Die kantonalen Wahlen aus Würenloser Sicht

Unsere Gemeinde ist auch in den kommenden vier Jahren im Kantonsparlament nicht vertreten. Keine(r) der acht Würenloser  Kandidatinnen und Kandidaten für den Grossen Rat hat den Sprung nach Aarau geschafft. Bei den Regierungsratwahlen liegen die vier im Kanton Gewählten auch in Würenlos vorn. Und auch bei uns liefern sich die SVP- und die SP-Kandidatin ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das erst im zweiten Wahlgang entschieden wird.

Bei den Wahlen in den Regierungsrat sind im ersten Wahlgang Kanton Aargau die drei Bisherigen Urs Hofmann (SP), Stephan Attiger (FDP) und Alex Hürzeler (SVP) sowie der neu antretende Wettinger Gemeindeammann Markus Dieth (CVP) – in dieser Reihenfolge – gewählt worden. Die Vier erzielten auch in Würenlos die besten Ergebnisse, allerdings in anderer Reihenfolge: Mit 928 Stimmen liegt hier Stephan Attiger vorne, gefolgt von Alex Hürzeler mit 876 und dem Neuen Markus Dieth mit 835 Stimmen. Der im Kanton bestplatzierte Urs Hofmann belegt in Würenlos mit 829 Stimmen nur Platz vier.

Während Markus Dieth den bisher von Roland Brogli gehaltenen CVP-Sitz in der Regierung souverän verteidigte, lieferten sich Franziska Roth (SVP) und Yvonne Feri (SP) ein Kopf-an-Kopf Rennen um den durch Rücktritt von Susanne Hochuli (Grüne) frei gewordenen Sitz. Wie alle übrigen Kandidaten verpassten die beiden Frauen das absolute Mehr. Sowohl im Kanton wie auch in Würenlos rangiert Roth knapp vor Feri. Der Stimmenvorsprung von Roth beträgt im Kanton 471 und in Würenlos 16 Stimmen. Der zweite Wahlgang findet am 27. November statt und wird spannend. Roth ist vom bürgerlichen Lager und sogar von ihrer eigenen Parteibasis nur flau unterstützt worden. Wird die SVP-Kandidatin nun ausgewechselt oder kriegt sie Konkurrenz durch eine FDP-Kandidatin? Yvonne Feri hat sich zwar nicht gar so gut geschlagen wie Wahlumfragen erwarten liessen, hat die Stichwahl aber noch längst nicht verloren.

Bei den Grossratswahlen zeigen die Würenloser Resultate folgendes Bild: Mit einem Wähleranteil von 31.09% ist die SVP  wiederum stärkste Partei, muss aber im Vergleich zu den Grossratswahlen 2012 minime Verluste hinnehmen (-0,39%). Zweitstärkste Partei – wenigstens wenn man die Grossratswahlen als Massstab nimmt – bleibt in Würenlos die CVP mit einem Stimmenanteil von 19,4 (+0,72%). Drittstärkste Partei ist trotz leichtem Verlust (-1,41%) die FDP mit einem Stimmenateil von 15,21%. Auf Platz 4 folgt die SP, die in Würenlos am meisten zulegt. Ihr Stimmenanteil von 14,01 % bedeutet ein Plus von 2,55%. Auch auf kantonaler Ebene ist die SP die klare Wahlsiegerin, gewinnt sie doch 5 Sitze hinzu, dies auf Kosten der CVP (-2), der BDP (-2) und der Grünliberalen Partei glp (-1).

Auf tieferem Niveau leichte Zunahmen verzeichneten in Würenlos die Grünen und die glp, die EVP stagniert (trotz 2 einheimischen Kandidatinnen) und die BDP verliert (-1,57%).

Wie haben sich die insgesamt 8 Würenloser Grossratskandidatinnen und –kandidaten geschlagen? Ins Kantonsparlament gewählt wurde keine und keiner von ihnen. In Würenlos erzielten sie die folgenden Ergebnisse – in der Reihenfolge der erhaltenen Stimmen:

