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Wehrt sich Würenlos zu wenig?

Wegen seiner Lage am Rande des Kantons und der Region fällt es Würenlos nicht immer leicht, sich für seine Anliegen Gehör zu verschaffen. Sollte sich der Gemeinderat selber vehementer für die Bevölkerung einsetzen – etwa beim Fluglärm, in der regionalen Verkehrsplanung oder bei der regionalen Deponieplanung?

Wir sind schon ein Spezialfall. Die meisten im übrigen Kanton kennen unser Dorf höchstens dem Namen nach, ein Kaff irgendwo kurz vor Zürich. Was mich immer wieder überrascht, ist die fast totale Ignoranz, mit der selbst die meisten mir bekannten Badener, Gebenstorfer oder Mellinger meinem Wohnort begegnen.

Würenlos gehört zwar dem Regionalplanungsverband Baden Regio an. Doch wir gehören nicht zur Agglomeration Baden-Brugg. Für die Raumplaner und Statistiker des Bundes sind wir und wenige andere Gemeinden im Bezirk (Bellikon, Bergdietikon, Künten, Killwangen und Spreitenbach) Teil der Agglomeration Zürich. Dies weil wir messbar in diversen Belangen engere Beziehungen haben zur Stadt Zürich und ihrem Umfeld als zu Baden oder Wettingen. Der jüngst eröffnete Radweg nach Oetwil an der Limmat zeigt, wie wichtig bei uns interkantonale Zusammenarbeit ist.

Selbst in der eigenen Region sind wir also etwas aussen vor. Da dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir in dem vom Kanton zusammen mit Baden Regio erarbeiteten so genannten «Regionalen Gesamtverkehrskonzept Ostaargau» (Oase) überhaupt nicht vorkommen.

Dieser Tage war das neue Betriebsreglement für den Flughafen Zürich wiederum Thema in der Regionalpresse. Das Reglement sieht neu für Starts prioritär die Piste 28 vor. Dabei wird via Furttal direkt nach Westen über das Limmattal, den Rohrdorferberg und das Reusstal geflogen. Neu werden die Flugzeuge länger den Lägern entlang fliegen und erst auf der Höhe Würenlos/Wettingen abdrehen. Das bedeutet eine höhere Lärmbelastung für Würenlos und Wettingen, während der Mutschellen, Bergdietikon und Spreitenbach von Überflügen entlastet werden, wie Hans-Martin Plüss, Fluglärmexperte des kantonalen Departements für Bau, Verkehr und Umwelt vor einem Jahr im «BT» erklärt hat.

Gegen das neue Betriebsreglement erhebt Baden Regio Einsprache. Das ist gut so. Doch hat mittlerweile hat auch Spreitenbach – wie zuvor schon Wettingen – bekanntgegeben, zusätzlich noch eine eigene Einsprache zu machen. In einem Bericht im «Badener Tagblatt» vom 2. Oktober begründete dies der Spreitenbacher Gemeindeammann Valentin Schmid wie folgt: «Der Verbund muss eine ganze Region vertreten und dementsprechend auf andere Punkte eingehen.» Die Gemeindeeinsprache dagegen konzentriere sich auf den einzigen Punkt , der für die Gemeinde wichtig sei: Entweder frühere Überflüge am Morgen oder spätere am Abend, aber nicht beides zusammen.

Im gleichen Bericht wird auch unser Gemeindeammann Toni Möckel dahingehend zitiert, Würenlos halte an seiner Haltung fest, auf eine eigene Einsprache zu verzichten. Die Gemeinde sehe ihre Interessen mit der Einsprache von Baden Regio am effizientesten vertreten.

Diese Haltung, die damals mit äusserst Flughafen-freundlichen Formulierungen erläutert wurde, hat schon Ende 2018 Kritik und Verärgerung ausgelöst. In Leserbriefen und auch in einem «BT»-Artikel warfen Bürger dem Gemeinderat  vor, einzelne Vorteile des neuen Abflugregimes – etwa die höhere Flugsicherheit – höher zu gewichten als die Interessen der eigenen Bevölkerung. Nun ist im Dorf die Frage zu hören, ob der Gemeinderat seine passive Haltung nicht überdenken sollte. Immerhin seien doch beträchtliche Nachteile für unser Dorf zu befürchten.

Politisch wäre dies vielleicht klug und ein Beitrag zur Vertrauensbildung – selbst wenn es reine Symbolpolitik bliebe. Denn ob Einsprachen von Gemeinden oder Regionen überhaupt etwas bringen, ist mehr als fraglich. BadenRegio-Präsident und Wettinger Gemeindeammann Roland Kuster jedenfalls zieht im «BT» eine ernüchternde Bilanz: «Die Bedenken und Interessen der Bevölkerung im Ostaargau werden offenbar beim Flughafen Zürich sowie den zuständigen Bundesstellen in keiner Weise ernstgenommen.» 

