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Alterszentrum (2): Möckels Doppelrolle ein Gewinn?

Grundsätzlich war alles vernünftig aufgegleist, als 2016 die Gemeindeversammlung der Gründung einer Aktiengesellschaft Alterszentrum Würenlos (AZ AG) und damit auch der Trennung von Bau und Betrieb des Alterszentrums zustimmte. Die Organisationsstruktur stimmt noch immer, nur hat sie ihre Vorteile bisher nicht richtig zur Geltung bringen können.

Die Strukturen

Eine AG, die zu 100% der Gemeinde gehört und nicht profitorientiert ist, plant und baut das Altersheim – dies anstelle des bis 2016 federführenden Vereins Alterszentrum Würenlos (VAZW). Der Betrieb aber wird einer geeignete Betreiberin übertragen (mittlerweile ist diese in der Oase AG gefunden worden). Die Struktur stimmt immer noch und sie hat nicht zwangsläufig zum jetzigen, amtlich verordneten Marschhalt geführt.

Die Rechtsform der gemeinnützigen AG hat Vorteile gegenüber anderen denkbaren Rechtsformen ( Verein, Stiftung, Gemeindebetrieb). Nur muss man sie auch ausnützen. In den Verwaltungsrat sollten möglichst Personen gewählt werden, die unterschiedliche Fachkompetenzen nutzbringend für die AG einbringen können. Und weniger Leute, die einfach brennend an dem von der AG angestrebten Ziel interessiert sind. Und schon gar nicht sollten sie sich von vorgefassten Meinungen oder gar Animositäten leiten lassen.

Der Verwaltungsrat

Doch mit anfänglich je zwei Vertretern des Gemeinderates und des Vereins Alterszentrum (der vertreten sein muss) war der sechsköpfige Verwaltungsrat von Anfang an verpolitisiert. Getoppt noch dadurch, dass sich der Gemeindeammann gleich als VR-Präsident installieren liess. Die politische Dominanz dauertfort, auch wenn der Gemeinderat aktuell nur noch einen Vertreter im jetzt 5-köpfigen VR stellt.

Ums Alterszentrum wird seit Jahren hoch emotional gestritten. Mit der erwähnten Zusammensetzung wurde leider die Chance vertan, dass mehr Verwaltungsräte eine Sicht von aussen und frischen Wind hätten bringen können. So hätte das ganze Gremium weniger belastet von der leidvollen Vergangenheit 2017 die Planung offener angehen können. Und sich so nicht alsbald in alten Querelen verheddert.

Nun aber wirkte der ganze VR zeitweise überfordert. Im Gremium fehlte jemand mit dem Know-how, wie heutzutags grössere Arealentwicklungen und Infrastrukturprojekte von hoher Komplexität erfolgreich zu planen und realisieren sind. Das hätte teures Lehrgeld erspart. Zu amateurhaft, zu wenig transparent, von zu vielen Kehrtwendungen und zuletzt noch von finanziellem Kontrollverlust geprägt verlief die Projektentwicklung. Dass es auch anders ginge, zeigt etwa das neue Eishockeystadion in Zürich. Leider scheint auch der vom VAZW übernommene externe Projektleiter nicht über das nötige Rüstzeug verfügt zu haben für ein in vielerlei Hinsicht so anspruchsvolles Projekt.

Der Mann mit den zwei Hüten

An der Orientierungsversammlung vom 14. November wurde dargelegt, dass die Doppelrolle von Toni Möckel als Gemeindeammann und Verwaltungsratspräsident ein Thema im Verwaltungsrat war. Man sei der Meinung, dass die Doppelrolle «ein Mehrwert für das Projekt» darstelle, sagte Moderatorin Käthrin Härdi (Möriken). Allerdings sei die Rolle als VR-Präsident zu überdenken bezüglich einer Entlastung Möckels. Wie eine solche aussehen könnte, sagte Härdi nicht.

Brachte die Doppelrolle einen «Mehrwert» fürs Alterszentrum? Für Aussenstehende schwer zu beurteilen. Wie kann die Frage mit Ja beantwortet werden, wo doch dem Projekt bisher der Erfolg versagt blieb? Oder andersrum gefragt: Würde es ums Alterszentrum schlechter stehen als es dies heute tut, wenn jemand anders die AZ AG angeführt hätte?

