Raus aus dem Informations-Lockdown

Update vom 2. Juli: Heute berichtet die “Limmatwelle”, dass die Alterszentrum Würenlos AG ihr Gesuch für einen Vorentscheid zum Alterszentrum zurückgezogen hat. Sie stützt sich auf Angaben von Toni Möckel, Präsident der AG. Was bedeutet dieser Rückzug? Geht es jetzt vorwärts mit dem Alterszentrum, wie die “Limmatwelle” mit ihrer Überschrift auf der Titelseite suggeriert? Oder bedeutet der Rückzug nicht etwas ganz anderes: Ein Etappensieg für die Einwender und das frühe Ende des Alterszentrums “Margerite” in seiner bisher geplanten Form? Jetzt soll – möglichst schon Ende Jahr – direkt das Baugesuch eingereicht werden. Wie aber wird das Projekt aussehen müssen, damit dem Baugesuch nicht ebenso viel Opposition erwächst wie dem Vorentscheid? würenblicker bleibt dran.
(Alle Kommentare zur neuesten Entwicklung beim Alterszentrum sind neu zusammengefasst beim Artikel “Das Alterszentrum soll abspecken” vom 19.7.2020 zu finden.)

Weisst du, was eigentlich läuft beim Alterszentrum? Das bin ich in letzter Zeit recht häufig gefragt worden von Leuten, die im Dorf gut vernetzt sind und ansonsten oft das Gras wachsen hören. Ich konnte ihnen nicht weiterhelfen. Seit Monaten weilt unser Gemeinderat nicht nur bei diesem hängigen Geschäft kommunikationsmässig in Selbstisolation. Höchste Zeit, dass er sich daraus befreit.

Die Informationsveranstaltung für Parteien und sonstige Interessierte vom 12. Mai: Wegen Corona abgesagt. Die Einwohner-gemeindeversammlung vom 4. Juni: abgesagt. Gab es stattdessen Informationen über wichtige laufende Geschäfte auf  der Gemeinde-Website oder  in der Limmatwelle? Fehlanzeige. Nicht einmal für eine Internet-Publikation des sonst jeweils im Weisungsbüchlein zur Sommer-Gmeind abgedruckten Geschäftsberichtes für 2019  hat’s gereicht. Obwohl doch das Abfassen solcher Berichte eine ideale Beschäftigung im Home Office gewesen wäre.  

Es sind nun auch schon auch wieder einige Wochen her, seit der Bundesrat mit der Lockerung der Covid19-Massnahmen begonnen hat. Im Kanton und auch in den Gemeinden mit Einwohnerräten –wie Baden oder Wettingen – hat das politische Leben wieder Fahrt aufgenommen. Höchste Zeit, dass auch unsere Dorfregierung wieder deutlichere Lebenszeichen von sich gibt und uns Wählerinnen und Wählern verrät, was sie in den zurückliegenden Monaten so getrieben hat – politisch natürlich. 

Ich fände es eine tolle Sache, wenn  auf der Gemeinde-Homepage bald ein ausserordentlicher Bericht zum Stand verschiedener Projekte nach dem Corona-Lockdown erscheinen würde. So ganz im Sinne einer transparenten Regierungstätigkeit und als Signal an die Öffentlichkeit, dass es mit der Lokalpolitik jetzt wieder mit Volldampf weitergeht. Eine Publikation während der Sommerferien wäre aus meiner Sicht kein Problem: Mehr Leute als sonst werden dieses Jahr UHU-Ferien (ums Huus ume) machen oder an einem Schweizer Ferienort und um ein bisschen Lesestoff froh sein. 

Ich stelle hier gerade mal drei Fragen in den Raum, die den einen Mitbürger und die andere Mitbürgerin auch noch  unter den Nägeln brennen dürften.  

1. Gedenkt der Gemeinderat noch dieses Jahr den Vorentscheid zum Alterszentrum zu fällen? Immerhin stehen die Profilstangen auf der Zentrumswiese nun schon seit über 10 Monaten. 10 Einwendungen von mir nicht namentlich bekannten Personen (sie haben ein Recht auf Anonymität) sind seinerzeit eingegangen. Da bei einigen Einwendungen – ich zitiere aus einem Antwortschreiben des Gemeinderates an einen besorgten Bürger – «die ortsbauliche Einpassung und das grosse Volumen bzw. die damit verbundenen notwendigen Gebäudehöhen und Abstände sowie Zweifel am Bedarf der geplanten Anzahl der Pflegezimmer als Begründung für den Antrag zur Abweisung des Vorentscheidsgesuchs genannt wurden», sind zwei Fachgutachten eingeholt worden – ein ortsbauliches und ein betriebswirtschaftliches. Sie liegen seit Ende Januar 2020 vor, bis Ende März konnten die Einwender dazu Stellung nehmen. Auf eine Einigungsverhandlung wurde verzichtet, wegen der Corona-Krise und weil die meisten Einwender daran kein Interesse hatten. Somit wäre das Geschäft ja wohl seit geraumer Zeit entscheidungsreif. Oder wo klemmt’s?

