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Pfiffige Idee oder pfeffriger Furz?

Der Würenloser SVP-Vizepräsident schlägt vor, die Limmattalbahn als Hochbahn bis Baden weiter zu führen – quer durch Würenlos.

Nicht die Schwebebahn in der deutschen Stadt Wuppertal mit ihrem schwergewichtigem Tragwerk schwebt Pascal Pfeffer für die Limmattalbahn von Killwangen nach Baden vor, ….
…sondern eine elegantere und zeitgemässere Lösung wie das Monorail in Moskau. (Bild Intamin, Schaan FL)

Zwei verknüpfte Verkehrsthemen erregen in der Region die Gemüter. Erstens: Oase, das «Regionale Gesamtverkehrskonzept Ostaargau». Es steht derart im Gegenwind, dass ich  es in seiner jetzigen Fassung eine Totgeburt zu nennen wage. Aus zu vielen Regionsgemeinden hagelt es Kritik: Zu ihrem Nachteil werde wieder nur die Stadt Baden profitieren – dank des geplanten Strassentunnels von der Siggenthaler Brücke ins Liebenfelsquartier, Trotz vagen Zugeständnissen an zeitgemässe Erkenntnisse schreibt Oase die Auto-zentrierte aargauische Verkehrspolitik der letzten 60 Jahre fort. Ein solch schweres Erbe ist der Klimajugend nicht zuzumuten.

Zweitens: die Verlängerung der Limmattalbahn bis Baden. Auch da hagelts Kritik. Die einen halten sie schlicht für unnötig. Das heutige System mit Bussen und S-Bahnen funktioniere gut und sei noch ausbaufähig. Besonders schlecht kommt an, dass die Badener Hochbrücke zugunsten der Limmattalbahn für den motorisierten Individualverkehr gesperrt werden und eine neue Strassenbrücke über die Limmat gebaut werden soll. Und man staunt, dass der eben für zig Millionen sanierte Schulhausplatz samt Bruggerstrasse-Tunnel in ein paar Jahren schon wieder zur Grossbaustelle würde. Da wusste die eine Hand wohl nicht, was die andere plante. 

In die Debatte platzt nun ein Würenloser mit einer Idee, die er auch in der öffentlichen Mitwirkung vorgeschlagen hat. Das Badener Tagblatt hat Pfeffers Vorschlag gross herausgebracht (siehe hier). Pascal Pfeffer, Vizepräsident der SVP Würenlos – privat ein Verfechter des uneingeschränkten Autofahrens und beruflich Bahn-affin – schlägt für die Limmattalbahn-Fortsetzung eine Hochbahn vor. Die Idee hat etwas für sich – eine reine Schnapsidee oder Futter für die Fasnachtszeitung ist sie nicht.

Eine Bahn im 1. Stock würde sparsam umgehen mit dem knappen Platz im dicht bebauten, topografisch zusammengequetschten Gebiet von Baden-Wettingen. Ein klarer Vorteil, welche Art von Hochbahn auch gewählt würde – ob höhergelegte Strssenbahn, Einschienenbahn oder Hängebahn (wie im deutschen Wuppertal). Gefährliche A-Niveau-Kreuzungen mit dem Strassenverkehr wie beim Vorbild Glattalbahn liessen sich vermeiden.

Noch ein Pluspunkt: Pfeffer verlängert gemäss einem vom BT abgedruckten Plan die Hochbahn pfiffig bis zum Thermalbad hinunter. Dies macht betriebswirtschaftlich kaum weniger Sinn als die Lieblingsidee von RVBW-Direktor Stefan Kalt, für die knapp 1000 täglich den ÖV benützenden Badegäste ein 650 Meter langes Gondelbähnli zu bauen.

Pfeffer hat nicht gross Kostenüberlegungen angestellt. Abgesehen von den Kosten dürften folgende Punkte gegen seinen Vorschlag sprechen: 