Die Ressorts im Gemeinderat scheinen momentan recht gut verteilt zu sein. Doch die Liste von Möckels Aufgabenbereichen ist sehr lang. Darunter sind auch arbeitsintensive Ressorts wie das Planungs- und das Sozialwesen. Wie sinnvoll ist es da, wenn der Ammann auch noch den Lead beim grössten Bauvorhaben der Gemeinde aller Zeiten persönlich übernimmt?

Der Kapitän gehört doch auf die Kommandobrücke des Tankers, um umsichtig den Kurs zu halten, und nicht in den Maschinenraum. Würenlos hat nicht bloss e i n e «Grossbaustelle», das Alterszentrum. Viel Anderes wie etwa die neue Allgemeine Nutzungsplanung ist für unsere Zukunft wichtig, rückt aber in den Hintergrund.

Möckel hat seine Doppelrolle gesucht. Wohl aus einer Mischung von Machtstreben, was er was er aber sofort in Abrede stellen würde,und von Selbstüberschätzung. Er war zweifellos überzeugt, mit ihm an der Spitze der AG käme Würenlos am schnellsten zu seinem Alterszentrum. Doch hätte er dem Anliegen vielleicht mehr geholfen, wenn er mit seiner umgänglichen Art sich als Gemeindeammann auf die Rolle eines einfühlsamen und um Unabhängigkeit bemühten Vermittlers in der Sache beschränkt hätte. Sein VR-Präsidentenhut aber hat jenen, die dem Projekt Margerite skeptisch bis ablehnend gegenüber standen, von Anfang an signalisiert, dass der Gemeindeammann auf der anderen, moralisch richtigen Seite kämpfe. Ein taktischer Lapsus.

Nicht zum ersten Mal zeigte sich ein nicht sehr ausgeprägtes Sensorium für problematische Ämterkumulation. 2012 war Möckel als Gemeinderat zuständig für unser Alterszentrumsprojekt und sass im Vorstand des Verein Alterszentrum Würenlos. Trotzdem liess er sich in den Verwaltungsrat der St. Bernhard AG wählen, der grössten Wettinger Einrichtung fürs Wohnen im Alter. Selbst als er Anfang 2017 – nunmehr Gemeindeammann – VR-Präsident der AZ AG geworden war, blieb er länger als ein Jahr noch VR-Mitglied des St. Bernhard AG. Mögliche Interessenkollisionen? Nein, Mehrwert.

Sollen Köpfe rollen?

Im jetzigen Zeitpunkt zu fordern, Möckel solle den Hut nehmen, macht keinen Sinn. Welchen Hut von beiden? Dass er als Gemeindeammann vor Ablauf der Amtsdauer 22-25 zurücktritt, ist kaum anzunehmen. Ob er zur Entlastung gewisse Ressorts an KollegInnen abtreten soll, hat der Gemeinderat zu entscheiden. Im Verwaltungsrat der AZ AG wären personelle Rochaden verfrüht. Der VR-Präsident und das jetzige, soeben um zwei neue Mitglieder ergänzte Gremium sollten die Verantwortung tragen, wenigstens so lange, bis das Projekt Margerite auf dem Gerichtsweg ein gutes oder ein böses Ende gefunden hat. Solange die Juristen am Zug sind und die Weiterplanung sinnvollerweise ruht, nehmen ja auch Arbeitsbelastung und Einfluss automatisch ab.

