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7300 sind zu wenig

Wie gross soll Würenlos noch werden? In der Bevölkerung dürften die Vorstellungen darüber weit auseinander gehen. Umso wichtiger ist eine breite Diskussion zur Gemeindeentwicklung und zwar jetzt. Bevor die Revision der Nutzungsplanung beginnt.

Blau: Die Bevölkerungsentwicklung 2002 – 2017
Rot: Das Wachstumsziel gemäss Leitbild bis 2031

 

Wenn es nach dem Gemeinderat geht, soll Würenlos bis 2030/31 auf 7300 Einwohner anwachsen. Dieses Ziel schrieb er Anfang Januar 2016 in sein Leitbild für die nächsten 15 Jahre. Das Planungsziel ist nicht belanglos. Die Infrastruktur (z.B. Schulraum, Wohnen im Alter) wird darauf ausgerichtet. Die Gefahr von teuren Hauruckübungen, um einer unerwarteten Bevölkerungsentwicklung Rechnung zu tragen, verringert sich.

Ist das Ziel von 7300 Einwohnern bis 2030 richtig? Nach einer stürmischen Wachstumsphase zählten wir Ende letzten Jahres 6361 Einwohner. Der Zuwachs in den letzten 15 Jahren betrug 1478 Personen. Noch 939 Personen soll er gemäss Gemeinderat in den nächsten 15 Jahren betragen. Einigen Leserinnen und Lesern mag ein solches Wachstum immer noch zu gross sein. Sie vermissen das dörflich gemütliche von früher.

Aber Würenlos liegt ja nicht in der Pampa. Für die Statistiker des Bundes gehört unsere Gemeinde aufgrund gewisser statistischen Kriterien (z.B. Pendlerströme) zur Agglomeration Zürich – und nicht etwa zur kleineren Agglomeration Baden. Für die aargauische Raumplanung zählt Würenlos zum urbanen Entwicklungsraum. Hier soll die Entwicklung dynamischer verlaufen als im kantonalen Durchschnitt. Kommt es nicht zu einem drastischen Konjunktureinbruch, werden mehr Leute in Würenlos wohnen wollen. Selbst wenn die Einwanderung als Wachstumstreiber längerfristig abflauen sollte, bleibt die Grossagglomeration Zürich als Arbeits- und Wohngegend hoch attraktiv.

Das Bevölkerungswachstum um 939 Personen relativiert sich, wenn man sich vor Augen hält, was momentan in Bau oder konkret geplant ist – und zwar im Rahmen der jetzigen Bau- und Zonenordnung und damit politisch kaum mehr beeinflussbar. Je über ein Dutzend Wohneinheiten entstehen momentan im Buechzelgli und auf dem Sägereiareal Kempfhofstrasse. Viele weitere werden in naher Zukunft hinzukommen: Auf den Arealen Gatterächer Ost und Huebacher, für die Gestaltungspläne bereits vorliegen, und auf den Arealen Steinhof/Im Grund und Zentrumswiese/Rössli/Post (mit Alterszentrum), für welche die planerischen Leitplanken hoffentlich in absehbarer Zeit montiert werden.

Werden die genannten Areale innert – sagen wir mal – 7 Jahren überbaut, so entstehen mindestens 220 Wohneinheiten, was etwa 500 zusätzlichen Einwohnern entspricht. Dazu kommt, dass schon heute und in den nächsten Jahren in den Wohnquartieren verdichtet wird, was das Zeug hält. Das Potential ist da. Auf Spaziergängen stösst man öfters auf relativ kleine Häuser in grossen Gärten, die förmlich nach Ersatzbauten rufen. Es erscheint somit nicht ausgeschlossen, dass das Wachstumsziel von 7300 Einwohnern  wesentlich früher als 2030 erreicht wird. Und dann wäre Würenlos gebaut?

Das ist unrealistisch. Und wer glaubt, auf diese Weise werde unser Dorf seinen heutigen Charakter am ehesten bewahren, könnte sich irren. Ohne Willen zu starken Lenkungsmassnahmen könnte bei diesem Szenario die Wohnlichkeit im Dorf stark leiden. Um überhaupt noch bauen zu können, würden gesetzliche Gebäudeabstände bis auf den letzten Zentimeter ausgereizt oder mit erkauften Näherbaurechten unterschritten. Vorgärten würden Autoabstellplätzen und Velogaragen  – ohne Kompensation durch Grünflächen im öffentlichen Raum würde das Dorf weniger grün. Eine solche Entwicklung, wie wir sie in den letzten Jahren an einigen Orten im Dorf erlebten, wäre bedauerlich, da minderwertig. Zudem würden bei anhaltend grosser Nachfrage nach Wohnraum die Landkosten und die Mietzinsen übermässig ansteigen. Das kann zur Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung durch finanzkräftigere Zuzüger führen, wie sich etwa im ganzen Kanton Zug zeigt.