2.  Ein ziemlich wichtiges Geschäft ist auch die Gesamtrevision der Allgemeinen Nutzungsplanung. Ist man mit der Arbeit  noch im Zeitplan? Ursprünglich  war für März 20 eine weitere öffentliche Informationsveranstaltung geplant. Wird sie jetzt nach Lockerung des Versammlungsverbotes möglichst rasch nachgeholt? Wann? Ab Mitte November dieses Jahres – nach einer vorangehenden weiteren Informationsveranstaltung – sollte das Planungswerk (Bau- und Nutzungsordnung samt Zonenplan, Kulturlandplan) öffentlich aufgelegt, im Juni 21 von der Gemeindeversammlung beschlossen und schliesslich durch den Regierungsrat noch abgesegnet werden.  

3. Der schlimme Unfall eines 11-jährigen Schülers auf dem Zebrastreifen beim Coop hat gezeigt, dass die heutige Verkehrsabwicklung auf der Landstrasse ein erhebliches Sicherheitsrisiko für den Langsamverkehr darstellt. Ich weiss, für die Landstrasse ist der Kanton zuständig. Er hat vor Jahren schon ein Betriebs- und Gestaltungskonzept ausgearbeitet, das aber dann nochmals überarbeitet werden musste. Der Gemeinderat verfügt da sicher über Informationen, die auch für die Öffentlichkeit von Interesse wären. Wie weit ist diese Planungsarbeit gediehen, welche die  Landstrasse Dorf-verträglicher machen könnte? Gibt es Differenzen zwischen Kanton und Gemeinde? Wenn ja, welcher Art sind sie?

Abgesehen von diesen drei Fragekomplexen gibt es noch weitere, die auch in Würenlos bald zu reden geben dürften. So wird schon am kommenden 27. September über neue Führungsstrukturen für die Aargauer Schulen abgestimmt (Link zur Info des Kantons). Es geht um die Abschaffung der Schulpflegen, deren Aufgaben neu von den Gemeinderäten übernommen werden sollen. Auch zu diesem Geschäft hat man bisher vom Gemeinderat nichts gehört. Erstaunlich. Denn soll unsere Schule ihre gute Verankerung in der Bevölkerung nicht aufs Spiel setzen,  wird die  Arbeit des Gemeinderates durch die neuen Kompetenzen  künftig ziemlich stark betroffen sein,  

5G-Antennen: Traben statt galoppieren

Um diese Mobilfunkantenne auf einem Geschäftshaus am Rande des Gewerbegebietes im Grund, südlich des Bahnhofs, geht es im hängigen Baubewilligungsverfahren. (Foto: würenblicker)

7 Baueinsprachen sind meines Wissens im Mai gegen den 5G-Ausbau der Mobilfunk-Antenne auf dem Geschäftshaus an der Grundstrasse 1 eingegangen. In wenigen Tagen sind diese Einsprachen mit gegen 200 Begleitunterschriften bekräftigt worden. Dies obwohl die Unterschriften nur im erlaubten Einsprache-Umkreis von maximal 629 Metern gesammelt wurden. Wieso diese eindrücklichen Zahlen? Was bewegt unsere Miteinwohner*innen dazu?

Das Thema 5G ist sachlich komplex. Welchen Experten ist zu vertrauen? Schliesslich gilt jede Fachperson solange als Experte oder Expertin, bis sie widerlegt wird. Dies war schon in der Antike so, als die Menschheit zu wissen glaubte, die Erde sei eine Scheibe

Bei der 5G-Technologie sind viele Fachspezialisten am Erforschen verschiedenster Aspekte. Um nur einige davon hervorzuheben (ohne die anderen als weniger wichtig taxieren zu wollen): 