  • Ein Monorail oder eine Hängebahn würde viele Fahrgäste zum Umsteigen zwingen, etwa solche, die vom Spital Limmattal nach Wettingen-Tägerhard oder von der Ikea Spreitenbach zur Kirche Neuenhof fahren. Gerade im Komfort- und Zeitgewinn für Fahrten innerhalb des Limmattals liegt die Stärke einer verlängerten Limmattalbahn. Diese wird nicht für Fahrten zwischen den SBB-Bahnhöfen Baden und Zürich-Altstetten oder zwischen den Bahnhöfen Schlieren und Wettingen gebaut. Auf diesen Strecken ist die S-Bahn schneller. Es fährt auch niemand mit der Glatttalbahn von Zürich HB zum Flughafen.
  • Eine Hochbahn wäre kein Feinverteiler, der Buslinien ersetzen kann – aus Kostengründen. Haltestellen von Hochbahnen brauchen deutlich mehr Platz und sind – wie Pfeffer einräumt – teurer im Bau und Unterhalt als Haltestellen auf Strassenniveau. So wären Lifte bei jeder Station Pflicht. Hochbahnen in ausländischen Städten sind eher wie U-Bahnen. Die Haltestellen liegen weiter auseinander als bei Bus- oder Tramlinien. Bei der Limattalbahn bis Killwangen beträgt der Haltestellenabstand bloss 515 Meter. Beim  Bangkok Skytrain beträgt er mehr als das Doppelte, in Wuppertal sind es immerhin 700 Meter.
  • Über weite Strecken wäre die Hochbahn kaum Ortsbild-verträglich. Wie würde sie unter der Ruine Stein zum Bahnhof geführt? In einem neuen Tunnel? 
  • Moderne Strassenbahnen auf eigenem Trassee sind nichts Gestriges, vielmehr erleben sie dank ihrer Leistungsfähigkeit weltweit in Städten ein Comeback.
  • Unterschiedliche Systeme für eine Limmattalbahn würden ein gemeinsames Depot im Grenzraum Spreitenbach/Dietikon verunmöglichen.

Kommen wir noch zu einem Teil von Pfeffers Hochbahn, der Würenlos ganz direkt betrifft: Pfeffer schlägt vor, die Bahn ab Killwangen-Spreitenbach in einer Schleife über Würenlos statt über Neuenhof nach Wettingen-Baden zu führen.  Seine Begründung dafür laut BT war ziemlich konfus (oder wurde sie vom BT falsch wiedergegeben?). Diese Linienführung mag Balsam für jene Neuenhofer sein, die eine Verschandelung ihres Dorfes befürchten. Doch verkehrstechnisch macht es keinen Sinn, Neuenhof, das grösser und stärker als Würenlos auf die Region ausgerichtet ist, links liegen zu lassen. 

Und die Linienführung der Hochbahn in Würenlos – über der Altwiesenstrasse, am Bickgut vorbei und weiter auf der Landstrasse durchs ganze Dorf – die kann ich mir nun überhaupt nicht vorstellen. Die Hochbahn könnte zwar unsere kapazitätsmässig begrenzte Linie 11 (Ortsbus) und auch die Linie 1 ersetzen,.Doch ohne neue Buslinien würde die ÖV-Erschliessung für viele Würenloserinnen und Würenloser markant schlechter.

Polizeipräsenz und Limmattalbahn

Die Halbzeit der Sommer-Schulferien ist vorüber, die ersten Ferienreisenden sind zurück, im besseren Fall braungebrannt und erholt, im schlechteren Fall gezeichnet von Reisestrapazen, Wartezeiten auf Flughäfen oder muffigen Hotelzimmern. Falls sich die Heimkehrer fragen, was sie hier verpasst haben. Hier die Antwort: Wenig bis nichts. Höchstens kleine Staubwölklein auf politischer Ebene wirbelten zwei Themen auf, die auch etwas mit Würenlos zu tun haben.

Mehr Arbeit für die Regionalpolizei?
Mehr Arbeit für die Regionalpolizei?

Erstens wehrt sich die Gemeinde Spreitenbach gegen die Schliessung des dortigen Kantonspolizei-Postens, der laut Kapo-Homepage auch für Würenlos zuständig ist. Ende dieses Jahres wird der Regierungsrat entscheiden, ob die Zahl der Kantonspolizei-Standorte von 17 auf 9 reduziert wird. Die Präsenz der Kantonspolizei in den Regionen und Gemeinden soll darunter nicht leiden, die vorhandenen Kräfte sollen nur effektiver und mobiler eingesetzt werden.

Dagegen ist aus Würenloser Sicht nichts einzuwenden. Der Kapo-Stützpunkt Baden ist für uns kaum weiter entfernt als der Posten in Spreitenbach. Und das Vorhandensein eines Polizeipostens erhöht die Sicherheit kaum. Den Beweis dafür haben in diesen Sommerferien zwei Gefangene in Baden geliefert. Mit aneinander geknüpften Leintüchern haben sie sich vom Gefängnis im obersten Stock des alten Schulhauses am Badener Schulhausplatz, in die Freiheit abgeseilt – vor den Fenstern der dort ebenfalls untergebrachten Kantonspolizei.

