Archiv der Kategorie: Planen, bauen, wohnen

Blick in Würenloser Stuben (1)

Wie leben Herr und Frau Würenloser in ihren eigenen vier Wänden? würenblicker hat in den vergangenen Jahren die auf Internet-Immobilienportalen zur Vermietung oder zum Verkauf ausgeschriebenen Angebote aufmerksam studiert und die  Bilder der gezeigten Räume archiviert. In den kommenden Wochen werden – sofern nicht Aktualitäten nach einer aktuellen Kommentierung rufen – jeweils zehn Beispiele pro Woche präsentiert.  Neun Wohnzmmer und, quasi durchs Schlüsselloch geguckt, ein Schlafzimmer. Es wird lediglich die Strasse genannt, an welcher die betreffende Liegenschaft liegt, nicht aber aus Datenschutzgründen die Hausnummer. Für eine vergrösserte Ansicht die Bilder anklicken!

25 000 m² neues Bauland bis 2040

Würenlos wächst. Soll es immer weiter ins Grüne hinaus wuchern? Neu sagt der Kanton, wo’s lang geht, um wie viel das  Baugebiet noch wachsen darf. Und er steht «auf den Schlauch».

Bei der Einzonung neuen Baulandes kommt es im Aargau zu einem markanten Wechsel im Vorgehen. Nicht mehr die Gemeinde kann in einem ersten Schritt festlegen, wo und wie viel Land sie neu einzonen will. Und der Grosse Rat gibt dann seinen Segen dazu (oder auch nicht).

Neu berechnet zuerst der Kanton, wie viel neues Bauland aufgrund der Bevölkerungsprognosen in den nächsten 25 Jahren im ganzen Kanton benötigt wird. Und dann legt er (in  Absprache mit den Regionalplanungsverbänden und Gemeinden) im kantonalen Richtplan das Siedlungsgebiet jeder einzelnen Gemeinde fest. Aus dem Richtplan geht auch hervor, ob und um wie viele Quadratmeter eine Gemeinde ihr Baugebiet ausdehnen darf – oder reduzieren muss, wenn es überdimensioniert ist. Diese Richtplananpassung Siedlungsgebiet ist momentan im Gange.

Oberste Devise ist der haushälterische Umgang mit der rarer werdenden Ressource Boden. Im ganzen Bezirk Baden, also auch in Würenlos, werden keine Auszonungen verlangt. Würenlos gehört nach kantonaler Definition zum urbanen Entwicklungsraum, wo grösseres Bevölkerungswachstum weiterhin möglich sein soll. Und darum gehört es auch zu den nur 23 Gemeinden im ganzen Kanton, die ihr Siedlungsgebiet bis zum Jahr 2040 überhaupt noch ausdehnen können.

Die Wiese an der Ecke Schul-/Büntenstrasse ist das grösste Areal, das bis 2040 noch eingezont werden dürfte.
Die Wiese an der Ecke Schul-/Büntenstrasse ist das grösste Areal, das bis 2040 noch eingezont werden dürfte.

Allzu sehr wird die Siedlungsfläche in Würenlos in den nächsten 25 Jahren aber nicht mehr wachsen können: Genau um noch 2,5 Hektaren oder 25 000 Quadratmeter. Allein 1,9 Hektaren misst die grosse Wiese an der Ecke Bünten-/Schulstrasse, die Baugebiet werden dürfte. Weitere kleine Einzonungen wären  beim Bickguet (0,3 ha), am Ende des Schliffenenwegs und im Gebiet Halde (je 0,1 ha) möglich. (Einen Link zum Download einer Übersicht mit Kartenauschnitten zur Siedlungsgebieterweiterung in Würenlos und in weiteren Gemeinden finden Sie am Schluss dieses Artikels.)

Die im Richtplan zur Einzonung vorgesehenen Gebiete sind für die Gemeinde nicht absolut verbindlich. Wie die kantonalen Raumplaner an einer Info-Veranstaltung von Baden Regio betonten, soll Land eines Bauern, der sein Land weiter bewirtschaften will, nicht partout eingezont werden. Vielmehr hätte die Gemeinde die Möglichkeit, dieses Land mit solchem von vergleichbarer Standortqualität zu tauschen. Das Land in der Bünten grenzt an drei Seiten an Baugebiet und es wurde vor allem wegen der guten Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr zur Einzonung auserkoren. Areale dieser Grösse und von vergleichbarer Standortqualität gibt in Würenlos allerdings kaum mehr – am ehesten noch beim Bauernhof Markwalder an der Zelglistrasse.

