entscheid der Gemeindeversammlung nur dann endgültig ist, wenn er von einer Mehrheit gefasst wird, die mindestens einem Fünftel aller Stimmberechtigten entspricht. Das wären im heutigen Würenlos rund 800 Stimmende – die blanke Unmöglichkeit.

Ein klares und richtiges Signal

Der Kredit von 770 000 Franken für die Sanierung und Erweiterung des Kindergartens Buech I ist in der Referendumsabstimmung mit 1114 Nein gegen 545 Ja wuchtig abgelehnt worden. Das ist ein klares Votum – nicht gegen eine gute Schule, sondern vielmehr für einen weniger sorglosen Umgang mit den Gemeindefinanzen.

Die Gegnerschaft reichte weit über die Stammwähler der SVP hinaus, fast zwei Drittel der Stimmenden lehnten die Vorlage ab – bei einer für eine blosse Gemeindeabstimmung hohen Stimmbeteiligung von 43%. Die Mehrheit gewichtete zu Recht finanzpolitische Überlegungen höher als den Sanierungs- und Erweiterungsbedarf beim Gebäude. Die Befürworter hatten diesen ins Feld geführt und die finanziellen Folgen klein geredet.

Die Befürworter (und der Gemeinderat) haben nicht überzeugend genug darlegen können, weshalb gerade jetzt so viel Geld in das keineswegs marode Gebäude investiert werden sollte. Bei aller Sympathie, welche sie der Schule entgegenbringen, sind die Stimmbürger nicht willens, einfach jede Schulvorlage durchzuwinken. Dass der Kindergarten baufällig ist, konnte niemand behaupten. Und noch viel weniger, dass dem Kindergarten aus baulichen Gründen nächstens die Schliessung droht. Dieses Gebäude auf solche Weise umbauen zu wollen, war reiner Wunschbedarf.

Der Entscheid dieses Sonntags macht Mut, dass es in absehbarer Zeit gelingen könnte, eine finanzpolitische Wende herbeizuführen. Die Stimmenden haben mit dem Nein dreierlei deutlich signalisiert:

1. Das Stimmvolk will, dass die Prioritäten klar und richtig gesetzt werden. Wegen steil nach oben kletternder Schülerzahlen hat die Bereitstellung neuer Kindergärten und Schulzimmer in den letzten Jahren sehr viel Geld verschlungen. Vor diesem Hintergrund muss der bauliche Unterhalt und die Erneuerung bestehender Schulgebäude sorgfältiger und langfristiger geplant werden, als es bei dieser Kreditvorlage der Fall war. Weshalb Buech I Knall auf Fall ganz oben auf die politische Prioritätenliste gelangte, wird für uns Bürger wohl ein Geheimnis bleiben. Die Wucht der Ablehnung zeigt, dass die Vorlage im luftleeren Raum ausgebrütet wurde. Dass die Schulpflege die Interessen der Schule über alles stellt, ist ihre Aufgabe. Aber der (alte) Gemeinderat? Weshalb hat er die Vorlage traktandiert? Vielleicht wollte er es einfach mit niemandem verderben und hoffte, das Volk werde es schon richten. Solches Herumdrucksen zeugte allerdings von Führungsschwäche.

2. Das Volk will nicht partout den Fünfer und das Weggli. Dem (alten) Gemeinderat ist immerhin zu Gute zu halten, dass er der Dezember-Gemeindeversammlung auch eine geringe Steuererhöhung beantragt hatte. Zwischen deren Ablehnung und dem jetzigen Nein zum Kredit für Buech I besteht sehr wohl ein Zusammenhang. Wie ich hätten wohl noch etliche Bürger dem Kindergarten zugestimmt, wenn der Steuerfuss erhöht und damit der finanzielle Spielraum etwas erweitert worden wäre. Der Schuldenberg wäre dann wenigstens nicht angewachsen. Viele Kindergarten-Befürworter wollten aber sowohl das Steuergeschenk als auch den aufgepeppten Chindgsi. Genau diese Haltung hat in der Vergangenheit zu oft obsiegt und ist eine Hauptursache für unser Finanzschlamassel.

