Margerite, nochmals von Vorn?

Wieder ein Flugblatt zum Alterszentrum in allen Briefkästen. Diesmal nicht anonym wie letztes Jahr. Nun geben sich die – gleichen – Absender namentlich zu erkennen. Kritisierten sie im ersten Flugblatt vor allem den ihrer Meinung nach unkorrekten Planungsprozess beim Alterszentrum, so fordern sie jetzt «die Zentrumswiese für alle Generationen» und einen Planungsstopp für das Projekt Margerite auf dem bisher vorgesehenen Landstreifen entlang des Furtbachs. 

Wie Willi Günter und Niklaus Sekinger als einstige Einwender im abgebrochenen Vorentscheidsverfahren und Alois Wiedemeier, Architekt und Mitglied der Ortsbildschutzkommission, vor Medienvertretern am Mittwoch betonten, seien sie keineswegs gegen ein Alterszentrum an sich und auch nicht gegen dessen Bau auf der Zentrumswiese. Nur, wo es jetzt geplant sei, werde es am falschen Ort stehen. Sie plädieren für eine Verschiebung auf den nordwestlichen Teil der Zentrumswiese, weg von Furtbach und Zentrumsscheune.

Die Platzierung im nordwestlichen Teilareal hatten auch frühere Studien favorisiert und auch der auf der Gemeinde-Website publizierte Masterplan plus von 2019, von dem die Anwohnergruppe wohl zu Recht annimmt, dass er behördenverbindlich ist, enthält Planskizzen, wo das Alterszentrum im nordwestlichen Teil platziert ist. Eigentlich schien fast alles für diese Positionierung zu sprechen – ausser die Tatsache, dass dieser Teil der Zentrumswiese grösstenteils in der Kernzone liegt, was zwingend einen Gestaltungsplan für den grossen Gebäudekomplex erfordert hätte.

Die Anwohnergruppe möchte aus der Zentrumswiese einen «Begegnungsort für alle Generationen» machen. Ein solcher könne aber nur entstehen, wenn der ebenere Teil der Wiese entlang des Furtbachs unverbaut bleibt und das Alterszentrum auf den leicht ansteigenden nordwestlichen Teil verschoben wird. Denn dort sind ohne grosse Terrainveränderungen viele Aktivitäten für Jung und Alt kaum denkbar. Ob sich das Projekt Margerite aber so «problemlos» verschieben lässt, wie im Flugblatt behauptet wird? Für’s Alterszentrum hiesse es wohl eher «Zurück an den Start» und das nach mehrjähriger Planung

Zugute halten muss man der Gruppe, dass die Würenloser Bevölkerung sich nach dem Grundsatzentscheid «Zentrumswiese, nicht Wiemel» im Jahre 2013 gar nie zur Frage äussern konnte, wo auf der Zentrumswiese denn das Alterszentrum gebaut werden soll. Ein Gestaltungsplan hätte dies ermöglicht. Er wurde noch im Traktandenbericht der Dezember-Gemeindeversammlung 2017 (Gründung der Alterszentrum AG) als «Meilenstein» und «wichtiges Ziel» angekündigt, später aber vom Gemeinderat als unnötig erachtet und nicht mehr weiter verfolgt.

Die Anwohnergruppe muss sich die Frage gefallen lassen, weshalb sie mit ihrem doch ziemlich radikalen Verschiebungsvorschlag erst jetzt kommt. Und weshalb an der Gemeindeversammlung im letzten Dezember beim Traktandum «Baurecht fürs Alterszentrum» niemand aus ihrem Kreis das Wort ergriffen hat. «Weil es eh nichts genützt hätte», so die wohl zutreffende Antwort. 

Die Gruppe operiert zu isoliert. Sie hat sich bisher nicht mit anderen Kräften vernetzen können, die ihre Ansichten und Bedenken zumindest ansatzweise teilen. Zum Beispiel ebenfalls eine umfassendere Zentrumsplanung vermissen oder eine parkartige Erholungszone  entlang eines renaturierten Furtbachs gut fänden. Ohne zusätzlichen Druck durch solche Verbündete dürften sich der Gemeinderat und die Alterszentrum Würenlos AG kaum zu einer Umplazierung des Alterszentrums bewegen lassen, die viel Geld und Zeit kosten würde. Zumal ein noch immer beträchtlicher Teil der Bevölkerung nichts Anderes will, als möglichst rasch ein Alterszentrum und basta! 

