Steindler soll in die Höhe wachsen

Die Senke im Steindler: Links hinten das gleichnamige Gehöft an der Furttalstrasse, rechts hinten das Dorf Otelfingen. Die Deponie würde zwischen der Furttalstrasse und dem parallel zu ihr verlaufenden Feldweg (Bildmitte) durchs Teufermoos angelegt.

Nachbarn im zürcherischen Furttal haben schon vor Monaten Alarm geschlagen. Nun hat auch unser Gemeinderat die Katze aus dem Sack gelassen. An seiner Informationsveranstaltung neulich informierte er erstmals offiziell über den Plan, entlang der Furttalstrasse im Würenloser Gebiet Steindler eine Deponie für sauberen Aushub einzurichten. Diese Deponiepläne dürften auch diesseits der Kantonsgrenze noch viel zu reden geben.

«Es ist schon paradox», meinte ein Würenloser beim Apéro nach der Orientierungsversammlung, an der auch über die Renaturierung des Furtbaches zwischen dem Kempfhof und der Abwasserreinigungsanlage bei Otelfingen/Hüttikon informiert worden war. An einem Ort werde die Landschaft mit erheblichem Aufwand aufgewertet, an einem anderen auf Jahre hinaus aber in Mitleidenschaft gezogen. In der Senke des Teufermoos – im äussersten Zipfel unserer Gemeinde gegen das Dorf Otelfingen hin – sollen dereinst rund 1,8 Millionen Kubikmeter sauberen Aushubmaterials abgelagert werden.

Die Deponie würde etwa zehn Jahre lang betrieben – etappenweise. Nicht das ganze Areal wäre also 10 Jahre lang eine Wunde in der Landschaft. Schliesslich wird die ganze Fläche wieder zu Kulturland. Im besten Fall wird der Eingriff ins Landschaftsbild später kaum erkennbar sein. Anstelle der Senke wird sich ein flacher Hügel erheben.

Seit rund sechs Jahren evaluiert Baden Regio zusammen mit regionalen Aushubfirmen mögliche Standorte für eine Aushubdeponie. Federführend beim Standort Steindler ist die Wettinger Kies- und Erdbaufirma Eduard Meier AG. Das Vorgehen entspricht dem Prozedere laut Aargauischem Abfallkonzept. Zwischen den Landeigentümern und der Eduard Meier AG sollen bereits Verträge bestehen.

In erster Linie werden mit Aushubmaterial ausgebeutete Kiesgruben wieder aufgefüllt. Ein Bedarf an zusätzlichen Aushubdeponien zeichnet sich ab, weil seit einigen Jahren der Landschaft weniger Kies und Sand entnommen wird als Aushubmaterial bei Neubauten anfällt. Zudem sind die Kiesabbaugebiete ungleichmässig übers Land verteilt, weshalb aus gewissen Gebieten der Aushub über weite Distanzen weggeführt werden muss.

Trotzdem stellen sich Fragen zum Bedarf. Mit der regen Bautätigkeit in Würenlos selber hat das Vorhaben herzlich wenig zu tun. Das meiste Aushubmaterial wird aus dem Kanton Zürich stammen. An der Versammlung wies Sigi Zihlmann darauf hin, dass im Raum Würenlos-Wettingen noch grosse Kieslöcher klaffen, ein ziemlich grosses Ablagerungsvolumen für Aushub also vorhanden ist. Ein Fragezeichen hinter Aushubdeponien darf man auch setzen, weil die Recyclingtechnik laufend weiter entwickelt wird. In der Schweiz gibt es bereits Firmen (darunter die aargauische Erne-Gruppe) , welche die wertvollen Rohstoffe Kies und Sand aus Aushub gewinnen, in dem sie diesen brechen, waschen und sieben. Vielleicht nicht die billigste Lösung, sicher aber die ökologischste.

Für die Aushubanlieferung werde mit bis zu 80 Lastwagenfahrten pro Tag gerechnet, wurde an der Orientierungsversammlung gesagt. Ein Vorteil des Standorts Steindler ist die günstige Verkehrslage. Die Furttalstrasse führt direkt am Areal vorbei. Und der Wert des Gebiets Steindler als Naherholungsgebiet ist schon heute erheblich vermindert durch die lärmige Furttalstrasse sowie die grossflächigen Kulturen unter Glas und Plastic dies- und jenseits der Kantonsgrenze. Was kümmert es uns also, wenn auch noch in dieser Ecke der Gemeinde (und nicht nur im Tägerhard) die Landschaft etwas zu leiden hat?

