Ein Nein ist hart, aber nötig

Die Würenloser Fussballer und Rugbyspieler haben Platzmangel. Dem will die Gemeindeversammlung jetzt, gegen den Willen des Gemeinderates, mit einem neuen Kunstrasenplatz im Tägerhard abhelfen. Doch es gibt gute Gründe für ein Nein gegen den Projektierungskredit in der Referendumsabstimmung vom 28. September.

Soll der Ball auch bald im Tägerhard rollen?
Soll der Ball auch bald im Tägerhard rollen?

Eigentlich mag ich sie nicht, die kleinkarierten Rappenspalter. Ebensowenig die ewigen Neinsager und ihr Argument, ein bestimmtes Vorhaben sei an sich ja gut, nur komme es leider zur falschen Zeit. – Und jetzt sehe ich mich im gleichen Boot wie sie.

Der neue Sportplatz ist an sich nötig und kann wohl auch nicht für noch weniger Geld realisiert werden. Aber er kommt im denkbar dümmsten Moment. Der Einwohnergemeinde fehlt das Geld dafür.

Es soll niemand sagen, es gehe vorerst ja nur um einen kleinen Projektierungskredit von 160 000 Franken, den Bau könne man später ja immer noch hinausschieben. Entweder brauchen die Rasensportler den neuen Platz möglichst rasch oder man lässt gescheiter auch das Projektieren sein. Wir haben in den letzten Jahren eh schon viel zu viele Planungsleichen in die Schubladen der Gemeindeverwaltung geschaufelt und damit Geld verlocht.

Der Zeitpunkt für die Vorlage hätte kaum schlechter gewählt werden können. Die Finanzen der Einwohnergemeinde sind in Schieflage. An der letzten Dezember-Gemeindeversammlung ist zu Recht kritisiert worden, dass  der Gemeinde bisher eine  Finanzstrategie vermissen liess. Der Gemeinderat ist nun daran, ein Gesamtkonzept zur Sanierung der Finanzen vorzubereiten. Noch bevor wir Bürger wissen, wie dieses Gesamtkonzept aussehen wird und es diskutieren können,  sollen wir nun eine Einzelinvestition in Millionenhöhe für einen zusätzlichen Fussballplatz aufgleisen. So geht es nicht!

Der Sportplatzbau wird die Einwohnergemeinde mindestens 2,8 Millionen Franken kosten, dazu kämen noch jährliche Betriebskosten und Abschreibungen, die durchaus über 200 000 Franken pro Jahr betragen könnten. Ausgaben, über deren Dringlichkeit man getrost geteilter Meinung sein darf.

Warum jetzt ein Vorhaben zu priorisieren, das hauptsächlich einer nicht eben grossen Interessengruppe (etwa 300 Würenloser Vereinssportlern) zu Gute käme? Not tut jetzt erst einmal eine finanzielle Auslegeordnung, wo alle Bedürfnisse und Wünsche auf den Tisch kommen und auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden müssen. Sonst fehlt plötzlich das Geld für Aufgaben, die von der Allgemeinheit für wirklich dringlich eingestuft werden.

Der Verzicht auf den neuen Sportplatzes im jetzigen Zeitpunkt ist hart für den Sportverein und den Rugbyclub. Beide sehen ihre Existenz gefährdet, falls ihrer Platznot nicht rasch abgeholfen wird. Sie sehen zu Recht die Einwohnergemeinde in der Pflicht, für Ersatz jenes Rasenplatzes zu sorgen, der dem Kindergarten Feldstrasse und dem neuen Oberstufenschulhaus geopfert werden musste.

Dieses Interesse ist aber gegen das Interesse der ganzen Gemeinde an einem gesunden Finanzhaushalt abzuwägen. Und guten Gewissens darf man zum Schluss kommen, das Interesse an einem gesunden Finanzhaushalt habe jetzt Vorrang.

Ein Nein ist nicht gegen die Jugend gerichtet. Zwar leisten beide Clubs einen wichtigen Beitrag zur sinnvollen Freizeitbeschäftigung von Kindern und Jugendlichen, möglicherweise auch zur Förderung ihrer Gesundheit und ihrer gesellschaftlichen Integration. Doch halten wir Augenmass: Fussball mag die beliebteste Sportart sein. Aber Jugend + Sport, das Sportförderungswerk des Bundes, listet noch etwa 65 weitere Sportarten auf, die auch von vielen jungen Würenlosern betrieben, aber (mit Ausnahme des Turnvereins) von der Gemeinde weniger oder gar nicht subventioniert werden.