Realistischerweise bleibt der Anwohnergruppe wohl doch nur der Weg, mit juristisch möglichst wasserdichten Argumenten das Projekt Margerite im Baubewilligungsverfahren «abzuschiessen». Das Baugesuch für ein (um ein fünftes Geschoss und rund 10 betreute Wohnungen und um einen einstöckigen Verbindungstrakt) abgespecktes Projekt soll im kommenden Sommer eingereicht werden, wie Alterszentrums-Verwaltungsratspräsdient (und Gemeindeammann) Toni Möckel im Februar in einem «Limmatwelle»-Interview erklärt hat.

Die früheren Einwender lassen keinen Zweifel daran, dass sie auch im Baubewilligungsverfahren zu den Einwendern gehören und gegen eine Baubewilligung notfalls vor Gericht ziehen werden. Ein langes Verfahren mit ungewissem Ausgang droht. Da sei es doch klüger, jetzt schon auf den problemloseren Standort im Nordwesten der Zentrumswiese zu setzen, als noch weiter viel Geld für das Margerite-Projekt in den Sand zu setzen, meinen die früheren und künftigen Einwender. 

Eine endlose Story mit ungewissem Ausgang. Doch mal ehrlich, glauben wir wirklich noch daran, dass Würenlos je ein Alterszentrum realisieren kann? Und haben wir nicht längst die Nase voll von all den Pirouetten, die alle Akteure in dieser Story immer wieder aufs glatte Eis zaubern?

Kehrtwende war das einzig Richtige

Der Gemeinderat Würenlos sistiert seinen Antrag für die Festsetzung der Deponie Steindler im kantonalen Richtplan. Die über 3000 Eingaben gegen die Deponie haben ihre Wirkung nicht verfehlt. In einer offiziellen Verlautbarung gibt sich der Gemeinderat überzeugt, dass für die ebenfalls notwendige Zonenplanänderung an einer Gemeindeversammlung keine Mehrheit zu gewinnen wäre. 

Die gemeinderätliche Kehrtwende ist die einzig richtige Entscheidung im Dilemma, in das sich der Gemeinderat selbst gebracht hatte (Link zum vorangehenden Beitrag). Und sie ist nicht zu früh erfolgt. Gut, hat der Gemeinderat nun die Befürchtungen und Ängste breiter Bevölkerungskreise stärker gewichtet als den angeblichen Bedarf für eine sogenannte regionale  Aushubdeponie von immenser Grösse.

Der Dereba AG, an der Tiefbaufirmen aus dem ganzen Ostaargau beteiligt sind und die als künftige Betreiberin bei der Planung federführend war, lässt der Gemeinderat das Türchen zwar noch einen Spalt weit offen. Wird in einer von der Dereba angeregten Mediation zwischen Deponiebefürwortern und -gegnern doch noch eine Lösung gefunden, die beim Würenloser Souverän mehrheitsfähig sein könnte, ist für den Gemeinderat eine Fortsetzung des Verfahrens denkbar. 

Doch die Erfolgsaussichten einer Mediation sind gering. Zu klein ist auf beiden Seiten der Spielraum für Kompromisse. Naturschutzkreise etwa dürften mit blossen Herumschrauben am Volumen und bei der Landschaftsgestaltung kaum zum Einlenken gebracht werden. Und zu wirklich grossen Zugeständnissen wird ihrerseits die gewinnorientierte Dereba AG aus wirtschaftlichen Überlegungen kaum bereit sein. Überdies kommt ihr Gesprächsangebot reichlich spät

Dass der Gemeinderat einer Mediation noch eine Chance gibt, ist ihm nicht zu verübeln. Es geht ihm damit (und auch mit dem wiederum ins Spiel gebrachten, im Lägern-Schutzgebiet gelegenen möglichen Deponiestandort «Gchütt») wohl einzig darum, die früheren Planungspartner nicht vollends vor den Kopf zu stossen. Als besonders verlässlicher Partner hat sich der Gemeinderat bei der Dereba AG, bei den anderen Gemeinden von BadenRegio und beim Kanton nicht empfohlen mit seiner Kehrtwende.