In Otelfingen dagegen hat das Deponievorhaben bereits beträchtlich Staub aufgewirbelt. Der ehemalige SVP-Nationarat und frühere Otelfinger Gemeindepräsident Ernst Schibli (der mit dem Geissbock Zottel) und ein weiterer Otelfinger haben schon im September von ihrem Gemeinderat mit einer Initiative Unterstützung im Kampf gegen die Deponie verlangt. Darüber berichtete damals die Regionalzeitung «Zürcher Unterländer» (Link) in grosser Aufmachung. Die Initianten schrieben in einer Medienmitteilung, die mit dem grossen Lastwagenverkehr verbundenen «Immissionen und Emissionen aller Art verunmöglichen ein qualitativ vernünftiges Leben und Wohnen».

Inzwischen hätten Gespräche mit den Opponenten jenseits der Kantonsgrenze stattgefunden und die Wogen hätten sich etwas geglättet, sagte Gemeindeammann Toni Möckel an der Orientierungsversammlung. Er beruhigte die Zürcher in ihrer Regionalzeitung seinerzeit damit, es sei ja noch keineswegs sicher, dass die Deponie komme, und wenn schon, würden bis dahin noch Jahre vergehen. Jetzt laufe ja erst das Richtplanverfahren und das Projekt werde noch von diversen Stellen geprüft. Im Gmeindschäller sagte Möckel, irgendwann werde das Geschäft auch vor die Gemeindeversammlung kommen. Mal sehen. Mitspielen mag bei der Opposition aus Otelfingen, dass zwar die Gemeinde Würenlos und die Würenloser Landbesitzer an den Deponiegebühren beteiligt sein werden, nicht aber Otelfingen.

Auch die Würenloser Dorfbevölkerung tut indes gut daran, das weitere Geschehen aufmerksam und mit Skepsis zu verfolgen. Denn mögen im Steindler sich auch Fuchs und Hase gute Nacht sagen und die Verkehrserschliessung an sich gut sein, unter Umständen kann auch unser Siedlungsgebiet von der Deponie direkt betroffen sein. Nämlich dann, wenn der Lastwagenverkehr durch unser Dorf zunähme. Im Auge zu behalten ist insbesondere die Anlieferung aus der Stadt Zürich und dem zürcherischen Limmattal. Idealerweise wird diese via A 1, Furttalkreuzung und Furttalstrasse erfolgen. Der Lebensqualität im Dorf höchst abträglich wäre es, wenn die Chauffeure bei Stau auf der A 1 die Schleichroute via Oetwil und Landstrasse bis zur Furttalkreuzung wählen würden.

Dies gilt es unter allen Umständen zu verhindern. Auch Würenlos tut gut daran, seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen. Wie ein Experte an der Orientierungsversammlung bestätigte, können in der Bewilligung dem Deponiebetreiber exakte Routen für die Zu- und Wegfahrten vorgeschrieben werden. Die Deponieanlieferung wird überwacht und Zuwiderhandlungen mit hohen Konventionalstrafen geahndet werden müssen. Die Deponiepläne könnten darüber hinaus auch der Idee Auftrieb verleihen, mit Pförtneranlagen dem Verkehr durchs Dorf wirkungsvoller als heute Einhalt zu gebieten.

Sperrzone Ötlikon

Es war einmal. Während Jahrzehnten war der Müliwiesenweg längs der historischen Mühle im Weiler Ötlikon Teil der beliebten Spazier- und Veloroute entlang des Furtbachs. Das Teilstück war sogar signalisiertes Teilstück der nationalen Veloroute Nummer 5 vom Boden- bis zum Genfersee. Jetzt versperren rot-weisse Abschrankungen einer Baufirma den Zugang von beiden Seiten. (Nachtrag am Schluss des Artikels beachten.)

Das gesperrte Wegstück ist eine Privatstrasse und gehört zur Mühle. Ein Fuss- und Fahrwegrecht zugunsten der Allgemeinheit besteht nicht, die Grundeigentümerin ist also berechtigt, den Weg abzusperren. «Uns sind die Hände gebunden», heisst es bei der Bauverwaltung.

Neben der Abschrankung ein altes Schild mit einem richterlichen Verbot aus den 1970er-Jahren, das schon immer da war: Unbefugten ist das Befahren des Wegstückes unter Androhung von Busse untersagt. Vom Richter nicht verboten wurde damals das Begehen des Weges. Dies zu verbieten fanden die damaligen Eigentümer, das Ehepaar Eric und Ruth Funk, wohl unnötig oder unverhältnismässig. Später haben sie auch das Befahren mit Velos grosszügig toleriert. Jetzt verbietet ein zweites Schild auch das Begehen, doch ein richterliches Verbot ist das nicht.

Auch auf der anderen Seite ist der Zutritt verboten.
Eigentümerin der Mühle und damit auch des Wegstücks ist nun die Erbengemeinschaft der verstorbenen Ruth Funk-Hardmeier. Ihr gehören die frühere Würenloser FDP-Gemeinderätin Karin Funk Blaser und deren zwei Geschwister an. Karin Funk hat mit ihrer Familie früher einen Teil des Mühlengebäudes bewohnt. Von 2009 bis 2015 war sie Gemeinderätin der FDP, 2013 hatte sie die Wiederwahl nur knapp geschafft, 2015 trat sie aus beruflichen Gründen zurück.

