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Im Keller wird’s interessanter als in der Halle

Würenlos erwacht aus der politischen Winterruhe. Am 6. Juni findet die Sommer-Gemeindeversammlung statt. Zuvor aber, und das gilt es sich zu merken, am 16. Mai informiert der Gemeinderat im Gmeindschäler über allerhand. Und dieser Abend verspricht mehr Spannung als jener drei Wochen später in der Mehrzweckhalle. 

Lokalpolitisch dauernd der Teufel los – nein, so ist’s nicht in Würenlos . Man gönnt sich regelmässig längere Durchhänger. Wir scheinen nachgerade danach zu dürsten, von lokalpolitischen Fragen und Querelen möglichst lange verschont zu bleiben. Was nichts daran ändert, dass trotzdem längst nicht alles in Butter ist..

Die Behörden schätzen natürlich Phasen, in denen sie unbelästigt von unangenehmen Fragen und aufsässigen Nörglern ihres Amtes walten können. Und stattdessen unbeschwert an allerlei Anlässen sportlicher, wirtschaftlicher oder wohltätiger Natur unverfängliche Kontakte mit der Bevölkerung pflegen können. Doch sich mal öffentlich zu Wort melden, wenn’s nicht gerade brennt? Denkste.  Nur ja keine schlafenden Hunde wecken

Auch würenblicker hat sich einlullen lassen und hat die digitale Feder eine Zeit lang zur Seite gelegt. Doch nicht zu früh gefreut, Freunde! Es war ja rund um uns herum genug los, was Expertinnen und Experten aus allen Löchern kriechen und sich äussern liess. Zu ach so reizenden Mitmenschen auf Fussball- und Finanzplätzen, zu aufrechten und vielleicht sogar aufrichtigen Eidgenoss:innen, zu königlichen Kronen und darunter steckenden Häuptern… Langweilig wurde es uns jedenfalls nicht.  

In Würenlos scheint die politische Schonzeit, die nach der Referendumsabstimmung ums Alterszentrum ausbrach, ihrem Ende entgegen zu gehen. Kurz bevor es in die längere Sommerpause geht, steht noch eine Gemeindeversammlung an. Am Dienstag, 6. Juni. Die Traktanden sind bereits bekannt. Gähhhn. Es werden keine Entscheidung zu fällen sein, die schwerer fallen dürfte als jene, welche sich jeweils ganz zuletzt stellt, nachdem sich die Wand in den hinteren Teil der Halle geöffnet hat: «E Chli Wiisse, oder doch es Bierli oder öppe gar en Orangschesaft?

Ein kleiner Tipp: Wenn ich mich nicht irre, stellt sich diese Schicksalsfrage jeweils auch im Anschluss an die grundsätzlich öffentlichen Info-Veranstaltungen des Gemeinderates. Die nächste findet bereits am Dienstag, 16. Mai statt. Im Gmeindschäller (ebenfalls um 19.30h). Und sie verspricht doch um einiges interessanter zu werden als die drei Wochen später stattfindende Gemeindeversammlung. Was wir nicht alles erfahren werden!

1. Weshalb es seit Monaten so ruhig geworden ist um die Gesamtrevision der Allgemeinen Nutzungsplanung. Vielleicht auch, weshalb gleich mehrere fürs Jahr 2022 versprochene Infoveranstaltungen dazu bis heute nicht stattgefunden haben. Nur zur Erinnerung: Die nicht unwichtige Gesamtrevision der neuen Nutzungs- und Bauordnung sollte nach ursprünglichem Zeitplan bis Ende 2021 in trockenen Tüchern sein. Das heisst: Von der Gemeindeversammlung verabschiedet und vom Regierungsrat in Kraft gesetzt. Vor einem Jahr hiess es noch, die entscheidende Gemeindeversammlung könne bestenfalls im Dezember 2023 – also ab jetzt in  7 Monaten –  stattfinden. Und nun? Die neue Nutzungsplanung wird gewiss nicht vor dem Sommer nächsten Jahres in Kraft treten können – im allerallerbesten Fall.

2. Informationen zum Alterszentrum werden für den 16. Mai ebenfalls in Aussicht gestellt: Berichtet werden soll über den Stand des Baubewilligungsverfahrens und über die neue Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Alterszentrum Würenlos AG. Wer übernimmt den durch Demission von Gemeindeammann Toni Möckel frei werdenden Verwaltungsratssitz – die Stelle war öffentlich ausgeschrieben. Und wer folgt Möckel auf dem VR-Präsidentenstuhl?

3. Die Rede wird auch sein von einem Fernwärmeprojekt für Würenlos. Und wer weiss, vielleicht sickert auch etwas von anderen Themen durch, die schon lange in der Pipeline stecken: Etwa über eine neue Unternehmensstrategie der Technischen Betriebe TBW oder darüber, was eigentlich der Stand ist bei der Umgestaltung der Land- und der Schulstrasse – beides Strassen in kantonalem Hoheitsbereich, aber im Gemeindehaus steht man ja hoffentlich diesbezüglich in engem Kontakt mit dem Kanton.

