Alle Beiträge von Peter Früh

Gemeindeabstimmung: Kindergarten Buech I

Der Kindergarten Buech I. Links der geplante Anbau. (Fotomontage)
Der Kindergarten Buech I. Links der geplante Anbau. (Fotomontage)

Soll der Kindergarten Buech I für
770 000 Franken saniert und erweitert werden? Die Gemeindeversammlung sagte Ja, dagegen hat die SVP mit Erfolg das Referendum ergriffen. Jetzt stimmen die Stimmberechtigten am 16. März an der Urne darüber ab. In den zwei folgenden Blogs votieren Hans Arnold für und Thomas Zollinger gegen die Umbauvorlage.

Reif für ein Parlament?

Ist die Gemeindeversammlung ein Auslaufmodell? Teil 3.
Ist die Gemeindeversammlung ein Auslaufmodell? Teil 3.

«Ein Einwohnerrat wäre besser», mag sich manch einer schon gesagt haben, der sich mit Art und Weise einer Gemeindeversammlung schwer tut.

Zehn Gemeinden im Aargau haben ein Gemeindeparlament. Ein solches sei geeignet für gemeinden ab etwa 10 000 Einwohnern, steht in einem Bericht über die aargauische Gemeindestruktur. Doch jede zweite Parlamentsgemeinde liegt unter dieser Marke. Die kleinsten sind Windisch (6750 Einwohner) und Buchs bei Aarau (7352). Die Lust auf einen Schritt zurück zur Gemeindeversammlung, wie ihn Spreitenbach 1986 nach einigen Jahren mit Parlament machte, ist dort nicht spürbar. Und die grösste Stadt mit Gemeindeversammlung, Rheinfelden (12 000 Einwohner), stimmt am 30. März darüber ab, ob der Einwohnerrat eingeführt werden soll.

Würenlos war lange Zeit zu klein, als dass sich diese Frage gestellt hätte. Doch nun, nach Überschreiten der 6000-Einwohner-Grenze? Bemerkenswert ist, dass Buchs vor 15 Jahren zwar schon ein Parlament, aber weniger Einwohner hatte als Würenlos heute. Und die damalige Einwohnerzahl von Windisch (6400) dürfte Würenlos in 3 bis 5 Jahren erreichen. Völlig aus der Reihe tanzen würden wir mit einem Gemeindeparlament also nicht.

Aber brächte das auch etwas? Als Journalist hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, viele Abende in grossen und kleinen Gemeindeparlamenten zu verbringen. Diese Erfahrung festigte meine Überzeugung, dass an der Gemeindeversammlung so lange als möglich festzuhalten ist.

Diese Basisdemokratie pur hat klare Stärken. So können sich am Entscheidungsprozess auch solche Stimmberechtigte direkt beteiligen, denen die Zeit für ein Amt als Parlamentarier fehlt. Weil viele im Berufsleben heute stark beansprucht sind, ist das ein grosser Vorteil.

Ein Parlament würde die politischen Parteien aufwerten, weil sie bei  Parlamentswahlen die entscheidende Rolle spielen und über ihre Einwohnerräte enger in den politischen Prozess eingebunden sind. Ansichtssache ist aber, ob damit die Bevölkerung insgesamt besser repräsentiert wäre.

Würden  40  Einwohnerratssitze analog dem Ergebnis der letzten Grossratswahlen (in Würenlos) verteilt, sähe die Sitzverteilung etwa so aus: SVP 13, FDP 8, CVP 8, SP 5, GLP 2, BDP 2, Grüne 2. SVP, FDP und BDP zusammen hätten eine komfortable Mehrheit und könnten zum Beispiel einen konsequenten Sparkurs leichter durchsetzen. Der grosse Einfluss von Interessengruppen (Sportler, Feuerwehr), die sogenannte «Turnverein-Demokratie», ist bei einem Parlament aber nicht unbedingt kleiner, wie das Beispiel Wettingen zeigt.

Gegenüber der Gemeindeversammlung hat ein Einwohnerrat auch eindeutige Stärken. Im Vergleich zu Versammlungsbesuchern bereiten sich Parlamentarier in der Regel gründlicher vor, und aus ihren Reihen gebildete Kommissionen nehmen Geschäfte noch genauer unter die Lupe. Ein Einwohnerrat hätte wohl den Würenloser Voranschlag 2014 nicht zusammen mit sechs weiteren Sachgeschäften an einem einzigen Abend verabschiedet. Er nähme sich mehr Zeit.

