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Zwei Künstler im Schattenloch

Die Gegend am untersten Furtbach scheint Künstler besonders anzusprechen.  Jedenfalls liessen auf dem gleichen Grundstück nacheinander gleich zwei bekannte Persönlichkeiten aus der Schweizer Kulturszene jeweils ein Haus bauen.

In einem Cadillac-Cabriolet fuhr Rudolf Bernhard in Würenlos  vor, um das Baugesuch einzureichen.
In einem Cadillac-Cabriolet fuhr Rudolf Bernhard in Würenlos vor, um das Baugesuch einzureichen.

Unter «Ein Gerücht geht um» war in den «Würenloser-Blätter 1990» in einem Beitrag von Silvia Haab zu lesen: «Wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf damals die Würenloser Bevölkerung die Botschaft, dass einer der populärsten Schweizer Männer ins Dorf ziehe und dann erst noch in einem ausgesprochenen Schattenloch sein Zuhause einrichten wolle.»  Als der Prominente das Baugesuch einreichte, so erinnern sich ältere Würenloser, sei er mit einem roten Cadillac-Cabrio vorgefahren und habe das Auto auf dem Schulhausplatz parkiert. Dass alle Schüler um das besondere Auto herumstanden und es bestaunten und befühlten, ist anzunehmen. 

Rudolf Bernhard.
Rudolf Bernhard.

Rudolf Bernhard war einer der beliebtesten Komiker und Schauspieler der Schweiz. Er spielte in zahlreichen Schweizerfilmen mit, schrieb Drehbücher und führte Regie. 1942 eröffnete er ein eigenes Theater in Zürich wo er und viele bekannte Schauspieler auftraten. Das Bernhardtheater existiert noch heute. Viele seiner Aufführungen wurden früher im Radio gesendet und waren ein beliebtes Unterhaltungsprogramm an Samstagabenden.

Dass Rudolf Bernhard gerade diesen «schattigen» Ort wählte für sein «Wochenend- und Ferienhaus mit Gartenhalle und Autoschutzhütte» (so die Bauauschreibung) hatte vielleicht damit zu tun, dass er fast täglich im Rampenlicht stand. Von 1950 bis zu seinem Tod 1962 war Würenlos die zweite Heimat Bernhards.

Das Haus von Rudolf Bernhard (Zeichnung von Richard Benzoni aus Würenloser Blätter 1990).
Das Haus von Rudolf Bernhard (Zeichnung von Richard Benzoni aus Würenloser Blätter 1990).

Weniger Aufsehen erregte es, als 50 Jahre später ein anderer Künstler offensichtlich Gefallen fand an dem «Schattenloch» und hier an Stelle des Bernhard-Hauses ein Wohn-Atelier baute. Längst nicht alle Würenloser wissen, dass hier ein Künstler von internationalem Format gelegentlich wohnt und arbeitet: Ugo Rondinone.

Das Haus von Ugo Rondinone am Furtbach, projektiert von den Zürcher Architekten Andreas Fuhrimann und Gabrielle Hächler.
Das Haus von Ugo Rondinone am Furtbach, projektiert von den Zürcher Architekten Andreas Fuhrimann und Gabrielle Hächler.

Rondinone wuchs in Brunnen SZ auf und studierte an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Seit 1990 lebte er in Zürich, seit 1998 besitzt er in New York ein Atelier. In den wenigen Monaten, die er jeweils in der Schweiz verbringt, wird er wohl hier in Würenlos wohnen.

Rondinone arbeitet als Konzept-, Medien- und Installationskünstler, mit grossformatigen Holzschnitten, abstrakter Malerei, Skulpturen, Fotografien und Comics. Zu seinen zentralen Themen gehört die Auseinandersetzung mit räumlichen Aspekten sowie die Visualisierung von Zeit und Vergänglichkeit. Er wirkt auch als Kurator von Ausstellungen, die er als eigenständige künstlerische Ausdrucksform bezeichnet.

