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Das erste Jahr

Seit einem Jahr ist der stark verjüngte Gemeinderat im Amt. Zeit für ein Zwischenzeugnis, ein ungeschminktes.

Im Wahljahr 2013 war das politische Klima in Würenlos auf den Gefrierpunkt gesunken.

  • Die vom alten Gemeinderat überraschend ins Spiel gebrachte Standortvariante fürs Alterszentrum hatte bei vielen Bürgern das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Behörde erschüttert.
  • Der Versuch der FDP, ihren bisherigen Gemeindeammann Hans Ueli Reber auszubooten und durch Gemeinderätin Karin Funk Blaser zu ersetzen, hatte persönliche Blessuren hinterlassen.
  • Die angespannte Finanzlage und die im ersten Anlauf verweigerte Steuererhöhung liessen schmerzvolle Verteilkämpfe und Sparübungen erwarten.

Mit diesen Hypotheken trat das neu gewählte Gremium seine Amtszeit an. Dazu kam, dass die beiden neuen, mit Jahrgang 1984 jüngsten Ratsmitglieder Nico Kunz (FDP) und Lukas Wopmann (BDP) keinerlei Erfahrung aus politischen Ämtern mitbrachten und sich erst in die Dossiers  einarbeiten mussten. Der schwierigen Ausgangslage zum Trotz hat der neue Gemeinderat funktioniert.

Gute Note für die Finanzpolitik. Der Gemeinderat deutete die Zeichen richtig und legte den Fokus seiner Arbeit auf die Sanierung der Gemeindefinanzen. Dem Thema widmete er sich so intensiv, dass zeitweilig der Eindruck entstand, er befinde sich in Dauerklausur und andere Geschäfte kämen eher zu kurz. Es ist glaubhaft, dass in der ganzen Gemeindeverwaltung heute ein ganz anderes Kostenbewusstsein herrscht als früher. Gewissenhaft kam der Rat der Strafaufgabe nach, am Budget 2014 Kürzungen vorzunehmen. Einige der Korrekturen mögen zwar diskutabel und wenig nachhaltig gewesen sein, aber generelle Sparaufträge des Souveräns à la «Wir wissen zwar auch nicht wo, aber spart mal schön!» sind ja auch nicht gerade der Weisheit letzter Schluss.

Konsequent und mutig war die ablehnende Haltung zur Sportplatzprojektierung. Nur fragt sich, ob der Gemeinderat die Sportvereine nicht hätte davor bewahren können, ins offene Messer zu laufen. Vielleicht hätte er noch ein bisschen mehr Mut aufbringen und die Vorlage noch eine Zeitlang in der Schublade ruhen lassen müssen. Der Sportplatz hätte so rascher wieder aufs Tapet kommen können als jetzt nach dem klaren Volks-Nein, das auch als generelle Ablehnung einer neuen Sportanlage gedeutet werden könnte.

Bei anderen wichtigen Geschäften wurden wenige echte Fortschritte erzielt. So entwickelte der Gemeinderat bei der Planung im Gebiet Steinhof/Gewerbegebiet/
Bahnhof und beim Alterszentrum im letzten Jahr durchaus rege Aktivitäten. Sie führten aber noch nicht zum Ziel. Beim Alterszentrum rumorte es hinter den Kulissen erneut gehörig, woran der Gemeinderat nicht ganz unschuldig war. Zusätzlich irritierte, dass Vizeammann Toni Möckel, zuständig für die Altersbetreuung, sich in den Verwaltungsrat des Wettinger Alterszentrums St. Bernhard wählen liess. Dieses kommt – nebst anderen bewährten Institutionen – als künftiger Betreiber des Alterszentrums Würenlos in Frage.  Ein Schuft, wer Böses dabei denkt.

Von Aufbruchstimmung ist insgesamt wenig zu spüren und der Regierungsstil ist weitgehend der alte geblieben. Bei den Gemeinderatswahlen hatten die Würenloserinnen und Würenloser ihrem Wunsch nach frischem Kräften und neuem Schwung Ausdruck gegeben. Betrieben wird aber weiterhin eine introvertierte Kabinettspolitik.  Zu wenig Wert wird darauf gelegt, breite Bevölkerungskreise in die Entscheidungsprozesse einzubinden. Für Ideen von aussen ist man nur bedingt offen, manchmal scheint der Gemeinderat auch beratungsresistent zu sein. In einer Agglomerationsgemeinde mit über 6000 Einwohnern ist dies alles nicht sehr zielführend.

Auch dieser Gemeinderat informiert schlecht. Dabei ist eine offensive und kontinuierliche Information die halbe Miete im politischen Geschäft. Nur wenn eine Behörde Transparenz schafft und bereit ist, ihr Tun der Öffentlichkeit ständig und ungefragt zu erklären, gewinnt sie Vertrauen. Wer Bürger vor vollendete Tatsachen stellt, riskiert totale Ablehnung. 2014 verzichtete der Gemeinderat gänzlich auf sein zu kostspieliges Sprachrohr «Würenloser Nachrichten». Das war sinnvoll. Nur hätte man sich überlegen müssen, wie die entstehende Informationslücke zu schliessen sei.