Bei der Ermittlung des Flächenbedarfs an Wohnzonen in Würenlos bereits eingerechnet sind im künftigen kantonalen Richtplan 1,2 Hektaren Wohn- und Gewerbezone im Gebiet Im Grund, die in eine reine Wohnzone umgewandelt werden können.

Neu eingezontes Land muss einer Wohn- oder Mischzone (Wohnen/Gewerbe) zugeteilt werden. Reine Arbeitsplatzgebiete hat’s im Aargau mehr als genug, sie können nur noch ausnahmsweise und im Rahmen eines knappen kantonalen Kontingents neu eingezont werden. Für neu eingezontes Bauland schreibt der Kanton eine generell höhere Mindestdichte vor als bisher. Stichwort: Wachstum nach Innen.

Wie geht es weiter? Zur Richtplananpassung Siedlungsgebiet, die in Absprache mit Regionalplanungsverbänden und Gemeinden erarbeitet worden ist, kann sich jedermann  bis 20. September in einem Mitwirkungsverfahren äussern (zum Formular für Online-Mitwirkung). Im Verlauf des nächsten Jahres soll der Grosse Rat den Richtplan verabschieden, so dass Ende 2015 die Genehmigung durch den Bundesrat erfolgen könnte. Damit fände das heute geltende Moratorium für Neueinzonungen ein Ende.

Doch eingezont wäre das neue Bauland damit noch keineswegs. Dafür muss – ähnlich wie bisher – in der Gemeinde und im Kanton noch das Einzonungsverfahren (Gemeindeversammlung etc.) durchgespielt werden. Und eingezont werden darf nur, wenn mehrere restriktive Bedingungen erfüllt sind – vor allem muss dannzumal der aktuelle Bedarf an neuem Bauland auf 15 Jahre hinaus nachgewiesen werden.

Erweiterung Siedlungsgebiet Kant. Richtplan

Steinhof: Würenlos in Geiselhaft

Ein Bericht in der AZ hat vielen Würenlosern die Augen geöffnet: Für den Abbruch des Gasthofes Steinhof inklusive aller Nebengebäude liegt eine Abbruchbewilligung vor. Sie ist – wertfrei formuliert – vom Gemeinderat äusserst speditiv erteilt worden.

Der Kopfbau des seit dem Tod der langjährigen Eigentümerin geschlossenen Gasthofes Steinhof. links die Terrasse mit .den Kastanienbäumen
Der Kopfbau des seit dem Tod der langjährigen Eigentümerin geschlossenen Gasthofes Steinhof. links die Terrasse mit .den Kastanienbäumen.

Über die Eile, mit der die Abbruchbewilligung erteilt wurde, wundern sich auch Planungsfachleute. Sie sagen, es wäre möglich gewesen, über das ganze Gebiet südlich des Bahnhofs (Perimeter der Entwicklungsstudie im Grund), also auch über das Steinhof-Areal, eine Planungszone zu verfügen. Das hätte ein weitgehendes Moratorium für baurechtliche Bewilligungen bedeutet. Doch dafür fand sich im früheren Gemeinderat keine Mehrheit. Und Bemühungen, wenigstens den Kopfbau des Gasthofs unter Schutz zu stellen oder von der Abbruchbewilligung auszunehmen, scheinen nicht unternommen worden zu sein. Jedenfalls wurden nie solche Versuche kommuniziert.

Rechtlich ist also der Zug abgefahren, um den Steinhof als Ganzes oder wenigstens in Teilen zu erhalten. Zwar wird dem Gasthof in der Buchreihe «Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau» im Kapitel über Würenlos keine einzige Zeile gewidmet. Doch für viele ist der Gasthof aus dem Dorf nicht wegzudenken. In einem sich baulich verändernden Umfeld seien solche identitätsstiftende Objekte wichtig, steht in der Entwicklungsstudie im Grund. Und die Empfehlung daraus: «Der Gasthof Steinhof (im Minimum der Kopfbau und die Terrasse mit den Bäumen) muss zwingend erhalten werden. Der Kopfbau mit der markanten Gartenterrasse muss auch künftig im Strassenraum der Landstrasse als identitätsstiftendes Objekt wahrgenommen werden.»

