Archiv der Kategorie: Dorfleben

Vom Winde verweht?

Wer hat das Strassenschild geklaut?
Wer hat das Strassenschild geklaut?

Ist das Strassenschild weggeblasen worden vom Ort, der nicht zufällig Z’Allewinde heisst? Wohl eher nicht. Von einem Sammler geklaut? Schon eher. Wäre aber keine besonders gute Idee gewesen. Strassenschilder haben ja selbst in GPS-Zeiten eine nützliche, im Extremfall lebensrettende Funktion.

Vielleicht hat sich das Schild aber auch still und heimlich davongeschlichen. Aus Scham über die nicht ganz korrekte Beschriftung. Denn mit der Allewindestrasse hat es Würenlos geschafft, selbst auf dem Gebiet der richtigen Strassenbenenung als Negativbeispiel der Fachwelt vorgeführt zu werden.

Es sei zwar zu begrüssen, so steht auf GISpunkt Wiki, der Website zum Thema Geografische Informationssysteme (GIS) der Hochschule Rapperswil , dass Flurnamen für die Benennung von neuen Strassen verwendet werden. «Allerdings», so die Experten, «ist die Schreibweise Allewindestrasse unüblich. In der Schweiz wurden bisher alle Strassen mit Allenwinden als Allenwinden geschrieben, keine einzige mit Allewinde.»

Der Flurname Z’Allewinde existiere zwar noch, sei jedoch nicht weisungskonform geschrieben. Man hätte es bei der schon 1733 verwendeten Schreibweise Allenwinden belassen sollen. Strassennamen in Mundart-Schreibweise seien allgemein schlecht verständlich, besonders für Fremdsprachige, geben die Rapperswiler zu bedenken. «Mundartschreibweise ist deshalb grundsätzlich nicht zu empfehlen.»

Ebenso wenig empfohlen seien auch Mischformen aus Schriftsprache und Mundart. Auch da wurde bei uns gefrevelt: Haldeweg, Chileweg. Letzterer müsste also Kirchweg heissen. Ausser man gäbe dem Namen des Weges durch die Zentrumswiese eine andere Bedeutung: Etwa, indem man die Spazierwege des künftigen Alterszentrums auf Peru- und Bolivienweg tauft…

Haben Sie den Beitrag «Planung à la Würenlos» schon gelesen? Kommentare zu allen Artikeln sind sehr willkommen!

 

Ein hartes Pflaster

Es ist ausgetanzt. Unter «Veranstaltungen» informieren uns Dani, Gerlie und Sue auf der Website der Einwohnergemeinde, dass sie keine weiteren öffentlichen Tanzabende im Gmeindschäller mehr veranstalten. Grund für das Ende von «Let’s Dance»: Besuchermangel. Gerade mal 100 Tanzfreudige insgesamt seien zu den vier ersten Abenden gekommen,  ein Verlustgeschäft. Allein der Gmeindschäller habe 250 Franken pro Abend gekostet.

Nur wenige Wochen ist’s her, seit die Betreiberin des Kafi Knirps mitgeteilt hat, sie schliesse das seit einigen Monaten jeweils am Mittwochnachmittag für Mütter und ihre Kinder im Steinhof geöffnete Kafi definitiv: Auch hier Besuchermangel.

Würenlos wird den Verlust beider Angebote verschmerzen, sehnlichst gewartet auf beide Angebote hat das Dorf nicht. Was nicht bedeuten muss, dass die Ideen schlecht waren. Gut möglich, dass beide Projekte an einem anderen Ort mehr Erfolg hätten. Begrüssenwert ist es allemal, wenn initiative Menschen das Dorfleben mit neuartigen Aktivitäten zu beleben versuchen.

Aber Agglomerationsgemeinden wie Würenlos sind ein verdammt hartes Pflaster geworden – nicht nur für Veranstalter mit gänzlich neuen Ideen, sondern auch für solche, die Traditionen mit neuen Ideen in die Zukunft retten wollen. Und dabei einen immensen Aufwand treiben. Wie die Musikgesellschaft am Jahreskonzert vom letzten Samstag.

Es war mein erstes Mal. Veranstaltungen in Mehrzweckhallen, mit  Beinschinken und Härdöpfelsalat und ergrauten Häuptern am Ehrentisch, sind sonst nicht gerade mein Ding. Auch Blasmusik nicht. Aber diesmal machte mich das Programm neugierig: «Kriminaltango – spannungsgeladene Musik mit kriminalistischen Zwischentönen».

