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Kein Weihnachtsgeschenk der Ortsbürger

Bevor das Jahr zu Ende geht, sei noch auf ein Politikum hingewiesen, das im Vorweihnachtstrubel fast untergegangen ist: Die Ortsbürger haben an ihrer Gemeindeversammlung den Verkauf und die Schenkung ihres Landes auf der Zentrumswiese an die Einwohnergemeinde zurückgewiesen.

Zunächst aber dankt würenblicker allen Leserinnen und Lesern für ihr Interesse im zu Ende gehenden Jahr und wünscht ihnen für 2015 alles Gute. Was würde zum Jahreswechsel auf einer Internet-Plattform besser passen als die folgenden Gedanken des Würenloser Autors Josef Rennhard (1931 – 2010)? Entnommen sind sie dem Gedenkband «Felix ging still nach Haus», erschienen 2011 im Baden-Verlag:

Aufgeräumt

«Sind Sie sicher»,
fragt der Computer
auch noch am
letzten Tag des Jahres,
«dass Sie die
markierten Elemente
wirklich endgültig
löschen wollen?»

Antworte «Nein»,
lösche Vergangenes
nie ganz.
Trag Sorge zur Glut,
um am
ersten Tag des Jahres
dein Element
neu zu entflammen.

So schält sich denn in diesen Tagen
Hoffnung heraus aus vielen Fragen:
auf dass bei dieser Zeitenwende
der Mensch zu neuen Weiten fände!»

Und nun zum geplatzten Landgeschäft. Bei einem Ja der der Ortsbürger wäre die Einwohnergemeinde alleinige Eigentümerin des Landes geworden, auf dem das Alterszentrum gebaut werden soll. Das Landgeschäft wäre der Startschuss für die zügige Realisierung des Alterszentrums gewesen.

Seinen Antrag an die Ortsbürgergemeindeversammlung stützte der Gemeinderat auf die bereits 2001 von den Ortsbürgern bekundete Absicht, ihr Land (rund 50 Aren) für den Bau eines Alterszentrums  Hälfte je zur Hälfte zu verkaufen und zu verschenken. 1,3 Millionen Franken sollten dabei die Hand wechseln. Umgerechnet auf das ganze Ortsbürgerland hätte das einem Quadratmeterpreis von rund 270 Franken entsprochen. Nachdem in der Zwischenzeit einer alteingesessenen Familie für Land auf der Zentrumswiese aber ein Mehrfaches dieses Preises bezahlt worden war, fühlten sich viele Ortsbürger nicht mehr an die seinerzeitige Absichtserklärung gebunden.

An der Versammlung soll die Meinung vorgeherrscht haben, der Gemeinderat habe das Geschäft schlecht vorbereitet. Ortsbürger- und Einwohnergemeinde teilen sich ja die gleiche ausführende Behörde – den Gemeinderat. Er vertrat somit in dieser Sache Verkäufer- und Käuferseite. Einen besonders guten Draht zur Ortsbürgerbasis scheint es aber nicht zu geben, sonst wäre die mit grossem Mehr erfolgte Rückweisung wohl zu vermeiden gewesen.

In Ortsbürgerkreisen kann man sich einen Landabtausch statt dem Verkauf und der Schenkung vorstellen. Das Ortsbürgerland auf der Zentrumswiese gegen das Land der Einwohnergemeinde im Gatterächer Ost. Dieses möchte der Gemeinderat aber behalten und nur im Baurecht zur Überbauung abgeben. (An der Orientierungsversammlung  im November war die Rede davon, dass es für dieses Baurecht bereits einen Interessenten gebe. Weil es in solchen Dingen jeden Eindruck von Gemauschel im Keime zu ersticken gilt, wäre es anständig, dieser Interessent würde sich schon jetzt öffentlich zu erkennen geben.)

Nach dem vorläufigen Scheitern des Landhandels besteht weiter Unklarheit, auf wessen Land geplant werden soll. Verkompliziert wird schon das Ideensammeln für den künftigen Gestaltungsplan, sitzt doch vorderhand mit der Ortsbürgergemeinde ein Partner mehr am Tisch. Die Ortsbürger möchten das Alterszentrum aber nicht unnötig verzögern und sind offenbar bereit, das Landgeschäft in  modifizierter Form an einer ausserordentlichen Versammlung raschmöglichst erneut zur Abstimmung zu bringen.

Der  Rückweisungsbeschluss ist ein ein klares Zeichen dafür, dass die Ortsbürger ihre Geschicke vermehrt wieder in die eigenen Hände nehmen wollen. An ihrer Versammlung haben sie mit 62 gegen 4 Stimmen einer Anregung zugestimmt, es sei eine Ortsbürgerkommission zu schaffen. Damit würde der Gemeinderat einen demokratisch legitimierten politischen Ansprechpartner erhalten.

Bauland verkaufen oder im Baurecht abgeben?