3. Wir Bürgerinnen und Bürger spüren nicht gerne das Messer am Hals. Buech I müsse subito umgebaut werden, hiess es. Denn nur bis zu den Sommerferien sei im Schulhaus ein Zimmer frei, wo die Kindergärtler während der Bauzeit provisorisch untergebracht werden könnten. Das nennt man den Bürger ohne Not unter Druck setzen. Denn wo nicht dringend fast total saniert werden muss, müssen auch keine Provisorien gemietet werden…

Diese Abstimmung war finanzpolitisch von einiger Bedeutung, aber keine Schicksalsabstimmung für die Schule. Das grosse Engagement von Befürworterinnen und Befürwortern in Ehren, aber die Qualität der Bildung der Würenloser Kinder steht und fällt kaum damit, dass in allen neun Kindergärten optimale räumliche Verhältnisse herrschen. Die zwei Kindergartenjahre sind für die kindliche Entwicklung wichtig – viel wichtiger als der Komfort der Räumlichkeit ist aber die Persönlichkeit und Kompetenz der Kindergarten-Lehrperson. Sonst gehörten Waldkindergärten und –spielgruppen mangels Komfort schleunigst verboten.

Der Um- und Erweiterungsbau ist sinnvoll

Als Architekt wollte ich mich nicht aus dem hohlen Bauch heraus für oder gegen den Um- und Erweiterungsbau des Kindergarten Buech entscheiden. Deshalb traf ich Architekt Rolf Schönmann, den Projektverfasser des Kindergarten Buech I zu einer Besprechung. Nun bin ich überzeugt: Wer sparen will, sagt jetzt Ja zum Baukredit.

Die Kosten: Diese sind sehr detailliert und seriös geschätzt. Es kann davon ausgegangen werden, dass mit diesen Kosten gerechnet werden muss, will man den Bau so sanieren und erweitern wie geplant. Bei einem Kostenvergleich muss darauf geachtet werden, dass nur vergleichbare Kosten einander gegenüber gestellt werden. Im konkreten Fall also die Baukosten.

  • Die reinen Neu- und Umbaukosten belaufen sich auf ca.  634 000 Franken.
  • Im Vergleich dazu die Kosten für den Neubau Gatterächer 3 rund 752 000 Franken.

Man kann sich nun fragen, ob da ein Abbruch und Neubau nicht sinnvoller wäre? Bei dieser Lösung wäre zu bedenken, dass zu den Neubaukosten noch die Abbruchkosten und Zusatzkosten für die Umgebungsgestaltung hinzukämen. Es würden Mehrkosten von
180 000 bis 200 000 Franken entstehen. Man darf dann nicht mehr von Sparen  sprechen.

Isolation: Der Boden ist heute gegen das Untergeschoss (blosser Hohlraum) gar nicht, die Fassade schlecht und das Dach absolut ungenügend isoliert. Jährlich wird so viel Energie unnötig verbraucht und das kostet auch Geld.

Ist eine Luxuslösung geplant? Ein Vergleich des vorhandenen Zustandes mit den kantonalen Richtlinien zeigt die ungenügende Grösse des bestehenden Kindergartens. Auch nach dem Umbau liegt dessen Fläche immer noch unter dem Richtlinienmittel.
Kantonale Richtlinien:              Buech I
minimal     162 m²                   124 m² jetzt
mittel        187 m²                   173 m² nach Umbau
maximal    213 m²                                    

Fazit: Der Um- und Erweiterungsbau ist sinnvoll. Lehnen wir das Projekt jetzt ab, schieben wir das Kostenproblem vor uns her und sparen nur für den Moment. Langfristig wird uns diese oder eine andere Lösung sicher mehr Geld kosten. In der Zwischenzeit wird unnötig Energie verschwendet, und eine provisorische Lösung würde auch viel kosten. Wie stichhaltig ist schliesslich das oft gehörte Argument, dass wir oder unsere Kinder auch keinen Schaden genommen hätten als Kindergärtler in diesem Chindsgi? Es wäre nur stichhaltig, wenn wir heute selbst in einer schlecht isolierten und zu kleinen Wohnung wohnen würden.