  • Silvia Schorno (CVP): 328 Stimmen. Fast zwei Drittel der Stimmen stammen von Wählern anderer Parteien. In Würenlos belegt sie Platz 5 von allen CVP-Kandidaten, im ganzen Bezirk belegt sie Platz 12 und rückt darum auch nicht für den in die Regierung gewählten  Markus Dieth nach.
  • Barbara Gerster Rytz (CVP): 310 Stimmen, CVP-Platz 6 in Würenlos.
  • Consuelo Senn (FDP): 305 Stimmen. Dank 155 Fremdstimmen arbeitet er sich auf der FDP-Liste in Würenlos auf Platz 3 vor. Ein Achtungserfolg für den Präsidenten der lokalen FDP.
  • Rolf Fehr (CVP): 273 Stimmen. CVP-Platz 8 in Würenlos. Er bleibt deutlich hinter den beiden lokalen CVP-Kandidatinnen zurück.
  • Lukas Wopmann (BDP): 216 Stimmen. Der Gemeinderat ist der lokale Panaschierkönig. Ihm haben viele Wähler anderer Parteien ihre Stimme gegeben, der Lohn für seine Arbeit in der Exekutive. Trotz Listenplatz 29 lässt er in seiner Gemeinde alle anderen BDP-Kandidaten hinter sich.
  • Evelyn Windisch (EVP): 156 Stimmen, wovon nur 11 von unveränderten EVP-Listen. Dank der vielen Fremdstimmen belegt sie in Würenlos EVP-Platz 2. deutlich vor der zweiten EVP-Kandidatin aus unserem Dorf.
  • Thomas Sibold (glp): 91 Stimmen. In seiner Wohngemeinde vielleicht doch noch zu wenig bekannt, muss er sich von den glp-Kandidaten auf den ersten 3 Listenplätzen geschlagen geben.
  • Monique Holland (EVP): 84 Stimmen. Auch sie ist hier zu wenig bekannt und erzielt nur halb so viele Stimmen wie ihre EVP-Mitbewerberin Windisch.

Link zu den Ergebnissen in Würenlos

Link zu den Ergebnissen im Kanton

Keine Insel mehr im Flüchtlingsstrom

Würenlos steht vor einer Herausforderung. Der Kanton will unserer Gemeinde ab 2. November bis zu 22 zusätzliche Asylsuchende zuweisen. Untergebracht werden sie in der unterirdischen Zivilschutzanlage Wiemel beim Feuerwehrmagazin. Eine Informationsveranstaltung für die Anwohner und die ganze Bevölkerung stiess auf  grosses Interesse und verlief erfreulich ruhig.

Alles andere als eine Luxusbleibe: Schlafraum in der Zivilschutzanlage Wiemel.
Alles andere als eine Luxusbleibe: Schlafraum in der Zivilschutzanlage Wiemel.

Es musste schnell gehen: Am 27. September beschied der Kanton unserer Gemeinde, dass sie ab 2. November bis  zu 22  Asylsuchende aufnehmen muss.  Bisher lebten gerade mal deren 4 in der Gemeinde. Unverzüglich hat der Gemeinderat abgeklärt, wo so viele Menschen untergebracht werden können. Kurzfristig bot sich laut Sozialvorsteher und Vizeammann Toni Möckel  einzig  die Zivilschutzanlage an. Die Anwohner im Büntenquartier hat man  am 4. Oktober mit einem Brief informiert, die übrige Bevölkerung zwei Tage darauf mit einer Mitteilung in der «Limmatwelle». Und nun also noch die Veranstaltung vor Ort, an der sich schätzungsweise 80 Personen näher informieren liessen.

Würenlos wird künftig  keine Insel im Flüchtlingsstrom mehr sein. Dabei hatte man auf der sicheren Seite gewähnt – dank einer Vereinbarung, die Würenlos und weitere Regionsgemeinden 2015 mit Neuenhof abgeschlossen hatten. Da Neuenhof weit mehr Asylsuchende beherbergt, als es gemäss kantonalem Verteilschlüssel aufnehmen müsste, hofften die Vertragspartner, so auf eigene Unterkünfte verzichten zu können. Der Kanton vertritt nun aber die Auffassung, Würenlos und drei weitere Gemeinden könnten sich mit diesem Vertrag nicht von der Aufnahmepflicht befreien. Eine Beschwerde gegen die Verfügung aus Aarau, wie sie der Gemeinderat offenbar erwägt, hat keine aufschiebende Wirkung. Die 22 Plätze müssen bis 2. November bereitgestellt werden. Ausser, man würde sich freikaufen, ganz nach dem schlechten Vorbild der Gemeinde Oberwil-Lieli unter ihrem SVP-Gemeindeammann, dem Scharfmacher Andreas Glarner,

Die Bezahlung einer Ersatzabgabe  kommt für unseren Gemeinderat löblicherweise nicht in Frage. Man will sich solidarisch zeigen mit allen anderen Gemeinden, die auch Asylsuchende aufnehmen, . Eine solche Ersatzabgabe ginge finanziell überdies ins dicke Tuch. Würenlos müsste 883 300 Franken pro Jahr bezahlen. Die Aufnahme der Leute mit Unterbringung in der Zivilschutzanlage wird laut  Toni Möckel einen Bruchteil davon kosten. Vorläufig gehe man von jährlichen Kosten um die 120 000 Franken aus.