Verschiedentlich wird darüber diskutiert, ob die Einwohnergemeinde (oder die Ortsbürgergemeinde) Bauland, das sich in ihrem Besitz befindet, (Wiemel, Gatterächer Ost, Zentrumswiese) verkaufen oder im sogenannten Baurecht abgeben soll. Ein Baurecht ist die nachhaltigere Lösung.

In diesen Diskussionen um Baulandreserven der Gemeinde wird leider immer wieder deutlich, wie gering der Wissenstand in Sachen Baurecht ist.

  • ♦ Mit dem Baurecht erteilt der Grundeigentümer einem Dritten das Recht, auf seinem Grundstück zu bauen und das Gebäude über eine bestimmte Dauer (max. 99 Jahre) zu nutzen.
  • ♦ Das Baurecht kann vor Ablauf der Frist verlängert werden.
  • ♦ Dauert das Baurecht mehr als 30 Jahre, kann es als selbständiges Grundstück im Grundbuch eingetragen und als solches wie eine gewöhnliche Liegenschaft verkauft oder belehnt werden.
  • ♦ Der Bauberechtigte hat dem Grundeigentümer einen Baurechtszins zu entrichten, der sich in der Regel nach dem Bodenwert/Hypothekarzins errechnet und periodisch angepasst wird.
  • ♦ Ob und in welchem Umfang die Bauten nach Ablauf des Baurechtes durch den Grundeigentümer zu entschädigen sind, wird im Baurechtsvertrag geregelt.

Gemeinwesen und Baurecht: Dass Bauland, das sich im Besitz von Einwohner-, Ortsbürger-, Kirchgemeinden oder anderen öffentlichen Institutionen befindet, im Baurecht abgegeben wird, ist weit verbreitet. So gibt die Stadt Baden Bauland nur im Baurecht ab. Ein anderes Beispiel ist die katholische Kirchgemeinde Wettingen, die kürzlich Land einer Baugenossenschaft im Baurecht abgab. Sie wollte damit vermeiden, dass das Land zum Spekulationsobjekt wird. Im Baurechtsvertrag konnte sie ihr soziales Anliegen festschreiben. Sie bleibt Eigentümerin und erhält einen angemessenen Ertrag.

Was spricht für die Abgabe im Baurecht? Eine Gemeinde muss langfristig denken.

  • ♦ Wenn sie das Bauland nicht verkauft, sondern im Baurecht abgibt, kann sie nach dessen Ablauf wieder darüber verfügen. Haben sich bis dann die Bedürfnisse gewandelt, kann sie das Land einer neuen Nutzung zuführen oder es weiterhin im Baurecht abgeben.
  • ♦ Bei der Abgabe im Baurecht steigt der Baurechtzinsertrag proportional zum allenfalls steigenden Landwert. Die Gemeinde, die ja Eigentümerin bleibt, profitiert also von einer allfälligen Wertvermehrung und hat zudem einen angemessenen Ertrag. Bei einem Verkauf hingegen wird ein einmaliger Erlös erzielt, der nur vom momentanen Wert abhängig ist.
 Areal Gatterächer Ost: Noch unerschlossenes Bauland, das teilweise der Einwohnergemeinde gehört. Im Vordergrund rechts die Kindergärten Gatterächer, links die Bahnlinie Würenlos - Otelfingen.
Areal Gatterächer Ost: Noch unerschlossenes Bauland, das teilweise der Einwohnergemeinde gehört. Im Vordergrund rechts die Kindergärten Gatterächer, links die Bahnlinie Würenlos – Otelfingen.

Zum Beispiel Gatterächer Ost: Die Gemeinde Würenlos besitzt hier ca. 6’000 m2 Bauland. Es ist Teil einer geplanten Gesamtüberbauung nach einem Gestaltungsplan. Dieses Land wurde seinerzeit erworben, um darauf ein Altersheim zu bauen. Nach Abzug der noch zu erbringenden Erschliessungskosten entspricht es einem Wert von schätzungsweise 5 Millionen Franken.

  • ♦ Bei einem Verkauf würde die Gemeinde also einen Erlös von ca. 5 Millionen Franken erzielen. Sie könnte damit Schulden abzahlen, was bei einem Zinssatz von 2%, jährlich Einsparungen von ca. 100’000.- Franken erbringen würde.
  • ♦ Bei Abgabe im Baurecht hätte die Gemeinde, bei einem angenommenen Baurechtszins von 3%, Einnahmen von ca. 150’000.-/J.
  • ♦ Sie würde wie oben erwähnt Eigentümerin bleiben und so von einer allfälligen Wertvermehrung profitieren.

Die Baurechtslösung ist also nachhaltiger als ein Verkauf.

Zentrumswiese: Für den Bau des Alterszentrums auf der Zentrumswiese wird Land der Einwohner- sowie der Ortsbürgergemeinde beansprucht. Hier steht die Frage im Raum, ob dieses Land der Altersheiminstitution verkauft, verschenkt oder im Baurecht abgegeben werden soll. In Anbetracht der Bedeutung der Zentrumswiese für Würenlos müssen die drei Varianten sehr sorgfältig geprüft werden. Eine Schenkung oder ein Verkauf sollte nur erfolgen, wenn absolut sicher ist, dass dieses Land auch in ferner Zukunft nur für öffentliche Zwecke genutzt werden darf.

