Wohnburg statt Denkfabrik

Würenlos hat ein neues Wahrzeichen: Blickt man vom Aussichtspunkt Gipf über das Dorf hinweg in in Richtung Nordwesten, so dominiert ein langgestreckter, hoher Neubau die Skyline.

Die Überbauung Flüehügel (links hinten) mit den weit auskragenden Balkonen.
Die Überbauung Flüehügel (links hinten) mit den weit auskragenden Balkonen.

Das von saraspiro architecture sa, Zürich, entworfene Gebäude mit 49 Mietwohnungen im höheren Preissegment (von den meisten geniesst man einen schönen Blick in die Alpen) besteht aus zwei viergeschossigen, aneinandergebauten Trakten und einem vorgelagerten zweigeschossigen dritten Trakt (Link zum Vermietungsprospekt).

Der Baukomplex hebt sich ab von jenen Allerweltsbauten, die in jüngster Zeit da und dort in Würenlos aus dem Boden gestampft wurden. Architektin Sara Spiro entwarf unter anderem auch die Wohnanlage Schooren in Kilchberg am Zürichsee, die nach Fertigstellung 2005 von der NZZ als «exklusivste Wohnanlage Zürichs – wenn nicht gar der ganzen Schweiz» bezeichnet wurde, sowie etliche weitere repräsentative Bauten. Sie zeichnen sich alle durch eine klare, mit viel Beton inszenierte Formenssprache aus. Ob aber der Neubau auf dem Flüehügel der richtige ist an dieser landschaftlich exponierten Stelle, darüber kann man geteilter Meinung sein. An seinem erhöhten Standort hat das Gebäude – nicht zuletzt wegen der weit auskragenden Balkone – aus der Ferne betrachtet etwas von einer grosskotzigen Trutzburg.

Abbruch der Villa Huber (später Schaufelberger).
Abbruch der Villa Huber (später Schaufelberger).

Dem Mehrfamilienhaus wich die flächenmässig grosse, aber in gedrungener Bauweise erstellte Villa Huber samt Schwimmbad. Das herrschaftliche Anwesen erbaut hatte der Besitzer der Elektroapparatefabrik Huber AG, aus der die heutige Huba Control AG hervorgegangen ist.

Die Villa und nun das Mehrfamilienhaus stehen zuoberst auf der Endmoräne des Linth-Rhein-Gletschers, welche die Mulde mit dem Dorf Würenlos gegen Wettingen hin abschliesst. Leider ist nun diese Endmoräne von Süden her betrachtet teilweise nicht mehr erkennbar. Der Neubau verschmilzt optisch völlig mit den älteren Reiheneinfamilienhäusern davor und könnte vom Dorf her betrachtet geradesogut ein auf Bahnniveau errichtetes Hochhaus sein. Wenigstens ist aus Richtung Wettingen  der Moränenhügel als Landmarke noch sichtbar und gegen Norden wird der Neubau mit entsprechender Neubepflanzung auch besser kaschiert werden können als auf der Sonnenseite.

Aus Richtung Westen (und Norden) ist die Endmoräne sichtbar.
Aus Richtung Westen (und Norden) bleibt die Endmoräne sichtbar.

Ein so grosser Baukörper war nur möglich, weil die Gemeinde hier den Bau einer Denkfabrik mit 100 Arbeitsplätzen für hochqualifizierte Spezialisten ermöglichen wollte. Ums Jahr 2000 herum suchte der damalige Eigentümer der Villa lange vergeblich einen Käufer für diese. 2004 trat dann die Firma Profidata AG aus Neuenhof an die Gemeinde heran und präsentierte ihre Idee, anstelle der Villa ein Bürohaus zu bauen, worin IT-Fachleute Software für Banken entwickeln sollten – das Furttal als Sillicon Valley, welch verführerische Vision!

Nach längerem Verfahren gab der Kanton, der eine so ambitiöse Firma nicht an einen anderen Kanton verlieren wollte, seinen Segen zu einer Spezialzone Flüehügel. Und die Einwohner-Gemeindeversammlung im Juni 2006 stimmte der Teilzonenplanänderung diskussionslos zu. (Links zum Traktandenbericht und zum Protokoll jener Gemeindeversammlung.) «Die Spezialzone ist «für Dienstleistungsbauten und Wohnungen bestimmt. Gewerbliche bzw. industrielle Betriebe sind nicht zulässig», heisst es in der Bau- und Nutzungsordnung. Und zur architektonischen Einpassung steht da: «Die Bauten sind hinsichtlich Ausmass, Formen, Materialien und Farben in die Umgebung (Parklandschaft) einzupassen.»