Solidarität ist etwas Schönes und Wertvolles. Bisweilen aber grenzt die Solidarität, die unser Gemeinderat mit anderen Regionsgemeinden demonstriert, an Willfährigkeit. Auch dazu ein Beispiel. würenblicker und andere Medien haben schon vor geraumer Zeit darüber berichtet, jetzt aber ist die «Limmatwelle» vom 26.9 in grosser Aufmachung darauf zurückgekommen. Unsere Nachbargemeinde Otelfingen wehrt sich weiterhin vehement gegen die Aushubdeponie, welche gemäss einem im Auftrag von BadenRegio und regionalen Aushubfirmen entwickeltes regionales Deponiekonzept im Würenloser Gebiet Steindler vorsieht. Nach zürcherischen Kriterien käme die Deponie zu nahe an das Siedlungsgebiet von Otelfingen zu liegen.

Unser Siedlungsgebiet wird die Deponie zwar nicht direkt beeinträchtigen, sehr wohl aber aber die Landschaft in unserem Naherholungsgebiet. Eine geplante Deponie auf Gemeindegebiet – da ist jede Exekutive wohl gut beraten, das Projekt sehr kritisch zu begleiten und sich durchaus etwas sperrig zu zeigen. Es geht darum, bei einer Realisierung des Vorhabens die Nachteile für die Standortgemeinde minim zu halten und den wahren Profiteuren der Deponie so viele Zugeständnisse als möglich abzuringen.

Davon war an der Orientierungsversammlung in diesem Sommer wenig zu spüren. Der Gegenwind aus dem Kanton Zürich wurde vom Gemeinderat heruntergespielt. Unserem Gemeinderat ist offensichtlich die Solidarität mit der aargauischen Region wichtiger als das gute Einvernehmen mit den Zürcher Nachbarn, auf die wir so sehr angewiesen sind bei der Lösung vieler unserer Probleme.

Die Deponie ist ja nicht wegen den vielen Würenloser Neubauten nötig. Für diesen Aushub würden die noch offenen Kiesgruben auf Gemeindegebiet noch lange ausreichen. Die regionale Planung zeigt klar, wie der Hase läuft:  Wohin mit einer hässlichen Deponie? In eine Gemeinde ganz am Rand der Region und des Kantons und dort noch in die hinterste Ecke!

Steindler soll in die Höhe wachsen

Die Senke im Steindler: Links hinten das gleichnamige Gehöft an der Furttalstrasse, rechts hinten das Dorf Otelfingen. Die Deponie würde zwischen der Furttalstrasse und dem parallel zu ihr verlaufenden Feldweg (Bildmitte) durchs Teufermoos angelegt.

Nachbarn im zürcherischen Furttal haben schon vor Monaten Alarm geschlagen. Nun hat auch unser Gemeinderat die Katze aus dem Sack gelassen. An seiner Informationsveranstaltung neulich informierte er erstmals offiziell über den Plan, entlang der Furttalstrasse im Würenloser Gebiet Steindler eine Deponie für sauberen Aushub einzurichten. Diese Deponiepläne dürften auch diesseits der Kantonsgrenze noch viel zu reden geben.

«Es ist schon paradox», meinte ein Würenloser beim Apéro nach der Orientierungsversammlung, an der auch über die Renaturierung des Furtbaches zwischen dem Kempfhof und der Abwasserreinigungsanlage bei Otelfingen/Hüttikon informiert worden war. An einem Ort werde die Landschaft mit erheblichem Aufwand aufgewertet, an einem anderen auf Jahre hinaus aber in Mitleidenschaft gezogen. In der Senke des Teufermoos – im äussersten Zipfel unserer Gemeinde gegen das Dorf Otelfingen hin – sollen dereinst rund 1,8 Millionen Kubikmeter sauberen Aushubmaterials abgelagert werden.

Die Deponie würde etwa zehn Jahre lang betrieben – etappenweise. Nicht das ganze Areal wäre also 10 Jahre lang eine Wunde in der Landschaft. Schliesslich wird die ganze Fläche wieder zu Kulturland. Im besten Fall wird der Eingriff ins Landschaftsbild später kaum erkennbar sein. Anstelle der Senke wird sich ein flacher Hügel erheben.

Seit rund sechs Jahren evaluiert Baden Regio zusammen mit regionalen Aushubfirmen mögliche Standorte für eine Aushubdeponie. Federführend beim Standort Steindler ist die Wettinger Kies- und Erdbaufirma Eduard Meier AG. Das Vorgehen entspricht dem Prozedere laut Aargauischem Abfallkonzept. Zwischen den Landeigentümern und der Eduard Meier AG sollen bereits Verträge bestehen.

In erster Linie werden mit Aushubmaterial ausgebeutete Kiesgruben wieder aufgefüllt. Ein Bedarf an zusätzlichen Aushubdeponien zeichnet sich ab, weil seit einigen Jahren der Landschaft weniger Kies und Sand entnommen wird als Aushubmaterial bei Neubauten anfällt. Zudem sind die Kiesabbaugebiete ungleichmässig übers Land verteilt, weshalb aus gewissen Gebieten der Aushub über weite Distanzen weggeführt werden muss.