Wieviel Herzblut und Arbeit steckt in einem solchen Abend! Ein Heer von Helferinnen und Helfern im Hintergrund, und auf der Bühne machte die Spielgemeinschaft Würenlos/Neuenhof  gute Figur (Eine Bitte nur: verschont eure Musikantinnen doch mit diesen Polizischt-Wäckerli-Hosen). Zwischen Hazy Osterwalds Ohrwurm, welcher dem Abend den Namen gab, «Mackie Messer» und «Dynamite» las der Schauspieler Albert Freuler einen hinterlistig ausgewählten Krimi, der nur per Zufall im Emmen- und nicht im Furttal zu spielen schien. Mit ziemlich hinterfotzigen Dörflern und einer Leiche im Keller.

Gespielt wurde nicht vor leerem Saal, ich tippe mal auf 150 Personen, mehrheitlich ältere Semester. Bestimmt kam vor Jahren zum Jahreskonzert im halb so grossen Dorf mehr Publikum. Jahreskonzerte und Turnerchränzli sind nur noch in tiefster Provinz herausragende Events, wo sich das ganze Dorf trifft.

Wird es dörfliche Kultur à la «Kriminaltango» auch in zehn Jahren bei uns noch geben? Das fragte ich mich auf dem Nachhauseweg. Selbst wenn ich der Musikgesellschaft Einiges zutraue – wetten darauf würde ich nicht. Das jüngere Publikum, sofern es nicht lieber träge zu Hause sitzt, ist wählerisch, anspruchsvoll und geht ortsungebunden in den Ausgang. Eigentlich seltsam für einen Ort, in dem angeblich so viele wohnen wollen, weil sie das Dörfliche so schätzen.

Diese Widersprüchlichkeit spüren auch die Vereine. Auf der Homepage der Gemeinde wird zwar mit «über 50 aktiven Vereinen» geblufft. Doch wenn nur 20 so aktiv wie die Musikgesellschaft wären…  Und selbst mit Pauken und Trompeten ist es schwierig geworden, gegen’s  lauter werdende Schnarchen des Schlafdorfs anzukommen.

«Kriminaltango» wird am Samstag, 12. April, in Neuenhof wiederholt,  20h, Turnhalle Zürcherstrasse.

Würenloserinnen machen Schlagzeilen

In den Medien sind mir kürzlich drei Würenloserinnen begegnet, die ich nicht persönlich kenne und deren Namen bisher wohl den wenigsten Würenlosern geläufig war.    Zwei der Frauen haben einen Immigrations-Hintergrund.

Freschta Akbarzada
Freschta Akbarzada

Die jüngste ist Freschta Akbarzada. Am Samstag ist sie ein zweites Mal zur Hauptsendezeit im Fernsehen SRF zu sehen. Zugegeben, ihr Name kommt uns nicht so leicht über die Lippen wie Meier, Moser oder Markwalder. Die 17-jährige Wirtschaftsmittelschülerin, deren Eltern aus Afghanistan stammen, hat als Kandidatin in der Talentshow «The voice of Switzerland» mit einem Song von Amy Winehouse viele begeistert: «Unglaublich. S’erscht mal dass ich voll und ganz chan säge: besser als s’original», schwärmt ein Urs im Internet. Jetzt geht’s in die zweite Runde.

Nachtrag: Freschta Akbarzada hat die Battle-Runde und die Knockout-Runde gemeistert: Die Würenloserin ist auch in der  1. Live-Runde vom 5.4. dabei. Ab jetzt entscheiden die TV-Zuschauer, ob Freschta die neue Voice of Switzerland wird.

Iris Karahusic

Die zweite der drei ist Iris Karahusic. Sie studiert Latein und Musik. Erst 21-jährig unterrichtet sie Latein an einer Mittelschule und präsidiert einen Verein, der sich für die Sprache der Römer einsetzt. Das verrät uns AZ-Redaktor Dieter Minder in einem langen Porträt. Auch sie eine Seconda, aus Bosnien-Herzegowina stammend. Bei ihrer Einbürgerung 2004 hiess es im Weisungsbüchlein über die damalige Bezirksschülerin: «Die spärlicher gewordene Freizeit widmet sie ihrer grossen Leidenschaft, dem Klavier- und Flötenspielen. Auf die weitere Mitgliedschaft in der Mädchenriege muss sie bedingt durch den Schulübertritt aus Zeitgründen leider verzichten.» Die vielseitige Frau ist offensichtlich auch an unserem Staat interessiert. 2012 kandidierte sie auf der SP-Liste für den Grossen Rat.

