Hin und her gerissen vor der Gemeindehaus-Abstimmung

Mit dem Umzug der Technischen Betriebe Würenlos und des Bauamtes in den neuen Werkhof im Tägerhard sind im Gemeindehaus Flächen frei geworden, die es neu zu nutzen gilt. Ich weiss noch nicht., ob ich den Zusatzkredit von CHF 870’000 für das  nachträglich erweiterte  Umbauprojekt bejahen oder ablehnen soll.

Es ist eine etwas wundersame Vorlage. Erstens, weil man erst bei Realisierung der ersten Umbauetappe zu jenen Erkenntnissen und Ideen gelangt sein will, die einen Zusatzkredit erfordern. Auf die neuen Ideen hätte man früher kommen müssen. Doch dieser Punkt ist abgehakt. Der Gemeinderat ist zu Kreuze gekrochen.

Zweitens darf man sich wundern, dass ausschliesslich für die Abstimmung über das von der SVP ergriffene und in kürzester Zeit  zustande gebrachte Referendum ein zusätzlicher Abstimmungstermin bestimmt  worden ist. Denn keine zwei Monate später findet ein eidgenössischer und kantonaler Urnengang statt. Eine besondere Dringlichkeit, welche Sololauf mit den von ihm verursachten Zusatzkosten rechtfertigen würde, besteht nicht. Zumal die erste Umbauetappe beim Gemeindehaus schon länger abgeschlossen ist.

Der letzte solche Sololauf liegt übrigens 8 Jahre zurück. Er endete für den Gemeinderat in einer Niederlage. Die Sanierung und Erweiterung des Kindergartens Buech sollte im Schnellverfahren durchgepeitscht werden. Ein Kredit von CHF 770’000 Franken wurde von der Gemeindeversammlung bewilligt, in der Referendumsabstimmng dann aber abgelehnt.

Auch das erweiterte Gemeindehausprojekt selbst ist teilweise wundersam.. Nicht dass der Keller im Westtraktenergetisch auf heutigen Baustandard gebracht werden soll. Das tönt vernünftig. Auch weil der Kellner so nicht bloss als Abstellraum genutzt werden kann. Aber der geplante Ruheraum im Keller! 17 Quadratmeter Grundfläche! Rund 30 Angestellte (davon etliche mit Teilzeitpensen) arbeiten im Gemeindehaus. Angenommen, jede und jeder Dritte von ihnen zieht sich täglich zu einem viertelstündigen Powernäppchen in den Keller zurück, so ist der Ruheraum gerade mal 2½ Stündchen pro Tag belegt.

Ich mag auch gerne glauben, dass der heutige Pausenraum im Hochparterre zu klein bemessen ist für den gestiegenen Personalbestand, und dass ein grösserer Pausenraum im ausgebauten Keller seine Berechtigung hat. Wir wollen ja nicht, dass unsere Staatsdiener*innen sich zu nahe kommen müssen beim Käfelen. Ich frage mich beim Betrachten der Visualisierung nur, wer vom Personal im hintersten, schlauchartigen Teil des Ruheraums auf erhöhten Podesten in Designersesseln thronend die Parade jener abnehmen wird, die ins Vorgärtchen strömen.

Auch dieses mit einer Hecke vom normalen Fussvolk auf der Strasse abgeschirmte Gärtchen sei dem Personal gegönnt. Nur könnte ein kurzer Spaziergang, etwa um den Sportplatz, dieses wohl ebensogut erquicken. Abgesehen davon, dass allzu viele Erholungsuchende im Gärtchen Vorurteile bestätigen dürften bei solchen Steuerzahlenden, die sich über Witze wie den folgenden totlachen: «Wie viele Beamte arbeiten in diesem Büro?» wird der Gemeindeammann auf einem Rundgang durchs umgebaute Gemeindehaus gefragt. Er überlegt kurz und sagt: «Knapp die Hälfte.»