Trotzdem stellen sich Fragen zum Bedarf. Mit der regen Bautätigkeit in Würenlos selber hat das Vorhaben herzlich wenig zu tun. Das meiste Aushubmaterial wird aus dem Kanton Zürich stammen. An der Versammlung wies Sigi Zihlmann darauf hin, dass im Raum Würenlos-Wettingen noch grosse Kieslöcher klaffen, ein ziemlich grosses Ablagerungsvolumen für Aushub also vorhanden ist. Ein Fragezeichen hinter Aushubdeponien darf man auch setzen, weil die Recyclingtechnik laufend weiter entwickelt wird. In der Schweiz gibt es bereits Firmen (darunter die aargauische Erne-Gruppe) , welche die wertvollen Rohstoffe Kies und Sand aus Aushub gewinnen, in dem sie diesen brechen, waschen und sieben. Vielleicht nicht die billigste Lösung, sicher aber die ökologischste.

Für die Aushubanlieferung werde mit bis zu 80 Lastwagenfahrten pro Tag gerechnet, wurde an der Orientierungsversammlung gesagt. Ein Vorteil des Standorts Steindler ist die günstige Verkehrslage. Die Furttalstrasse führt direkt am Areal vorbei. Und der Wert des Gebiets Steindler als Naherholungsgebiet ist schon heute erheblich vermindert durch die lärmige Furttalstrasse sowie die grossflächigen Kulturen unter Glas und Plastic dies- und jenseits der Kantonsgrenze. Was kümmert es uns also, wenn auch noch in dieser Ecke der Gemeinde (und nicht nur im Tägerhard) die Landschaft etwas zu leiden hat?

In Otelfingen dagegen hat das Deponievorhaben bereits beträchtlich Staub aufgewirbelt. Der ehemalige SVP-Nationarat und frühere Otelfinger Gemeindepräsident Ernst Schibli (der mit dem Geissbock Zottel) und ein weiterer Otelfinger haben schon im September von ihrem Gemeinderat mit einer Initiative Unterstützung im Kampf gegen die Deponie verlangt. Darüber berichtete damals die Regionalzeitung «Zürcher Unterländer» (Link) in grosser Aufmachung. Die Initianten schrieben in einer Medienmitteilung, die mit dem grossen Lastwagenverkehr verbundenen «Immissionen und Emissionen aller Art verunmöglichen ein qualitativ vernünftiges Leben und Wohnen».

Inzwischen hätten Gespräche mit den Opponenten jenseits der Kantonsgrenze stattgefunden und die Wogen hätten sich etwas geglättet, sagte Gemeindeammann Toni Möckel an der Orientierungsversammlung. Er beruhigte die Zürcher in ihrer Regionalzeitung seinerzeit damit, es sei ja noch keineswegs sicher, dass die Deponie komme, und wenn schon, würden bis dahin noch Jahre vergehen. Jetzt laufe ja erst das Richtplanverfahren und das Projekt werde noch von diversen Stellen geprüft. Im Gmeindschäller sagte Möckel, irgendwann werde das Geschäft auch vor die Gemeindeversammlung kommen. Mal sehen. Mitspielen mag bei der Opposition aus Otelfingen, dass zwar die Gemeinde Würenlos und die Würenloser Landbesitzer an den Deponiegebühren beteiligt sein werden, nicht aber Otelfingen.

Auch die Würenloser Dorfbevölkerung tut indes gut daran, das weitere Geschehen aufmerksam und mit Skepsis zu verfolgen. Denn mögen im Steindler sich auch Fuchs und Hase gute Nacht sagen und die Verkehrserschliessung an sich gut sein, unter Umständen kann auch unser Siedlungsgebiet von der Deponie direkt betroffen sein. Nämlich dann, wenn der Lastwagenverkehr durch unser Dorf zunähme. Im Auge zu behalten ist insbesondere die Anlieferung aus der Stadt Zürich und dem zürcherischen Limmattal. Idealerweise wird diese via A 1, Furttalkreuzung und Furttalstrasse erfolgen. Der Lebensqualität im Dorf höchst abträglich wäre es, wenn die Chauffeure bei Stau auf der A 1 die Schleichroute via Oetwil und Landstrasse bis zur Furttalkreuzung wählen würden.

Dies gilt es unter allen Umständen zu verhindern. Auch Würenlos tut gut daran, seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen. Wie ein Experte an der Orientierungsversammlung bestätigte, können in der Bewilligung dem Deponiebetreiber exakte Routen für die Zu- und Wegfahrten vorgeschrieben werden. Die Deponieanlieferung wird überwacht und Zuwiderhandlungen mit hohen Konventionalstrafen geahndet werden müssen. Die Deponiepläne könnten darüber hinaus auch der Idee Auftrieb verleihen, mit Pförtneranlagen dem Verkehr durchs Dorf wirkungsvoller als heute Einhalt zu gebieten.