Isabelle Nüssli-Sekinger
Isabelle Nüssli-Sekinger

Der Mädchenname der dritten Frau sagt alles: Sekinger. Eine waschechte Würenloserin! Die NZZ hat sie unter dem Titel «Auf allen Bühnen zu Hause» porträtiert, für die Handelszeitung ist sie «Die stille Macherin». Isabelle C. Nüssli-Sekinger, wie sie heute heisst, hat nicht nur in einen Familienbetrieb im Thurgau eingeheiratet, sie ist auch oberste Chefin des Unternehmens, dem man überall auf der Welt begegnet: Ob an Formel-1-Rennen, am Eurovision Song Contest, an Olympischen Spielen, an der Art Basel Miami oder am Eidgenössischen Schwingfest – das Nüssli-Logo prangt an Tribünen und Temporärbauten. Bevor sie den Chefjob übernahm, hat die 37-Jährige ehemalige Flight Attendant mit MBA-Titel einer amerikanischen Uni das elterliche Baugeschäft an die Wettinger Baugruppe Hächler verkauft. Die Baufirma zu übernehmen hat sie laut NZZ nicht gereizt, allzu regional und lokal sei dieses Geschäft.

Drei ganz unterschiedliche, aber gleichermassen weltoffene, willenstarke und zielstrebige Frauen. Würenlos scheint keine schlechte Basis für interessante Frauen-Laufbahnen zu sein. Und da frage ich mich, weshalb im politischen Leben der Gemeinde die Frauen derart krass untervertreten sind. Im Gemeinderat, in der Finanzkommission und sogar in der Schulpflege gerade mal je eine Frau – Frauenanteil in diesen politisch bedeutsamen Behörden also 20 Prozent.

Auch hier, nicht nur beim Schuldenberg, nimmt Würenlos eine unrühmliche Spitzenposition ein: Im gleichen Masse dominant sind die Männer nur in 5 der 25 anderen Gemeinden des Bezirks Baden (Bergdietikon, Killwangen, Mägenwil, Niederrohrdorf und Stetten). Ist das Verhältnis 1:4 in Gemeinderäten noch relativ häufig, so ist es in Schulpflegen absolut ungewöhnlich.

Ich lasse es bleiben, über Gründe und Auswirkungen zu spekulieren. Aber was meinen Sie, liebe Leserinnen (und Leser)? Benützen Sie die Kommentarfunktion.

Zwischenbilanz

Die Stimmcouverts für die Gemeindeabstimmung vom 16. März sind eben verteilt worden. würenblicker möchte die Debatte über die Chindsgi-Vorlage nicht vorschnell auf die hinteren Ränge verweisen und verzichtet darum diese Woche darauf, ein neues Thema zur Diskussion zu stellen. Er erlaubt sich aber eine kurze Zwischenbilanz in eigener Sache.

Seit gut drei Monaten ist würenblicker im Internet. Dies ist der 16. längere Beitrag, der seit dem Start am 28. November veröffentlicht worden ist. Fünf Autoren haben haben diese 15 Blogs verfasst. Weitere 14 Würenloserinnen und Würenloser haben dazu total 36 Kommentare abgegeben. Eine ansehnliches Bündel von Meinungen zu verschiedensten Dorfthemen!

Aber wurden diese Beiträge auch gelesen? Es gibt Statistikprogramme zur Messung der Nutzung von Websites (würenblicker benützt webalizer). Doch wie soll schon Winston Churchill gesagt haben? «Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selber gefälscht habe.»  Das Bonmot ist zwar überspitzt, aber besonders bei Internetstatistiken enthält es ein Körnchen Wahrheit. würenblicker hütet sich darum, mit scheinbar exakten Nutzungszahlen Eindruck zu schinden. Zumal er ja werbefrei ist und nicht mit «Einschaltquoten» Inserenten überzeugen muss.

Möglicherweise unterschätzen Leute mit eher traditionellem Medienverhalten (gedruckte Presse, Radio, TV) die Reichweite von würenblicker.ch. Darum wenigstens zwei Kennzahlen: In den ersten drei vollen Betriebsmonaten sind total über 10 500 Besuche (sogenannte visits) zu verzeichnen. Tendenz steigend. Monatlich wurde die Website von durchschnittlich 860 verschiedenen Servern angewählt (sites). Diese Zahlen besagen leider nicht präzis, wie viele Leute aus Fleisch und Blut würenblicker wirklich lesen. 400 bis 700 Personen pro Woche könnten es schon sein. So schnell wird die kritische Stimme des würenloser.ch also mangels Interesse nicht verstummen.

Nicht unbedingt unter den Erwartungen, aber leicht unter den Hoffnungen blieb bisher die Bereitschaft des Publikums, eigene Kommentare beizusteuern. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. In Würenlos dauert ja Vieles ein bisschen länger…