Diese Sätze sind bereits Makulatur. Behörden und Öffentlichkeit sind nun ganz auf den Goodwill des Eigentümers und der öffentlich für ihn sprechenden Immobilienunternehmer angewiesen. Diese haben den Gemeinderat und damit die Öffentlichkeit in der Hand und können mehr oder weniger subtil Druck machen: Entweder ihr gebt uns, was wir wollen, oder wir brechen den Steinhof ab. Von der AZ befragt, drohte der beteiligte Architekt Martin Thalmann bereits: «Sollte sich das ganze Landgeschäft nicht bald realisiert lassen, müsste der gesamt Steinhof abgebrochen werden, um Kosten zu sparen.»

Es geht aber um viel mehr als nur um den Gasthof mit der lauschigen Kastanienterrasse und dessen hohen Unterhaltskosten. Es geht um die bauliche Zukunft des noch unüberbauten (und unerschlossenen) Gebiets Steinhof/Im Grund. Und da scheint der Druck bereits zu wirken. Mit ihren Ideen ins Leere laufen liess der Gemeinderat jedenfalls jene Fachleute, die im Auftrag der Gemeindeversammlung die Entwicklungsstudie im Grund erstellt haben. Ihre Empfehlungen weichen ab von den Plänen der Steinhof-Unternehmer.

Gemeindeammann Hans Ulrich Reber spricht in der AZ von einem planerischen «Verfeinerungsverfahren, in dem man zur Zeit stecke. Zweckoptimismus in einer vermutlich ziemlich verfuhrwerkten Situation. Streitpunkt ist eine durchgehende Strassenverbindung quer durchs Steinhofareal zum Bahnhof. Eine solche Strasse halten sowohl der Kanton wie die Entwicklungsstudie im Grund für nötig. Doch käme sie, müsste bei der Planung und Anordnung der Wohnbauten darauf reagiert werden. Die Entwicklungsstudie schlägt einen mit Nebengebäuden bebauten erweiterten Strassenraum, einen sogenannten Anger vor.

Der Gemeinderat ist gegen die durchgehende Strasse, weil er laut Reber Schleichverkehr aus dem Gebiet Bahnhof durchs neue Wohnquartier befürchtet. Das klingt vernünftig – wenn nur der grössere Zusammenhang nicht wäre. So hat der Gemeinderat auch eine Nutzungsplanänderung aufgegleist, die der Landi ermöglichen würde, im Gewerbegebiet einen Grossmarkt mit 70 Parkplätzen zu bauen. Der Verzicht auf eine durchgehende Strasse bis zum Bahnhof könnte das definitive Ende für den Landi-Neubau bedeuten.

Denn bis heute ist nicht überzeugend aufgezeigt worden, wie die alleinige Erschliessung des Gewerbegebietes über den Knoten Land-/Bahnhofstrasse bei der SBB-Barriere künftig funktionieren könnte. Das Verkehrsgutachten, das die Landi dazu eingereicht hat, ist das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben wurde. Darin ist von durchschnittlich zwei Barrierenschliessungen pro Stunde die Rede. Bereits heute sind es aber (inkl. Güterzüge) mindestens vier. Überdies werden bauliche Lösungen, die ein Verkehrschaos wirklich verhindern, nach Ansicht von Fachleuten sehr teuer und entlang der Landstrasse viel privates Land beanspruchen.

Die planerische Situation ist also äusserst komplex. Alle Entscheide haben über Generationen hinaus direkte Konsequenzen für ganz Würenlos und wollen gründlich überlegt sein. Darum verbietet sich beim Steinhof-Areal jede Eile und erst recht jeder aus taktischen Gründen erzeugte Zeitdruck. Das öffentliche Interesse an einer guten Lösung der Erschliessungsfrage, die für Jahrzehnte halten muss, geht privaten Interessen vor. Auch wenn das mit Härte verbunden ist. Wie für den Erben der letzten Steinhof-Wirtin, ihren früheren Koch. Um die hohen Erbschaftssteuern zu bezahlen und um den Gasthof renovieren und wieder betreiben zu können, ist er darauf angewiesen, den Rest des Areals verkaufen zu können.

Planung à la Würenlos

Grösstmögliche Transparenz ist die Grundlage des Vertrauens in jede Behördenarbeit. Ungut, wenn diesem Grundsatz nur nach Lust und Laune nachgelebt wird. Darum werden hier Teile einer Entwicklungsstudie veröffentlicht, welche die Einwohnergemeinde an der Gemeindeversammlung für viel Geld in Auftrag gegeben, bisher aber nicht zu sehen bekommen hat.