Und was soll man erst vom neuen  Gemeindearchiv im umgebauten Keller halten? Die Referendumsführer aus der SVP finden, es brauche eher ein kleineres als grösseres Archiv. Da stauten sich doch nur massenweise Unterlagen an, welche schon längst hätten entsorgt oder digitalisiert werden können. Nun, auch ich kenne Leute im Gemeindehaus mit stark ausgeprägtem Sammlertrieb. Aber hat nicht der Gemeinderat Recht, wenn er all die archivierten Akten als Gedächtnis der Gemeinde und ein Papierarchiv als noch immer sicherste Art der Aufbewahrung bezeichnet? Und von wegen Digitalisieren, dann wegschmeissen. Ich höre schon die Finanzwächter der SVP heulen ob der hohen Kosten einer solchen Bewirtschaftung.

Die Auszubildende hatte den Auftrag, für eine Sitzung Getränke bereitzustellen. Kaum hat die Sitzung begonnen, betritt die Lehrlingsbetreuerin das Sitzungzimmer und sagt: «Ich wollte nur mal nachsehen, ob alle Flaschen da sind.»  Das Thema Sitzungszimmer! Was hat die arbeitende Bevölkerung an der Pandemie mehr gefreut als dass im Home Office weniger Sitzungen stattfanden. Doch auf Dauer ist der politische Betrieb ohne Sitzungen undenkbar. Das Atmosphärische ist wichtig. Die Akteur*innen müssen sich an gegenseitig spüren. Sitzungszimmern braucht es also. Dass es künftig gleich doppelt so viele sein sollen wie vor dem Umbaustart, mag verwundern. Nice to have, halt.

Doch für den Gemeinderat ist’s absolut kein Luxus. Sondern das absolut Notwendige. Als Ersatz fürs grosse Sitzungszimmer im Annexbau des früheren reformierten Pfarrhauses. Dieser Annex werde «mittelfristig dem Neubau der Tagesstrukturen weichen». Nur: Dieser Neubau, dem auch der Spielplatz nebenan weichen müsste, ist noch längst nicht in trockenen Tüchern. Junge Familien werden den beliebten Spielplatz ohne ebenbürtigen Ersatz kaum kampflos preisgeben. Und ob der 4,4-Millionen-Bau wirklich wie im Investitionsplan vorgesehen 2026/27 gebaut wird, steht in den Sternen. Überdies: Liessen sich nicht auch Räume der Tagestrukturen für den abendlichen Sitzungsbetrieb nutzen ?

Ich werde wohl vor dem Ausfüllen des Stimmzettels eine Münze aufwerfen müssen. Mit dem beruhigenden Wissen, dass unser Gemeindepersonal seine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen leisten wird, wie immer die Abstimmung auch ausgehen mag.