Allen heutigen Kindern und Jugendlichen wird ein schlechter Dienst erwiesen, wenn wir ihnen einen hohen Schuldenberg hinterlassen, den sie dereinst mühsam, unter noch nicht bekannten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abtragen müssen.

Die Schulden der Einwohnergemeinde sollen nicht erst am Sanktnimmerleinstag auf ein vertretbares Mass heruntergefahren sein. Das bedingt ein schmerzliches Vorgehen, das wir sorgfältig prüfen müssen. Hüten wir uns vor voreiligen und wohlfeilen Patentrezepten! So fordern die örtliche CVP und ihr Präsident Sigi Zihlmann, man müsse nur gemeindeeigenes Land im Gatterächer und im Wiemel raschmöglichst verkaufen (und überbauen lassen), dann sei der neue Sportplatz finanzierbar. Weshalb ein solcher Landverkauf nicht das Ei des Kolumbus ist, wurde hier bereits früher dargelegt.

Die 60+-Frösche vom Wiemel

Schwimmbad Wiemel, gegen 18 Uhr, an einem Tag, wie es sie in diesem Sommer mehr als genug gab: Wetter durchzogen, nicht kalt, nicht heiss, zeitweise sonnig, dann wieder graue Wolken. Kein Schwümbi-Tag also, an dem sich selbst die grössten Wassermuffel Badetüechli und -hose schnappen, um sich ins kühlende Nass zu stürzen.

Seniorinnen und Senioren sind im Schwimmbad die treuesten Stammgäste.
Seniorinnen und Senioren sind im Schwimmbad die treuesten Stammgäste.

An diesem typischen Sommer-2014-Tag also kommen sie angeradelt und
-spaziert
, die treuesten Gäste unseres Schwimmbades. Die Seniorinnen und Senioren. Einige  schon um die 80. Ich mit 64 fühle mich jedenfalls fast zu jung inmitten der flotten Truppe. Aber irgendwie gehöre ich halt doch auch schon dazu. (Etwas Mühe hatte ich aber schon, als ich vor vier Jahren von meiner Kirchgemeinde erstmals die Informationen für Senioren zugestellt erhielt.)

«Wie wenn wir abgemacht hätten, lauter bekannte Gesichter», wird das fast zufällige Zusammentreffen am Wiemel-Eingang kommentiert.  Und man hört daraus den Stolz, keine Weicheier zu sein, die bloss bei Superwetter ins Bassin zu steigen.

Fröhliche, lockere Stimmung herrscht kurz darauf im 50-Meter-Becken. Das tägliche Fitnessprogramm wird abgeschwommen. Ganz ohne Animation durch irgendeine hochdiplomierte Seniorerenbetreuerin oder eine teure Motivationskampagne, von der ohnehin eine Werbeagentur am meisten profitieren würde. Die Schwimmenden wissen schon selbst, was  ihnen gut tut und Spass macht. Dran bleiben heisst die Devise, auch wenn hier ein Gelenk schmerzt und dort ein Muskel zwickt. Und schon gar nicht stört,  dass man optisch im Badedress den Jungen keine Konkurrenz mehr macht.

Die neuen Alten gibt es auch in der Realität – nicht bloss in der Fielmann- und Anti-Aging-Werbung. Fast ein Viertel der Würenloser Bevölkerung ist über 60 Jahre alt. Der Anteil der unter 18-jährigen ist praktisch gleich gross, obwohl wir uns oft als ein Dorf der jungen Familien wahrnehmen. Der weitaus grösste Teil der über 60-Jährigen ist zwischen 60 und 80 Jahre alt. Eine einigermassen gute Gesundheit vorausgesetzt, versteht sich diese Altergruppe nicht als «alt». Sie hat teils ähnliche, teils aber auch ganz andere Bedürfnisse und Vorlieben wie die jüngeren Generationen. Aber auch andere wie viele der noch älteren.

Daran gilt es zu denken, wenn die Gemeinde im Zuge von Sparbemühungen ihre Leistungen überprüft. Die Bedürfnisse der meisten Senioren von heute lassen sich nicht einfach auf die Kostenfaktoren Pflege und betreutes Wohnen reduzieren. Da würden sich die 60+-Frösche vom Wiemel schön bedanken.