Am Einsatz aller fünf Ratsmitglieder hat es gewiss nicht gefehlt. Die Arbeit in der Exekutive ist anspruchsvoll. Der Zeitaufwand für dieses Amt ist gross. Gerade die beiden Neuen hatten ihn wohl gehörig unterschätzt. Aber Mitleid wäre fehl am Platz.  Zu hoffen ist, dass die Umsetzung der Verwaltungsanalyse den Gemeinderäten ermöglicht, ihren Blick vermehrt über die Tagegeschäfte hinaus in die Zukunft zu richten. Denn da besteht das grösste Defizit.

Der Gemeinderat lässt uns im Unklaren darüber, wie er die Zukunft der Gemeinde gestalten will. In dieser Frage muss er die Führungsrolle übernehmen. Wohl mögen unsere Gemeinderäte vom Typ her eher Macher als Gestalter oder gar Visionäre sein. Aber nur wenn sie eine gemeinsame Vorstellung von Würenlos in 20, 30 Jahren haben,  müssen sie nicht ständig wie die «alte Fasnacht» der von anderen vorangetriebenen Entwicklung hinterher hächeln. Nur dann sind gute Entscheide möglich, die über den Tag hinaus Bestand haben.

Auf den Gemeinderat wartet also weiterhin viel Arbeit. Schade, dass die Teambildung nicht abgeschlossen ist und ein Verlust an Finanz-Know-how droht. Im Sommer verlässt Karin Funk Blaser vorzeitig den Rat. Am 26. April ist ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger zu wählen.

Wachstumskosten dürften weiter steigen

Mit einigem Stolz verkündete die Schulpflege anfangs dieses ziemlich verregneten Sommers, die Schule Würenlos habe eine zweite Evaluation durch externe Fachleute der Pädagogischen Hochschule FHNW mit Bravour bestanden. Die vom Kanton beauftragten Experten bewerten, ob eine Schule die grundlegenden Anforderungen an eine zeitgemässe Schule erfüllt, mit den Farben der Verkehrsampeln grün, gelb und rot. Die Schule Würenlos wurde in allen geprüften Bereichen mit grün bewertet.

Das spricht für alle Schulverantwortlichen, für die Schulleitung ebenso wie für die Schulpflege und in hohem Masse für die mittlerweile rund 90 Lehrerinnen und Lehrer. Die gute Bewertung ist nicht selbstverständlich, denn wie die Gemeinde als Ganzes befindet sich auch die Schule in einem rasanten Wachstum. Allein seit Anfang des Schuljahres 2012/13 ist die Zahl aller Kinder und Jugendlichen, die in Würenlos zur Schule gehen (vom Kindergärtler bis zum Oberstüfler, aber ohne Bezirksschüler) um rund 16 Prozent gestiegen. von 627 auf 726. Hundert Schülerinnen und Schüler mehr also in nur zwei Jahren.

Das hat natürlich Folgen. Die dank des Baus des Oberstufenschulhauses und des Umbaues des reformierten Pfarrhauses gewonnenen Raumreserven sind bereits wieder aufgebraucht. Was nun, wenn auch in den in der Bauphase steckenden Grossüberbauungen Flüehügel und Gatterächer West vorwiegend Familien mit Kindern einziehen? Und sich der Trend der letzten Jahre fortsetzt, dass die Steuereinnahmen nicht in gleichem Verhältnis zunehmen wie die Einwohnerzahlen?

Finanzplan und Investitionsprogramm der Einwohnergemeinde sehen zwar je 4 Millionen Franken vor für ein weiteres neues Schulhaus – mit dessen Bau wird aber erst in den Jahren 2019/20 gerechnet. Was aber, wenn der Bedarf an Schulraum diese hohen Investitionen schon früher bedingt? Und steigende Schülerzahlen benötigen ja nicht nur mehr Platz für den Unterricht, sie bedeuten generell höhere Kosten für das Bildungswesen – von höheren Gemeindebeiträgen an die Löhne der Lehrpersonen bis hin zu höheren Aufwendungen für die Musikschule. Die meisten dieser möglichen Mehrkosten kann die Einwohnergemeinde kaum beeinflussen.

Allein vor diesem Hintergrund eines einzigen Aufgabenbereichs der Gemeinde wirkt es mehr als salopp, wenn die Befürworter des Projektierungskredits für die neue Sportanlage im Tägerhard behaupten, die Finanzlage der Gemeinde werde unnötig dramatisiert, in Wirklichkeit sei alles nur halb so wild. An der Zweifelhaftigkeit solcher Aussagen ändert auch wenig, dass sich die fussballerische Prominenz für die neue Sportanlage in die Schanze wirft, siehe AZ von diesem Samstag.