Weltweit waren seine Werke an 46 Kunstausstellungen zu sehen. 2010 war eine grosse Auswahl seiner Werke im Kunsthaus Aarau ausgestellt. 1991, 94, 95 erhielt er den Eidgenössischen Preis für freie Kunst. 1998 wurde eines seiner Plakate als Plakat des Jahres prämiert. 2013 stellte er vor dem New Yorker Rockefellercenter seine monumentalen Steinfiguren aus und erregte damit auf dem renommiertesten Platz der Welt grosses Aufsehen. Einen guten Einblick in das Schaffen Rondinones gibt die Website seiner Zürcher Galeristin Eva Presenhuber (Link).

Im Internet ist über das «Artist’s House, Würenlos» unter anderem zu lesen, es stehe in einer Waldlichtung und auf seinem Grund befände sich ein markanter Baum. Schaut man sich Rondinones Baumskulpturen an, könnte man meinen, dass dieser Baum der Grund für seine Wahl gewesen sein könnte – sei es dass er ihm gefiel oder, wer weiss, er daraus eines Tages eine Baumskulptur schaffen könnte.

Skulptur von Ugo Rondinone.
Skulptur von Ugo Rondinone.
Baumgruppe im Garten des Hauses Rondinone.
Baumgruppe im Garten des Hauses Rondinone.

Das Moritzenhaus am Furtbach

Das Moritzenhaus 1977, Zeichnung von Richard Benzoni.
Das Moritzenhaus 1977, Zeichnung von Richard Benzoni.

Das Moritzenhaus neben der Furtbachbrücke an an der Landstrasse war ein in seiner Architektur typisches Bauernhaus, wie es in Würenlos früher mehrere gab. Erbaut 1630, war es einst ein Zentenhaus des Klosters Wettingen. 1778 ist das Haus vermutlich durch einen Brand teilweise zerstört und wieder aufgebaut worden.

Das Moritzenhaus , vom Rössli aus gesehen, kurz vor dem Abbruch.

1978, also genau 200 Jahre später, wurde es abgebrochen. Es musste einer Neuüberbaung weichen.

Das heutige Wohn- und Geschäftshaus mit fischerwohnen AG und Café am Bach.

Heute steht an seiner Stelle das Wohn- und Geschäftshaus «Am Bach» mit dem Café am Bach und dem Inneneinrichtungsgeschäft fischerwohnen AG. Wie das alte Haus hat auch dieseses auf der Westseite ein geschlepptes Dach und ist, so wie sein Vorläufer, von der Strasse zurückgesetzt, wodurch ein schöner Platz entstand. Spuren vom alten Moritzenhaus sind noch mehrere zu finden.

Der ins Ladenlokal von fischerwohnen integrierte Torbogen aus dem 17. Jahrhundert.

Im Ladenlokal im Erdgeschoss ist das steinerne Torgewölbe, das zum Untergeschoss führte, zu sehen. Die Jahreszahl 1630 dürfte auf das Baujahr hinweisen. Das Doppelkreuz, auch Patriarchenkreuz genannt, sollte das Haus vor Unheil schützen.

Die alte Mostpresse.

Vor dem Haus steht eine Mostpresse, die im Keller untergebracht war. Der steinerne Trog wurde aus einem einzelnen grossen Fels aus dem Würenloser Steinbruch gehauen. Die steinernen Sitzbankstützen am Trottoirrand und die Sockelmauern der Rabatten waren früher Steinstufen der Aussentreppe.

Der aus einem Steinblock gehauene längste Brunnentrog von Würenlos, stand einst am Chilesteig.

Nicht zum Moritzenhaus gehört der Brunnentrog mit der Jahreszahl 1776. Er stand früher vor dem Metzgerhaus am Chilesteig und ist in Würenlos der längste Tränketrog, aus einem einzigen Stein gehauen.

Der hölzerne Stützpfeiler, der heute das Vordach eines Einfamilienhauses im Grimmistal trägt.