Doch der Regionalplanungsverband BadenRegio, der Kanton und sein Baudepartement, aber auch die Dereba AG müssen sich selber an der Nase nehmen, dass es zur jetzigen Situation gekommen ist. So wie diese Deponie planerisch aufgegleist wurde, geht es nicht. Kanton und BadenRegio müssen dringend über die Bücher, wenn ähnliche Vorhaben überhaupt noch eine Chance haben sollen. In diesen Punkten ist ein Umdenken nötig:

Von Anfang an volle Transparenz. Nur das frühe Offenlegen aller relevanten Fakten schafft das unerlässliche Vertrauen der Bevölkerung in den Planungsprozess. Geheimniskrämerei ist keine schlaue, sondern eine dumme Taktik. Hätte man ganz am Anfang der Öffentlichkeit gesagt, die und die Standorte werden auf ihre Eignung als Aushubdeponie geprüft, hätten sich die Gegner früher zu erkennen geben können. Die Brisanz des Vorhabens wäre früher zutage getreten und der Gemeinderat Würenlos hätte sich nicht derart verrannt.

Keine Vermischung mit privaten Interessen. Richtplanung ist eine hoheitliche Aufgabe. Da ist kein Platz für eine «Public-Private-Partnership», wie sie beim Steindler auf geradezu klandestine Weise praktiziert wurde. An der Erarbeitung von Entscheidungsgrundlagen für Richtplanänderungen dürfen Vertreter mit privaten Geschäftsinteressen nicht massgeblich beteiligt sein. Sonst lässt sich der Verdacht staatlich legitimierter Vetterliwirtschaft nie ausräumen.

Kein Etikettenschwindel. In eine regionale Aushubdeponie gehört nur Material, das aus der Region stammt. Diese ist am Anfang der Planung klar zu definieren, und entsprechend ist auch der Bedarf an Deponieraum zu berechnen. Im Fall Steindler hätte ein vernünftig definiertes Einzugsgebiet etwa aus der Regionen Baden-Wettingen (BadenRegio), dem Furttal und dem Limmattal bestehen können, aber sicher nicht aus der Stadt Zürich und weiteren Gebieten des Nachbarkantons, wie das vorgesehen war.

Bedürfnisse von Agglomerationsgemeinden höher gewichten. In stark verdichteten Siedlungsräumen wird ein intaktes, naturnahes Naherholungsgebiet für die Bevölkerung immer wichtiger. Aushubdeponien mit einer Auffüllmenge à la Steindler sind in der Agglomeration Zürich* auf demokratischem Wege schlicht nicht mehr realisierbar.  – *Zur Erinnerung: Würenlos wird offiziell nicht der ländlicher geprägten Agglomeration Baden-Wettingen, sondern mit einigen anderen Aargauer Grenzgemeinden der Agglomeration Zürich zugerechnet.  

(Der angekündigte Beitrag über ein Beispiel, wie eine Deponieplanung besser gemacht werden kann, wird auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.) 

Gemeinderat im Deponie-Dilemma

Jede sechste Würenloserin, jeder sechste Würenloser hat sich mit einer Eingabe  gegen die geplante Aushubdeponie im Gebiet Steindler/Teufermoos ausgesprochen. Blöd für den Gemeinderat, der der Deponie zugestimmt hat, ohne sich vorher beim Volk rückversichert zu haben . Der Vorwurf, er habe die eigene Bevölkerung miserabel vertreten, wenn nicht gar verraten, steht im Raum.

Fuss- und Spazierweh entlang des Steindlerbachs. Mit Ballonen markierte  die IG Nein zur Aushubdeponie Sendler/Teufermoos die Auffüllhöhe der geplanten Deponie.
Der Feld- und Spazierweg entlang des Steindlerbachs. Mit Ballonen hatte die IG Nein zur Aushub-
deponie Steindler/Teufermoos die Auffüllhöhe der geplanten Deponie markiert. (Bild würenblicker)

Mit einer so hohen Zahl von Eingaben hat selbst die «IG Nein zur Aushubdeponie Steindler/Teufermoos» nicht gerechnet: Total 3150 Eingaben sind gegen die die Festsetzung der Deponie im kantonalen Richtplan beim Departement für Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) in Aarau eingegangen. Es waren mehrheitlich von der gegnerischen IG vorformulierte, aber auch individuell abgefasste Eingaben.

Laut BVU-Sprecherin Simone Britschgi  stammen 1060 Eingaben aus Würenlos selber, weitere 1200 aus Otelfingen («Badener Tagblatt, BT»  vom 26. März). Aus dem Aargau insgesamt gab es 1150 Eingaben, aus Zürcher Gemeinden deren 1900. Die Ablehnung ist also dies- und jenseits der Kantonsgrenze gross. Es waren ja auch aargauische Natur- und Vogelschutzkreise, die eine Online-Petition im BT lanciert hatten, die in Kürze 314mal unterzeichnet worden ist.