Alterszentrum soll abspecken

Die Überraschung ist perfekt als Ende Juni das Gesuch für einen Vorentscheid zum Alterszentrum-Projekt Margerite zurückgezogen wird. Auch im Kreis der Einwender reibt man sich die Augen, wie einer von ihnen gegenüber würenblicker bestätigt. Fürs Erste hat man sie ins Leere laufen lassen. Nun wird direkt die eigentliche Baubewilligung angepeilt. Geht es so schneller voran mit dem Alterszentrum? Die Projektgegner zeigen sich weiterhin kampfbereit. Können sie doch noch zum Einlenken gebracht werden? Vieles deutet darauf hin, dass das Gebäudevolumen reduziert wird. Jedenfalls ist der Rückzug des Gesuchs eine weitere abrupte Kehrtwende in der endlos scheinenden Alterszentrumsgeschichte (siehe farbig unterlegter Text am Schluss)

2019 reicht die von Gemeindeammann Toni Möckel präsidierte Alterszentrum Würenlos AG das Gesuch für einen Vorentscheid zum Alterszentrum ein. Mit diesem sollen wichtige  baurechtliche Fragen wie Gebäudevolumen und -höhen usw. vor dem eigentlichen Baubewilligungsverfahren verbindlich geklärt werden. So liessen sich Planungskosten sparen, sollte Margerite nicht so realisiert werden können wie beabsichtigt. Gegen das Vorentscheidsgesuch gehen neun gültige Einwendungen (Einsprachen) ein. Unter anderem werden von den Einwendern zu grosse Gebäudevolumen und -höhen sowie die damit verbundene schlechte Einpassung ins Dorf- und Landschaftsbild moniert. Aus diesem Grund holt der Gemeinderat ein entsprechendes Gutachten bei einem fachkundigen Architekten ein.

Der Rückzug erfolgt, nachdem mit den Einwendern keine Einigung erzielt werden konnte. An einer nach Lockerung des Covid19-Lockdowns doch noch durchgeführten Einigungsverhandlung habe man ihnen gegenüber keinerlei Entgegenkommen gezeigt, erklärt ein Einwender. Doch auch sein Lager zeigt sich wenig kompromissbereit und macht klar, dass man einen Vorentscheid zugunsten von Margerite  durch alle Instanzen hindurch anfechten werde. 

«Wir wollten nicht darauf warten, bis die Juristen mit ihrer Arbeit fertig sind», begründet Alterszentrum-VR-Präsident Möckel den Verzicht auf einen Vorentscheid in der « Limmatwelle (Link). Fragt sich nur, weshalb man denn überhaupt einen Vorentscheid erwirken wollte. Denn kein anderer als Möckel hat von Anfang an gesagt, realistischerweise sei im Vorentscheidsverfahren  mit Einwendungen zu rechnen. Dass das gerade bei diesem Bauvorhaben mit Zeitverlust und viel, sehr viel Juristenfutter verbunden sein würde, muss doch auch dem Verwaltungsrat der Alterszentrum Würenlos AG bewusst gewesen sein. 

Hat die Bauherrin die möglichen Gegner von Margerite und ihre Entschlossenheit massiv  unterschätzt? Zumindest die zehnmonatige Verzögerung, als wegen des Vorentscheidgesuchs die Projektierungsarbeit ruhte, muss die Alterszentrum Würenlos AG unter Toni Möckel ganz auf ihre Kappe nehmen. 

Allerdings scheint auch der Verwaltungsrat der AG  von der ursprünglichen Margerite-Idee nicht mehr restlos überzeugt zu sein. «Ein aus betrieblicher Sicht funktionierendes Gebäude würde nicht zwingend ins Dorfbild passen», lässt sich Möckel in der «Limmatwelle» zitieren und tönt Änderungen an der ursprünglichen Projektidee an: «Hier sind die Architekten gefordert. Sie sollten etwas entwerfen, das der Bevölkerung gefällt.».  

Zum Meinungsumschwung beigetragen haben dürfte das von der Gemeinde eingeholte, bisher unveröffentlichte Ortsbild-Fachgutachten. Der Gutachter – so viel ist durchgesickert – äussert sich kritisch zum 5. Geschoss des höchsten Gebäudetraktes. Deshalb dränge sich eine genauere Überprüfung des Raumprogramms auf, sagen selbst Mitglieder des Verwaltungsrates der Alterszentrum Würenlos AG. 