In Farbgebung und Fassadengestaltung unterscheidet sich die heutige Überbauung krass von der seinerzeit offiziell präsentierten Visualisierung der Denkfabrik.
In Farbgebung und Fassadengestaltung unterscheidet sich die heutige Überbauung krass von der seinerzeit präsentierten Visualisierung der Denkfabrik.

Im Traktandenbericht und an der Gemeindeversammlung war mehrfach von einem «dezent dunklen Baukubus» und vom «dichten Baumbestand des umgebenden Parks» die Rede. Und es wurden auch entsprechende Fotomontagen präsentiert.

Die vor der Umzonierung offiziell präsentierte Visualisierung der Denkfabrik. Mit ihrer dunklen Fassade ist sie zwischen den Bäumen auch vom Gewerbegebiet Grosszelg kaum erkennbar.
Die vor der Umzonierung offiziell präsentierte Visualisierung der Denkfabrik. Mit ihrer dunklen Fassade ist diese zwischen den Bäumen auch vom Gewerbegebiet Grosszelg kaum erkennbar.

Die Firma wolle in eine parkähnliche Umgebung umziehen, legte  der damalige Vizeammann Johannes Gabi vor der Gemeindeversammlung dar. Der Kundenkreis der Firma stamme aus dem internationalen Bankenbereich, ein Standort in einer gewöhnlichen Gewerbezone sei da nicht mehr das Richtige, habe der Firmeninhaber erklärt. Darum suche man einen «Renommierstandort».

Mit heutigem Wissen darf aber bezweifelt werden, dass die Firma im Juni 2006 den Plan einer Denkfabrik überhaupt noch ernsthaft verfolgte. Denn fast gleichzeitig sicherte sie sich Land für einen neuen Hauptsitz im Kanton Zürich und nach der Gemeindeversammlung verging nur ein  gutes Jahr, bis die Profidata ihren Sitz aus der Gewerbezone in Neuenhof nach Urdorf – wiederum in ein Gewerbe- und Industriegebiet verlegte! «Wir haben uns von Würenlos verabschiedet. Es gibt keinen Grund, in den Aargau zurückzukehren», erklärte Profidata-CEO Christian Widmer im August 2011 gegenüber der «Aargauer Zeitung».  Das Land werde verkauft.

Und nun steht sie also, die Wohnüberbauung Flüehügel. Die seinerzeitige Zonenplanänderung erlangte Rechtskraft, auf dem Areal musste nicht zwingend eine Denkfabrik erstellt werden, auch Wohnungen sind zulässig. Ein Gestaltungsplan wurde erstellt, die Baubewilligung wurde vor zwei Jahren der Generalunternehmung Gianesi und Hofmann im zürcherischen Zumikon erteilt. Soweit, so gut. Wäre nicht das ungute Gefühl, dass auf dem langen Werdegang dieser Überbauung nicht alle stets mit offenen Karten gespielt haben und irgend jemand dank dem Wohlwollen der Würenloser Gemeindeversammlung verdammt viel Geld verdient hat mit dieser Umzonung.  Denn soviel ist klar: Wäre es im Sommer 2006 um eine Zone für viergeschossige Wohnhäuser gegangen – der Vorlage wäre kaum zugestimmt worden. Vielleicht waren wir alle zu blauäugig!

 

Das Moritzenhaus am Furtbach

Das Moritzenhaus 1977, Zeichnung von Richard Benzoni.
Das Moritzenhaus 1977, Zeichnung von Richard Benzoni.

Das Moritzenhaus neben der Furtbachbrücke an an der Landstrasse war ein in seiner Architektur typisches Bauernhaus, wie es in Würenlos früher mehrere gab. Erbaut 1630, war es einst ein Zentenhaus des Klosters Wettingen. 1778 ist das Haus vermutlich durch einen Brand teilweise zerstört und wieder aufgebaut worden.

Das Moritzenhaus , vom Rössli aus gesehen, kurz vor dem Abbruch.

1978, also genau 200 Jahre später, wurde es abgebrochen. Es musste einer Neuüberbaung weichen.

Das heutige Wohn- und Geschäftshaus mit fischerwohnen AG und Café am Bach.

Heute steht an seiner Stelle das Wohn- und Geschäftshaus «Am Bach» mit dem Café am Bach und dem Inneneinrichtungsgeschäft fischerwohnen AG. Wie das alte Haus hat auch dieseses auf der Westseite ein geschlepptes Dach und ist, so wie sein Vorläufer, von der Strasse zurückgesetzt, wodurch ein schöner Platz entstand. Spuren vom alten Moritzenhaus sind noch mehrere zu finden.