Ein «Funkloch», viel Konkurrenz und ein Boykottaufruf

Nicht nur die Sommerhitze, sondern auch die Bedürfnisse der Online-Gesellschaft sorgen für heisse Köpfe in Würenlos. Sammeleinsprachen besorgter Bürger*innen blockieren Baugesuche für neue 5G-Antennen und jetzt ruft die IG 5G Mitsprache z’Würelos die Liegenschaftseigentümer gar dazu auf, ihre Liegenschaften keinesfalls als Antennenstandort zur Verfügung zu stellen. Die Swisscom kündet derweil die Umrüstung ihres Festnetzes auf Glasfaserkabel an und bringt damit die Technischen Betriebe Würenlos TBW ins Schwitzen.

Die IG Mitsprache 5G z’Würelos hat bisher vor allem mit Information über Mobilfunkantennen und ihre Auswirkungen durch die Strahlenbelastung und mit Aufrufen zu Sammeleinsprachen gegen geplante 5G-Antennen von sich reden gemacht. Nun geht sie einen Schritt weiter. In ihrem Mailing an rund 300 Empfänger*innen ruft die IG die Würenloser Bevölkerung auf, keine Antennenstandorte auf ihren Liegenschaften zur Verfügung zu stellen.

Nur wenn alle Liegenschaftseigentümer den Lockangeboten mit hohen Mieten für einen Antenne auf dem eigenen Grundstück, wie jüngst offenbar im Buechquartier geschehen, eine Absage erteilten, so die IG, könnten die Mobilfunkkonzerne dazu gezwungen werden, endlich auf Information, Koordination und Nachvollziehbarkeit bei der Evaluation von Antennenstandorten zu setzen.

Denn genau dazu seien sie schon seit 2009 aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Mobilfunkkonzernen und dem kantonalen Departement Bau, Verkehr und Umwelt über verpflichtet. Gemäss Baudepartement wenden die meisten Aargauer Gemeinden die Vereinbarung an, darunter auch Würenlos. Es geht vor allem darum, dass Mobilfunkanbieter möglichst viele Antennenstandorte gemeinsam nutzen und so ein völliger Antennen-Wildwuchs verhindert wird. 

«Empörend» ist für die IG, «dass von dieser Vereinbarung leider nichts zu spüren ist!» Beispiel: das Gewerbegebiet beim Bahnhof. Dort sind in den letzten Monaten Baugesuche für gleich drei 5G-Antennen auf engstem Raum gestellt worden. Von der Swisscom an der Grundstrasse, von Sunrise hinter der neuen Landi (als Ersatz für die abgebrochene Antenne bei der heutigen Landi-Tankstelle) und von Salt hinter einem Gewerbebau nahe der neuen Steinhof-Überbauung. Gegen alle Gesuche sind Einwendungen vor allem aus Anwohnerkreisen eingegangen mit jeweils mehreren hundert Unterschriften. Als «ersten hoffnungsvollen Schritt» wertet die IG immerhin, dass in Würenlos für die Antennenbelange eine Arbeitsgruppe innerhalb der Planungskommission ins Leben gerufen worden ist.

Es gibt aber auch Würenloser, die sich über mangelhaften Empfang im Dorf ärgern und deshalb gerne mehr Antennen sähen. «Ich habe Homeoffice und bin darauf angewiesen», klagte Michael Keunecke unlängst in einem «Limmatwelle»-Artikel. Der Mobilfunkempfang und das Internet über eine zweite SIM-Karte seien momentan so schlecht, dass kaum daran zu denken sei, sinnvoll von zu Hause aus arbeiten zu können. «Nun muss ich jeden Tag nach Winterthur ins Büro fahren, was eigentlich völlig unnötig ist. »

«Überaus ärgerlich» ist laut «Limmatwelle» der mangelhafte Empfang auch für die Technischen Betriebe Würenlos TBW, so deren stellvertretende Geschäftsführer Kevin Milo. Denn auch die TBW nutzen laut Limmatwelle für ihre Mobile-Kunden die Sunrise-Antennen. Diese Kunden sind indessen für die TBW weit weniger bedeutsam als jene, welche vom TBW Kommunikationsleistungen via Kabelnetz beziehen. Laut Geschäftsbericht 2021 der Einwohnergemeinde standen diesen 1108  Kunden gerade mal 62 Mobile-Kunden gegenüber.

Doch bei den Kommunikationsdienstleistungen (TV, Internet, Festnetztelefonie) ist die Swisscom ein harter Konkurrent für die TBW. Die Swisscom baut ihr Glasfasernetz iim Dorf aus und lockt Liegenschaftenbesitzer mit dem Versprechen «Der Anschluss der Zukunft, die Glasfaserverkabelung, ist schneller als jede andere Verkabelung». Die Hauseigentümer werden eingeladen, den von den Netzbetreibern und Hauseigentümerverband gemeinsam erarbeiteten Glasfaser-Erschliessungsvertrag abzuschliessen. Näheres dazu erfahren Hauseigentümer aus Unterlagen, die ihnen von der Swisscom-Tochter Cablex per Post zugestellt werden. 