Trotz der vielen Eingaben hält das Departement BVU an der Deponie fest, so Britschgi im BT. Nicht erstaunlich! Somit ist davon auszugehen, dass als Nächstes der Grosse Rat über den Eintrag der Deponie im kantonalen Richtplan entscheiden wird. Ob er sich von der unerwartet grossen Ablehnung in den betroffenen Gemeinden beeindrucken lässt? Wenn nicht, wird die Würenloser Gemeindeversammlung später die Notbremse ziehen und die für die Deponie erforderliche Umzonung verweigern können. 

Der zeitliche Ablauf lässt unseren Gemeinderat nicht gut aussehen. Schon am 14. Mai 2018 hat er laut Planungsbericht (S. 6) seinen Antrag auf Festsetzung der Deponie im kantonalen Richtplan gutgeheissen. Ohne vorher die Stimmung in der eigenen Bevölkerung seriös erkundet zu haben. Erst ein halbes Jahr später, im November 2018, wurde die Bevölkerung an einer Orientierungsversammlung im Gmeindschäller vor die vollendete Tatsache gestellt: Der Gemeinderat will eine Deponie in unserem Naherholungsgebiet! Übrigens ist auch der Nachbarkanton Zürich erst im November 2018 über das Vorhaben direkt an seiner Grenze informiert worden, wie das «BT» am 10. April enthüllt hat. 

Mit dem vorschnellen Ja zur Deponie hat sich unser Gemeinderat in einen Loyalitätskonflikt hinein manöveriert. Was auch immer seine Motive gewesen sein mögen, jedenfalls wurde er Opfer einer krassen politischen Fehleinschätzung. Will er die beteiligten Tiefbaufirmen, die anderen Regionsgemeinden und den Kanton nicht desavouieren, muss der Gemeinderat die Deponie durch alle Böden hindurch verteidigen. Gleichzeitig steht ihm eine starke lokale Gegnerschaft gegenüber, die sich von ihm nicht ernst genommen fühlt.

Auf die Belehrungen und Beschuldigungen, mit denen der Gemeinderat und Gemeindeammann Toni Möckel persönlich in zwei langen BT-Artikeln Anfang Februar auf die Eingabenflut reagierten, sei hier nicht näher eingegangen. Zu hilflos wirkten diese zu einem Zeitpunkt, als längst eine ernsthafte Auseinandersetzung mit gegnerischen Argumenten angezeigt gewesen wäre. 

Bis anhin vermitteln die Behördenreaktionen eher den Eindruck, die skeptische Bevölkerung werde  vor allem als Störfaktor gering geschätzt. Doch die Bevölkerung sorgt sich – wie hier schon mehrmals aufgezeigt – nicht grundlos um ihre Lebensqualität, um ein Naherholungsgebiet, um das Landschaftsbild sowie um die Tier- und Pflanzenwelt.

Roland Kuster, Präsident von BadenRegio (und Wettinger Ammann), streute im BT-Artikel vom 26. März vor allem Beruhigungspillen unters Volk. Im Verfahren nach dem Richtplaneintrag könnten «all die Fragen bezüglich Wirkung auf die Umwelt, verträgliche Ausgestaltung, harmonische Einbettung und so weiter beantwortet und verbindlich geregelt werden», liess er im BT verlauten – Jawohl, Herr Kuster, sofern dann überhaupt jemand von den involvierten Behörden und Amtsstellen bereit ist, die Forderungen und Kritikpunkte aufzugreifen. Überschätzen Sie Ihre Glaubwürdigkeit in dieser Sache nicht! Die Bevölkerung erwartet verbindliche Zugeständnisse jetzt, und nicht erst, wenn der Mist im Grossen Rat geführt ist und es heissen wird: Sorry, nun ist der Zug abgefahren…

Mut macht, dass trotz dieser Hinterrücksli- und Salamitaktik das Volk erwacht und somit die Chance intakt ist, die Deponie an der Würenloser Gemeindeversammlung begraben zu können.

Bald im würenblicker: Weshalb die Bezeichnung «Regionale Aushubdeponie» für das Steindler-Projekt ein riesiger Etikettenschwindel ist und wie der Begriff korrekt zu verwenden wäre (Beispiel aus der Praxis).