Schmutzige Wäsche und Sisyphusarbeit

Es ist stets peinlich, als Aussenstehender dabei sein zu müssen, wenn andere schmutzige Wäsche waschen. Es gibt doch Angelegenheiten, die sollen die Betroffenen unter sich regeln. So auch das Problem, von dem wir alle ausführlichst ins Bild gesetzt worden sind – zuerst mit einer Verlautbarung der Landwirtschaftskommission und dann in einem 2/3-seitigen «Limmatwelle»-Bericht. Landwirte «ohne Moral» sollen da mit ihren Traktoren und Mähdreschern durchs neue Wohnquartier rasen. Davon fühlt sich eine Anwohnerfamilie in ihrer unlängst erworbenen Idylle gestört, ja gefährdet.

Solange in der Agglomeration gebauert wird, sind Nutzungskonflikte zwischen Anwohnern und Landwirtschaft wohl unvermeidlich. Mit verständnisvoller Rücksichtnahme auf beiden Seiten sind sie meistens zu entschärfen. Ob die vorwiegend aus Bauern zusammengesetzte Landwirtschaftskommission das richtige Gremium war, um die Reklamation zu behandeln, bleibe dahingestellt (Link dazu). Jedenfalls hat sie mit ihrer Stellungnahme eher Öl ins Feuer gegossen als vermittelt. So ist ihre Bemerkung, die grossen Maschinen könnten nicht rasen, weil sie gar nicht schneller als 30 km/h fahren können, eine faule Ausrede. Je nach Situation sind doch auch 30 km/h massiv zu hoch – Zeitdruck hin oder her. Und die Belehrung, «dass die Strassen primär für den Verkehr da sind und nicht für spielende Kinder», ist rechthaberisch und realitätsfremd.

Umgekehrt sind die schwach befahrenen Strassen im Hungerbühl kaum das überzeugendste Beispiel dafür, wie nötig die Umwandlung von Tempo-30-Zonen in so genannte Begegnungszonen (mit Tempo 20) ist. Es sind ja – neben den «bösen Bauern» – vorwiegend die Anwohner selbst (und ihre Zulieferer), welche diese Strassen befahren. Da sollte es doch ohne zusätzliche Regeln und Schilder vernünftig zu und her gehen. Es gäbe alarmierendere Beispiele im Dorf.

Ich weiss aber nicht, ob sich die Bevölkerung selbst da, wo’s dringender wäre, für solche Massnahmen gewinnen lässt. Verunsichert hat mich das klare Ja der Gemeindeversammlung zum neuen Landi-Standort. Es wird nach unbenützter Referendumsfrist dieser Tage rechtskräftig und dereinst zu erheblichem Mehrverkehr führen. «Wir arbeiten mit Hochdruck an der Verbesserung der Verkehrssituation in unserem Dorf» steht im aktuellen Leitbild des Gemeinderates. Wie ernst ist der Satz noch zu nehmen und steht auch die Dorfgemeinschaft dahinter? Mit Interesse werde ich den Versuch beobachten, den Bären zu waschen, ohne sein Fell nass zu machen.

Im Rahmen der Nutzungsplan-Revision sucht eine Arbeitsgruppe nach Wegen, die allgemein als hoch empfundene Verkehrsbelastung im Dorf irgendwie in den Griff zu kriegen. Als ihr Mitglied komme ich mir vor wie ein Helfer in einem von Hochwasser bedrohten Ort. Zusammen mit anderen füllt er eilends Säcke mit Sand, um das Überschwappen des Baches in die Strassen, Gassen und Häuser zu verhindern. Doch in den Bergen über dem Dorf ist die Mehrzahl der Dorfbewohner fleissig daran, einen Damm aufzupickeln. Damit auch noch das Wasser des dortigen Stausees ins Dorf donnern kann. – Schwer, da nicht zynisch zu werden und die Dinge einfach ihren Lauf nehmen zu lassen.

4 Gedanken zu „Schmutzige Wäsche und Sisyphusarbeit“

  1. Seit Jahren dürfen unter Berücksichtigung von gewissen Anforderungen und Richtlinien landwirtschaftliche Fahrzeuge (Traktoren) mit 40 km/h fahren. Es hat schon etliche Traktoren die derart beschriftet sind.

  2. Es muss jetzt offenbar jedes erdenkliche Thema dafür herhalten, um im Rahmen eines Ceterum censeo die bei Herrn Früh so verhasste Landi-Abstimmung zu geisseln; und sei der Zusammenhang auch noch so gesucht.

  3. Man kann die Landi lieben und trotzdem für vernünftige Lösungen im allgemeinen Interesse der Bevölkekrung eintreten. So kleine Fusstritte bringen doch nichts!

  4. Es scheint so, als würde unsere Gesellschaft lieber Luxusthemen breittreten, als einfach miteinander zu reden. Wegen landwirtschaftlichen Traktoren, welche durch Dorfstrassen fahren, so ein medialtes Theater zu veranstalten, ist mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Auch hier zeigt sich wieder mal klar, dass man doch besser zuerst nachdenken und danach einfach mal miteinander sprechend würde.
    Grundsätzlich ist im Verkehr die Geschwindigkeit immer den Gegebenheiten anzupassen. Man kann nicht einfach mit Maximalgeschwindigkeit mit einem Traktor durch eine unübersichtliche Dorfstrasse fahren. Das ist eigentlich klar und auch gesetzlich so geregelt. Somit ist von Seiten des Gesetzes genug reguliert. Deswegen eine Begegnungszone mit Tempo 20 km/h zu fordern, ist völlig übertrieben. Ich bin mir zudem sicher, dass keiner der Forderer überhaupt genau weiss, welche Vorschriften wiederum mit einer solchen Begegnungszone verbunden sind. Ich habe bei mir in Ennetbaden vor dem Geschäft eine solche Zone. Keiner hält sich an diese Geschwindigkeit. Sogar Velos und vor allem e-Bike-Fahrer rasen da locker mit 30-40 km/h hindurch. Auch der Bus, der regelmässig dadurch fährt, fährt kaum je nur 20 km/h. Und jeder Kunde, der kurz bei mir vor dem Geschäft anhält, um kurz etwas bei mir abzuholen, macht dies illegal, da in einer solchen Zone nicht einmal der Güterumschlag gestattet ist. Selbstverständlich befinden sich auch die Pöstler von der Post, DPD, DHL und Co. im selben Bereich der Illegalität. Auch hier hat man die Sache nicht richtig durchdacht, und kriminalisiert nun die Bevölkerung, die einfach nur ihrem Job nachgehen möchte.
    Kurz zusammengefasst, es braucht keine Begegnunszone, nur weil die Betroffenen nicht miteinander sprechen können. Es reicht, wenn die betroffene Person ihre Verantwortung für die Sicherheit ihrer Kinder wahrnimmt und ihnen beibringt, wie man sich auf einer Strasse zu verhalten hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert