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Anschauungsunterricht auf dem Gipf

Aussichtspunkt Gipf, der ideale Ort, um das Verkehrsgeschehen in und um Würenlos 1:1 zu beobachten.
Der Gipf oberhalb des Bickguts: Ein guter Ort, um das Verkehrsgeschehen in und um Würenlos 1:1 und in Echtzeit zu studieren.

Erfundene Szene, basierend auf realen Beobachtungen: Kurz vor 16 Uhr auf dem Gipf, oberhalb des Rebbergs, unweit der Stelle, wo jeweils am 1. August das Höhenfeuer lodert, Die Abendsonne steht schon tief überm Heitersberg und taucht die Landschaft in warmes Licht. Am Horizont schimmern rötlich die frisch verschneiten Alpen. Eine Schulklasse mit Lehrer (pardon, Lehrperson). 

LehrerIn: Wir sind hier für einen Anschauungsunterricht. Lasst bitte den Blick schweifen hinüber zur Autobahn hinter den dampfenden Kaminen der Zweifel-Pommes-Chips-Fabrik. Was seht Ihr?

SchülerIn: Die Autobahn, der Verkehr darauf ist dicht, rollt aber flüssig.

Richtig. Und wendet jetzt den Blick nach rechts, was seht Ihr auf dem Teilstück der Landstrasse zwischen Bickgut und Raiffeisenkreisel?

Es fahren in beide Richtungen nur wenige Autos.

Behaltet nun die Landstrasse einige Minuten lang im Auge.

(5 Minuten später:) Jetzt kommen mehr Autos, viel mehr Autos! 

Richtig. Blickt jetzt zur Autobahn rüber.

Dort stockt auf beiden Spuren in Richtung Baden der Verkehr.

Was passiert jetzt auf der Landstrasse unter uns?

Die Autos stauen sich, der Stau reicht schon bis zu Wanners Schlössli.

Was könnte der Grund sein?

Aehhh… (ratlose Blicke)

Schaut mal rüber zum Dorfzentrum, was seht ihr hinter dem Turm der katholischen Kirche?

Eine S-Bahn fährt in Richtung Otelfingen. Da muss die Barriere wohl schon einige Minuten geschlossen sein. Und hier unten beim Bickacker biegen immer mehr Autos von der Landstrasse rechts ab.

Gut beobachtet. Das sind wohl solche, die dem Stau vor dem Raiffeisenkreisel über den Ländliweg oder die Feldstrasse ausweichen wollen. Aber löst sich der Stau jetzt auf, da der Zug sich schon Otelfingen nähert und die Barriere längst wieder offen sein muss? 

Nein, jetzt stehen die Autos schon vor der Kurve beim Bickgut. (Es vergehen vier Minuten.) Sehen Sie, jetzt kommt eine S-Bahn von Otelfingen her!

Dieser Zug ist verspätet, Normalerweise kreuzen sich die S-Bahn-Züge ja in Würenlos. Ob die Barriere zwischen den beiden Zügen kurz geöffnet wurde, konnten wir von hier aus nicht sehen. 

(Wieder drei Minuten später:) Die Kolonne auf der Landstrasse fährt wieder. 

Interessant! Was seht ihr auf der Autobahn?

Die Autos schleichen noch immer in Richtung Baden. Aber hier unten ist die Landstrasse manchmal ganz leer, dann kommen wieder Päckli mit mehreren Autos.

Ja, diese Päckli entstehen durch die Lichtsignale bei der Autobahnausfahrt Dietikon. Machen wir eine halbe Stunde Pause.

(Nach der Pause:) Wie siehts auf der Landstrasse unten aus? 

Kein Stau weit und breit. Aber jetzt fährt die S6 nach Otelfingen. Wegen der Barriere wird der Rückstau auf der Landstrasse wohl bald wieder bis zum Bickgut reichen.

Ich sehe aber hier unten eine ziemlich leere Landstrasse. 

Die S6 in Richtung Baden hat schon wieder Verspätung und naht erst jetzt von Otelfingen. Also muss die Barriere schon wieder oder noch immer zu sein. Trotzdem bleibt’s hier unten ruhig. 

(5 Minuten später:) Wow, jetzt kommt noch ein Güterzug von Otelfingen. Die Barriere muss schon wieder unten sein.

Aber noch immer kein Stau vom Raiffeisenkreisel her. Schaut doch mal wieder zur Autobahn hinüber.

Aha, der Verkehr in Richtung Baden rollt wieder flüssig, flüssiger noch als vor einer Stunde.

Gut, brechen wir ab. Was habt Ihr gelernt?

Stockt der Verkehr auf der Autobahn, nimmt der Verkehr auf der Landstrasse sofort zu. Kommst auch hier zum Stau, wird sofort versucht, ihm auf Quartierstrassen auszuweichen.

Gut, noch etwas?

Ist die Barriere beim Bahnhof Würenlos mal längere Zeit oder mehrmals mehrmals innert kurzer Zeit zu, so kann sich bei starkem Verkehr ein Rückstau bis hinter das Bickgut bilden. 

Und?