Das Gebiet zwischen Steinhof und Bahnhof steht vor grossen, das ganze Dorf prägenden Veränderungen. Ein klarer Fall für eine gesamtheitliche Planung, damit kein unsägliches Flickwerk entsteht. 2012 hat die Gemeindeversammlung denn auch einen hohen Kredit von 200 000 Franken bewilligt für eine Entwicklungsstudie «Im Grund», umfassend die Areale Steinhof (inkl. Liegenschaft Gruber), Im Grund, Gewerbegebiet Grosszelg und Bahnhof.

Drei Teams mit renommierten Planern verschiedener Fachrichtungen haben in der Folge Vorstellungen entwickelt und Vorschläge gemacht, wie das Gebiet baulich zu entwickeln wäre und was es dabei alles zu beachten und vorzukehren gilt. Seit Herbst 2013 liegen die Studienresultate vor. Doch jede Information über sie wurden der Öffentlichkeit bisher vorenthalten. Dabei schlug das Gremium, das zur Begleitung der Studie gebildet worden war und dem auch Gemeindeammann Hans Ulrich Reber angehörte, wenigstens eine summarische Information vor. Sie wird hier teilweise nachgeliefert: Ein Erkenntnisbericht des Begleitgremiums und eine Synthese (gewichtete Zusammenfassung) finden Sie als PDF-Dateien mittels Link am Schluss dieses Artikels.

Weshalb die Funkstille? Dem Gemeinderat passten die Ergebnisse nicht in den Kram. So nahm er auch die Studie nicht als Grundlage für einen Entwicklungsrichtplan, der als nächster Schritt folgen sollte. Über dieses Planungsinstrument, das vom Gemeinderat zu beschliessen und für ihn dann auch verbindlich ist, sollte nach ursprünglichen Plänen breit informiert werden, ja sogar von einem öffentlichen Auflageverfahren war die Rede.

Ein Entwicklungsrichtplan soll nun als Entwurf trotzdem vorliegen. Verfasst hat ihn – wohl nach dem Gusto des Gemeinderates (und der interessierten Bauherrschaften) – ein an der Studie nicht beteiligter Planer. Doch beim Kanton fiel dieser Entwurf durch. Der Kanton war im Begleitgremium der Entwicklungsstudie vertreten, er hat bei der Verkehrserschliessung (Landstrasse!) ein gewichtiges Wort mitzureden.

Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass der Gemeinderat das Auflageverfahren für die Nutzungsplanänderung Grosszelg, die für den Landi-Neubau nötig ist, bereits durchgeführt hat und das Geschäft schon im September an einer Extra-Gemeindversammlung vom Stimmbürger absegnen lassen will. Damit würde wohl genau das erreicht, was man mit der Entwicklungsstudie zu vermeiden versuchte: ein Flickwerk, das die grossen Zusammenhänge ausser Acht lässt.

Der Regionalplanungsverband Baden Regio äussert denn auch in der Stellungnahme zuhanden des kantonalen Baudepartements sein Befremden darüber, dass die Entwicklungsstudie «Im Grund» bei der Nutzungsplanänderung pro Landi nicht berücksichtigt worden ist.

Bürger fühlen sich schlecht informiert, Bauherrschaften blockiert, «Aarau» zeigt sich sperrig. Doch wer handelte hier konzeptlos? Und wer hat von den Steuerzahlern eine Fünftelmillion Franken beantragt für eine Studie, um diese zu schubladisieren, kaum war sie erstellt?

Schlussbemerkung:  Im  Auflageverfahren zur Landi-Nutzungsplanänderung war es möglich, einen Teil der Berichte zur Entwicklungsstudie «Im Grund» einzusehen. Keine leichtverständliche Kost. Doch Studien, welche die Gemeindeversammlung in Auftrag gegeben hat, sind der Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen und zwar ungefiltert! Interessant sind sie allemal und unerlässlich als Grundlage für eine breite Debatte. Es ist zu wünschen, dass der Gemeinderat eine solche für das ganze Gebiet «Im Grund» doch noch eröffnet – raschmöglichst, und nicht erst, wenn alle Fakten schon geschaffen sind.
Entwicklungsstudie im Grund
Synthese Entwicklungsstudie Im Grund