Gemeinderat und Parlament  begegnen sich eher auf Augenhöhe als Gemeinderat und Bürger an der Gemeindeversammlung, wo der Unterschied im Wissenstand oft riesig ist. Um ein gerechtes Sparpaket zu schnüren oder gar die Bau- und Nutzungsordnung zu revidieren, halte ich die Gemeindeversammlung darum für weniger geeignet als den Einwohnerrat. Und zur Sanierung der Finanzen könnten sich Instrumente wie Schuldenbremse oder Globalbudgets aufdrängen. Aber man bringe mal deren Funktionsweise einer Gemeindeversammlung näher! Da denken doch die meisten schon nach dreiminütigem Finanzexkurs nur noch an den Apero danach.

Diese Schwächen unserer Gemeindeorganisation zu kompensieren, ist eine gewaltige Herausforderung für den neuen Gemeinderat. Mit  Info-Abenden für die ganze Bevölkerung anstelle der interparteilichen Versammlungen hat der alte Gemeinderat einen ersten Schritt getan. Doch die politischen Prozesse müssen noch viel transparenter werden. Die Bürger müssen kontinuierlicher und rascher informiert werden. Und bedeutende Planungen erfordern eine institutionalisierte Bürgermitsprache  von Anfang an.

Ortsparteien erodieren

ParteilogosRepräsentiert die Gemeindeversammlung die Mehrheit der Stimmberechtigten? – Zweifel sind berechtigt (siehe Beitrag «Ein Auslaufmodell»). Ein Teil dieses Problems sind die Ortsparteien. Sie taugen wenig als Sensoren für die Befindlichkeit und die Anliegen der Bevölkerung.

Auf den ersten Blick steht es gar nicht so schlecht um die Parteien. Die Website der Einwohnergemeinde listet immerhin vier Orts- und zwei Bezirks- oder Regionalparteien auf. Schauen wir mal näher auf die politischen Pole. Einzig sichtbares Tun der lokalen SP ist ihr Erscheinen im Parteienverzeichnis. Und die SVP? An Regsamkeit ist sie klar die Nr. 1. Mit dem Referendum gegen den Kindergarten-Buech hat sie soeben ihre Schlagkraft bewiesen.

Aber wo war diese Partei an der letzten Gemeindeversammlung – warum hat sie das Ja nicht schon dort verhindern können? Und weder sie noch eine andere Ortspartei war imstande, schon im Vorfeld der Versammlung die Öffentlichkeit über ihre Ansichten und Pläne zu orientieren. Politik auf dem Latrinenweg also. Unappetitlich!

Können Sie sich an eine öffentliche lokalpolitische Offensive oder Veranstaltung  einer Ortspartei erinnern – abgesehen von den SVP-Referenden der letzten Jahre und den rituellen Kandidatenpodien vor den Gemeinderatswahlen? Ich nicht. Aber wäre es nicht eine Kernaufgabe von Parteien, frische Ideen und Zukunftsvorstellungen öffentlich zur Diskussion zu stellen?

Sicher, wie die Vereine leiden auch die Parteien darunter, dass viele Leute nicht mehr bereit sind, sich für eine Sache längerfristig zu verpflichten und ehrenamtlich zu arbeiten. Was eine Ortspartei meint, entscheiden oft ein paar wenige Nasen. Nicht nur in Würenlos. Von «Erosion der lokalen Parteien» spricht Hans Geser, Professor am Soziologischen Institut der Uni Zürich. Die Anhängerschaft schrumpfe, die lokalen Parteivorstände würden kleiner und die Versammlungsaktivität nehme ab (»Link). Das hat Folgen: «Dominierendes Muster in der Schweizer Gemeindelandschaft» sei der «Rückgang des Parteieinflusses», sagen die Politikwissenschaftler Andreas Ladner und Reto Steiner (»Download pdf).

Um ihre Bedeutung hervorzuheben, betonen Ortsparteien gerne ihre Funktion bei der Suche und Nomination neuer Behördenmitglieder. Aber selbst die so mobilisierungsstarke SVP war im Herbst nicht in der Lage, frische Kräfte in den Kampf um ihren frei werdenden zweiten Gemeinderatssitz zu schicken. Und wer erzielte das weitaus beste Wahlresultat? Toni Möckel, ein Parteiloser. Parteilose sind in den Behörden vieler Gemeinden im Vormarsch!