Die Ausbaupläne der Swisscom haben umgehend eine Reaktion der TBW ausgelöst. In den aktuellen Gemeindenachrichten (auf der Gemeinde-Website und am Donnerstag in der «Limmatwelle») erklären sie: «Dieser Ausbau ist nicht mit den Technische Betriebe Würenlos abgesprochen und hat keinen Einfluss auf die Signallieferung resp. die Internetdienstleistung des Kommunikationsnetzes der Technische Betriebe Würenlos. Sämtliche Dienstleistungen von tbwnet werden weiterhin in vollem Umfang und ohne Einschränkungen zur Verfügung stehen, und dies in der gewohnt guten Qualität und Zuverlässigkeit.» 

Wer weiss, vielleicht wird für Michael K. Homeoffice doch noch möglich. Nur halt über das etwas weniger leistungsfähige, langsamere Glasfaserkabel der Swisscom statt über Mobilfunk.  Freuen würde das wohl auch die IG Mitsprache 5G z’Würelos. Ihr sind ausschliesslich drahtlose Internetverbindungen bis in jede Wohnung ein Dorn im Auge, weil sie die via Mobilfunk zu sendende Datenmenge nur unnötig vergrössern würden.  

Strahlengegner machen mobil

Das Baurecht für das Alterszentrum dürfte nicht das einzige Traktandum sein, das an der Gemeindeversammlung vom 8. Dezember zu reden geben wird. An der Beschaffung sogenannter Smart-Meter für die Technischen Betriebe Würenlos TBW (Verpflichtungskredit von 1,85 Millionen Franken) übt eine lokale Interessengemeinschaft von Strahlengegnern heftige Kritik.

Die Energiestrategie 2050 des Bundes verlangt, dass die bestehenden Stromzähler gegen intelligente Messsysteme, sogenannte Smart-Meter, auszutauschen sind. Rund 3700 von den TBW installierte Zähler sollen gebietsweise innert drei Jahren ersetzt werden.

Dieser Tage flatterte nun ein Offener Brief an den Gemeinderat in die Briefkästen. Darin warnt der pensionierte Bezirkslehrer und Physiker Andreas Pestalozzi namens einer «IG Mitsprache 5G zWürelos«, mit Smart-Metern, welche die Daten über Mobilfunk mit den TBW austauschen würden, werde die Bevölkerung dauerhaft einer schädlichen elektromagnetischen Strahlung ausgesetzt.

Pestalozzi fordert, dass der Betrieb der Smart-Meter vor ihrem Einsatz klar geregelt wird. So müsse die Privatsphäre der Stromkunden bestmöglich gewahrt werden (keine unnötigen Abfragen).  

Der Offene Brief kündigt eine virtuelle Informationsveranstaltung mit Fragenbeantwortung an, die am Donnerstag, 26. November, 20 Uhr, über den Video-Chat-Dienst Zoom stattfinden soll. Referent ist Pestalozzi. Eine Anmeldung ist nicht nötig. Zugangsdaten: https://zoom.us/join «einem Meeting beitreten» Meeting-ID: 758 5323 3480 und Kenncode: 5868. 

Die IG Mitsprache 5G zWürelos ist entstanden im Zusammenhang mit einem Baugesuch der Swisscom für den Umbau einer Mobilfunk-Antenne auf 5G-Standard im Gewerbegebiet Grosszelg. Ihren Kern bilden Einwender gegen das Swisscom-Projekt. Ein Gast-Beitrag in würenblicker hatte darüber berichtet (Link). Das Bewilligungsverfahren ist noch hängig, der Gemeinderat hat über das Swisscom-Gesuch noch nicht entschieden. 

Sowohl bei den 5G-Antennen wie bei den Smart-Metern wirft die IG dem Gemeinderat vor, nicht alle Karten auf den Tisch zu legen und den konstruktiven Dialog zu verweigern. Aus dem Offenen Brief geht nicht hervor, ob die IG an der Gemeindeversammlung dem Kredit für die Beschaffung der Smart Meter opponieren wird. Gemäss würenblicker-Recherchen ist dies aber sehr wahrscheinlich. Die Abstimmung wird ein Gradmesser dafür sein, wie stark die Bewegung der Strahlengegner in Würenlos ist. In der IG engagieren sich erst wenige, weshalb die IG um neue neue Mitglieder wirbt. E-Mail-Kontakt: IG-Mitsprache5GzWuelo@tbwnet.ch 

Um die 5G-Technologie ist ein eigentlicher Glaubenskrieg entbrannt zwischen Strahlengegnern, die um ihre Gesundheit fürchten, und Anhängern einer raschen Digitalisierung. Die neue Technologie ist u.a. mit einem neuen Antennentyp, sogenannten adaptiven Antennen, voll nutzbar. Die Mobilfunkbetreiber haben zwar eine 5G-Konzession vom Bund erhalten. Wie deren Strahlung gemessen werden soll, müsste aber der Bund erst noch festlegen. Adaptive Antennen dürfen deshalb zwar gebaut, einstweilen aber nicht mit voller Leistung betrieben werden.