Ja zum Fussballplatz – vorerst…

Mit 144 Ja gegen 108 Nein hat die Gemeindeversammlung dem Projektierungskredit von 160 000 Franken für einen neuen Fussballplatz im Tägerhard samt Erschliessungsstrasse zugestimmt. Torjubel ist verfrüht. Höchstwahrscheinlich kommt es darüber noch zur Urnenabstimmung. Letztlich könnte der neue Sportplatz doch noch aufs Eis gelegt werden.

Zunächst aber – und nicht unerwartet – war das Powerplay der Rasensportvereine erfolgreich. Doch ihr Aufmarsch zur Versammlung war nicht so gross, wie von den einen erhofft und den anderen befürchtet. Die Mobilisierungskraft der Sportvereine dürfte überschätzt werden.

Weshalb brachte der Gemeinderat die Kreditvorlage überhaupt vor die Gemeindeversammlung, wo er doch aus finanzpolitischen Gründen dagegen ist? Gemeindeammann Hans Ulrich Reber begründete dies damit, dass das Geschäft eben sowohl für die Sportvereine wie für die Gemeindefinanzen von grosser Bedeutung sei. Deshalb solle der Souverän darüber entscheiden. Womöglich gab der Gemeinderat den finanzpolitischen Lead aber vorschnell aus der Hand.

Der aus der Versammlung geäusserte Wunsch, nach einem Ja möge das Referendum ergriffen werden und so der Entscheid repräsentativer ausfallen, dürfte erhört werden. Und SVP-Präsident Thomas Zollinger (seine Partei und die FDP haben sich klar gegen die Vorlage ausgesprochen) zeigte sich nach der Versammlung überzeugt, dass das Referendum gewonnen wird. Sein Optimismus ist nicht unbegründet. Die Sanierung des Kindergartens Buech I wurde mit gleich hohem Ja-Stimmen-Anteil wie jetzt die Sportplatzprojektierung (56 bzw. 57 %) an der Gemeindeversammlung gutgeheissen, an der Urne dann aber mit 69 % Nein-Stimmen wuchtig abgelehnt.

Dass es beim Projektierungskredit nur um 160 000 Franken geht, ein Referendum der Gemeinde aber Kosten von 8000 bis 10 000 Franken verursacht, ist kein Verhältnisblödsinn. Denn würde, wie das der Befürworter Marcel Moser schmackhaft zu machen versuchte, die Sportanlage jetzt zwar projektiert und später, beim Baukredit, die Notbremse gezogen, wären locker wieder einmal 160 000 Franken  in den Sand gesetzt – nach bester Würenloser Manier.

Sollten die Stimmberechtigten schliesslich wollen, dass projektiert wird, muss auch rasch gebaut werden. Alles andere wäre verlogen. Aber zuvor muss die Finanzierung sichergestellt sein. Und dass ist sie bislang nicht. Auch wenn CVP-Sprecher und Sportplatz-Befürworter, welche sich die ganz grosse Rosa-Brille  aufgesetzt hatten, ziemlich unverfroren das Gegenteil behaupteten.

Marco Galli, der Präsident der Finanzkommission, hat absolut recht: Ohne Steuerhöhung kommt der Bau der Sportanlage Tägerhard nicht in Frage. Für den Fall, dass der Projektierungskredit endgültig bewilligt wird, schlug Galli vor, den Baukredit  an eine Erhöhung des Steuerfusses zu koppeln.

Das Mindeste aber wäre eine Staffelung der Geschäfte: Steuerhöhung im Dezember 2014, Baukredit im Sommer 2015. Denn käme der Baukredit, wie von den Befürwortern in ihrer Werbebroschüre vorgezeichnet, schon im Dezember 14 vor die Gemeindeversammlung, bestünde das Risiko, dass der Sportplatzbau beschlossen, die Steuererhöhung aber (allenfalls nach einem Referendum) doch wieder scheitert. Dann wäre das Desaster perfekt.

Bis zur Vorlage des Baukredits muss auch mehr Klarheit bestehen über die Folgekosten der Sportanlage (Unterhalt, Abschreibungen, Kosten der vorgeschriebenen Erschliessung mit dem Bus).  Total können sie gut und gerne 250 000 Franken pro Jahr erreichen und sind laut FiKo-Präsident Galli finanziell noch verheerender als der Bau der Sportanlage.

Man kann es drehen und wenden wie man will – die Ablehnung der Steuererhöhung  im letzten Dezember war ein Riesenfehler. Der finanzielle Spielraum der Gemeinde ist bedrückend eng geworden. Hässliche Verteilkämpfe stehen an. Das Dorf wächst unaufhörlich, die öffentliche Hand aber ist wie gelähmt. Jetzt braucht es einen Befreiungsschlag nicht nur auf der Ausgaben-, sondern auch auf der Einnahmenseite.  Der SV Würenlos will laut  seinem Sprecher Daniel Zehnder dazu beitragen, einer Steuerhöhung zum Durchbruch zu verhelfen. Das ist gut. Doch letztlich traue ich solchen Beteuerungen bis zum Tatbeweis nicht so recht.