Der ins Ladenlokal von fischerwohnen integrierte Torbogen aus dem 17. Jahrhundert.

Im Ladenlokal im Erdgeschoss ist das steinerne Torgewölbe, das zum Untergeschoss führte, zu sehen. Die Jahreszahl 1630 dürfte auf das Baujahr hinweisen. Das Doppelkreuz, auch Patriarchenkreuz genannt, sollte das Haus vor Unheil schützen.

Die alte Mostpresse.

Vor dem Haus steht eine Mostpresse, die im Keller untergebracht war. Der steinerne Trog wurde aus einem einzelnen grossen Fels aus dem Würenloser Steinbruch gehauen. Die steinernen Sitzbankstützen am Trottoirrand und die Sockelmauern der Rabatten waren früher Steinstufen der Aussentreppe.

Der aus einem Steinblock gehauene längste Brunnentrog von Würenlos, stand einst am Chilesteig.

Nicht zum Moritzenhaus gehört der Brunnentrog mit der Jahreszahl 1776. Er stand früher vor dem Metzgerhaus am Chilesteig und ist in Würenlos der längste Tränketrog, aus einem einzigen Stein gehauen.

Der hölzerne Stützpfeiler, der heute das Vordach eines Einfamilienhauses im Grimmistal trägt.

Der mächtige hölzerne Stützpfeiler, der die Erdgeschossdecke trug, weist mit seiner eingravierten Jahreszahl 1778 auf den Brand hin. Der Kopf dieser Stütze hatte einen uförmigen Einschnitt. Mit zwei leicht konisch zugeschnittenen Holzteilen die darin lagen, konnte man die Kellerdecke nivellieren, indem man sie gegeneiander trieb. Heute stützt er das Vordach am Einfamilienhaus Fischer-Müller im Grimmistal.

Jetzt kann gewählt werden

Am 26. April wählt  Würenlos ein neues Gemeinderatsmitglied anstelle der auf Mitte Jahr zurücktretenden Karin Funk  Blaser.  Soeben wurden die Wahlunterlagen verteilt. Ab sofort kann brieflich gewählt werden (nicht vergessen, den Stimmrechtsausweis zu unterschreiben!) Offiziell zur Wahl stehen Markus Hugi (FDP) und Thomas Zollinger (SVP)würenblicker hat sie bereits ausführlich vorgestellt.  Hier gehts zu diesem Beitrag.

Warum das Haus Schaut im Wege steht

1977 stand der Abbruch der Liegenschaft Schaut an der Landstrasse 70 zur Diskussion. Das Haus sollte einem Trottoir weichen. Der Gemeinderat beauftragte einen Architekten zu prüfen, wie die Fassade des angebauten Hauses Haas nach einem Abbruch gestaltet werden sollte. Auch eine andere Möglichkeit statt eines Abbruches sei zu prüfen. Anhand von Fotos und Fotomontagen zeigte der Gutachter auf, was ein allfälliger Abbruch bewirken könnte.

vor Abbruch 1

Vor dem Abbruch: Durch das Vordrängen des gut proportionierten Hauses Schaut wird der Strassenraum verengt. Zusammen mit dem Rössli, sowie den Häusern an der Mühlegasse entsteht eine einheitliche Häusergruppe, die nur durch das Flachdach der Post gestört wird.

nach Abbruch 1

Nach dem Abbruch fällt die Häusergruppe auseinander, die Strasse dominiert. Die gute Übersicht verleitet die Automobilisten zum schnellerem fahren.

vor Abbruch 2

Vor dem Abbruch: Auch von dieser Seite her gesehen wird durch das Haus Schaut ein schöner Strassenraum gebildet. Auffallend sind die, in ihren Proportionen ähnlich wirkenden Häuser Schaut/Haas, Rössli, Müllerhaus sowie das ehemalige Wiedemeierhaus im Hintergrund (heute Coop).

nach Abbruch 2

Nach dem Abbruch: Ähnlich wie von der anderen Seite gesehen, fällt die Häusergruppe auseinander, der Strassenraum dominiert.

Der Gemeinderat folgte dem Antrag des Architekten, liess das Haus stehen und führte das Trottoir durch eine Galerie unter dem Haus hindurch.Galerie

 

 

 

 

 

 

April, April! Natürlich haben Sie es gemerkt. würenblicker hat nun mal kluge Leserinnen und Leser. Der gestern Mittwoch, 1. 4., während 24 Stunden online geschaltete Artikel «Schon heute wird für ‘Schweiz aktuell’ gedreht» war unser Aprilscherz. Wenn Sie ihn gerne nachlesen möchten, so können Sie ihn als Word-Dokument herunterladen. Hier anklicken: 1. April

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