Soeben gab der Kanton bekannt, dass nach Würenlos ausschliesslich männliche Asylsuchende kommen werden. Aus welchen Ländern sie stammen werden, steht noch nicht fest. Und  am 2. November werden wohl nicht gleich 22 im Wiemel einziehen. Ausschliesslich Männer sind es wohl auch darum, weil für Familien, die als weniger problematisch gelten, unterirdische Unterkünfte denkbar ungeeignet sind. Jeder Schweizer, der im Militärdienst schon mal das Vergnügen hatte, eine Woche oder zwei in einer unterirdischen Zivilschutzanlage zu hausen, weiss: Auch für Männer ist das kein Schleck, erst recht, wenn sie viele Monate darin zubringen müssen.

Darum will der Gemeinderat die Asylsuchenden nicht einfach sich selbst überlassen, Eine professionelle und erfahrene Betreuungsperson  soll die Unterkunft leiten. Und allenfalls werden sich  für gewisse Betreuungsaufgaben auch Freiwillige aus dem Dorf finden. Auch Sport- und andere Vereine könnten um Mithilfe gebeten werden, so ein Vorschlag aus dem Publikum.

Die  unterirdische Wohnsituation entschärfen will der Gemeinderat mit einem oberirdischen Aufenthaltsraum aus Bürocontainern samt abgegrenztem Umgelände auf dem hintersten Teil des Schwimmbad-Parkplatzes  (das Baugesuch soll noch in diesem Monat ausgeschrieben werden). Für die Asylunterkunft wird nur ein Teil der Zivilschutzanlage benötigt. Kleinere bauliche Anpassungen sind geplant im Duschraum, wo es künftig auch Warmwasser geben soll, sowie in der Küche, wo die Asylsuchenden auf Rechauds selber kochen werden. Einkaufen (jeder erhält rund 8 Franken pro Tag für den täglichen Bedarf)., Kochen, Waschen und Reinigen der Unterkunft sind willkommene Beschäftigungen für Asylsuchende, die noch keiner bezahlten Arbeit nachgehen dürfen. Den Leuten eine Tagesstruktur zu geben, wird wichtig sein. So sinkt das Risiko, dass sie auf Langeweile einfach irgendwo «herumhängen».

Aus dem Kreis der Bevölkerung wurden am Informationsabend zahlreiche kritische oder skeptische Fragen gestellt.  Wird die Gemeinde mit dieser Aufgabe nicht überfordert sein? Gibt es einen Sicherheitsdienst oder zumindest häufigere Polizeipatrouillen?Werden sich Frauen im Dorf noch unbehelligt bewegen können?  An wen wird man sich bei Problemen wenden können? Da offenbarten sich Ängste, wie sie praktisch immer zum Ausdruck kommen, wenn irgendwo eine Asylunterkunft entstehen soll. Und glücklicherweise erweisen sie sich in den meisten Fällen als unbegründet oder übertrieben.

Während die baulichen Fragen  schon geklärt seien, müssten für viele betriebliche Fragen Lösungen erst erarbeitet werden.  Klar sei aber, sagte Toni Möckel, dass vor Inbetriebnahme klare Regeln aufgestellt sein müssten, an die sich die Asylsuchenden zu halten hätten (z.B. wann sie sich abends in der Unterkunft einzufinden haben).

Möckel warnte aber auch zu Recht davor, hinter jedem der Asylsuchenden einen Kriminellen oder gar Terroristen zu sehen. Und Susanne Voser, Gemeindeammann in Neuenhof, versicherte,  man beherberge in ihrer Gemeinde über 100 Asylsuchende und das ohne grössere Probleme,  – Es ist wahrscheinlich schon so, wie auch einige Stimmen aus dem Publikum meinten: Je offener wir diesen Menschen begegnen, desto wohlwollender werden auch sie uns gegenüber treten. Es soll nichts schön geredet werden. Die kulturellen Unterschiede zwischen uns und den meisten dieser Asylsuchenden sind gross, Missverständnisse  und wohl auch Enttäuschungen im Zusammenleben werden unvermeidlich sein. Wir haben diese Menschen nicht gerufen. Doch die meisten befinden sich – was immer auch ihr Fluchtgrund gewesen sein mag – in einer prekären,  belastenden Situation.

Der ruhige Verlauf der Informationsveranstaltung lässt hoffen, dass das Verständnis dafür in unserer Bevölkerung vorhanden ist.Und so bin ich zuversichtlich, dass es Würenlos gelingen wird, was vielen anderen Gemeinden schon gelungen ist: Diese Herausforderung  mit Anstand und Menschlichkeit zu meistern.