Eine so teure Sanierung ist unnötig

Der Gemeinderat hat auf Initiative der Schulpflege und der Schulleitung ein Sanierungs- und Erweiterungskonzept für den Kindergarten Buech I auf die Beine gestellt. Die Argumente waren bestechend: wer will schon frierende Kindergärtler im Kindergarten? Wer möchte schon unzureichende Platzverhältnisse in einem dazu noch baufälligen Kindergarten? Und natürlich müssen wir unserem Lehrpersonal Sorge tragen. Für Aussenstehende, ohne Einblick in die «Schulwelt», ist es nicht möglich, die Verhältnisse zu qualifizieren.

Kurzfristig, wenn nicht überhastet, sollen somit weitere  770 000 Franken in den Finanzplan aufgenommen werden. Über die schlechten finanziellen Verhältnisse der Gemeinde sollte mittlerweile die breite Bevölkerung von Würenlos genügend informiert sein. Trotzdem ist es bedenklich, dass obwohl Würenlos mittlerweile einen absoluten Spitzenrang in der Nettoverschuldung pro Kopf im Kanton Aargau einnimmt, Kosten und Investitionen im Zusammenhang mit der Schule keine Rolle spielen sollen und dürfen. Es drängt sich eine genauere Betrachtung auf:

  • Die Wärmeisolation  des Kindergartens ist ausreichend. Eine kürzlich Begutachtung mit einer Wärmebildkamera und der im Normalbereich liegende Ölverbrauch bestätigen dies. Wenn der Boden kalt ist, liesse sich das mit einer leichten Isolation beheben.
  • Der Kindergarten ist nicht baufällig. Vom kontaktgeschützten, asbesthaltigen Dach geht keine Gefahrenwirkung aus.
  • Es bestehen keinerlei Beanstandungen seitens Kindergärtler, dass ihnen zu kalt wäre. Auch befragte Eltern der Kindergärtner sehen keinerlei grösseren Bedarf, den Kindergarten ihrer Kinder sanieren und ausbauen zu lassen.
  • Der Kanton setzt die Vorgaben bezüglich dem Ausbaustandard der Schulräumlichkeiten hoch. Es darf grundsätzlich hinterfragt werden, ob diese Ausbaustandards sich überhaupt finanzieren lassen. Grundsätzlich ist Würenlos nicht verpflichtet, sämtliche Standards umzusetzen.
  • Die höhere Kapazität von 3-4 Kindern ist im Endeffekt nicht entscheidend, ob Kindergärtler aus dem oberen Buechquartier einen längeren Kindergartenweg in einen anderen Kindergarten unter die Füsse nehmen müssen. Nach nüchterner Einschätzung müsste ohne grosse Beeinträchtigung des Lehrbetriebes die Kapazität auch auf dem Niveau von 22-24 Kindergärtler gewährleistet werden können.
  • Wenn es schwierig ist, geeignetes Lehrpersonal zu finden, so hätte wohl die Mehrheit der Gemeinden ein Problem in ihrer Personalfindung. Ein Vergleich mit Neuenhof zum Beispiel zeigt, dass der Kindergarten Buech I etwa im Mittelfeld von deren Kindergärten liegt, was den Ausbaustandard betrifft. Dies dürfte wohl auch im kantonalen Vergleich so sein.
  • Selbst die Finanzkommission empfiehlt, das Projekt abzulehnen.