Verdichtung ist nicht zum vornherein des Teufels. Sie kann zu sehr befriedigenden Lösungen führen, wenn wir echten Gestaltungswillen und Mut zeigen. Bei der Totalrevision der Allgemeinen Nutzungsplanung, die nun anläuft, wird es genau darum gehen. Und nicht wie bei früheren Totalrevisionen darum, das Siedlungsgebiet nach Lust und Laune der Kulturlandbesitzer auszudehnen. Bund und Kanton setzen Einzonungen enge Grenzen. Zwar billigt die kantonale Raumplanung unserer Gemeinde wegen der hohen Bautätigkeit in jüngster Vergangenheit die Einzonung von 25 000 Quadratmetern Bauland bis 2040 zu. Doch im Vordergrund steht das Wachstum nach innen. Man kann dem auch Verdichtung sagen.

Ein höheres Wachstumsziel von mehr als 7300 Einwohnern bis 2030 wäre eine planerische Herausforderung. Es würde die Gemeinde zwingen, sich intensiver mit der baulichen Entwicklung auseinanderzusetzen. Statt einfach den Ist-Zustand fortzuschreiben, müsste um Lösungen gerungen werden, mit denen sich auch bei erheblich grösserer Bevölkerung die Wohnqualität gesamthaft erhalten oder gar steigern liesse. In späteren Beiträgen wird würenblicker zeigen, wie das möglich wäre. Zum Beispiel mit höheren Bauten an ausgewählten Lagen.

Ein neues Wohnquartier

Die Überbauung von einer der letzten grossen Baulandreserven in Würenlos rückt näher. Der Gemeinderat hat kürzlich den Gestaltungsplan Huebacher verabschiedet. Gibt nun auch der Regierungsrat noch sein Okay, dann wird der Bau eines neuen Quartiers mit 40 bis 50 Wohneinheiten zwischen der Bachwiesenstrasse und der Gärtnerei Möckel konkreter.

Auch dieses Planungsvorhaben hat eine längere Geschichte. Es ist Teil einer grösseren Arealüberbauung, zu der auch der Rosenpark sowie die daran angrenzenden Mehrfamilienhäuser ob der Bachstrasse (alle bereits realisiert) gehören. Schon 2010 hat die Gemeindeversammlung einen Bruttokredit von 2,13 Millionen Franken für die Erschliessung bewilligt. Effektiv zu übernehmen hat die Gemeinde aber nur ein Drittel der Kosten, zwei Drittel bezahlen die Grundeigentümer. Die Erschliessungsbauten (insbesondere eine Stichstrasse in T-Form ab der Buechzelglistrasse sowie ein Teil der Fusswege) sind längst erstellt.

2010 wurde zudem festgelegt, dass für das jetzt zur Diskussion stehende Land in der Zone E 2 ein Gestaltungsplan ausgearbeitet werden muss. Es war dies eine Lehre aus der ziemlich missglückten Arealüberbauung Bickacher –im Volksmund Baumusterzentrale oder Hässlikon genannt. Der Gestaltungsplan für den Huebacher, dem eine Bebauungsstudie und ein Referenzprojekt von Walker Architekten AG Brugg zugrunde liegt, lag bereits vor einem Jahr öffentlich auf. Es gab dagegen relativ wenig Einwendungen, die zu gewisse Änderungen  am Gestaltungsplan führten. Sie betreffen unter anderem die grössere Parzelle im nordöstlichsten Teil des Planungsgebietes (vis-à-vis der bereits erstellten Mehrfamilienhäuser). Link zu den Planungsunterlagen, in denen auch Pläne und Modelle zu finden sind.

Entstehen soll im im ruhigen Huebacher ein qualitativ hochwertiges Quartier mit unterschiedlich grossen Wohneinheiten für eine vielfältige Käuferschaft. Als Gebäudetypen vorgesehen sind Einfamilienhäuser, Duplexhäuser und Geschosswohnungen – alle mit Flachdächern, die entweder begehbar oder begrünt sind. In den Einfamilienhäusern sind Einliegerwohnungen möglich. Dies entspricht der Forderung nach Verdichtung und kann dazu beitragen, den Mangel an Kleinwohnungen in Würenlos zu mildern. Die Parkierung erfolgt grösstenteils zentral und unterirdisch.

Dass Ausarbeitung und Bereinigung des Gestaltungsplans mehrere Jahre dauerten, ist aus Sicht der Gemeinde wohl ein Segen. Eine frühere Überbauung des Areals hätte zum Beispiel die Schülerzahlen noch mächtiger anschwellen lassen. Jetzt ergibt sich zumindest eine gewisse zeitliche Staffelung bei der Fertigstellung der letzten  grösseren Wohnüberbauungen, die gemäss dem aktuellen Zonenplan noch möglich waren und sind. Zuerst wurden das Hürdli, dann der Flüehügel bezugsbereit, jetzt ist es Gatterächer West, als Nächstes dürfte  der Huebacher folgen und schliesslich Gatterächer Ost und Steinhof/Im Grund. Sollte diese Staffelung den Verzicht auf zusätzliche Kindergärten und Schulräume ermöglichen, so würde  dies  zur weiteren Gesundung der Gemeindefinanzen beitragen.