Die nachhaltigste Lösung wäre meiner Meinung nach auch hier, wenn die Gemeinde das Bauland einer gemeinnützigen Institution, Genossenschaft oder AG, im Baurecht abgeben würde. Ob man einen Baurechtszins erheben will und wie hoch dieser allenfalls sein soll, könnte an einer Gemeindeversammlung diskutiert und bestimmt werden.

Aufs Thema Zentrumswiese wird würenblicker im Rahmen einer mehrteiligen Serie über den gegenwärtigen Stand der Planung fürs Alterszentrum näher eingehen. Geplant ist, den ersten Beitrag der Serie am 16. Oktober aufzuschalten.

Land verkaufen zum Schuldenabbau?

An der Sommer-Gemeindeversammlung muss der Gemeinderat aufzeigen, wie er die Finanzlage unserer Gemeinde verbessern will. Wetten, dass dann mindestens ein Stimmbürger fordern wird, zum raschen Schuldenabbau sei gemeindeeigenes Bauland zu verkaufen? Land verkaufen, das in naher Zukunft nicht zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben (Schulhäuser, Sportanlagen usw.) benötigt wird –  verlockend ist dieser Ausweg aus dem Finanzloch. Löcher stopfen ohne jemandem weh zu tun. Das Ei des Kolumbus?

Die Einwohnergemeinde Würenlos besitzt wenig Land im Baugebiet, und noch weniger solches, das sie in absehbarer Zeit nicht zur Erfüllung eigener Aufgaben benötigt. Drei grössere, noch unüberbaute Areale sind es im Wesentlichen:

  1. Zentrumswiese (künftiger Standort Alterszentrum, steht nicht zur Disposition).
  2. Gatterächer Ost, ein Landstreifen entlang der Bahnlinie.
  3. Im Wiemel, ursprünglich für den neuen Fussballplatz gekauft –  ein Vorhaben, das sich an diesem Ort bekanntlich nicht realisieren lässt.

Das Land im Gatterächer Ost steht grundsätzlich zur Disposition. Allerdings hat der Gemeinderat die Erschliessung des ganzen Baufeldes, das auch privates Bauland umfasst, um mehrere Jahre hinausgeschoben. – Einer der klügsten planerischen Entscheide, die er in den letzten Jahren getroffen hat. Denn so belasten die Erschliessungskosten nicht schon heute die Gemeinderechnung und das rasante Bevölkerungswachstum mit seinen fatalen Kostenfolgen (z.B. immer mehr neuer Schulraum, Lehrkräfte und Gemeindepersonal) wird etwas gebremst.

Im Wiemel ist die letzte, 5658 Quadratmeter grosse Parzelle erst 2001 von der Gemeinde für 2,546 Mio. Franken erstanden worden. Quadratmeterpreis 450 Franken. Heute wird in diesem Gebiet mehr als das Doppelte für Bauland bezahlt. Auf den ersten Blick könnte also die Gemeinde mit dem Verkauf einen schönen Gewinn realisieren. Doch abgesehen davon, dass die Gemeinde einen Teil noch immer für eine öffentliche Nutzung benötigen dürfte (z.B. Schulsportanlage), müsste das Land vorher noch von der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen in eine Wohnzone umgeteilt werden.

Doch wäre ein Verkauf jetzt sinnvoll? Finanzvorsteherin Karin Funk hat wiederholt erklärt, ein  Verkauf des Familiensilbers sei nicht beabsichtigt. Zum Glück! Denn:

  1. Schuldenabbau mittels Landverkauf ist nicht nachhaltig. Um grössere Ausgabendisziplin und  eine Steuererhöhung kommt man auch bei einem Landverkauf nicht herum, sonst wird der Schuldenberg bald wieder auf die alte Höhe anwachsen.
  2. Beim Landverkauf  kommt’s zum Negativeffekt, dass bei sofortiger Überbauung der Bauboom und das Bevölkerungswachstum noch angeheizt werden. Mit hohen Folgekosten (siehe letzte Jahre).
  3. Landreserven haben hohe strategische Bedeutung. Landbesitz ist für die Gemeinde weit mehr als eine (gute) Kapitalanlage. Er ist eines der effizientesten Mittel, um die bauliche Entwicklung zu steuern (siehe Gatterächer Ost). Dies vor allem dann, wenn eine Behörde (wie der Würenloser Gemeinderat), das ganze Instrumentarium, welches ihr Raumplanungs- und Baurecht zur Steuerung in die Hand geben, eher zögerlich einsetzt.
  4. Landreserven können in fernerer Zukunft für die Gemeinde von höchstem Nutzen sein. Das Baugebiet zu erweitern wird in Zukunft sehr viel schwieriger. Hat aber die Gemeinde dereinst bauliche Bedürfnisse, die heute noch gar nicht absehbar sind, wirds sehr teuer, wenn nicht auf eigenes Land zurückgegriffen werden kann.