Das läuft auf ein Abspecken von Margerite hinaus. Dabei dürfte an den 44 Pflegebetten weniger gerüttelt werden als an den bisher vorgesehenen 40 Wohnungen mit Dienstleistungen. Eine Massierung so vieler Alterswohnungen (deren Mieter Dienstleistungen des Alterszentrums beanspruchen könnten) an einem Ort mag zwar betrieblich optimal sein, ist aber weder zwingend noch von allen Seniorinnen und Senioren gewünscht (Stichwort Altersgetto). Der Bau eines Teils dieser Wohnungen an einem anderen Ort im Dorf böte den interessierten Seniorinnen und Senioren mehr Wahlmöglichkeiten. Zudem könnte der Bezug der Wohnungen so etappiert und damit das Leerstandsrisiko minimiert werden.

Fragt sich bloss, ob ein volumenmässig reduziertes Projekt die Einwender davon abhalten wird, im Baubewilligungsverfahren den Rechtsweg bis zum Gehtnichtmehr auszuschöpfen. Denn noch immer geben sie sich kampfentschlossen. Mit Projektkosmetik wie einem genaueren  Beschreiben der Fassadengestaltung und der Verkehrserschliessung, wovon Möckel in der «Limmatwelle» spricht, werden sie sich wohl kaum zufrieden geben. Zumal unter ihnen solche sind, die  am liebsten gar kein Alterszentrum auf der Zentrumswiese hätten und noch immer dem Standort Wiemel nachtrauern.

Ob selbst ein deutliches Abspecken von Margerite rascher zur Baubewilligung führen wird, ist deshalb fraglich. Doch die Alterszentrum Würenlos AG wird den Versuch wohl unternehmen müssen, wenn sie dem klaren Gemeindeversammlungsentscheid von 2013  zu Gunsten des Standorts Zentrumswiese Rechnung tragen will.

Doch man ahnt es: Der Planungs- und Bewilligungsprozess dürfte sich noch in die Länge ziehen. Die von Toni Möckel in der Lokalpresse genannten zwei Ziele, das Baugesuch schon Ende  dieses Jahres einzureichen und 2021 mit dem Bau zu beginnen, sind wohl reines Schönreden

Nicht die erste Kehrtwende.

Der Rückzug des Gesuchs für einen Vorentscheid ist nicht die erste abrupte Kehrtwende in der endlos scheinenden Alterszentrumsgeschichte.

2012 erweist sich, dass ein grösseres Alterszentrum als das bisher vorangetriebene Projekt Ikarus benötigt wird. Ikarus, an dem lange geplant und geschräubelt worden ist, wird beerdigt. Wie schon ein  erstes Altersheimprojekt namens Falter.

2013 überrascht der Gemeinderat alle, auch den damals einflussreichen Verein Alterszentrum. Er schlägt vor, das Alterszentrum nicht auf der Zentrumswiese, sondern im Wiemel zu bauen. Es kommt zum «Volksaufstand». In einer mittels Initiative erzwungenen Abstimmung spricht sich die Sommer-Gmeind klar für den Standort Zentrumswiese aus. 

2016 beschliesst die Dezember-Gemeindeversammlung die Gründung einer gemeinnützigen Aktiengesellschaft, die das Alterszentrum bauen soll. Weil diese Organisationsform mehr Effizienz bei der Realisierung verspricht, beschneidet sich das Stimmvolk seine Mitwirkungsrechte: Zum Bauprojekt wird es nichts mehr zu sagen haben. Bedenken zerstreut der Gemeinderat: Im damaligen Traktandenbericht schreibt er, ein weiterer Meilenstein werde die  «Ausarbeitung eines Gestaltungsplans für das gesamte Zentrum (inkl. Zentrumswiese)» sein. Gestaltungspläne dienen gemäss kantonalem Planungs- und Baugesetz «der architektonisch guten, auf die bauliche und landschaftliche Umgebung und die besonderen Nutzungsbedürfnisse abgestimmten Überbauung».

Der in Aussicht gestellte Gestaltungsplan wird nie erstellt. Stattdessen führt die Alterszentrum Würenlos AG  2018/19 einen Ideenwettbewerb nur für das Alterszentrum durch. Das künftige Aussehen der gesamten Dorfmitte kann so nie breit diskutiert werden. Die Zentrumsplanung bleibt ein Flickwerk.