Der mächtige hölzerne Stützpfeiler, der die Erdgeschossdecke trug, weist mit seiner eingravierten Jahreszahl 1778 auf den Brand hin. Der Kopf dieser Stütze hatte einen uförmigen Einschnitt. Mit zwei leicht konisch zugeschnittenen Holzteilen die darin lagen, konnte man die Kellerdecke nivellieren, indem man sie gegeneiander trieb. Heute stützt er das Vordach am Einfamilienhaus Fischer-Müller im Grimmistal.

Warum das Haus Schaut im Wege steht

1977 stand der Abbruch der Liegenschaft Schaut an der Landstrasse 70 zur Diskussion. Das Haus sollte einem Trottoir weichen. Der Gemeinderat beauftragte einen Architekten zu prüfen, wie die Fassade des angebauten Hauses Haas nach einem Abbruch gestaltet werden sollte. Auch eine andere Möglichkeit statt eines Abbruches sei zu prüfen. Anhand von Fotos und Fotomontagen zeigte der Gutachter auf, was ein allfälliger Abbruch bewirken könnte.

vor Abbruch 1

Vor dem Abbruch: Durch das Vordrängen des gut proportionierten Hauses Schaut wird der Strassenraum verengt. Zusammen mit dem Rössli, sowie den Häusern an der Mühlegasse entsteht eine einheitliche Häusergruppe, die nur durch das Flachdach der Post gestört wird.

nach Abbruch 1

Nach dem Abbruch fällt die Häusergruppe auseinander, die Strasse dominiert. Die gute Übersicht verleitet die Automobilisten zum schnellerem fahren.

vor Abbruch 2

Vor dem Abbruch: Auch von dieser Seite her gesehen wird durch das Haus Schaut ein schöner Strassenraum gebildet. Auffallend sind die, in ihren Proportionen ähnlich wirkenden Häuser Schaut/Haas, Rössli, Müllerhaus sowie das ehemalige Wiedemeierhaus im Hintergrund (heute Coop).

nach Abbruch 2

Nach dem Abbruch: Ähnlich wie von der anderen Seite gesehen, fällt die Häusergruppe auseinander, der Strassenraum dominiert.

Der Gemeinderat folgte dem Antrag des Architekten, liess das Haus stehen und führte das Trottoir durch eine Galerie unter dem Haus hindurch.Galerie

 

 

 

 

 

 

April, April! Natürlich haben Sie es gemerkt. würenblicker hat nun mal kluge Leserinnen und Leser. Der gestern Mittwoch, 1. 4., während 24 Stunden online geschaltete Artikel «Schon heute wird für ‘Schweiz aktuell’ gedreht» war unser Aprilscherz. Wenn Sie ihn gerne nachlesen möchten, so können Sie ihn als Word-Dokument herunterladen. Hier anklicken: 1. April

Warum die Post ein Flachdach hat


Bis 1960 war die Post im Gasthof Rössli, im Raum links vom Eingang, heute «Rösslipost», untergebracht. Weil das Haus renoviert und umgebaut wurde, bezog die Post vorübergehend ein Provisorium.

Güller, IslerMit dem Erwerb der beiden Liegenschaften Isler und Güller fand die Post einen Platz für einen Neubau in unmittelbarer Nähe ihres alten Standortes. Sepp Isler betrieb im Erdgeschoss seines Hauses  bis anhin eine kleine Schreinerei und Oswald Güller war Landwirt. Ihre Häuser wurden 1967 abgebrochen.

 

Post 1

 

Der geplante Postneubau gab wegen des Flachdaches in der Gemeinde Einiges zu reden und fand bei der Behörde anfangs keine Zustimmung.  Architekt Hitz, der  der zugezogene Ortsplaner, wurde, war aber für die Flachdachlösung.

Post 2

 

 

Hitz argumentierte, mit einem Steildach werde  man den Kirchturm nicht mehr sehen. Die Behörde liess sich überzeugen und bewilligte den Neubau, der 1967/68 erstellt wurde. Ob das Kirchturm-Argument für Architekt Hitz selbst entscheidend war, sei dahingestellt. Vielleicht meinte er, es sei an der Zeit, dass die Moderne auch in Würenlos einziehe.