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Der Blitzer, Frau Roth und wir

Blechpolizist auch im Aargau zulässig. (Bild: Kanton Basel-Stadt)

Das aargauische Verwaltungsgericht hat der Stadt Baden ein besonderes Ostergeschenk gemacht. Es hat entschieden, dass der von der Stadt Baden geplante Blechpolizist an der Gstühl-Kreuzung (beim BT-Hochhaus) gesetzeskonform und zu bewilligen ist. Die fest installierte Radar-Überwachungsanlage soll sowohl Rotlicht- wie Temposünder ertappen und wäre der erste fest installierte «Blitzer» im Aargau.

Es ist ein auch für Würenlos hoch interessanter Entscheid. Nicht nur, weil gelegentlich auch Würenloser Automobilistinnen und Automobilisten über die besagte Kreuzung flitzen mögen – noch rasch bei «Dunkelorange» oder ein bisschen» schneller als erlaubt.

Der vom Stadtrat Baden gegen den Aargauer Regierungsrat erstrittene Urteil zeigt, dass Gemeinden nicht generell machtlos sind, wenn der Kanton beim Verkehrsregime auf Kantonsstrassen innerorts oder in anderen Angelegenheiten auf stur schaltet. Die Gemeindeexekutiven dürfen in solchen Fällen bloss nicht vorschnell den Schwanz einziehen. Nach gründlicher Abklärung der Rechtslage kann sich der Gang vor Gericht lohnen. Das wäre oft der politischen Psychohygiene dienlicher, als die Faust im Sack zu machen und hintenrum über die Bösen in Aarau herzuziehen.

Laut AZ/Badener Tagblatt vertritt das Verwaltungsgericht die Auffassung, «dass es grundsätzlich Aufgabe der Gemeinde ist, für die lokale Verkehrssicherheit zu sorgen. Eine Ausnahme stellten lediglich die Kantonsstrassen ausserorts dar. Diese Gesetzesauslegung zugunsten einer starken Gemeindeautonomie könnte zum Beispiel auch die Einführung von Tempo 30 auf der Land- und Schulstrasse oder ein besserer Schutz für Velofahrer auf diesen Strassen in neuem Licht erscheinen lassen.

Zu früh darf man sich aber nicht freuen. Denn der Regierungsrat kann in der «Blitzer »-Causa noch das Bundesgericht anrufen. Im «Kanton der grossen autofahrerischen Freiheit» dürften «die potenziellen Opfer von Bussen also hoffen, dass der Regierungsrat noch einmal den Schutzheiligen der Automobilisten spielt», spöttelt ein Journalist. Nein, nicht im VCS- oder Pro-Velo-Cluborgan, sondern in der altehrwürdigen Neuen Zürcher Zeitung.

Franziska Roth

«Da hämmer sGeschänk» – so lässt sich auch die Tragikomödie um die Vorsteherin des aargauischen Gesundheitsdepartementes, Franziska Roth, zusammenfassen. Die im Amt vermutlich krass überforderte und deswegen unter Beschuss geratene SVP-Regierungsrätin hat nach Ostern nicht etwa das Handtuch als Regierungsrätin geworfen, sondern ihrer Partei den Rücken gekehrt. Als Regierungsrätin will sie weitermachen. Sehr zum Missfallen der SVP-Kantonalpartei. Deren Kantonalpräsident, Nationalrat Thomas Burgherr, hat das ganz grobe Schuhwerk geschnürt, um es der in Ungnade gefallenen Regierungsrätin in den A… zu treten. Die einstigen Partner würden sich so verhalten, wie enttäuschte Partner im Endstadium von Beziehungen: «Sie waschen schmutzige Wäsche» meint dazu wiederum die NZZ.

Wer auch immer die Hauptschuld am Debakel trägt – ob die offensichtlich beratungsunwillige und zu einsamen Entscheiden neigende Roth oder die SVP wegen ihrer unsorgfältigen Personalauswahl und ihrem schroffen Umgang mit dem Personal – der Kanton Aargau hätte Besseres verdient. Das wichtige Gesundheitsdepartement mit seinen vielen Baustellen hätte eine starke, politisch versierte Führungsperson an der Spitze nötig.

Doch Roth ist nun mal vom Volk gewählt worden. Ausgerechnet die SVP, die bei anderen Gelegenheiten energisch darauf pocht, dass der Volkswille unbedingt durchgesetzt wird, wünscht sich nun wohl nichts sehnlicher, als dass der Volksentscheid von 2016 rückgängig gemacht werden könnte. Ironie des Schicksals.

Der SVP-Rosenkrieg darf ruhig auch jene 636 Würenloserinnen und Würenloser ins Grübeln bringen, die im zweiten Wahlgang der Regierungsratwahl 2016 Franziska Roth den Vorzug gegeben haben gegenüber ihren politisch eindeutig erfahreneren Gegenkandidatinnen, der zweitplatzierten Yvonne Feri (SP) und der drittplatzierten Maya Bally (BDP). Bei Abstimmungen und Wahlen, auch bei den kommenden National- und Ständeratswahlen, ist es halt wie beim Shopping: Viele Labels auf Produkten gaukeln Qualität nur vor. Wer Qualität will, muss schon genauer hinschauen.