  • Wie sind die Beeinträchtigungen der menschlichen und tierischen Gesundheit? Gibt es schädliche biologische Effekte (Gefahr von Krebs, oxidativem Stress, DNA-Schäden), schädliche thermische Effekte (Nachteile für Menschen mit medizinischen Hilfsmitteln wie Herzschrittmachern oder Hörgeräten)? Wer haftet für diese Beeinträchtigungen?
  • Was sind die Einflüsse auf den Wert von Liegenschaften? Erhöht oder vermindert eine Antenne in der Nähe den Wert einer Liegenschaft? Momentan ist zu beobachten, dass 5G eher wertmindernd wirkt, doch wird dies so bleiben? Wer haftet für diese Minderungen? 
  • Welche noch fehlenden technischen Verfahren werden entwickelt, um Strahlenbelastungen und das Einhalten von Grenzwerten zu garantieren? Welche noch nicht vorhandenen Schweizer Immissionsgrenzwerte werden hier definiert?

Angesichts der verbreiteten Vorbehalte in unserem Wohngebiet stellt sich mir zudem die Frage: Wer ist in Würenlos in die Entscheidungen 5G-Ausbau einbezogen und wer nicht? Eignen sich dazu unsere Baugesuchs-Verfahren? Mir scheinen diese für diese Anlagen unzureichend. Zu meinem Erstaunen wurde mir gesagt, dass bereits 4 Antennen in unserer Gemeinde ausgebaut sind. Wer hat dies entschieden? 

Trauen wir Einspracheberechtigten oder der Bauverwaltung Kenntnisse über Strahlenschutz zu, wenn sich solche nicht einmal der Bundesrat zutraut? Er hat im April 2020 beschlossen, dass zunächst Tests notwendig sind, um Transparenz für die Bevölkerung darüber zu schaffen, wie stark 5G-Antennen den Menschen tatsächlich belasten. Erste Resultate werden bis Ende 2021 erwartet (https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/elektrosmog/mitteilungen.msg-id-78857.html ).  

Ausgeschlossen vom Entscheid zu sein, verärgert mindestens einen Teil der Bürger inklusive mir. Ich bin überzeugt davon, dass eine breite Akzeptanz der Antennen-Entscheide erst gegeben sein wird, wenn das Vorgehen bei den (positiven oder negativen) Entscheiden über Bewilligungen solcher Antennen demokratisch akzeptiert ist. Die Unterschriften bezeugen, dass die Bevölkerung mitentscheiden möchte

Was könnten wir aus ähnlichen Entwicklungen in der Vergangenheit lernen? Als vor über 140 Jahren das Kabeltelefon seine ersten Anhänger suchte, war ein solcher Apparat ‘des Teufels’. Heute ist er nicht wegzudenken. Wir sprechen immer wieder von neuen Technologien. Das Neue lockt, und wir sind im Glauben “ja, das kommt schon gut”.  Dabei gibt es noch keine festgelegten Grenzwerte, geschweige denn bewährte Methoden, um diese Grenzwerte zu messen.

Aus meinem beruflichen aviatischen Kontext, weiss ich, dass ohne zertifizierte Prüfverfahren und -methode kein neues Fluggerät zugelassen wird. So ist gegenwärtig das Drohnenthema heiss diskutiert, doch solange die Qualitätssicherung lückenhaft ist, wird keine kommerzielle Drohne über ihre Testphase hinwegkommen. Das wird noch Jahre und unzählige Ingenieurstunden beanspruchen. 

Wieso haben wir es also in Würenlos so eilig, Antennen auszubauen, wo wir (und auch die Fachexperten) nicht mal wissen, wo die Lücken sind? Wer hat Interesse, uns als Bewohner von Würenlos als «Versuchskaninchen» zu gebrauchen für diese neuen Antennen? Umso mehr, da in anderen Kantonen und Gemeinden (Beispiel Neuenhof) Moratorien bestehen.

Wenn es andere (Swisscom) so eilig haben mit 5G, ist die Frage gewiss berechtigt, ob es jetzt nicht angezeigt wäre, statt mit zu galoppieren langsamer zu traben nach dem Motto ‘Würenlos baut nicht aus und beobachtet jetzt mal’? 

Demokratie braucht Menschen, die miteinander reden. Von den Initiant*innen der Unterschriftensammlung wurde angekündigt, dass sie bestrebt sind, baldmöglichst eine fachliche Informationsveranstaltung für die Bevölkerung zu organisieren. Um auf diese Weise Sachverhalte und viele offene Fragen klären zu können. Ich freue mich darauf!

Wie denken Sie über die 5G-Problematik? Auch Ihre Meinung interessiert. Benützen Sie die Kommentarfunktion unter dem Titel dieses Gastbeitrages von Alessandro Camisani.