Die Erbengemeinschaft möchte die Mühle, die seinerzeit vom erfolgreichen Reinigungsunternehmer Funk erworben und 1971 umfassend umgebaut und saniert wurde, loswerden. Auf dem Internetportal Homegate steht die 4400 Quadratmeter grosse Liegenschaft zum Verkauf. Den Preis für das «herrschaftliche Anwesen mit dem Charme früherer Jahrhunderte», so der Inserattext, gibt die Maklerfirma Walde und Partner nur auf Anfrage bekannt. Die Wohnfläche des Gebäudes mit Baujahr 1637 beträgt 753 Quadratmeter. Im parkartigen Garten befindet sich eine Schwimmhalle.

Was veranlasste die Erbengemeinschaft zur Sperrung des Weges? Errichtet wurden die Sperren im Zusammenhang mit einer Erneuerung des Daches im Sommer. Weshalb sie jetzt weiterhin bestehen, darüber kann man nur mutmassen. Wenn nicht mehr Kretipleti am Gebäude vorbei marschiert oder radelt, mag das den Wert der Liegenschaft und deren Verkaufschancen erhöhen. Vielleicht will man auch nur neugierige Gaffer oder gar mögliche Besetzer fern halten. Oder will man einfach jegliche Haftung ausschliessen, falls jemand auf dem Privatweg verunfallt?

Jedenfalls werden Fussgänger und Velofahrer nun auf einen Umweg geschickt, Er führt hinter dem Bauernhaus von Ueli Markwalder auf die Otelfingerstrasse. Die ist in Spitzenzeiten ziemlich stark befahren. Es gilt zwar Tempo 30, doch das mit einem gelben Streifen markierte sogenannte «Aargauer»- (oder besser Alibi-) «Trottoir» bietet Familien mit Kindern nur unzureichenden Schutz und lässt alte Menschen sich unsicher fühlen.

Der Gemeinderat hat bisher über die Sperrung des viel benützten Wegstücks nicht informiert. Will er keinen Staub aufwirbeln, um mögliche Verhandlungen mit der Eigentümerschaft um ein Wegrecht nicht zu gefährden? Oder ist es den Gemeindebehörden gar etwas peinlich, dass sich die Gemeinde nie um eine rechtliche Absicherung eines Fuss- und Fahrwegrechts gekümmert hat? Spätestens mit der Markierung als nationale Veloroute hätte Anlass dazu bestanden.

Die arrogant wirkende Sperrung des Müliwiesenweges erinnert an die mittlerweile wieder aufgehobene Sperrung des Fussweges zwischen der Florastrasse und dem Emma-Kunz-Zentrum. Das in Ötlikon gesperrte Wegstück ist pittoresk – ein Highlight an der beliebten Wander- und Veloroute entlang des Furtbachs. Die Öffentlichkeit sollte nicht darauf verzichten müssen.

Der Gemeinderat schöpft hoffentlich all seine rechtlichen und politischen Möglichkeiten aus, um ein Fuss- und Fahrwegrecht zu erwirken. Von der jetzigen und künftigen Eigentümerschaft darf ein grosszügiges Entgegenkommen erwartet werden. Allenfalls wäre der Bau eines Weges oder Steges auf dem schmalen Uferstreifen entlang der Mühle eine Notlösung. Dieser Streifen am Furtbach gehört nämlich dem Kanton und nicht der Erbengemeinschaft.
(Mitarbeit: Ernst Rohrbach. Alle Eigentümerangaben gemäss Geografisches Informationssystem Kanton Aargau, agis, Stand 1.11.2018)

Nachtrag vom 27.11.18: “Ein Weihnachtswunder” jubelt ein Leser. Und auch andere Würenloserinnen und Würenloser haben es auf einem Spaziergang bereits freudig bemerkt: Die Sperren auf dem Wegstück vor der Mühle Ötlikon sind weg. Ganz so wie zum vergangenen Sommer präsentiert sich die Situation aber nicht, wie ein anderer Leser richtig bemerkt hat. Weiterhin verbietet ein kleines weisses Schild den Durchgang. Und statt des früheren Fahrverbots für Motorfahrzeuge hängt weiterhin das runde Schild “Allgemeines Fahrverbot”. Die Benützung des Wegstücks ist somit Fussgängern und Velofahrern faktisch zwar wieder möglich, bleibt aber rechtlich verboten. Verzichtet die Erbengemeinschaft wie seinerzeit die Eltern grosszügig darauf, das Verbot durchzusetzen, dann ist ihr für ihr Entgegenkommen der uneingeschränkte Dank der Öffentlichkeit gewiss.

Wie gross soll die Bevölkerung von Würenlos im Jahre 2035 sein? Stimmen Sie ab! In der rechten Randleiste. Auch das bisherige Zwischenresultat kann dort abgerufen werden.