Was auf den Strassen durch Würenlos passiert, ist kompliziert und hängt sehr stark vom Verhalten der AutofahrerInnen ab.

Sehr gut. Genug für heute! Jetzt noch die Hausaufgabe. Überlegt bis morgen, was wohl in Würenlos abgehen wird, wenn in fünf Jahren die dritte Röhre des Gubristtunnels in Betrieb geht und dank einer dritten Fahrspur im Tunnel in einem bestimmten Zeitraum anderthalb mal so viele Autos wie heute ins Limmattal fahren können. 

Die Sonne versinkt hinter dem Heitersberg, das Limmattal versinkt im Schatten. Laut rattert ein Güterzug von Würenlos kommend zum Rangierbahnhof. 

Der direkte Weg

P1020077Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Für einmal lassen wir den Blick über die Gemeindegrenze wandern. Am Trampelpfad – nennen wir ihn Würenloser Wegli – zum Bahnhof Killwangen-Spreitenbach zeigt sich wunderschön, dass Menschen zu Fuss etwas gar nicht gerne machen: Umwege. 

Links und rechts des Kiesfeldes könnten die Passanten zwar auch asphaltierte Wege benützen, um von der Limmatbrücke zur Bahnhofunterführung zu gelangen oder umgekehrt, Aber diese Wege wären einige Dutzend Meter länger. Und die Zeitersparnis zählt, vor allem auf dem Weg zum Bahnhof.

Eine Zeitlang war das Würenloser Wegli nicht passierbar, als das Brachland zwischen Autobahn und SBB-Gleisen als Lager- und Installationsplatz für den Neubau der Kläranlage diente. Kaum war das Areal geräumt – und mit grossen Steinblöcken vor Wildparkierern geschützt – wählten die Fussgänger wieder den direkten Weg und dieser war schon nach kürzester Zeit deutlich als solcher erkennbar. Wenn sich gesunder Menschenverstand doch nur häufiger so leichtfüssig über planerisches Unvermögen hinwegsetzen würde!

Irgendwie wundert man sich ja, dass nach dem zig-Millionen teuren Kläranlagenbau nicht einige 1000 Franken locker gemacht wurden, um das viel begangene Würenloser Wegli  etwas komfortabler auszugestalten. Denn es liegt an exakt der richtigen Stelle. Das sage nicht ich, sondern das Bundesamt für Strassen (ASTRA). In seinem Handbuch für die Fusswegnetzplanung sagt es, attraktive Fusswege zeichneten sich durch dreierlei aus: 1. direkte Verbindungen, 2.hohen Gehkomfort, 3. Umfeldqualität.

«Fussgängerinnen und Fussgänger möchten ihr Ziel direkt erreichen. Weil sie  zudem den Einwirkungen von Wetter und Verkehr ausgesetzt sind, reagieren sie sensibel auf Wartezeiten und Umwege. Deshalb sind die Wege mit Blick auf eine möglichst kurze Gehzeit direkt zu führen. (…) In der kleinräumigen Betrachtung zeigt sich, dass Umwege von 5 bis 10 m von vielen bereits nicht mehr akzeptiert werden. Trampelpfade durch Grünanlagen  oder Spuren im Schnee zeugen von dieser geringen Umwegakzeptanz; so werden auch bei Einmündungen zurückversetzte Fussgängerstreifen nicht benutzt.» Das ist ein Zitat aus dem erwähnten Handbuch des Bundesamtes für Strassen.

Die Direktheit der Verbindung scheint von den drei Attraktivitätskriterien für Fusswege das wichtigste zu sein. Denn weder mit dem Gehkomfort kann das Würenloser Wegli punkten noch mit der Gegend, durch welche es führt. Ja, ungastlicher als dieser Winkel zwischen Auto- und Eisenbahn und schäumenden Abwasserbecken könnte ein Ort nicht sein. Aber wir Würenloser müssen da nun halt mal durch.

Was lehrt uns das Würenloser Wegli? Dass Fusswegverbindungen wohl überlegt sein wollen und dass Fussgängern weniger Umwege zuzumuten sind als Auto- und Velofahrern.  Es lohnt  sich, beim nächsten Gang durchs Dorf einmal darauf zu achten, wie sehr diesen Erkenntnissen in Würenlos nachgelebt wurde und wird. Würenlos hat viele attraktive Fussverbindungen (zum Beispiel  Rössli- und  Chileweg bei der Zentrumswiese, Haselstrasse zwischen Gatterächer und Zelglistrasse, Buechzelgliweg beim Kindergarten Buech, die öffentlichen Treppenwege am Limmathang,  Schulrain zwischen Schul- und Bachstrasse, neue Fusswege im Gebiet Huebacher). Diesen Fussverbindungen ist Sorge zu tragen und bei bei künftigen Neuüberbauungen grösserer Areale ist auf kurze, attraktive und – wichtig vor allem für ganz junge und betagte Benützer – auch sichere Fusswege besonders zu achten.

Die Lösung im Sommerquiz noch nicht eingesandt? Nicht vergessen, am 3. August ist Einsendeschluss!