Ein Argument, das der Gemeinderat Spreitenbach gegen die Postenschliessung vorbringt, hat aber etwas für sich. Zu befürchten sei, dass die Regionalpolizei Wettingen-Limmattal noch viel häufiger als heute schon zu Hilfe gerufen werde, etwa bei kleinen Kriminalfällen (z.B. Ladendiebstählen), für die eigentlich die Kantonspolizei zuständig sei. Der Regionalpolizei-Posten in Spreitenbach, der eher symbolisch mit nur einer Person während der Bürozeiten besetzt ist, könnte also mehr zu tun bekommen. Zu rechnen wäre dann mit Mehrkosten für die Gemeinden, die ja die Regionalpolizei finanzieren.

Mit dem Polizeigesetz aus dem Jahre 2005, das zur Bildung der Regionalpolizeien und zum Aus der Gemeindepolizeien geführt hat, hat sich der Kanton in erster Linie auf Kosten der Gemeinden finanziell entlastet. Wäre es 2005 primär um mehr Sicherheit und um mehr Effizienz der Polizeiarbeit gegangen, so wären andere Organisationskonzepte – zum Beispiel eine Einheitspolizei wie in den Kantonen Bern und Zug – ebenso zweckdienlich gewesen. Dass laut Gemeinderat Spreitenbach die Hälfte der polizeilichen Erstinterventionen (darunter können auch schwere Verbrechen oder Unfälle fallen) durch die Regionalpolizei erfolgen, gibt zu denken. Kompetenzgerangel und Doppelspurigkeiten sind da nicht weit.

Die Limmattalbahn endet vorerst vor dem Bahnhof Killwangen-Spreitenbach.
Die Limmattalbahn endet vorerst vor dem Bahnhof Killwangen-Spreitenbach.

Das zweite Staubwölklein wirbelte die Grünliberale Partei Wettingen auf, die ihren letzten Stammtisch vor den Sommerferien für einmal in Würenlos abgehalten hatte. Der Wettinger SP-Gemeinderat Markus Maibach soll da über den Stand des Projekts Limmattalbahn berichtet haben. Und Jahre, bevor 2022 die Strecke von Zürich-Altstetten nach Killwangen-Spreitenbach in Betrieb gehen soll, gab schon eine mögliche Weiterführung über Wettingen nach Baden zu reden. Das ist aber pure Zukunftsmusik.

Immer deutlicher wird offenbar, dass das neue Tram keine Schleife über Würenlos drehen soll. Bedauert das jemand? Für eine solche Schleife eine sinnvolle Linienführung zu finden, welche die Landschaft zwischen Limmat und Dorf nicht massiv verschandelt, wäre kaum möglich. Zudem ist  Würenlos  mit stündlich 2 S-Bahn- und 4 Busverbindungen mit Wettingen und Baden in den Hauptverkehrszeiten sehr gut verbunden.

Eher ein Scherz dünkt es mich da, wenn Orun Palit, der Präsident der Wettinger Grünliberalen, in einem «Limmatwelle»-Parteibericht über den GLP-Stammtisch  eine Minibahn von Würenlos nach Wettingen ins Spiel bringt, um das Gebiet dazwischen besser zu erschliessen. Und seine Zuschrift an die « Limmatwelle» gipfelt im Satz: «Eine Fusion zwischen Wettingen und Würenlos macht unter diesem Aspekt plötzlich mehr Sinn.» Nun ja, man kann der GLP wenigstens nicht vorwerfen, es mangle ihr an kühnen Visionen…

Mehr als eine kühne Vision ist aber, dass der erste Abschnitt der Limmattalbahn bis Killwangen das Verkehrsgeschehen in unserer Region massiv beeinflussen wird. Der öffentliche Verkehr wird Marktanteile gewinnen. Von Würenlos aus werden sehr viele Arbeitsplätze im Gebiet Dietikon/Schlieren/Urdorf/Zürich West mit dem ÖV schneller erreichbar sein als heute. Wichtig wird es darum sein, Würenlos optimal an die Limmattalbahn in Richtung Zürich anzubinden.

Am ehesten in Frage kommt dafür ein Ausbau der Ortsbuslinie 11. Doch sie stösst schon jetzt in Spitzenzeiten an ihre Kapazitätsgrenzen. Ist ein Viertelstundentakt die Lösung? Oder gar eine Aufspaltung des 11ers in zwei Linien, die ab Killwangen in alternierendem Halbstundentakt zwei Endpunkte ansteuern: die eine über Raiffeisenbank und Bahnhof Würenlos die Endhaltestelle Tägerhard (Wettingen), die andere ab Raiffeisenbank via Brunnenweg-Bettlen die Endhaltestelle Hüttikon? Bis 2022 ist noch genügend Zeit, gute Konzepte auzuhecken.