Auch die Bedeutung der  Verankerung der Mandatsträger in Parteien ist kleiner als oft beschworen. Schweizweit weichen vor allem bürgerliche Gemeinde- bzw. Stadträte häufig von der Linie ihrer Parteien ab – das übergeordnete Ganze im Auge habend. Umgekehrt empfehlen sich nicht bloss für Snowboarder, sondern auch für Würenloser Gemeinderäte solide Rückenpanzer. Zu gerne fallen ihnen ihre eigenen Parteien in den Rücken (siehe Steuerfuss 2014).

Lokalpolitik ist stets mehr Sach- als Parteipolitik. Die Fronten laufen meistens quer durch die Parteien. Wohin soll das Alterszentrum zu stehen kommen, soll eine Wasserleitung erneuert werden? Für solche Fragen sind nationale oder kantonale Parteiprogramme keine Richtschnur. Darum haben in Sachfragen Interessengruppen (Eltern, Senioren, Sportler, Naturschützer, Grundeigentümer oder Gewerbetreibende) grösseren Einfluss als Parteien.

In den Ortsparteien finden Gemeindebehörden immer seltener repräsentative Gesprächspartner. Um das Ohr am Volk zu haben, könnte der Gemeinderat ebenso gut vor dem Coop 30 x-beliebige Würenloserinnen und Würenloser befragen. Es braucht verlässliche Frühwarnsysteme. Stimmungslagen und Widerstände frühzeitig wahrzunehmen, erleichtert das Regieren. Exekutiven gut geführter Gemeinden verlassen sich darum heute nicht mehr schwergewichtig auf Stimmen aus dem verstaubten Parteienstadl, sondern bedienen sich zuverlässigerer Instrumente für einen Dialog mit der Bürgerschaft. Mehr darüber in einem späteren Artikel.

Die Postkutsche schlingert

Das dürfte eine typische Würenloser Posse mehr werden. Da meldet die Post mit Flugblatt in alle Haushaltungen, «im Einvernehmen mit der Gemeinde» zügle sie im Frühjahr vom heutigen Standort zwischen Post und Rössli an den Ländliweg 1, vis-à-vis der Raiffeisenbank. Nicht nur bei den direkten Anwohnern löste der genannte Standort sofortiges Kopfschütteln aus. Da wirds eng am Ländliweg! Wieso weg vom Zentrum, jetzt wo das Alterszentrum dort geplant wird, und  gab es wirklich keine Alternative? (siehe auch die Kommentare zum Beitrag von letzter Woche.)

Und nun wird durch Nachfragen besorgter Bürger bekannt und von Bauverwalter Werner Huber bestätigt, dass es für die Einrichtung der Poststelle am Ländliweg eine Baubewilligung braucht und ein Baugesuch bei der Gemeinde noch gar nicht eingegangen, geschweige denn bewilligt worden ist. Da sind offensichtlich den Postillons zu Bern und Wettingen (und jenen Würenloser Gemeindevertretern, die sich allenfalls zu ihnen in die Postkutsche und mit ihnen ins Einvernehmen gesetzt haben) die Pferde durchgebrannt. Die Bauverwaltung scheint vorher nicht konsultiert worden zu sein.

Das aargauische Baugesetz verlangt zwingend eine Baubewilligung, wenn eine hinsichtlich der Anliegen der Raumplanung, des Umweltschutzes oder der Baupolizei „wesentliche Umgestaltung, Erweiterung oder Zweckänderung“ geplant ist. Und das ist hier der Fall.  Zum Stolperstein im Bewilligungsverfahren könnte neben der Anzahl Parkplätze und der ohnehin schon kritischen Verkehrssituation im Bereich Kreisel-Schulstrasse-Einmündung Ländliweg auch der lärmige Warenumschlag in den Tagesrandstunden werden. In Würenlos weiss man zudem bestens: Wo ein Baugesuch ist, da sind auch Rekurrenten nicht weit. Gut möglich, dass in Sachen Umzug also aus der Expresspost eine Schneckenpost wird.

Auch wenn der Mietvertrag schon abgeschlossen sein sollte, böte eine Einzugsverzögerung der Post Gelegenheit, sich doch noch nach einem besseren Standort umzusehen. So steht zum Beispiel keine hundert Meter vom heutigen Standort eingangs der Juchstrasse ein früherer Lebensmittelladen leer. Allein schon aufgrund der zentraleren Lage und der günstigeren Verkehrs- und Parkplatzsituation wäre dieser Standort demjenigen am Ländliweg überlegen. würenblicker weiss, dass die Post zwar bei der Eigentümerschaft an der Juchstrasse unverbindliche Erkundigungen einzog, sich dann aber ohne konkrete Verhandlungen eilends für den anderen Standort entschied.