Infolge Ferienabwesenheit erscheint der nächste Blog erst wieder am 4. September, dann zum Thema «Fussballplatz-Abstimmung». Bis dahin werden Kommentare der Leserinnen und Leser nur sporadisch und mit Verzögerung freigeschaltet. würenblicker bittet Sie um Verständnis.

 

 

Der Wurm ist drin

Was ist los? Zum zweiten Mal innert eines halben Jahres werden die Würenloser Stimmberechtigten an die Urne gerufen, um über ein Geschäft der Gemeindeversammlung endgültig abzustimmen. Das ist ungewöhnlich und bestätigt die verbreitete Meinung, in der Würenloser Lokalpolitik stecke der Wurm.

Das Referendum gegen den Planungskredit für den neuen Fussballplatz im Tägerhard ist mit 612 gültigen Unterschriften zustande gekommen. Am  28. September stimmen wir an der Urne ab.

Erneut ist es der SVP, diesmal zusammen mit der FDP, gelungen, weitaus mehr als die erforderliche Zahl von Unterschriften für ein Referendum zusammenzubringen. Ganz so viele wie Anfang Jahr beim Referendum gegen den Ausbau des Kindergartens Buech I waren es diesmal aber nicht. Die Kindergartenvorlage wurde an der Urne im Stimmenverhältnis 2:1 abgelehnt. So deutlich wird die Projektierung des neuen Sportplatzes kaum den Bach hinab geschickt werden.

Mehr als beim Kindergarten scheinen sich viele Stimmbürger in einem Zwiespalt zu befinden. Hin und her gerissen zwischen finanziellen Bedenken und Sympathien für Sportler, denen man die neuen Plätze gönnen würde. Dieses Dilemma hätten auch die Unterschriftensammler  zu spüren bekommen, sagte  SVP-Präsident Thomas Zollinger in einem «Limmatwelle»-Interview. Doch wer sich scheut, seine Unterschrift auf einen Referendumsbogen zu setzen, der auch noch dem Kumpel aus dem Sportverein oder der Nachbarin unter die Nase gehalten wird, ist am 28. September noch lange kein Ja-Stimmer. Die Urnenabstimmung ist anonym – Vorteil für die Gegner.

Die Abstimmung wird spannend. Obsiegen wird, wer die Bürger mit den zwei Seelen in der Brust auf seine Seite ziehen kann. würenblicker wird am 5. September seine schon früher geäusserte ablehnende Haltung nochmals begründen und gleichzeitig die Diskussion über die Vorlage eröffnen.

Ungewöhnlich sind jedenfalls zwei Referendumsabstimmungen in so kurzem Abstand. Das kommt andernorts kaum vor und muss zu denken geben.  Vor allem dann, wenn die Sportplatz-Vorlage an der Urne ebenfalls scheitern sollte.  Denn wenn die Gemeindeversammlung zu häufig nicht die Kräfteverhältnisse widerspiegelt, die im späteren Urnenabstimmungsresultat zum Ausdruck kommen, hat sie über kurz oder lang ein Glaubwürdigkeitsproblem und demontiert sich  selbst.

Warum, so fragt man sich aber auchkönnen zwei Parteien zwar mühelos Referendumsunterschriften zusammenbringen, aber nicht schon an der Gemeindeversammlung dafür sorgen, dass in ihrem Sinn entschieden und so ein Referendum gar nicht nötig wird? Das wäre effizienter und käme der lädierten Politkultur in diesem Dorf zu Gute.

Die Gemeindeversammlung kann unter diesen Bedingungen nicht das Mass aller Dinge sein. Deplaziert waren darum jene Stimmen, die versuchten, das Referendum im Vorfeld grundsätzlich als undemokratisch schlechtzureden. Nur dank der Möglichkeit des Referendums genügt die Institution Gemeindeversammlung überhaupt den minimalen Anforderungen an eine moderne Demokratie. Dem trägt das aargauische Gemeindegesetz Rechnung.  Indem es eben sagt, dass ein Entscheid der Gemeindeversammlung nur dann endgültig ist, wenn er von einer Mehrheit gefasst wird, die mindestens einem Fünftel aller Stimmberechtigten entspricht. Das wären im heutigen Würenlos rund 800 Stimmende – die blanke Unmöglichkeit.

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