2 Gedanken zu „Hin und her gerissen vor der Gemeindehaus-Abstimmung“

  1. Ich lese vor allem Gründe für ein Nein am 20. März. 😉
    1999 stellte das Staatsarchiv den Gemeinden erstmals eine Aktenmanagementanleitung mit Anleitungen zur Aktenführung etc. zur Verfügung. Dieses Hilfsmittel hat sich gut bewährt und in vielen Gemeinden zu einer markanten Verbesserung von Aktenführung und Archivierung geführt. 2014 wurde es erneuert und bietet u. a. eine Ausdifferenzierung von Aufbewahrungsfristen und Archivierungsempfehlung sowie eine stärkere Ausrichtung auf die digitale Aktenführung. Ich hoffe, die Gemeinde Würenlos macht(e) davon Gebrauch.
    Die Bewirtschaftung des Gemeindearchivs fällt unter die Verantwortlichkeit des Gemeindeschreibers. Eine saubere Bewirtschaftung, bei der man nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen sondiert und Dokumente entweder vernichtet oder digitalisiert (was für gewisse Dossiers bereits während der Aufbewahrung möglich ist), verursacht nicht mehr Kosten, sondern sorgt für Effizienzsteigerung und mittel- bis langfristig zu Einsparungen.
    Es ist wohl individuell, aber ich erfuhr im Home Office genau das Gegenteil. Wir hatten (und haben) mehr Sitzungen, weil man sich nun mal rasch über Teams, Webex, Zoom oder weiss der Geier was verabredet. Alle physisch aufzubieten war immer schwieriger. So machen wir heute virtuelle Meetings selbst dann, wenn alle Teilnehmer in Zürich sind und im selbem Grossraumbüro sitzen. Es ist effizienter und spart kaum genutzte Bürofläche (Sitzungszimmer) ein. Persönlich habe ich auch lieber physische Sitzungen und wenige Sitzungen, dafür aber produktive. Die optimale Lösung liegt wohl in der richtigen Mischung. Bei meinem Arbeitgeber haben wir mittlerweile etwa gleich viele Sitzungszimmer wie die Gemeinde Würenlos und bei uns arbeiten in Zürich ca. 160 Mitarbeiter. Auch unsere Kinder werden wohl in Zukunft nie mehr ganz verzichten auf technologische Möglichkeiten. Vieles wird auch jetzt über Webex etc. zuhause abgewickelt. Wenn meine 11-jährige Tochter das hinkriegt…
    Ich hoffe die Münze fällt auf die richtige Seite. Auch bei einem Nein am 20. März wird unser Gemeindepersonal weiterhin nach bestem Wissen und Gewissen seiner Arbeit nachgehen.

  2. Es ist immer schwierig, einen Planungsprozess bzw. das Resultat daraus in Form eines Bauprojekts zu beurteilen, wenn man selbst nicht im Entwicklungsprozess involviert war. Viele einzelne Schritte, die zu der vorliegenden Lösung geführt haben, sind unbekannt und können in eine solche Beurteilung nicht in genügendem Mass einfliessen.
    Zugegeben, ob der doch recht grosszügig gestaltete Ruheraum dann effektiv vom Gemeindepersonal breit genutzt werden wird, und ob die Rampe im Innern auf den Aussenpausenplatz in dieser Art möbliert werden soll, sind Fragen, die nochmals zu prüfen sind. Vertrauen wir dazu doch auf die künftigen Nutzer und die zuständigen Planer mit dem Architekten als Gesamtleiter, dass sie pragmatische und vor allem zweckmässige Nutzungen finden und umsetzen werden. Modern ausgerüstete Sitzungszimmer sind sicher ein wichtiger Teil davon, wovon es heute eindeutig zu wenige hat.
    Nicht nachvollziehbar sind Vergleiche in der Nutzung mit der Privatwirtschaft. Wir wollen ein aktives, lebendiges Gemeindehaus, wo Themen vor Ort diskutiert und angegangen werden. Homeoffice hat da wenig Platz, hoffentlich auch in Zukunft nicht.
    Aus Überzeugung stimme ich am kommenden Sonntag Ja zum Zusatzkredit weil,
    – das 1957 erbaute Gemeindehaus eine vollständige und konsequente energetische Sanierung nach dem heutigen Wissensstand erfahren soll,
    – der Brandschutz auf den heutigen Stand gebracht werden muss,
    – die sanitären Anlagen zu ersetzen sind,
    – die Elektroinstallationen in die Jahre gekommen sind und erneuert werden müssen und
    – nicht zuletzt auch statische Ersatz- bzw. Ertüchtigungsmassnahmen (Bsp. Erdbebensicherheit) umgesetzt werden müssen.
    Sinnvollerweise werden diese Arbeiten nun gleich in der bereits vorbereiteten, zweiten Umbauphase realisiert. Dies spart Zeit und vor allem auch Geld, und wir haben ein Gemeindehaus, an dem wir weiterhin Freude haben können und das ein wichtiger Ort der Begegnung in unserer Gemeinde sein und bleiben soll.

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